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Eine therapeutische Herausforderung

Praktische Bolusgabe, Möglichkeiten mit der Insulinpumpe

<p class="article-intro">Die Insulinpumpentherapie („continuous subcutaneous insulin infusion“, CSII) wurde in den 1970er-Jahren entwickelt und gehört zweifelsfrei zu den hochwertigsten, aber auch zu den teuersten Therapiemöglichkeiten bei Diabetes. Zwar muss der Blutzuckerspiegel vor und nach der Mahlzeit auch weiterhin gemessen, die Kohlenhydratmenge des Essens abgeschätzt und der jeweilige Bolus programmiert werden, aber die Zufuhr des Basalinsulins übernimmt die Pumpe. Sinnvollerweise beginnt man aber zuerst mit der intensivierten konventionellen Insulintherapie (ICT) und wechselt erst später auf die CSII.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Key Points</h2> <ul> <li>Alkoholtupfer statt Desinfektionsmittel verwenden, damit die Pflaster sich nicht so rasch l&ouml;sen.</li> <li>Bei jedem Infusionsset Entlastungsschleife kleben.</li> <li>Bereits eine Verz&ouml;gerung von 2 Stunden bewirkt einen verbesserten Blutzucker nach 4 Stunden.</li> <li>3&ndash;4 IE f&uuml;r gro&szlig;e Fett- oder Eiwei&szlig;mengen in den verz&ouml;gerten Bolus einberechnen.</li> <li>Bei fett- und eiwei&szlig;reichen Mahlzeiten auf jeden Fall um 4&ndash;6 Stunden verz&ouml;gerte &shy;Insulingabe w&auml;hlen.</li> </ul> </div> <p>Die derzeitig am Markt befindlichen Pumpen sind handlich und kaum so gro&szlig; wie ein Handy. Der Patient tr&auml;gt sie unauff&auml;llig am G&uuml;rtel, in der Hosentasche, im BH, um den Hals oder direkt am K&ouml;rper. Eine h&ouml;here Lebensqualit&auml;t, Diskretion, gr&ouml;&szlig;ere Flexibilit&auml;t und vor allem bessere Langzeitwerte sind somit die gro&szlig;en Vorteile, die f&uuml;r eine Insulinpumpe sprechen. In der Pumpe steuert ein Computer einen elektrischen Motor, welcher das Basisinsulin &uuml;ber ein Kathetersystem alle 2 Minuten in Minidosen ins Unterhautfettgewebe injiziert. Erfolgreich kann die Therapie mit einer Pumpe nur dann sein, wenn der Patient sich mit seiner Krankheit besch&auml;ftigt, er motiviert ist und die diabetologischen Zusammenh&auml;nge kennt und dementsprechend darauf reagiert. So muss z.B. in Ausnahmef&auml;llen, wie etwa bei einem Pumpendefekt oder einer Ketoazidose, rasch auf die ICT gewechselt werden k&ouml;nnen. Ein Nachteil der Therapie ist ihr Preis. Die Pumpe allein kostet zwischen 3.500 und 4.000 Euro. Hinzu kommen die t&auml;glichen Kos&shy;ten f&uuml;r Zubeh&ouml;r wie Katheter, Schlauchsystem oder Ampullen.</p> <h2>Unterschiedliche Arten von Pumpen</h2> <p>Die konventionellen Insulinpumpen be&shy;stehen aus dem Infusionsset, welches mit einem Pflaster auf der Haut angebracht wird, dem Verbindungsschlauch und der eigentlichen Pumpe mit dem jeweiligen Reservoir. Bedient wird die Pumpe &uuml;ber ein Display direkt oder &uuml;ber eine Fernbedienung.