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Typ-2-Diabetiker leiden häufig an diastolischer Herzinsuffizienz

<p class="article-intro">Die Prognose von Patienten mit Diabetes mellitus und Herzinsuffi zienz ist ungünstig. Die Kombination mit SGLT2-Inhibitoren oder GLP-1-Rezeptor-Agonisten hat in Studien einen Überlebensvorteil bei Patienten mit einem hohen kardiovaskulären Risiko gezeigt und wird von der SGED empfohlen.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Weltweit und auch in Europa sind 30&ndash;50 % der Betroffenen mit einem Diabetes mellitus (DM) undiagnostiziert. Die dauerhaft erh&ouml;hten Blutzuckerspiegel sch&auml;digen das Gef&auml;ssendothel und f&uuml;hren zu Mikro- und Makroangiopathien. &laquo;Ungef&auml;hr die H&auml;lfte der Betroffenen leidet bei der Diagnose bereits an mikrovaskul&auml;ren Komplikationen&raquo;, sagte Prof. Dr. med. Roger Lehmann, Z&uuml;rich, am Update Refresher Innere Medizin in Z&uuml;rich. W&auml;hrend die mikrovaskul&auml;ren Folgen, beispielsweise an den Augen und Nieren, vor allem zu einer Zunahme der Morbidit&auml;t f&uuml;hren, enden die makrovaskul&auml;ren Komplikationen oft t&ouml;dlich: &laquo;Rund 75 % der Diabetiker sterben an einer kardiovaskul&auml;ren Ursache&raquo;, so der Referent.<br /> Dass zwischen der H&ouml;he des HbA<sub>1c</sub> und dem Auftreten kardiovaskul&auml;rer Ereignisse ein linearer Zusammenhang besteht, hatten bereits die Ergebnisse der UKPDSStudie gezeigt, die vor mehr als 15 Jahren publiziert worden sind.<sup>1</sup> Zudem haben verschiedene Studien, darunter der &laquo;Diabetes Complications and Control Trial&raquo; (DCCT) best&auml;tigt, dass mikro- und makrovaskul&auml;re Komplikationen und die Mortalit&auml;t durch eine intensive Diabetestherapie verz&ouml;gert werden k&ouml;nnen.<sup>2</sup> Eine Ausnahme bildete die ACCORD-Studie, bei der es unter der intensiven Blutzuckerkontrolle zu einem Anstieg der Zahl der Todesf&auml;lle gekommen war.<sup>3</sup> Als Ursache daf&uuml;r wurden geh&auml;ufte Hypoglyk&auml;mien vermutet. Seither verlangt die US-amerikanische Zulassungsbeh&ouml;rde, FDA, Studien zum kardiovaskul&auml;ren Outcome als Beweis der Sicherheit neuer Antidiabetika. Die neuen inkretinbasierten Therapien mit den DPP-4-Inhibitoren (DPP-4-I, Gliptine) Alogliptin (Vipidia<sup>&reg;</sup>), Saxagliptin (Onglyza<sup>&reg;</sup>) und Sitagliptin (Januvia <sup>&reg;</sup>) und dem kurz wirksamen GLP-1-Rezeptor- Agonisten (GLP-1-RA) Lixisenatid waren bez&uuml;glich der untersuchten kardiovaskul&auml;ren Endpunkte neutral.<sup>4-7</sup> &laquo;Mit Spannung waren daher die Ergebnisse der EMPA-REG-Studie mit dem SGLT2-Inhibitor (SGLT2-I) Empagliflozin (Jardiance<sup>&reg;</sup>) sowie der LEADER-Studie mit dem GLP-1- RA Liraglutid (Victoza<sup>&reg;</sup>) erwartet worden &raquo;, sagte Lehmann.</p> <h2>Weniger herzinsuffizienzbedingte Hospitalisationen unter Empagliflozin</h2> <p>Die EMPA-REG-Studie schloss mehr als 7000 Patienten mit Typ-2-DM ein, von denen &uuml;ber 99 % ein hohes kardiovaskul&auml;res Risiko hatten.<sup>8</sup> Diese erhielten zus&auml;tzlich zur Standardtherapie entweder Empagliflozin oder ein Placebo. In der LEADERStudie wurden &uuml;ber 9300 Patienten untersucht, von denen &uuml;ber 80 % ein erh&ouml;htes kardiovaskul&auml;res Risiko aufwiesen.