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Überzogene Preise für Spiraleneinlage

«Verehrte Kollegen, haltet Euch zurück»

Wie viel man für die Einlage einer Spirale berechnen kann, darf jeder selbst bestimmen. Im Sinne der Patientinnen wäre es aber sinnvoll, eine Preisspanne festzulegen. Doch das Gesetz und auch so manch Kollege steht dem im Wege: wo die Hürden liegen und was die Schweizerische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe diesbezüglich unternehmen will.

Eine Spirale muss die Frau – so wie andere Verhütungsmittel auch – selbst bezahlen, auch dann, wenn sie zur postkoitalen Verhütung eingesetzt wird. Die Spiraleneinlage wird nicht nach dem Krankenversicherungsgesetz (KVG) abgerechnet, sondern gemäss Privatversicherungsgesetz (VVG), weil es sich nicht um eine Pflichtleistung handelt. Einzige Ausnahmen sind die Hormonspiralen Mirena® und Levosert®, die aus medizinischer Indikation bei idiopathischer Hypermenorrhö eingelegt werden können; Mirena® zusätzlich auch als Schutz vor Endometriumhyperplasie während einer Hormontherapie in den Wechseljahren. Hier werden sie dann natürlich von der Grundversicherung bezahlt.

Beim Preis für die Einlage einer Spirale gibt es keine Deckelung nach oben; jeder Arzt kann das selbst festlegen. Nachdem uns in der SGGG Patientinnen geklagt haben, ihnen seien mehr als 1200 Franken für eine Spirale berechnet worden, haben wir im Vorstand diskutiert, ob wir eine Preisspanne vorschlagen wollen. Am 15. März 2022 haben wir das Thema im Rahmen der Vorstandssitzung der Zürcher Gynäkologen besprochen.

<< Ich hätte mir gewünscht, dass wir einen Honorardeckel veröffentlichen, aber offenbar ist das nicht so einfach.>>

Davor habe ich mich bei einem Rechtsanwalt erkundigt. Aufgrund des Kartellgesetzes dürfen wir keinen Preis vorschreiben. Dort heisst es: «Abreden, die den Wettbewerb auf einem Markt für bestimmte Waren oder Leistungen erheblich beeinträchtigen und sich nicht durch Gründe der wirtschaftlichen Effizienz rechtfertigen lassen, sowie Abreden, die zur Beseitigung wirksamen Wettbewerbs führen, sind unzulässig.»1 Nun scheint es zunächst eine rechtliche Grauzone zu sein, ob wir mit einer Preisspanne den Wettbewerb «erheblich beeinträchtigen» oder damit «wirksamen Wettbewerb beseitigen» würden. Aber im nächsten Abschnitt ist klar geschrieben: «Die Beseitigung wirksamen Wettbewerbs wird bei folgenden Abreden vermutet, sofern sie zwischen Unternehmen getroffen werden, die tatsächlich oder der Möglichkeit nach miteinander im Wettbewerb stehen: a) Abreden über die direkte oder indirekte Festsetzung von Preisen; ...».1

Deshalb haben wir uns entschlossen, keine Preisspanne festzusetzen. Der Jurist hat aber gesagt, eine Obergrenze sei möglich. Wir haben dann überlegt festzulegen: Mehr als 550Franken für eine Metallspirale und mehr als 700Franken für eine Hormonspirale, beides inklusive sonografischer Kontrolle nach 4–8 Wochen, wären aus unserer Sicht erklärungsbedürftig.

Diese Obergrenzen wollten wir von der SGGG in einer Rundmail an die Mitglieder schicken mit dem Titel «Verehrte Kollegen, haltet Euch zurück» oder so ähnlich. Ich hielt das eigentlich für eine gute Idee, denn es kann nicht sein, dass ein Kollege oder eine Kollegin für das Einlegen einer Spirale so hohe Preise verlangt und die unwissenden Patientinnen darunter leiden. Zwei Kolleginnen haben dann aber ziemlich kritisch reagiert. Sie sagten, die Frauen wüssten ohnehin Bescheid über die Preise, und wenn man wegen einer komplizierten Situation mehr verlangen würde als die Obergrenze, würden sie zu einem anderen Frauenarzt gehen.

Wir hatten angedacht, die Obergrenze mit einem Informationsschreiben auf die Webseite der SGGG zu stellen. Das wurde dann aber auch kritisiert mit der Begründung: Sehen Kollegen die Obergrenze und verlangen selbst weniger, denken sie vielleicht: Wenn die SGGG das publiziert, kann ich demnächst auch so viel berechnen.

Ich hätte mir gewünscht, dass wir einen Honorardeckel veröffentlichen, aber offenbar ist das nicht so einfach. Wir werden das Thema demnächst nochmals diskutieren, dann aber im SGGG-Vorstand.

Natürlich gibt es Ausnahmen, wo wir für das Einlegen einer Spirale mehr verrechnen können als im Durchschnitt, z.B. wenn die Frau eine Anästhesie benötigt, um einen zu engen Zervikalkanal aufzudehnen, oder wenn die Einlage beim ersten Mal nicht klappt. Auch wenn die Frau sehr unsicher ist, ob sie sich die Spirale einlegen lassen soll oder nicht und es mehr Zeit für das Gespräch braucht, kann man etwas mehr berechnen. Aber das sind Ausnahmesituationen. In der Regel geht die Beratung schnell. Ist die Frau keine Nullipara, lässt sich die Spirale rasch einlegen und die Patientin kann sofort nach Hause gehen. Da kommt man mit CHF 400.–für eine Kupferspirale und CHF 500.– bis CHF 600.–für eine Hormonspirale inklusive Nachkontrolle gut hin. Als Basis könnte man den Preis für eine Abrechnung nach Sozialversicherungstarif nehmen: Eine Mirena® kostet CHF 187.–. Zusammen mit Konsultation, Beratung, Aufklärung, Einlage, Material, eventuell Lokalanästhesie und Ultraschallkontrolle nach 4–8Wochen kommt man auf einen Betrag von etwa CHF 500.– bis CHF 600.–. Alles andere wäre meiner Meinung nach zu viel in einer normalen Situation.

Nicht in Ordnung finde ich es auch, wenn man der Krankenkasse CHF 150.– bis CHF 300.–für die sonografische Nachkontrolle in Rechnung stellt und das über die Grundversicherung abrechnen will.

Ich denke nicht, dass es Aufgabe der Politik ist, in die Preisgestaltung einzugreifen. Ich finde, es wäre aber Aufgabe unserer Fachgesellschaft, Preisspannen oder Obergrenzen zu empfehlen, die mit dem Kartellgesetz vereinbar sind. Hoffentlich sind es nur wenige «schwarze Schafe» unter unseren Kollegen, die erhöhte Preise verlangen und so unserem Ruf schaden. Deshalb versuchen wir in der SGGG, unsere Mitglieder in Sachen Tarifanwendung und Abrechnungen zu schulen. Ich führe z.B. selbst hierzu Seminare durch und habe bereits rund 1000 Gynäkologen geschult. Doch auch die beste Aufklärung ändert nichts an der Tatsache, dass letztendlich der freie Markt gilt – wie sonst auch in der Schweiz.

Weiterführende Artikel dazu finden Sie online:

1 Bundesgesetz über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen, Kapitel 2, Abschnitt 1, Artikel 5

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