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Neue Leitlinie frühe rheumatoide Arthritis

Früh diagnostizieren, rasch therapieren

<p class="article-intro">Mitte Dezember wurde die neue überarbeitete EULAR-Leitlinie zur Behandlung der frühen Arthritis publiziert.1 3 übergreifende Prinzipien, 12 Empfehlungen und viele Tipps für die Praxis. Das Wichtigste sei, so Prof. Distler aus Zürich, eine frühe Diagnose, um rasch mit der Therapie beginnen zu können und Spätschäden zu vermeiden.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Eine Arthritis an peripheren Gelenken ist eine der h&auml;ufigsten Ursachen daf&uuml;r, dass Patienten einen Rheumatologen aufsuchen (Abb. 1). Die zugrunde liegende Ursache zu diagnostizieren, kann vor allem in fr&uuml;hen Stadien schwierig sein. Eine Fr&uuml;harthritis kann sich zu einer rheumatoiden Arthritis (RA) entwickeln oder zu einer anderen definierten Arthropathie; sie kann spontan von selbst wieder verschwinden oder sich so unklar pr&auml;sentieren, dass man zun&auml;chst die Ursache nicht findet.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Leading Opinions_Ortho_1702_Weblinks_s44_1.jpg" alt="" width="1417" height="1147" /><br />2007 ver&ouml;ffentlichte die EULAR Empfehlungen zum Management der fr&uuml;hen Arthritis. In den Empfehlungen wurde die Literatur bis zum Jahre 2005 ber&uuml;cksichtigt. &laquo;Seitdem sind einige Studien zur fr&uuml;hen Arthritis erschienen, sodass eine Aktualisierung notwendig war&raquo;, sagt Prof. Dr. med. Bernard Combe, einer der beiden Hauptautoren und Rheumatologe am Krankenhaus Lapeyronie der Universit&auml;t Montpellier. Zwar gab die EULAR 2010 eine Leitlinie zur Therapie der RA mit synthetischen und biologischen krankheitsmo&shy;difizierenden Medikamenten (DMARDs) heraus, sie wurde 2016 aktualisiert, und k&uuml;rzlich erschien eine Leitlinie zur Psoriasis-Arthritis. &laquo;Doch diese beiden Empfehlungen konzentrierten sich vor allem auf medikament&ouml;se Massnahmen&raquo;, so Combe. In der neuen Leitlinie zur fr&uuml;hen Arthritis gehe es dagegen nicht nur darum, sondern auch um Diagnose, Klassifikationskriterien, bildgebende Verfahren, wie man eine Prognose einsch&auml;tzen k&ouml;nne, und um therapeutische Strategien insgesamt. <br />&laquo;Was in der neuen Leitlinie gut herausgehoben wurde, ist, dass man eine Arthritis so fr&uuml;h wie m&ouml;glich erkennen und den Patienten einem Spezialisten zuweisen sollte&raquo;, sagt Prof. Dr. med. Oliver Distler, Direktor der Klinik f&uuml;r Rheumatologie am Universit&auml;tsspital Z&uuml;rich. &laquo;Dieser verschafft sich einen &Uuml;berblick, wie ausgepr&auml;gt die Krankheit ist und welche Risikofaktoren der Patient hat, die f&uuml;r einen schlechten Verlauf pr&auml;disponieren. Und dann sollte man rasch eine Basistherapie beginnen.&raquo; Fr&uuml;he Diagnose und Therapie verhindern oder verz&ouml;gern Gelenkdestruktion, funktionelle Beeintr&auml;chtigungen und senken die mit einer Arthritis assoziierte h&ouml;here Mortalit&auml;t. &laquo;Die Kombination von regul&auml;ren Verlaufskontrollen und optimalen Therapieinterventionen ist dabei von zentraler Bedeutung, um eine Remission zu erreichen und Langzeitsch&auml;den vorzubeugen&raquo;, sagt Distler.