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Risikomanagement bei Diabetes: Zucker, Blutdruck, Lipide senken

<p class="article-intro">Diabetes-Management bedeutet mehr als nur Glukosesenkung. Hypertonie und Hyperlipidämie tragen erheblich zum individuellen Risiko der Patienten bei und sollten konsequent angegangen werden.</p> <hr /> <p class="article-content"><h2>Absch&auml;tzungen des Blutzuckerspiegels</h2> <p>&bdquo;Personen mit Diabetes haben eine verk&uuml;rzte Lebenserwartung, wof&uuml;r in erster Linie kardiovaskul&auml;re Todesursachen verantwortlich sind. Die Inzidenz dieser kardiovaskul&auml;ren Ereignisse ist mit dem Blutzuckerspiegel assoziiert&ldquo;, sagt PD Dr. Karl Horvath von der Medizinischen Universit&auml;t Graz. Allerdings ist die Blutglukose bei Weitem nicht der einzige Faktor, der zum erh&ouml;hten Risiko von Diabetikern beitr&auml;gt. Damit stelle sich die Frage, wie man durch blutzuckersenkende Therapie dieses Risiko am besten senken kann. Horvath weist in diesem Zusammenhang besonders auf das Hypoglyk&auml;mierisiko hin. Studiendaten aus den USA zeigen, dass unter den Medikamenten, die zu akuten Spitalseinlieferungen f&uuml;hren, sowohl Insuline als auch orale Antidiabetika besonders auffallen.<sup>1</sup> Daten aus der ORIGIN-Studie zeigen auch, dass Patienten, die Hypoglyk&auml;mien durchmachen, ein deutlich erh&ouml;htes Risiko haben, zu versterben bzw. kardiovaskul&auml;re Ereignisse zu erleiden. Schwere Unterzuckerung sollte also dringend vermieden werden.<sup>2</sup><br /> Damit stellt sich automatisch die Frage nach den optimalen Blutzuckerzielen. Horvath: &bdquo;Die Daten zeigen hier ein eher entt&auml;uschendes Bild. Man sieht durch die Studien einen g&uuml;nstigen Effekt einer intensiveren Blutzuckersenkung auf mikrovaskul&auml;re Komplikationen. Bei den makrovaskul&auml;ren Komplikationen ist die Datenlage komplizierter. So wurden im Metformin- Arm von UKPDS Gesamtsterblichkeit und kardiovaskul&auml;re Ereignisse reduziert. In der ACCORD-Studie haben wir aber gesehen, dass eine intensivierte glyk&auml;mische Kontrolle zwar die Rate der nicht t&ouml;dlichen Myokardinfarkte senkte, daf&uuml;r aber die Gesamtsterblichkeit erh&ouml;hte. Ein deutlich freundlicheres Bild zeigen die Nachbeobachtungen der genannten Studien. Diese ergeben sehr wohl Hinweise, dass eine intensivierte Blutzuckereinstellung langfristig von Vorteil ist. Dabei stellt sich allerdings wieder das Problem, dass in diesen Extensionen ja keine Daten &uuml;ber die glyk&auml;mische Kontrolle im gesamten Verlauf verf&uuml;gbar sind. Aus diesen Studien ein HbA<sub>1c</sub>- Ziel abzuleiten, erscheint daher schwierig.&ldquo;<br /> Absch&auml;tzungen des mit unterschiedlichen Therapien assoziierten kardiovaskul&auml;ren Risikos sind mittlerweile deutlich einfacher geworden, da zu s&auml;mtlichen neueren antidiabetischen Medikamenten umfangreiche kardiovaskul&auml;re Sicherheitsdaten gefordert werden. Sie zeigen bei einigen dieser Medikamente nicht nur Neutralit&auml;t im Hinblick auf die kardiovaskul&auml;re Sicherheit, sondern auch signifikante Risikoreduktionen. Horvath nennt hier vor allem Metformin sowie die Substanzgruppen der SGLT1-Inhibitoren und GLP-1-Analoga.<br /> Man k&ouml;nnte also zusammenfassend feststellen, dass in der Diabetestherapie schwere Hypoglyk&auml;mien vermieden werden sollten, dass Substanzen zum Einsatz kommen sollen, deren kardiovaskul&auml;re Sicherheit gut dokumentiert ist, und dass sich bei HbA<sub>1c</sub> ein Sweet-Spot zwischen 6,5 und 7,5 % herauskristallisiere, der auch die Daten zu den mikrovaskul&auml;ren Komplikationen ber&uuml;cksichtigt. Patienten mit kurzer Erkrankungsdauer und wenigen Begleiterkrankungen sollten am unteren Ende dieses Bereichs eingestellt werden, w&auml;hrend man bei multimorbiden Patienten mit langer Diabetesdauer eher im oberen Bereich bleiben sollte.