Wie Implantate im Körper wirklich reagieren
Titan-Implantate gelten als stabil, doch ihre Oberfläche wirft viele Fragen auf. Im Labor für Fügetechnologie und Korrosion der Empa wird nun daran geforscht.
Dübendorf. Martina Cihova, Forscherin an der Empa im Labor für Fügetechnologie und Korrosion, untersucht, warum Titan-Implantate im Körper manchmal versagen – sei es durch Abstossung oder Bruch. Im Zentrum ihrer Forschung steht die kaum zehn Nanometer dünne Oxidschicht auf Titanoberflächen, die für die Biokompatibilität entscheidend ist. Es zeigt sich: Der menschliche Körper ist eine viel aggressivere Umgebung als lange angenommen. Immunzellen setzen Substanzen frei, die den pH-Wert senken und die Materialien angreifen. Für ihr Projekt hat Cihova nun einen vierjährigen «Ambizione-Grant» des Schweizerischen Nationalfonds (SNF) erhalten. Cihova verfolgt dabei einen interdisziplinären Ansatz zwischen Materialwissenschaft und Medizin.
Titan ist in der Medizintechnik weit verbreitet: Es findet sich in künstlichen Gelenken, Zahnimplantaten oder Herzschrittmachern. Seine Festigkeit, Leichtigkeit und Biokompatibilität beruhen auf einer dünnen, natürlichen Oxidschicht. Diese wird jedoch durch industrielle Oberflächenbehandlungen beeinflusst – etwa durch Farbcodierungen, Gravuren oder 3D-Druckverfahren. Martina Cihova warnt: Solche Veränderungen sind bisher unzureichend erforscht, könnten aber die Korrosionsbeständigkeit und Interaktion mit dem Körper wesentlich beeinflussen. Cihovas Forschung konzentriert sich auf die sogenannte Biokorrosion an der Grenzfläche zwischen Implantat und Körper. Sie untersucht, wie sich die Struktur und chemische Beschaffenheit der Titanoxide auf die Reaktion mit körpereigenen Zellen und Flüssigkeiten auswirken.
In einem mehrstufigen Verfahren analysiert Cihovas Team speziell hergestellte Titan-Oberflächen zunächst in einfachen Flüssigkeiten, später in komplexeren biologischen Systemen – bis hin zum Kontakt mit lebenden Immunzellen. Unterstützt wird sie dabei von Empa-Fachleuten aus Thun und St. Gallen. Ziel ist es, die fundamentalen Wechselwirkungen auf molekularer Ebene sichtbar zu machen. Langfristig will Cihova die Erkenntnisse auf weitere Materialien übertragen – etwa für Anwendungen in der Nanomedizin oder implantierbaren Sensorik.
Quelle: Empa
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