<br /> Eine Variante der herk&ouml;mmlichen Pumpe sind sogenannte &bdquo;Patch pumps&ldquo;, bei denen die eigentliche Pumpe mit dem Infusionsset in einem Geh&auml;use kombiniert ist (sogenannter Pod). Diese Einheit wird direkt auf die Haut geklebt und alle drei Tage komplett ausgewechselt. Sie vereint somit Insulinreservoir, flexible Kan&uuml;le und Pumpe. Die Steuerung erfolgt ausschlie&szlig;lich &uuml;ber eine s&shy;eparate Fernbedienung. Die Kan&uuml;&shy;le wird automatisch und nahezu schmerzfrei gesetzt. Dies gew&auml;hrleistet, dass stets mit gleicher Tiefe und gleichem Winkel eingef&uuml;hrt wird.</p> <h2>Rund um die Kan&uuml;len &ndash; Infusionssets</h2> <p>Ein Infusionsset bei der Insulinpumpentherapie ist ein Hilfsmittel zur kontinuierlichen subkutanen Insulininfusion. Der Katheter samt Kan&uuml;le muss alle zwei bis drei Tage gewechselt bzw. neu gelegt werden. Insulinkatheter werden in verschiedenen L&auml;ngen mit unterschiedlichen Nadelgr&ouml;&szlig;en als Softkatheter mit flexibler Kunststoffkan&uuml;le (Teflonkatheter = dicker, aber biegsam) oder mit klassischer Stahlkan&uuml;le (fein, aber starr) angeboten. Die Kan&uuml;len k&ouml;nnen an unterschiedlichen Stellen platziert werden, wobei hier die gleichen Richtlinien wie bei der ICT gelten. Auch hier sollten die Stellen regelm&auml;&szlig;ig gewechselt werden. Die Kan&uuml;len k&ouml;nnen direkt oder mit einer Setzhilfe automatisch platziert werden. Wichtig f&uuml;r eine gute Wirkung des Insulins sind der richtige Einstichwinkel und die Kan&uuml;lenl&auml;nge. Die Verbindungsschl&auml;uche werden in L&auml;ngen zwischen 30 und 110cm angeboten. Des Weiteren unterscheidet man bei den Infusionssets und deren Anschl&uuml;ssen zwischen abkoppelbaren und nicht abkoppelbaren. Alle Infusionssets m&uuml;ssen mittels Entlastungsschleife gesichert werden. Dies ist besonders bei Stahlkan&uuml;len unabdingbar, aber auch bei den Teflonkan&uuml;len ist es sinnvoll, diese zu kleben. Besondere Hygiene und der regelm&auml;&szlig;ige Wechsel von Infusionsset und Einstichstellen sind die wichtigsten Voraussetzungen, um Komplikationen zu vermeiden.</p> <h2>Praktische Tipps f&uuml;r die Patienten</h2> <p><strong>Umgang mit Infusionssets</strong><br /> &ndash; Reinen Alkoholtupfer zur Desinfektion der Stichstelle verwenden und keine Desinfektionssprays, da diese r&uuml;ckfettend sind und somit sich das Pflaster wieder leichter l&ouml;sen kann.<br /> &ndash; Setzen Sie das Infusionsset im Stehen, nicht im Sitzen. Dann ist es leichter zu platzieren.<br /> &ndash; Teflonkan&uuml;len, die vor dem Legen kurze Zeit im K&uuml;hlschrank aufbewahrt werden, lassen sich durch die gr&ouml;&szlig;ere Stabilit&auml;t besser einf&uuml;hren, vor allem wenn man ohne Setzhilfe arbeitet.<br /> &ndash; Ein bis zwei Stunden nach dem Wechsel des Infusionssets den Blutzucker messen und nicht vor dem Zu-Bett-Gehen wechseln.<br /> &ndash; Nach dem Entfernen des Infusionssets die Haut mit Pflegecreme und Wundheilsalbe pflegen.