
Frühe, aggressive Therapie ist entscheidend
Autorin:
Prof. Dr. med. Britta George
Klinik für Nephrologie, Universitätsspital Zürich
aufgezeichnet von Dr. med. Felicitas Witte
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Frauen erkranken zwar häufiger an einer Lupusnephritis, aber Studien weisen darauf hin, dass die Krankheit bei Männern schwerer verläuft. Diese Hypothese wird durch eine neue Metaanalyse unterstützt: Männer hatten ein höheres Risiko für eine Nephritis Grad IV ± V, schlechtere Nierenparameter und eine geringere Wahrscheinlichkeit für eine komplette Remission.1 Warum die Studie vorsichtig zu interpretieren ist und wie man Patienten mit Lupusnephritis optimal betreut.
Die Ergebnisse dieser Studie unterstützen die aufgrund zahlreicher retrospektiver Untersuchungen aufgestellte Hypothese, dass Männer mit Lupusnephritis einen schwereren Verlauf aufweisen können. Schon frühere Studien haben gezeigt, dass abgesehen von der ethnischen Zugehörigkeit, soziodemografischen und genetischen Faktoren2–4 das männliche Geschlecht mit einem höheren Risiko für Lupusnephritis und einem schlechteren Verlauf assoziiert sein könnte.5,6
Die vorliegende Publikation ist aufgrund der Analyse von retrospektiven Studien mit kleinen Fallzahlen von der Aussagekraft her insgesamt vorsichtig zu interpretieren. Retrospektive Studien können Assoziationen nur implizieren, aber keine Kausalität belegen. Auch ist fraglich, ob sich die Ergebnisse auf Europa übertragen lassen. Die meisten Studien in dieser Metaanalyse haben Patienten aus Asien und Südamerika untersucht. Bei der Lupusnephritis ist bekannt, dass es Unterschiede im Therapieansprechen je nach Herkunft der Patienten gibt.7 Patienten afrikanischer und hispanischer Herkunft haben einen Vorteil bei der Remissionsinduktion mit Mycophenolat-Mofetil im Vergleich zu Cyclophosphamid, während bei Kaukasiern beide Therapieregime für die Remissionsinduktion als gleichwertig anzusehen sind.7
Nicht nur Lupusnephritis, sondern auch andere Nierenerkrankungen zeigen bei Männern eine raschere Progression.8–10 Somit ist unklar, ob es sich bei der beobachteten Assoziation um einen spezifischen Befund bei Lupusnephritis handelt. Wir wissen bisher noch nicht abschliessend, warum Männer ein höheres Risiko für einen schlechteren Verlauf chronischer Nierenerkrankungen haben. Tierexperimentelle Studien implizieren, dass Östrogene protektiv wirken, indem sie das Endothel schützen und Fibrosierungsprozesse verlangsamen können.11,12 Testosteron wiederum könnte das Fortschreiten einer Fibrose eher befördern.13 Männer mit chronischen Nierenkrankheiten zeigen auch durchschnittlich eine höhere Albuminurie (ein wichtiger Progressionsfaktor chronisch glomerulärer Erkrankungen) als Frauen.14
Für mich ändert die Studie nichts an meinem Vorgehen in der Praxis. Ob Mann oder Frau: Patienten mit Lupusnephritis sollten engmaschig überwacht werden und mindestens vierteljährliche Untersuchungen der Nierenfunktion inklusive Tests auf Mikroalbuminurie und Mikrohämaturie erhalten. Aufgrund dieser neuen Metaanalyse von ausnahmslos retrospektiven, kleinen Studien ist eine Veränderung der Behandlung oder der Verlaufskontrolle nicht sinnvoll. Therapie-Guidelines sollten aus prospektiven, randomisierten, klinischen Studien abgeleitet werden. Es ist wichtig, in künftigen Studien zur Lupusnephritis und anderen Nierenerkrankungen auf einen ausgeglichenen Einschluss von Patienten zu achten, um geschlechtsspezifische Unterschiede in den Verläufen zu analysieren und gegebenenfalls nach geschlechtsspezifischen Therapiemöglichkeiten zu suchen.
Männer und Frauen mit Lupusnephritis werden aktuell gleich therapiert. Es ist gut möglich, dass eine geschlechtsspezifische Behandlung bei verschiedenen Nierenerkrankungen in Zukunft sinnvoll sein könnte. Hierzu benötigen wir belastbare Daten. Für Patienten mit einer Klasse-III- und -IV-Nephritis ± Klasse V ist eine frühe, aggressive Therapie für die Prognose entscheidend und die Therapie sollte nach aktueller Studienlage gewählt werden.
Mycophenolat-Mofetil zeigt insgesamt gegenüber einer Remissionsinduktion mit Cyclophosphamid ein besseres Verträglichkeitsprofil und ist bei Patienten bestimmter Herkunft Cyclophosphamid überlegen. Kritisch zu den prospektiven, randomisierten Studien mit Mycophenolat-Mofetil kann gesagt werden, dass wenige sehr schwere Verläufe eingeschlossen wurden, sodass Cyclophosphamid eine Option bei schweren Verläufen darstellt.7
Zudem haben wir für Patienten, bei denen die Lupusnephritis unter der Standardtherapie nicht gut kontrolliert ist, neuerdings zwei weitere Wirkstoffe in Ergänzung zur Standardtherapie zur Verfügung: Belimumab und den Calcineurin-Inhibitor Voclosporin.15 Belimumab hemmt den B-Zell-aktivierenden Faktor (BAFF), der auch als B-Lymphozyten-Stimulator (BLyS) bezeichnet wird.15
Die Behandlung sollte umgehend bei Stellung der Diagnose begonnen werden und in den Händen von Nephrologen mit Erfahrung in der Behandlung der Lupusnephritis liegen.
Literatur:
1 Mahmood SB et al.: Glomerular Dis 2024; 4: 19-32 2 Feldman CH et al.: Arthritis Rheum 2013; 65(3): 753-63 3 Freedman BI et al.: Arthritis Rheumatol 2014; 66(2): 390-6 4 Hasan B et al.: Clin Rheumatol 2022; 41(11): 3299-311 5 Murphy G, Isenberg D: Rheumatology 2013; 52: 2108-15 6 Lu LJ et al.: Lupus 2010; 19(2): 119-29 7 Appel GB et al.: J Am Soc Nephrol 2009; 20: 1103-12 8 Chesnaye NC et al.: Nat Rev Nephrol 2024; 20: 7-20 9 Chesnaye NC et al.: Nephrol Dial Transplant 2021; 36: 1656-63 10 Ricardo AC et al.: J Am Soc Nephrol 2019; 30: 137-46 11 Hutchens MP et al.: Am J Physiol Renal Physiol 2012; 303: F377-85 12 Maric C et al.: J Am Soc Nephrol 2004; 15: 1546-56 13 Metcalfe PD et al.: Am J Physiol Endocrinol Metab 2008; 294: E435-43 14 Scheven L et al.: PLoS One 2013; 8: e61119 15 Rovin BH et al.: Kidney Int 2024; 105: 31-4
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