
©
iStockphoto/mkurtbas
„Therapie Aktiv“ wird von der Kassenzusammenlegung profitieren
Jatros
30
Min. Lesezeit
16.04.2020
Weiterempfehlen
<p class="article-intro">Auch nach der Zusammenlegung der Gebietskrankenkassen funktioniert die Selbstverwaltung aus Sicht von Martin Schaffenrath, Verwaltungsrat der ÖGK, und sie wirkt gerade in Krisenzeiten stabilisierend. Nach dem Beginn mit der Harmonisierung von Leistungen soll diese bis Ende 2024 finalisiert werden. Dies betrifft alle bisher bundesländerspezifischen Verträge und Leistungen, sowohl von Ärzten als auch Vertretern anderer Gesundheitsberufe. Insbesondere sollen die Honorierungen auch beim DMP „Therapie Aktiv“ österreichweit einheitlich werden und „Therapie Aktiv“ soll in der Primärversorgung in verpflichtend angeboten werden.</p>
<hr />
<p class="article-content"><p><strong>Inwieweit stellt Ihrer Meinung nach die neue Zusammensetzung des Vorstandes der ÖGK noch eine funktionierende Selbstverwaltung der Sozialversicherung sicher?</strong><br /> <strong>M. Schaffenrath:</strong> Anfang April 2019 war der Startschuss für die Zusammenführung der neun Gebietskrankenkassen zur Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK). Die Parität zwischen Dienstgeberund Dienstnehmervertretern im Verwaltungsrat und auch in den Landesstellenausschüssen ist eine gänzlich neue Zusammensetzung innerhalb der Selbstverwaltung, welche auch vom Verfassungsgerichtshof (VfGH) im letzten Jahr bestätigt worden ist. Wir als Arbeitnehmervertreter können diese paritätische Zusammensetzung nicht nachvollziehen, dennoch ist sie so zur Kenntnis zu nehmen. Die Selbstverwaltung funktioniert und gerade in Krisenzeiten stellt sich die Selbstverwaltung als stabiles Element in der Republik dar. Es gilt das Vertrauen der Versicherten in die Gesundheitsversorgung und die soziale Krankenversicherung sicherzustellen und weiterhin zu stärken. Mit der ÖGK können wir den Versicherten als großer und starker Partner diese Sicherheit geben. Jeder und jede kann sich darauf verlassen, im Fall einer Krankheit oder eines Unfalls rundum gut geschützt zu sein.</p> <p><strong>Wird die ÖGK die unterschiedlichen Finanzierungsbedingungen der vormaligen GKK für Medikamente und Heilmittel nun wie erwartet bundesweit vereinheitlichen? Und wenn ja, wird es dann eine Vereinheitlichung nach oben oder nach unten werden?</strong><br /> <strong>M. Schaffenrath:</strong> Es ist geplant, bis zum Ende der Funktionsperiode mit Ende 2024 alle Leistungen zu harmonisieren. Die Harmonisierung der satzungsmäßigen Leistungen ist schon weit fortgeschritten. Aber es müssen auch noch die Leistungen mit Vertragspartnern wie z. B. Physiotherapeuten, Bandagisten usw., die in den Ländern sehr unterschiedlich waren, harmonisiert werden. In weiterer Folge ist auch die Honorierung selbst zu klären. In der aktuellen Zeit der Krise ist es unsere Aufgabe, die finanziellen Ressourcen so einzusetzen, dass wir diese Krise gut überstehen.</p> <p><strong>Wird „Therapie Aktiv“ – die strukturierte Versorgung von Menschen mit Typ-2-Diabetes – von der Zusammenlegung profitieren oder wird sie ihr zum Opfer fallen?</strong><br /> <strong>M. Schaffenrath:</strong> „Therapie Aktiv“ wird profitieren! Seit der Implementierung des DMP-Programms „Therapie Aktiv“ im Jahr 2007 und der im Jahr 2017 österreichweiten Ausrollung wurden zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um einerseits ein flächendeckendes Angebot und andererseits eine möglichst hohe Teilnehmerzahl zu erreichen. Dies erfolgte sowohl regional über die jeweilige Koordinierungsstelle als auch zentral im Rahmen der Österreichkoordination des Competence Center Integrierte Versorgung (CCIV). Die medizinische Universität Graz hat letztes Jahr bereits zum zweiten Mal die Evaluierung des Programms „Therapie Aktiv“ präsentiert – mit sehr erfreulichen