© T. Eggimann, Kreuzlingen

Spirale zur Kontrazeption

«Verlässlich, langfristig, reversibel»

Hierzulande verhüten 12% der Frauen mit der Hormonspirale und 6% mit der Kupferspirale.1 Eigentlich würde sich die Spirale für die meisten Frauen eignen, schrieben kürzlich zwei Familienmedizinerinnen aus den USA in einer Übersichtsarbeit.2 Wie die Situation in der Schweiz ist, was man beachten muss und welchen Preis man verlangen kann, erklärt Dr. Eggimann aus Kreuzlingen.

Autorinnen aus den USA haben kürzlich einen Artikel in einer Fachzeitschrift für Grundversorger veröffentlicht: über Spiralen, wie man sie einlegt und enfernt.2 Der Text ist 13 Seiten lang. Braucht es so einen umfangreichen Artikel nur über die Spirale?

T. Eggimann:Der Artikel entspricht für mich einem kompakten Lehrbuchkapitel über die Spirale, was ihn für junge Kolleg*innen sicher interessant macht. In deutschsprachigen Fachzeitschriften haben wir keine vergleichbare Übersichtsarbeit. Es geht hier nicht um neue wissenschaftliche Erkenntnisse, sondern um eine solide Grundlage und Zusammenfassung. Wahrscheinlich sind die Informationen jenen Fachärzt*innen, die seit Jahren in der Praxis arbeiten, längstens bekannt. Aber gerade für jüngere Kolleg*innen in der Facharztausbildung oder für Ärzt*innen in der Klinik, die sich mit praktischen Verhütungsfragen beschäftigen wollen, halte ich den Artikel für eine sehr gute Übersicht.

Gehen Sie selbst auch so vor, wie es die Autorinnen beschreiben?

T. Eggimann:Es entspricht ziemlich genau dem üblichen Vorgehen. Zwar sind in den USA andere Spiralen zugelassen, aber so sehr unterscheiden sie sich nicht von unseren und es gibt nicht so viele Möglichkeiten, eine Spirale einzulegen. Deshalb dürfte der Artikel weltweit seine Richtigkeit haben.

Denken Sie, in der Facharztausbildung zum Gynäkologen wird das Einsetzen der Spirale ausreichend gelehrt?

T. Eggimann:Ich hoffe es sehr! Es ist eine Prozedur, die initial Überwachung und Feedback durch eine erfahrene Person braucht. Das Gefühl für die Lage der Gebärmutter und deren Grösse entwickelt sich erst mit der Zeit und mit der Erfahrung.

In dem Artikel heisst es, Spiralen seien für die meisten Frauen geeignet. Warum verhüten dann hierzulande so wenige mit der Spirale?

T. Eggimann: Die Pille ist immer noch die beliebteste Methode der Verhütung, unter anderem weil sie von der Benutzerin selbst gesteuert werden kann: Sie kann jeden Monat für sich selbst entscheiden und die Pille ohne ärztliche Hilfe absetzen. Die Spirale hat demgegenüber den Vorteil, dass sich die Frau bis zu 6 Jahre lang keine Gedanken über die Verhütung machen muss und die Verhütung weniger kostet als die Pille – vorausgesetzt, die maximale Liegedauer wird ausgenützt.

Stimmen Sie den amerikanischen Kolleginnen zu, was die Indikationen für die Spirale betrifft?

T. Eggimann: Ja, ich sehe das genauso. Eine Spirale eignet sich für Frauen, die eine verlässliche, langfristige, reversible Verhütung wünschen – egal, ob sie schon ein Kind bekommen haben oder nicht. Auch die Haltung zu Kontraindikationen teile ich. Die Hormonspirale Mirena® mit Levonorgestrel wird hierzulande von der Grundversicherung bezahlt, wenn die Frau eine idiopathische Hypermenorrhö hat oder wenn man das Endometrium während einer Östrogentherapie in der Menopause vor einer Hyperplasie schützen möchte. Möchte die Frau sichergehen, dass sie weiterhin ihre Regel bekommt, ist eine Kupferspirale indiziert, schreiben die Kolleginnen – auch das sehe ich so. Als weitere Indikation werden Transgender-Patienten unter einer Testosterontherapie aufgeführt, die eine Kontrazeption bzw. einen Zyklusstopp wünschen. So ein Fall ist mir in meiner Praxis aber noch nicht begegnet.

