
Prävention kardiovaskulärer Krankheiten: Vorteile für Patienten mit Polypille
Jatros
30
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12.11.2019
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<p class="article-intro">Eine Polypille enthält unterschiedliche Fixkombinationen von Wirkstoffen, die Patienten häufig verschrieben werden. Der Vorteil für den Patienten liegt auf der Hand: Statt mehreren Tabletten muss er nur eine einnehmen. Dies verbessert die Adhärenz und das Therapieergebnis. Zwei aktuelle Studien haben sich nun damit beschäftigt, welche Patienten besonders von der Fixkombination profitieren.</p>
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<p class="article-content"><h2>US-Studie: SCCS Polypill Pilot Trial</h2> <p>Eine randomisierte Untersuchung in den USA mit mehr als 303 Patienten ergab eine 25 %ige Reduktion des Risikos für kardiovaskuläre Krankheiten unter der Polypille im Vergleich zur Standardversorgung.<sup>1</sup> Zudem lag die Therapieadhärenz nach zwölf Monaten noch immer bei 86 %, was laut Studienleiter Dr. Daniel Muñoz vom Vanderbilt University Medical Center in Nashville, Tennessee, außergewöhnlich ist, da in den USA nach einem Jahr durchschnittlich nur noch die Hälfte der Patienten die verordneten Medikamente einnimmt. An der Studie nahmen Patienten mit niedrigem sozioökonomischem Status und einem geschätzten kardiovaskulären Risiko von 12,7 % innerhalb der nächsten zehn Jahre teil. Ihr Blutdruck lag zu Studienbeginn im Mittel bei 140/83 mmHg, das LDL-Cholesterin bei 113 mg/dl. Die Teilnehmer wurden in zwei Gruppen randomisiert und erhielten die Standardtherapie oder eine Polypille mit Atorvastatin, Amlodipin, Losartan und Hydrochlorothiazid (HCZ). Von den Patienten in der Polypillengruppe hatten zu Studienbeginn 53 % einen Blutdrucksenker, 18 % ein Statin, 21 % Amlodipin, 4 % Losartan und 18 % HCZ eingenommen. Die Verteilung in der Kontrollgruppe war vergleichbar. Nach zwölf Monaten (Abb. 1) war der Blutdruck in der Polypillengruppe stärker gesunken als in der Kontrollgruppe (9 vs. 2 mmHg, p = 0,003). Das Gleiche wurde beim LDL-Cholesterin beobachtet (15 vs. 4 mg/dl, p < 0,001). Als Limitationen geben die Autoren an, dass es sich um eine Single-Center-Open-Label-Studie gehandelt hat, deren Ergebnisse nicht unbedingt generalisiert werden können.<sup>1</sup></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Diabetes_1905_Weblinks_s34_abb1.jpg" alt="" width="1734" height="578" /></p> <h2>PolyIran-Studie</h2> <p>Eine große iranische Studie untersuchte den Nutzen einer Polypille (ASS, Statin, Diuretikum und Valsartan oder Enalapril) in der Primär- und Sekundärprävention. Insgesamt wurden 6838 Teilnehmer aus einer Kohorte von mehr als 50 000 Personen im Alter von 40 bis 75 Jahren rekrutiert. Bei 737 Teilnehmern lag eine manifeste kardiovaskuläre Erkrankung vor, 588 nahmen zu Studienbeginn ein Herz-Kreislauf- Medikament ein. Die Patienten wurden in zwei Gruppen randomisiert, wobei sie Informationen zu einem gesünderen Lebensstil erhielten und angehalten wurden, diese zu befolgen. Die Hälfte der Teilnehmer nahm darüber hinaus die Polypille ein.<sup>2</sup> Bei einer Nachbeobachtungszeit von 60 Monaten lag die durchschnittliche Therapieadhärenz in der Polypillengruppe bei 80 %. In der Polypillengruppe kam es zu 202 kardiovaskulären Ereignissen (5,9 %), in der Kontrollgruppe zu 301 (8,8 %). Wurden nur Patienten mit hoher Adhärenz betrachtet, ergab sich durch die Polypille eine Risikoreduktion um 57 % (HR: 43, 95 % CI: 0,33– 0,55) im Vergleich zur Lebensstilberatung. Ein statistisch signifikanter Einfluss einer bereits bestehenden kardiovaskulären Erkrankung konnte nicht gezeigt werden. Bei der Frequenz der Nebenwirkungen gab es keinen signifikanten Unterschied zwischen den beiden Studiengruppen.<sup>2</sup></p> <h2>Fazit</h2> <p>Die Erkenntnis aus beiden Studien lautet, dass die Polypille die Therapieadhärenz entscheidend verbessern kann. Die Autoren der US-Studie weisen zudem darauf hin, dass gerade bei Patienten mit einem niedrigen Einkommen die Polypille zu einem besseren Therapieoutcome führt als die Standardtherapie.</p></p>
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<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
<div class="collapse" id="collapseLiteratur">
<p><strong>1</strong> Muñoz D et al.: N Engl J Med 2019; 381: 1114-23 <strong>2</strong> Roshandel G et al.: Lancet 2019; 394: 672-83</p>
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