<sup>9</sup> Prim&auml;rer Endpunkt in beiden Studien war die Zeit bis zum Auftreten eines der folgenden Ereignisse: Tod aus kardiovaskul&auml;rer Ursache, nicht t&ouml;dlicher Myokardinfarkt oder Schlaganfall (3-Punkte-MACE). Wie die Ergebnisse zeigten, konnte der prim&auml;re Endpunkt in der EMPA-REG-Studie um 14 % (HR: 0,86; p=0,04) und in der LEADER- Studie um 13 % (HR: 0,87; p=0,01) und damit in beiden Studien signifikant reduziert werden. Das Mortalit&auml;tsrisiko wurde in der EMPA-REG-Studie um 32 % und in der LEADER-Studie um 15 % reduziert. Das relative Risiko einer progredienten Niereninsuffizienz (sekund&auml;rer Endpunkt) konnte im Vergleich zu Placebo mit Empagliflozin um 44 % und mit Liraglutid um 22 % gesenkt werden. Zudem wurden bei Patienten, die mit Empagliflozin behandelt worden waren, deutlich weniger Hospitalisationen infolge von Herzinsuffizienz und weniger kardiovaskul&auml;re Todesf&auml;lle beobachtet als unter Placebo (HR: 0,66; p&lt;0,001).<sup>10</sup> Dies galt sowohl f&uuml;r Patienten, die bei Studieneinschluss an einer Herzinsuffizienz litten, als auch f&uuml;r solche ohne Hinweise auf eine Herzinsuffizienz zu Studienbeginn.<br /> &laquo;Diabetes und Herzinsuffizienz sind zwei Entit&auml;ten, die h&auml;ufig gemeinsam auftreten &raquo;, sagte Lehmann. Sch&auml;tzungsweise 25 % der Diabetiker &uuml;ber 65 Jahre leiden zus&auml;tzlich an einer Herzinsuffizienz. Zu den wesentlichen Ursachen der Herzinsuffizienz bei Diabetikern geh&ouml;rt neben der Hypertonie und der koronaren Herzerkrankung die diabetische Kardiomyopathie, die vor allem mit einer diastolischen Dysfunktion assoziiert ist. Die Ergebnisse einer holl&auml;ndischen Untersuchung deuten nun darauf hin, dass die Pr&auml;valenz noch h&ouml;her liegen k&ouml;nnte. F&uuml;r die Studie wurden rund 600 Diabetiker &uuml;ber 60 Jahre gescreent, die wegen einer Herzinsuffizienz allgemein&auml;rztlich behandelt wurden.<sup>11</sup> Bei mehr als einem Viertel (27,7 % ) von ihnen wurde eine Herzinsuffizienz diagnostiziert, in den &uuml;berwiegenden F&auml;llen eine diastolische Herzinsuffizienz (Herzinsuffizienz mit erhaltener Auswurffraktion, HFpEF). Die Sterblichkeit von Diabetikern mit Herzinsuffizienz ist hoch. So zeigte die EXAMINE-Studie zur Untersuchung des DPP-4-Inhibitors Alogliptin, dass von den Diabetikern mit einer Herzinsuffizienz nach 2,5 Jahren ca. 45 % verstorben waren.<sup>4</sup></p> <h2>Medikamentenwahl richtet sich nach Patientenw&uuml;nschen und Therapiezielen</h2> <p>Nachdem es &uuml;ber viele Jahre kaum Neuigkeiten in der medikament&ouml;sen DMBehandlung gegeben hat, stehen nunmehr neun Medikamentenklassen &ndash; jeweils mit mehreren Wirkstoffen und oft auch unterschiedlichen Applikationen &ndash; zur Verf&uuml;gung.<br /> Mit dem Ziel, die Medikamentenwahl zu erleichtern, hat die Schweizerische Gesellschaft f&uuml;r Endokrinologie und Diabetologie (SGED) Wirkstoffe mit einem Marktanteil unter 5 % aus den aktuellen Empfehlungen f&uuml;r die Grundversorgung gestrichen (Stand Oktober 2016).<sup>12</sup> Dazu geh&ouml;ren Pioglitazon, Repaglinid und die Alpha-Glukosidase-Hemmer. Dagegen werden neu die SGLT2-I und GLP-1-RA in den Behandlungsempfehlungen ber&uuml;cksichtigt.<br /> F&uuml;r die Medikamentenwahl sind die Patientenw&uuml;nsche und die medizinischen Therapieziele entscheidend. &laquo;Stellen Sie sich die Frage, was bei der Therapie im Vordergrund steht&raquo;, riet Lehmann. &laquo;Denken Sie in Wirkstoffklassen und entscheiden Sie sich innerhalb dieser Klassen f&uuml;r eine Substanz.