Wann empfehlen Sie Ihren Patientinnen, die Spirale zu entfernen?

T. Eggimann:Die kleinste Hormonspirale, die Jaydess®, darf nur 3 Jahre liegen, die meisten anderen 5 Jahre, Mirena® 6Jahre.

Wie viel berechnen Sie für die Einlage?

T. Eggimann:Wir verrechnen in unserer Gemeinschaftspraxis fix: Kupferspirale 300CHF, Gynefix® Kupferkette 350CHF, Jaydess® 450CHF, Kyleena® 500CHF und Mirena® 600CHF. Andere Modelle mit oder ohne Hormone verwende ich nicht, denke aber, dass sich die Preise in ähnlichem Rahmen bewegen dürften. Es gibt sicher eine Bandbreite, wobei ich 500CHF für eine Kupferspirale und 700 CHF für eine Mirena® – alles inklusive Einlage und Kontrolle nach 6Wochen – persönlich als Obergrenze erachte.

Welcher Frau empfehlen Sie Kyleena®, welcher Mirena® und welcher Levosert® oder ein anderes Generikum?

T. Eggimann: Kyleena® enthält nur etwa 40% so viel Levonorgestrel wie Mirena®, nämlich 19,5mg statt 52mg. Dafür haben Frauen mit Kyleena® öfter noch ihre Menstruation. Leidet eine Frau unter Dysmenorrhö, hat sie starke Blutungen oder möchte keine Menstruation mehr, rate ich ihr eher zur Mirena®. Möchte die Frau möglichst wenige Hormone, ist aber eine Kupferspirale kontraindiziert – etwa wegen einer Kupferallergie –, ist Kyleena® eine gute Lösung. Generika der Hormonspiralen lege ich nicht ein. Ich bin mit den genannten Produkten bisher gut gefahren,und es hat in meinen Augen wenig Sinn, jedes Modell anzubieten, das auf dem Markt erhältlich ist. Kupfer ist für mich in vielen Fällen immer noch eine sehr gute Option.

Ist das Einsetzen schwierig?

T. Eggimann:Schwierig nicht, aber es braucht ein Gefühl für den Uterus, also für Lage, Grösse und Konsistenz. Deshalb schwöre ich auf die bimanuelle Untersuchung. In fast allen Fällen kann man damit die Länge des Uterus sehr gut abschätzen. Das hilft, das Perforationsrisiko und einen Tiefsitz der Spirale, was Schmerzen verursachen kann, zu verhindern. Es braucht etwas Übung, bis man die Einlage von Spiralen gut beherrscht. Aber ich würde sagen, nach ein Dutzend Mal kann man es. Es gibt hierzu Simulationsgeräte, mit denen junge Kolleginnen und Kollegen ohne Risiko üben können. Manche Hersteller bieten bei Kongressen Demonstrationen an.

Im Artikel heisst es: «Ultrasound is not required but may be helpful, especially in cases of complications.»2 Wann halten Sie Ultraschall für erforderlich?

T. Eggimann:Die Spiraleinlage ist Handarbeit. Ein Ultraschall kann allenfalls unmittelbar nach der Einlage helfen, zur Bestätigung der korrekten Lage. Auch aus forensischen Gründen kann es hilfreich sein. Trotzdem mache ich es nur ab und zu, wenn die Einlage schwierig war oder es mir scheint, als würde die Spirale ziemlich tief sitzen. Sonst empfehle ich, mit Gefühl zu arbeiten, weil der Ultraschall keinerlei verwertbare Aussage über die Festigkeit der Uteruswand und damit das Perforationsrisiko gibt.