</p> <h2>Neu: 3 &uuml;bergreifende Prinzipien</h2> <p>Die Leitlinie basiert auf einem Expertenkonsens von 20 Rheumatologen, einem weiteren Mitarbeiter im Gesundheitswesen und 2 Patienten aus 12 europ&auml;ischen L&auml;ndern. Erg&auml;nzt wurde die &Uuml;berarbeitung der Leitlinie durch eine systematische Literaturrecherche. Wie in der alten Leitlinie gibt es 12 Empfehlungen, neu aber 3 &uuml;bergreifende Prinzipien (Tab. 1). Diese lauten: <br />1) Behandlung im Einverst&auml;ndnis mit dem Patienten nach bestem Wissen und Gewissen.<br />2) Eine fr&uuml;he entz&uuml;ndliche Gelenkserkrankung sollte von einem Rheumatologen abgekl&auml;rt und behandelt werden. <br />3) Die definitive Diagnose beziehungsweise Klassifikation einer fr&uuml;hen Arthritis sollte erst nach sorgf&auml;ltiger Anamnese, klinischer Untersuchung und allenfalls weiteren Abkl&auml;rungen gestellt werden.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Leading Opinions_Ortho_1702_Weblinks_s44_2.jpg" alt="" width="1417" height="2894" /><br />&laquo;Das Expertenkomitee fand, dass einige der Behandlungsprinzipien so generell sind, dass man sie als Erstes erw&auml;hnen und von den anderen individuellen Empfehlungen trennen sollte. Deshalb haben wir die 3 Prinzipien angegeben&raquo;, erkl&auml;rt Combe. Es gebe im Vergleich zur Leitlinie von 2007 keine wesentlichen &Auml;nderungen, aber ein paar Aspekte seien jetzt besser. &laquo;Wir haben deutlicher betont, wie wichtig es ist, den Patienten fr&uuml;h einem Spezialisten zuzuweisen und bei denen, die es brauchen, eine Therapie mit DMARDs zu starten. Denn wir haben gelernt, dass diese Behandlungsstrategie das Outcome verbessern kann.&raquo; Wichtig hierbei sei, das &laquo;window of opportunity&raquo; zu beachten: Innerhalb von 3 Monaten sollte man die Behandlung beginnen, wenn der Patient ein hohes Risiko f&uuml;r eine Persistenz der Arthritis hat &ndash; auch wenn er die Kriterien f&uuml;r eine inflammatorische rheumatologische Krankheit nicht vollst&auml;ndig erf&uuml;llt (Empfehlung Nr. 4). <br />&laquo;Wird ein Patient mit Verdacht auf entz&uuml;ndliche Gelenkserkrankung zugewiesen, steht die sorgf&auml;ltige klinische Untersuchung an erster Stelle&raquo;, sagt Dr. med. Raphael Micheroli, Assistenzarzt an der Klinik f&uuml;r Rheumatologie am Universit&auml;tsspital Z&uuml;rich. &laquo;In unklaren F&auml;llen kann Ultraschall helfen.&raquo; <br />In der Leitlinie sind das diagnostische und das therapeutische Vorgehen in &uuml;bersichtlichen Algorithmen dargestellt (Abb. 2). Aktiv m&uuml;sse man Risikofaktoren f&uuml;r einen schwereren Verlauf erfragen und erfassen: Anzahl der geschwollenen Gelenke, H&ouml;he von CRP/BSR, Vorhandensein und H&ouml;he von Rheumafaktor und Anti-CCP sowie erosive Ver&auml;nderungen im R&ouml;ntgen bzw. im Ultraschall. Combe: &laquo;Im Gegensatz zu anderen Experten glaube ich nicht an einen zus&auml;tzlichen Wert von Ultraschall und MRI bei der Diagnose und ich glaube auch nicht daran, dass man damit bei einem Patienten in klinischer Remission eine strukturelle Progression vorhersagen kann.&raquo; Die Signifikanz dieser Untersuchungen und der klinische Nutzen seien fraglich, heisst es demnach auch in der Leitlinie. Sie sind mit deutlicher &Uuml;bertherapie assoziiert und bedeuten daher potenziell eine Verschwendung von Ressourcen. Das Expertenkomitee schl&auml;gt vor, den Wert bildgebender Verfahren auf die Forschungsagenda zu nehmen.