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Multiple Sklerose

Was können wir wirklich von Ocrelizumab erwarten?

<p class="article-intro">Mit Ocrelizumab steht bald eine Therapieoption zur Verfügung, die das Fortschreiten der primär progredienten Multiplen Sklerose (MS) nachweislich verlangsamt. Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) und das Krankheitsbezogene Kompetenznetz Multiple Sklerose (KKNMS) ordnen die Bedeutung der Ergebnisse aus der ORATORIO-Studie ein.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Der humane monoklonale Antik&ouml;rper gegen B-Lymphozyten ist das erste Medikament, das &uuml;berhaupt eine Wirkung bei prim&auml;r progredientem Verlauf der MS zeigt&ldquo;, erkl&auml;rt Prof. Ralf Gold, Direktor der Neurologischen Klinik der Universit&auml;t Bochum, Past-President der DGN. F&uuml;r Ocrelizumab hatten sich schon im Herbst 2016 positive Ergebnisse abgezeichnet. Jetzt wurden die Phase-III-Studien im &bdquo;New England Journal of Medicine&ldquo; publiziert. OPERA I und II untersuchten die Wirksamkeit von Ocrelizumab beim schubf&ouml;rmig remittierenden Verlauf, ORATORIO testete den Antik&ouml;rper bei der prim&auml;r progredienten Verlaufsform der MS gegen Placebo.</p> <h2>ORATORIO-Studie: Ocrelizumab bremst PPMS</h2> <p>Bei etwa zehn Prozent der MS-Patienten verschlechtern sich die neurologischen Ausf&auml;lle und die k&ouml;rperliche Behinderung ab Diagnose kontinuierlich. Bisher stand f&uuml;r die prim&auml;r progrediente MS (PPMS) kein spezifisches Medikament zur Verf&uuml;gung. &bdquo;Wir konnten nachweisen, dass Ocrelizumab auch bei dieser Verlaufsform wirksam ist&ldquo;, sagt Prof. Hans-Peter Hartung, Direktor der Klinik f&uuml;r Neurologie der Universit&auml;t D&uuml;sseldorf und Koautor der ORATORIO-Studie. Dem internationalen Team gelang es, 732 Patienten mit prim&auml;r progredienter Multipler Sklerose (PPMS) in die ORATORIO-Studie einzuschlie&szlig;en. Sie erhielten, randomisiert im Verh&auml;ltnis 2:1, entweder Ocrelizumab (600mg) oder Placebo als Infusion. Die Behandlung erfolgte alle 24 Wochen &uuml;ber einen Zeitraum von mindestens 120 Wochen. Prim&auml;rer Endpunkt war eine best&auml;tigte Krankheitsprogression in den ersten zw&ouml;lf Wochen der Therapie, gemessen auf der Standardskala EDSS (Expanded Disability Status Scale), die MS-bedingte Behinderungen systematisch erfasst. In der Ocrelizumab- Gruppe verzeichneten die Forscher bei 32,9 % der Patienten eine Krankheitsprogression, in der Placebogruppe bei 39,3 % . Die Hazard-Ratio, also das prozentuale Risiko f&uuml;r fortschreitende Behinderung, lag bei 0,76 und sprach damit f&uuml;r Krankheitsstabilisierung (95 % -Konfidenzintervall: 0,59&ndash;0,98). Unter Ocrelizumab verschlechterten sich auch weniger Patienten nach 120 Wochen im 25-Meter-Gehtest: 55,1 versus 38,9 % . Gering waren hingegen die Unterschiede in der Lebensqualit&auml;t.</p> <h2>Eine Untergruppe der Patienten profitiert</h2> <p>An der ORATORIO-Studie haben j&uuml;ngere Patienten zwischen 18 und 55 Jahren teilgenommen, deren PPMS-Diagnose weniger als zehn Jahre zur&uuml;cklag und die im Liquor Entz&uuml;ndungszeichen zeigten. Sie wiesen zu Beginn der Studie EDSS-Scores zwischen 3,0 und 6,5 auf. Patienten, die zuvor mit B-Zell-Therapien und anderen immunsuppressiven Medikamenten behandelt worden waren, wurden aus der Studie ausgeschlossen. &bdquo;Damit blieb eine quasi positiv selektierte Subgruppe von Patienten &uuml;brig&ldquo;, betont Gold. Ocrelizumab sei zwar eine Innovation, aber es sei noch zu fr&uuml;h, um von einem Durchbruch in der Therapie der progredienten Multiplen Sklerose zu sprechen, so der Neurologe. &bdquo;Der therapeutische Effekt von Ocrelizumab bei PPMS ist geringer als bei schubf&ouml;rmig remittierenden Verlaufsformen. Aber immerhin: Wir k&ouml;nnen in Zukunft Patienten mit prim&auml;r progredienter MS erstmals &uuml;berhaupt ein wirksames Medikament anbieten.&ldquo;</p> <h2>Angriff an den B-Zellen</h2> <p>Ocrelizumab ist ein gegen B-Lymphozyten gerichteter monoklonaler Antik&ouml;rper (Anti-CD20) und eine Variante des Krebs- und Rheumamedikaments Rituximab. Die meisten MS-Medikamente richten sich gegen T-Zellen. Die Rolle der BZellen wurde lange untersch&auml;tzt, dies &auml;nderte sich, als monoklonale CD20-Antik&ouml;rper, die selektiv B-Zellen zerst&ouml;ren, in klinischen Studien eine Wirkung auf die Entz&uuml;ndungsaktivit&auml;t bei der MS zeigten. &bdquo;Die Wirksamkeit von Ocrelizumab belegt, dass B-Zellen auch an der Pathogenese der prim&auml;r progressiven Multiplen Sklerose beteiligt sind und dass die B-Zell-vermittelte Entz&uuml;ndung eine direkte oder indirekte Rolle bei der Neurodegeneration spielt&ldquo;, erkl&auml;rt Hartung.</p> <h2>Wenige F&auml;lle von Tumoren beschrieben</h2> <p>Insgesamt wurde in allen drei Studien Ocrelizumab gut vertragen, es traten keine schwerwiegenden Infektionen auf. Allerdings wurden einige wenige F&auml;lle von Tumoren beschrieben, diese traten h&auml;ufiger in den Ocrelizumab-Armen auf. Die Zulassung der Substanz durch die europ&auml;ische Zulassungsbeh&ouml;rde wird in diesem Jahr erwartet. (red)</p></p> <p class="article-quelle">Quelle: Medienmitteilung der DGN vom 17. Jänner 2017 </p>
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