&raquo;<br /> Bei Patienten mit einer kardiovaskul&auml;ren Erkrankung empfehlen die Leitlinien, eine fr&uuml;he Kombination von Metformin und SGLT2-I oder GLP-1-RA einzusetzen. Diese Kombination geht mit einem geringen Hypoglyk&auml;mierisiko einher und hat den Vorteil der Gewichtsreduktion. Wird das individuelle HbA<sub>1c</sub>-Ziel dabei nicht erreicht, kann zus&auml;tzlich ein DPP-4-I (bei SGLT2-I), Insulin oder Gliclazid (Diamicron<sup>&reg;</sup>) eingesetzt werden (Abb. 1). Allerdings m&uuml;ssen bei diesen Kombinationen Kompromisse, entweder in Bezug auf das Hypoglyk&auml;mierisiko, das Gewicht oder die Kosten&uuml;bernahme, eingegangen werden. Am kleinsten ist die Auswahl bei Patienten mit chronischer Nierenerkrankung (CKD). Bei einer CKD mit einer glomerul&auml;ren Filtrationsrate (GFR) &lt;30ml/min empfiehlt die SGED den dosisadaptierten Einsatz von DPP- 4-I. Wird das HbA<sub>1c</sub>-Ziel nicht erreicht, bleibt nur noch die Kombination mit Insulin. Neu ist, dass die Behandlung mit Metformin bei einer GFR &gt;30ml/min, aber &lt;45ml/min in halbierter Dosis fortgesetzt werden kann. Neueinstellungen sollten aber nicht mehr vorgenommen werden. Aufgrund der nephroprotektiven Eigenschaften kann zudem eine fr&uuml;he Kombination mit SGLT2-I bei Patienten mit einer GFR &gt;30ml/min und &lt;45ml/ min und mit GLP-1-RA empfohlen werden.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Leading Opinions_Innere_1702_Weblinks_s28_abb1.jpg" alt="" width="1417" height="763" /></p></p> <p class="article-quelle">Quelle: Update Refresher Innere Medizin, 23. November 2016, Zürich </p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Stratton IM et al: Association of glycaemia with macrovascular and microvascular complications of type 2 diabetes (UKPDS 35): prospective observational study. BMJ 2000; 321: 405-12 <strong>2</strong> The Diabetes Control and Complications Trial Research Group: The effect of intensive treatment of diabetes on the development and progression of longterm complications in insulin-dependent diabetes mellitus. N Engl J Med 1993; 329: 977-86 <strong>3</strong> ACCORD Study Group: Long-term effects of intensive glucose lowering on cardiovascular outcomes. N Engl J Med 2011; 364: 818-28 <strong>4</strong> White WB et al: Alogliptin after acute coronary syndrome in patients with type 2 diabetes. N Engl J Med 2013; 369: 1327-35 <strong>5</strong> Scirica BM et al: Saxagliptin and cardiovascular outcomes in patients with type 2 diabetes mellitus. N Engl J Med 2013; 369: 1317-26 <strong>6</strong> Green JB et al: Effect of sitagliptin on cardiovascular outcomes in type 2 diabetes. N Engl J Med 2015; 373: 232-42 <strong>7</strong> Pfeffer MA et al: Lixisenatide in patients with type 2 diabetes and acute coronary syndrome. N Engl J Med 2015; 373: 2247-57 <strong>8</strong> Zinman B et al: Empagliflozin, cardiovascular outcomes, and mortality in type 2 diabetes. N Engl J Med 2015; 373: 2117-28 <strong>9</strong> Marso SP et al: Liraglutide and cardiovascular outcomes in type 2 diabetes. N Engl J Med 2016; 375: 311- 22 <strong>10</strong> Fitchett D et al: Heart failure outcomes with empagliflozin in patients with type 2 diabetes at high cardiovascular risk: results of the EMPA-REG OUTCOME<sup>&reg;</sup> trial. Eur Heart J 2016; 37: 1526-34 <strong>11</strong> Boonman-de Winter LJ et al: High prevalence of previously unknown heart failure and left ventricular dysfunction in patients with type 2 diabetes. Diabetologia 2012; 55: 2154-62 <strong>12</strong> www.sgedssed.ch <strong>13</strong> Ampudia-Blasco FJ et al: Following the results of the EMPA-REG OUTCOME trial with empagliflozin, is it possible to speak of a class effect? Int J Gen Med 2017; 10: 23-6</p> </div> </p>
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