Ergebnissen. Seit der Einführung des Programms nehmen jedes Jahr mehr Ärztinnen und Ärzte und auch mehr Patientinnen und Patienten teil. Die Einbindung von ärztlicher Seite in „Therapie Aktiv“ stellt – trotz stetiger Zuwachsraten vor allem im Bereich der Allgemeinmedizin – immer noch eine große Herausforderung dar. Die ÖGK versucht – gemeinsam mit allen anderen Trägern – intensiv mit den Ärzten in Kontakt zu kommen. Das reicht von direkten Gesprächen mit Interessenten über die Einbindung von Ordinationsassistentinnen bis hin zu Aktionen im Rahmen von Kongressen. Regelmäßig bieten wir auch Gutscheinaktionen an, mit denen Ärzten, die bei „Therapie Aktiv“ mitmachen wollen, gratis die dazu notwendige Weiterbildung absolvieren können. Die Honorierung der am DMP teilnehmenden Ärzten ist noch nicht bundeseinheitlich geregelt. Hier muss es zu einer einheitlichen Regelung kommen. Heuer erfolgte ein Projektauftrag des Ständigen Koordinierungsausschusses (StäKo) an die Fachgruppe Versorgungsprozesse mit den Inhalten wie der Entwicklung eines Rahmenkonzepts einer integrierten Versorgung von erwachsenen Menschen mit Diabetes mellitus Typ 2 und der anschließenden Entwicklung eines Qualitätsstandards zur integrierten Versorgung. Das gemeinsame Projekt wurde und wird von der GÖG koordiniert und fachlich unterstützt. Die Sozialversicherung war und ist in allen Workshops und Projektgruppen mit Experten vertreten. Im Rahmenkonzept wurde z. B. auch grundlegend festgehalten, dass „Therapie Aktiv“ jedenfalls bestehen bleiben soll bzw. in der Primärversorgung in Zukunft verpflichtend angeboten wird.</p> <p><strong>Wie flexibel, denken Sie, kann eine Riesenorganisation im Umgang mit den Herausforderungen der kommenden Jahre sein – Stichwort Erstattungssystem, Ärztemangel, chronische Erkrankungen, Prävention und Therapie?</strong><br /> <strong>M. Schaffenrath:</strong> In den nächsten Jahren erfolgt eine Harmonisierung aller bundesländerspezifischen Verträge und Leistungen, sowohl von Ärzten als auch von anderen Gesundheitsberufen. Verhandlungen mit der Ärztekammer bzw. den Berufsverbänden stehen noch aus. Für alle Versicherten muss die ÖGK von Vorarlberg bis ins Burgenland künftig einheitliche Leistungen auf Top-Niveau sicherstellen. Zudem soll es zu spürbaren Erleichterungen bei Verwaltungsprozessen kommen.</p> <p><strong>Wie kann sich die Zusammenarbeit zwischen den verbliebenen Trägern entwickeln und wie wird die Aufgabenverteilung die Versorgung der Patientinnen und Patienten beeinflussen?</strong><br /> <strong>M. Schaffenrath:</strong> Schon in meiner Zeit im Hauptverband konnte ich zwischen den Sozialversicherungsträgern eine sehr gute Zusammenarbeit im Sinne aller Versicherten feststellen und ich spüre auch jetzt unter den verbleibenden fünf Trägern einen starken Willen zur Zusammenarbeit, um die Herausforderungen gut meistern zu können. Die ÖGK wird als größter Krankenversicherungsträger hierbei eine starke Rolle einnehmen. Aktuell haben wir aufgrund von Covid-19 alle Hände voll zu tun.</p> <p><strong><em>Vielen Dank für das Gespärch!</em></strong></p></p>
Das könnte Sie auch interessieren:
Wie oft wird Diabetes nicht oder spät erkannt?
Im Allgemeinen wird von einer hohen Dunkelziffer an Personen mit undiagnostiziertem Typ-2-Diabetes ausgegangen. Ein Teil davon sind von Ärzten „übersehene“ Fälle. Eine von der University ...
Neue Studiendaten zu Typ-2-Diabetes und Lebensstil
Dass gesunde Ernährung und Bewegung das Diabetesrisiko sowie verschiedene Risiken von Patienten mit Diabetes senken, ist seit Langem bekannt. Und das Detailwissen zur Bedeutung von ...
Diabetes erhöht das Sturzrisiko deutlich
Eine dänische Studie kommt zu dem Ergebnis, dass sowohl Patienten mit Typ-1- als auch Patienten mit Typ-2-Diabetes öfter stürzen und häufiger Frakturen erleiden als Menschen aus einer ...