Was empfehlen Sie gegen Schmerzen?

T. Eggimann:Wünscht eine Frau die Spirale nach einer Geburt, also etwa 6Wochen postpartal, braucht sie keine Schmerzmittel, weil die Zervix noch weich ist. Bei Frauen, die noch nie geboren haben, lege ich Spiralen bei abklingender Monatsblutung nach Gabe eines Schmerzmittels plus Prostaglandin, zum Beispiel ein nichtsteroidales Antiphlogistikum plus Misoprostol, auch wenn gemäss dem Artikel keine Evidenz für Prostaglandine vorliegt. Das Prostaglandin schützt zumindest den Magen vor den nichtsteroidalen Antirheumatika.

Was sagen Sie der Frau: Wie lange tut es nach der Einlage weh und mit welchen Symptomen sollte sie sofort zum Arzt?

T. Eggimann:Oft klingt der Schmerz ab, während die Frau noch in der Praxis ist. Ich sage ihr, dass es 2–3Tage im Unterleib ziehen kann, manchmal auch krampfartige Schmerzen auftreten können. Einmal stellte sich eine Frau 1Woche nach einer Spiraleneinlage vor und berichtete, sie habe immer noch Schmerzen. In solchen Fällen mache ich dann natürlich auch einen Ultraschall, um die Lage zu überprüfen. Bei der Frau lag es daran, dass die Spirale nach unten gerutscht war. In dem Fall muss man die Spirale entfernen und neu legen, wofür ich kein Geld verlange, das ist quasi Garantiearbeit.

Wann sollte man die Spirale wechseln?

T. Eggimann:Erstens: vor dem 45.Lebensjahr entsprechend der zugelassenen Liegedauer, also nach 3–6 Jahren, wobei es auf ein paar Monate nicht ankommt. Zweitens: wenn die Spirale nicht richtig liegt. Selten kann man sie dann mit einer feinen Pelkmann-Zange wieder positionieren. Drittens: wenn die Frau Schmerzen oder andere Beschwerden hat. Denn das kann auf eine Infektion weisen, was aber äusserst selten vorkommt. Die Hormonspiralen schützen durch die Eindickung des Zervixschleimes vor aufsteigenden Infekten.

Man braucht die Spirale nicht zu wechseln, wenn im Abstrich asymptomatische Actinomyceten beschrieben sind, eine spezielle Bakterienart, die einem Pilz ähnelt. Actinomyceten machen in der Regel eine asymptomatische Infektion und stören die normale Keimflora nicht. Deshalb braucht man sie nicht zu behandeln und auch die Spirale kann bleiben. Auch braucht die Spirale nicht gewechselt zu werden, wenn die Frau älter als 45 und zufrieden ist. Denn selbst wenn die Hormonkonzentrationen langsam nachlassen und keine Kupferionen mehr freigesetzt werden, ist es sehr unwahrscheinlich, dass die Frau schwanger wird. Mein Vater und ich setzten zusammen mehr als 2000 Spiralen ein, davon mehrere Hundert bei Frauen über 45 Jahren, die länger belassen wurden. Keine von ihnen ist schwanger geworden.

Nur wenn eine über 45-Jährige mit Hormonspirale erneut störende Blutungen hat, würde ich die Spirale wechseln. Später, wenn die Frau in der Menopause ist, kann die Spirale anlässlich einer Routineuntersuchung entfernt werden.

Weiterführende Artikel dazu finden Sie online:

1 www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/aktuell/neue-veroeffentlichungen.gnpdetail.2021-0248.html 2 Long S, ColsonL: Intrauterine device insertion and removal. Prim Care 2021; 48(4): 531-44

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