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Diabetes_1604_Weblinks_Seite19.jpg" alt="" width="1227" height="442" /></p> <p><strong>Praktische Insulingabe mit der Pumpe</strong><br /> Etwa die H&auml;lfte des t&auml;glichen Insulinbedarfs wird als Basalrate zugef&uuml;hrt, der Rest f&uuml;r die Abdeckung der kohlenhydrathaltigen Mahlzeiten. Zus&auml;tzlich kann mittels Korrekturbolus jederzeit der Blutzucker auf den festgelegten Zielwert korrigiert werden. Je nach Mahlzeiten oder &auml;u&szlig;eren Umst&auml;nden kann und soll zwischen verschiedenen Bolusvarianten gew&auml;hlt werden (Abb.).<br /> <br /> Der Einzelbolus deckt Mahlzeiten ab, die haupts&auml;chlich aus schnell wirkenden Kohlenhydraten, wenig Fett, wenig Eiwei&szlig; und wenig Ballaststoffen bestehen. Hier gelangen die Kohlenhydrate sehr rasch ins Blut und daher ist auch eine umgehende Abdeckung mittels Insulin notwendig. Somit wird die gesamte ben&ouml;tigte Menge als Sofortbolus im Gesamten abgegeben. Korrekturen w&auml;hrend des Tages werden ebenfalls meist als Sofortbolus abgegeben.<br /> Bei sehr fettreichen Mahlzeiten oder Mahlzeiten mit kombiniertem Fett/&shy;Eiwei&szlig;/Kohlenhydratanteil verwendet man sinnvollerweise eine verz&ouml;gerte Bolusabgabe. Durch die langsamere Kohlenhydratfreisetzung &uuml;ber oft mehrere Stunden steigt der Blutzucker kontinuierlich an. So ist es beispielsweise bei Pizza h&auml;ufig notwendig, die Verz&ouml;gerung auf 6 Stunden aufzuteilen. Bei Korrekturen vor dem Schlafengehen oder bei Magenentleerungsst&ouml;rungen ist ebenfalls ein verz&ouml;gerter Bolus sinnvoll. Je nach Pum&shy;pe kann der Bolus g&uuml;nstigerweise &uuml;ber einen Zeitraum von einer halben bis acht Stunden kontinuierlich von der Insulinpumpe abgegeben werden.<br /> <br /> Der duale Bolus ist eine Kombination aus Sofort- und verz&ouml;gertem Bolus. Er ist dann sinnvoll, wenn sehr kohlenhydrat-, fett- und eiwei&szlig;reich gegessen wird (z. B. Fast Food, Buffet etc.). Der erste Blutzuckeranstieg wird durch den Sofortbolus abgedeckt, der nachfolgende Anstieg &uuml;ber das verz&ouml;gerte Restinsulin. Da f&uuml;r eiwei&szlig;- und fettreiche Speisen ebenfalls eine kleine Menge Insulin notwendig ist, es aber kaum einem Patienten zuzumuten ist, auch noch Fett-Protein-Einheiten zu berechnen, ist es sinnvoll, je nach Gr&ouml;&szlig;e der Portion 3&ndash;4 IE zus&auml;tzlich einzuplanen und diese um 4&ndash;6 Stunden verz&ouml;gert abzugeben.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p>Literaturtipps, die an Patienten weitergegeben werden k&ouml;nnen:<br />&bull; Kleine Helfer, gro&szlig;e Wirkung &ndash; so funktionieren Insulin&shy;pumpen: <a href="http://www.aachener-zeitung.de/ratgeber/gesundheit/kleine-helfer-grosse-wirkung-so-funktionieren-insulinpumpen-1.461958#plx1217716666" target="_blank">http://www.aachener-zeitung.de/ratgeber/gesundheit/kleine-helfer-grosse-wirkung-so-funktionieren-insulinpumpen-1.461958#plx1217716666</a><br />&bull; Thurm U, Gehr B: CGM-Insulinpumpenfibel: Bei dir piept&rsquo;s ja. 2. Auflage, Kirchheim + Co., 2016 (ISBN-10: 3874095355, Preis: 25 Euro)</p> </div> </p>
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