</p> <h2>Besonders problematische Formen der Hypertonie</h2> <p>&bdquo;Diabetes ist einer der wesentlichen Faktoren, die die kardiovaskul&auml;re Risikosituation treiben&ldquo;, sagt Prim. Univ.-Prof. Dr. Martin Clodi vom Krankenhaus der Barmherzigen Br&uuml;der in Linz. Dies gilt insbesondere dann, wenn Diabetes und weitere Risikofaktoren zusammenkommen. Und das ist h&auml;ufig der Fall, denn die Pr&auml;valenz der Hypertonie liegt in der diabetischen Population bei rund 80 % . Und es handelt sich h&auml;ufig um besonders problematische Formen von Hypertonie. So leiden 50&ndash;60 % der Typ-2-Diabetiker unter isolierter systolischer Hypertonie und 30&ndash;40 % unter sogenanntem &bdquo;non dipping&ldquo;, also dem Fehlen des abendlichen Absinkens des Blutdrucks, was zu erh&ouml;htem Risiko f&uuml;r Albuminurie und linksventrikul&auml;re Hypertrophie f&uuml;hrt. Clodi: &bdquo;Wir haben ganz klare Evidenz, dass mit der Einstellung des Blutdrucks mikro- und makrovaskul&auml;re Komplikationen dramatisch reduziert werden.&ldquo; Wobei das Management der Hypertonie &uuml;ber die medikament&ouml;se Einstellung hinausgehen sollte. Clodi weist in diesem Zusammenhang auf die massive Reduktion des systolischen Blutdrucks hin, die alleine mit Livestylema&szlig;nahmen zu erreichen ist. Durch Gewichtsreduktion, Salzreduktion, mehr Bewegung und Begrenzung des Alkoholkonsums auf ein vertr&auml;gliches Ma&szlig; lassen sich systolische Blutdrucksenkungen von bis zu 40mmHg erreichen. Clodi: &bdquo;Wir m&uuml;ssen das alles dem Patienten gegen&uuml;ber ansprechen.&ldquo;<br /> Leider ist die Hypertonie beim Diabetiker nicht der alleinige Treiber des Schadens am Herzen. Systolische und diastolische Dysfunktion sind in der Diabetespopulation h&auml;ufig und nehmen mit der Krankheitsdauer zu (Abb. 1). Nach 25 Jahren Diabetes leiden an die 80 % der Betroffenen unter einer diastolischen Dysfunktion.<sup>3</sup> Clodi weist auf Daten aus dem Tiermodell hin, die massive Sch&auml;digungen des Myokards alleine durch die Hyperglyk&auml;mie zeigen.<sup>4</sup> Dennoch ist die Blutdrucksenkung essenziell und f&uuml;hrt bei Typ-2-Diabetikern zu deutlichen Senkungen der Mortalit&auml;t und diverser kardiovaskul&auml;rer Endpunkte.<sup>5</sup> Zielwerte sind generell 140/90mmHg sowie bei Diabetes mit Albuminurie 130/80mmHg. Eine dar&uuml;ber hinausgehende Blutdrucksenkung auf 120/80mmHg bringt eine zus&auml;tzliche Reduktion des Schlaganfallsrisikos und hat Vorteile f&uuml;r die Niere &ndash; dies allerdings um den Preis eines leicht erh&ouml;hten kardiovaskul&auml;ren Risikos, wie d&auml;nische Registerdaten zeigen.<sup>6</sup> Von einigen amerikanischen Gesellschaften werden ehrgeizigere Ziele gefordert. Allerdings stelle sich die Frage, wie realistisch diese sind, zumal nur wenige Patienten diese Ziele &uuml;berhaupt erreichen.<br /> Alle im Management der Hypertonie eingesetzten Medikamente k&ouml;nnen auch bei Patienten mit Diabetes eingesetzt werden. Clodi empfiehlt allerdings die Messung von NTproBNP, da eine Erh&ouml;hung auf einen Schaden am Herzen schlie&szlig;en l&auml;sst. Ist dies der Fall, sollten verst&auml;rkt Betablocker eingesetzt werden. Bei Patienten mit Albuminurie sollten zuerst ACE-Hemmer oder Angiotensin-Rezeptorblocker zum Einsatz kommen.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Diabetes_1803_Weblinks_jatros_dia_1803_s21_abb1.jpg" alt="" width="1421" height="736" /></p> <h2>Das spezielle Lipidprofil des Diabetikers</h2> <p>Univ.