</p> <h2>&laquo;Treat to target&raquo;</h2> <p>Eine Basistherapie sollte so fr&uuml;h wie m&ouml;glich gestartet werden, wenn der Patient ein hohes Risiko f&uuml;r eine Persistenz hat &ndash; auch wenn sich noch keine definitive Diagnose stellen l&auml;sst (Abb. 2). Methotrexat ist die Basistherapie der Wahl. &laquo;Perorale Glukokortikoide k&ouml;nnen zur &Uuml;berbr&uuml;ckung vom Start eines Basistherapeutikums bis zu dessen Wirkungseintritt verwendet werden, jedoch nicht als Dauertherapie&raquo;, erkl&auml;rt Micheroli. Man habe die Rolle der Glukokortikoide intensiv diskutiert, erz&auml;hlt Leitlinien-Autor Combe. &laquo;Man sollte sie nicht unreflektiert und nur limitiert einsetzen. Es gibt n&auml;mlich neue Evidenz zu Nebenwirkungen.&raquo; So weisen neue Daten aus Register- und Beobachtungsstudien und verl&auml;ngerten randomisierten klinischen Studien darauf hin, dass Glukokortikoide das Risiko f&uuml;r schwere Infektionen, kardiovaskul&auml;re Ereignisse und die Gesamtmortalit&auml;t erh&ouml;hen.<br />Das Ziel jeder Therapie, so Rheumatologe Distler, sei die klinische Remission. &laquo;Bis zum Erreichen dieses Zieles sollte man den Patienten engmaschig kontrollieren, also monatlich bis alle drei Monate.&raquo; Die Krankheitsaktivit&auml;t sollte mittels standardisierter Messmethoden protokolliert und die Therapie bis zum Erreichen dieses Zieles regelm&auml;ssig angepasst werden (&laquo;treat to target&raquo;).</p> <h2>&nbsp;<img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Leading Opinions_Ortho_1702_Weblinks_s44_3.jpg" alt="" width="2150" height="1202" />&nbsp;</h2> <h2>Aufwendiges Management lohnt sich</h2> <p>Neben pharmakologischen Interventionen stehen auch nicht pharmakologische Therapien zur Verf&uuml;gung, etwa Physiotherapie. Viel Wert habe man auch darauf gelegt, erz&auml;hlt Combe, allgemeine Massnahmen zu erw&auml;hnen (Empfehlung Nr. 11): Rauchstopp, Zahnhygiene, Gewichtskontrolle, &Uuml;berpr&uuml;fen des Impfstatus und die Behandlung von Komorbidit&auml;ten. &laquo;Eine ganzheitliche Patientenbetreuung mit &Auml;nderung des Lebensstils ist Teil der Behandlungsstrategie&raquo;, sagt Micheroli. F&uuml;r Patienten gebe es zahlreiche Anlaufstellen, bei denen sie sich &uuml;ber ihre Krankheit informieren k&ouml;nnen. &laquo;Die Adressen muss man aber den Patienten aktiv mitteilen und sie ermutigen, sich dort zu melden und zu informieren.&raquo; <br />In der Schweiz w&uuml;ssten zum Gl&uuml;ck die meisten Rheumatologen, wie wichtig es sei, eine Fr&uuml;harthritis so rasch wie m&ouml;glich zu diagnostizieren und zu behandeln, sagt Distler. &laquo;Trotzdem kann man es nicht oft genug wiederholen: Einen Patienten mit fr&uuml;her Arthritis sollte man priorit&auml;r behandeln.&raquo; Das initiale, teilweise aufwendige Management zahle sich aus: &laquo;Die fr&uuml;he Diagnose und der rasche Beginn der Therapie mit Eskalation bis zur Remission f&uuml;hren zu einem deutlich besseren Verlauf der Erkrankung.&raquo; Davon profitiert nicht nur der Patient, sondern auch das Gesundheitssystem. Es bleibt zu hoffen, dass die Leitlinie auch die Zuweiser erreicht, die Patienten mit einer fr&uuml;hen Arthritis oftmals als Erste sehen. &lt;</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Combe B et al: 2016 update of the EULAR recommendations for the management of early arthritis. Ann Rheum Dis 2016; doi:10.1136/annrheumdis- 2016-210602</p> </div> </p>
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