-Prof. Dr. Bernhard Paulweber von der Universit&auml;tsklinik f&uuml;r Innere Medizin I, Salzburg, betont, dass beim Diabetiker nicht nur h&auml;ufig Hyperlipid&auml;mie vorhanden ist, sondern auch Dyslipid&auml;mie im Sinne eines vermehrten Auftretens des sogenannten Remnant-Cholesterins, triglyzeridreicher Lipoproteine, die alleine mit einer Bestimmung des LDL nicht erfasst werden. Konkret bedeute dies, dass bei erh&ouml;hten Triglyzeriden auch das Non- HDL-Cholesterin oder Apo-B bestimmt werden sollten. Dessen ungeachtet bleibe das prim&auml;re Therapieziel die Senkung des LDL-Cholesterins. H&auml;ufig werden bei insulinresistenten Personen diskordante Lipidprofile mit relativ niedrigem LDL-C, hohem Apo-B und hohen Triglyzeriden festgestellt. Daten aus Kohortenstudien zeigen f&uuml;r diese Patientengruppe trotz des relativ niedrigen LDL-C ein hohes Risiko. Das kardiovaskul&auml;re Risiko korreliert besser mit dem Apo-B als mit dem LDL-C.<sup>7</sup><br /> Therapie der Wahl ist beim Diabetiker ebenso wie bei allen Patienten mit Hyperlipid&auml;mie die Statintherapie. Metaanalysen zeigen f&uuml;r jede Senkung des LDL-C um 1mmol/l (38,6mg/dl) eine Reduktion der wesentlichen kardiovaskul&auml;ren Ereignisse um 20 % sowie eine Senkung der Gesamtmortalit&auml;t.<sup>8</sup> Statine f&uuml;hren zu einer geringf&uuml;gigen Erh&ouml;hung des Diabetesrisikos, die jedoch ausschlie&szlig;lich Personen betrifft, bei denen bereits ein Pr&auml;diabetes vorhanden ist und die durch die kardiovaskul&auml;re Risikosenkung mehr als aufgewogen wird. In der IMPROVE-ITStudie zeigte sich, dass Diabetiker besonders deutlich von einer zus&auml;tzlichen LDLC- Senkung mit Ezetimib profitieren.<sup>9</sup> In der diabetischen Population mit Dyslipid&auml;mie liegen auch gute Daten f&uuml;r Fibrate vor, die eine Reduktion kardiovaskul&auml;rer Endpunkte, aber auch von Albuminurie und Dyslipid&auml;mie zeigen.<sup>10, 11</sup> Robuste Daten f&uuml;r die Risikosenkung in der diabetischen Population gibt es mittlerweile auch f&uuml;r die PCSK9-Inhibitoren. In der FOURIER-Studie (Evolocumab) wurde das Risiko f&uuml;r Diabetiker im gleichen Ausma&szlig; gesenkt wie f&uuml;r Nichtdiabetiker. Aufgrund des h&ouml;heren Basisrisikos ergibt sich daraus eine niedrigere &bdquo;number needed to treat&ldquo;.<sup>12</sup> Die ODYSSEY-Outcome-Studie (Alirocumab), die im Rahmen des ACC pr&auml;sentiert wurde, brachte ebenfalls positive Ergebnisse.<sup>13</sup></p></p> <p class="article-quelle">Quelle: Frühjahrstagung der Österreichischen Diabetes Gesellschaft 2018, 20.–21. April 2018, Graz </p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Budnitz DS et al.: N Engl J Med 2011; 365(21): 2002-12 <strong>2</strong> ORIGIN Trial Investigators: Eur Heart J 2013; 3 4(40): 3137-44 <strong>3</strong> Fonarow GC, Srikanthan P: Endocrinol Metab Clin North Am 2006; 35(3): 575-99 <strong>4</strong> Kesherwani V et al.: PLoS One 2017; 12(8): e0182828 <strong>5</strong> Emdin CA et al. JAMA 2015; 313(6): 603-15 <strong>6</strong> Nilsson PM.: J Zhejiang Univ Sci B 2011; 12(8): 611-23 <strong>7</strong> Wilkins JT et al.: J Am Coll Cardiol 2016; 67(2): 193-201 <strong>8</strong> Cholesterol Treatment Trialists&rsquo; (CTT) Collaborators. Lancet 2008; 371(9607): 117-25 <strong>9</strong> Giugliano RP et al.: Circulation 2018; 137(15): 1571-82 <strong>10</strong> Sacks FM et al.: N Engl J Med 2010; 3 63(7): 6 92-4 <strong>11</strong> Keech A et al.: Lancet 2005; 366(9500): 1849-61 <strong>12</strong> Sabatine MS et al.: Lancet Diabetes Endocrinol 2017; 5(12): 941-50 <strong>13</strong> Steg G: ACC 2018; Late-breaking Clinical Trials: Pr&auml;sentation am 10. M&auml;rz 2018</p> </div> </p>
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