
Gewichtsreduktion: nach wie vor beste Therapie bei metabolischer Steatose
Bericht:
Reno Barth
Medizinjournalist
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Die gemeinsame Leitlinie für das Management der mit metabolischer Dysfunktion assoziierten steatotischen Lebererkrankung (MASLD) der European Association for the Study of the Liver (EASL), der European Association for the Study of Obesity (EASO) und der European Association for the Study of Diabetes (EASD) gibt detaillierte Empfehlungen für Diagnose und Management der Erkrankung1 und war auch am EASD-Kongress 2024 Thema.
Keypoints
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Die nichtalkoholische Fettlebererkrankung (NAFLD) wird nun MASLD genannt.
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Eine MASLD wird durch den Nachweis einer Lebersteatose sowie von mindestens einem kardiometabolischen Risikofaktor diagnostiziert.
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Es gibt aktuell keine spezifischen Medikamentenzulassungen für die Behandlung einer MASLD bzw. MASH.
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Die Gewichtsreduktion ist die Therapie der Wahl und kann zur vollständigen Rückbildung von Steatose und Entzündung führen.
Eine nichtalkoholische Lebersteatose («metabolic dysfunction-associated steatotic liver disease»,MASLD) kann mittels Bildgebung oder Biopsie diagnostiziert werden, sofern kardiometabolische Risikofaktoren vorliegen und übermässiger Alkoholkonsum ausgeschlossen werden kann. Wird in der Histologie der Nachweis einer Entzündung festgestellt, so liegt eine metabolische-Dysfunktion-assoziierte Steatohepatitis (MASH) vor. Bei einem Alkoholkonsum zwischen 30 und 60g/d bei Männern bzw. 20 und 50g/d bei Frauen spricht man von einer «metALD», was einer MASLD mit erhöhter Alkoholaufnahme entspricht. Ist der Alkoholkonsum höher, liegt eine alkoholtoxische Lebererkrankung (ALD) vor.
Die MASLD ist sehr häufig und betrifft Schätzungen zufolge aktuell rund 30% der Gesamtbevölkerung. Die kardiometabolischen Kriterien für die Diagnose einer MASLD sind dieselben wie für das metabolische Syndrom: Übergewicht bzw. Adipositas, Prädiabetes, Diabetes, Hypertonie, Triglyzeride >1,7mmol/l, HDL-Cholesterin <1,0mmol/l. Der Unterschied zum metabolischen Syndrom liegt darin, dass für eine MASLD-Diagnose nur eines dieser Kriterien erfüllt sein muss, während für das metabolische Syndrom drei Kriterien vorliegen müssen. «Fast alle Personen mit Lebersteatose haben eine nichtalkoholische Lebersteatose, aber bei Weitem nicht alle haben auch ein metabolisches Syndrom», so Prof. Hannele Yki-Järvinen, Universität Helsinki.
Fibrosegrad als Indikator für erhöhtes Risiko
Für die Prognose der Erkrankung ist der Fibrosegrad ausschlaggebend, wobei Grad 3 und 4 sowohl mit Ereignissen im Sinne einer hepatischen Dekompensation als auch mit einer erhöhten Gesamtmortalität assoziiert sind.2,3 Man sollte dabei nicht vergessen, dass mehr als 80% der Patienten mit MASLD nicht an Lebererkrankungen, sondern wegen anderer, mehrheitlich kardiovaskulärer Ursachen versterben.4 Die Identifikation von Patienten, die an die Hepatologie überwiesen werden sollten oder die ein intensiviertes Management von Risikofaktoren benötigen, erfolgt mithilfe des Fibrosescores FIB-4, der aus dem Patientenalter sowie den Laborwerten GOT, GPT und Thrombozytenzahl errechnet wird, sowie in weiterer Folge anhand einer transienten Elastografie.
Prof. Michael Roden vom Deutschen Diabetes-Zentrum in Düsseldorf betont den Einfluss der MASLD auf das CV Risiko. Die Inzidenz schwerer CV Ereignisse steigt mit dem Fibrosegrad (Abb. 1).5 Auch in einer Analyse der Studie EMPA-REG OUTCOME konnte gezeigt werden, dass die Leberfibrose mit CV Tod und Hospitalisierungen aufgrund einer Herzinsuffizienz assoziiert ist.6
Abb. 1: Schwere kardiologische Ereignisse bei histologisch bestätigter MASH (nach Simon et al. 2021)5
Medikamentöse Gewichtsreduktion oder bariatrische Chirurgie
Der sinnvollste Weg, die MASLD zu behandeln, besteht darin, die Zufuhr diverser Substrate zur Leber und damit deren Fettgehalt zu reduzieren. Dies ist allein mit Gewichts- bzw. Fettabnahme gut möglich.7 Ab einem Verlust von 5% Körpergewicht kann mit einer Reduktion der Steatose gerechnet werden – ab 7–10% bessern sich eine MASH und sogar eine Fibrose. «Je mehr abgenommen werden kann, desto besser für die Leber», so der Experte. Leider zeigt die klinische Praxis, dass diese Ziele nicht leicht erreichbar sind, weshalb die Leitlinie eine Gewichtsreduktion mithilfe von GLP-1-Analoga oder unter Umständen der bariatrischen Chirurgie empfiehlt.
Für bariatrische Eingriffe konnte eine signifikante und sehr deutliche Reduktion von Inflammation, Steatose und «Balooning» (als Zeichen progredienter Inflammation) demonstriert werden – dies allerdings zum Preis nicht zu unterschätzender Risiken. So kommt es zwar nach 40% der Eingriffe zu einer Besserung der Fibrose, in 12% der Fälle verschlechtert sich jedoch die Fibrose infolge der Operation.8 Hinzu kommen die Risiken des Eingriffs selbst, die gerade bei adipösen und multimorbiden Personen nicht unterschätzt werden dürfen.
Bislang gibt es in Europa kein Medikament, das spezifisch für die Indikationen MASLD, MASH, Fibrose oder Zirrhose zugelassen ist. Dies liegt u.a. daran, dass die Zulassungsbehörden nach wie vor Biopsiedaten für eine Zulassung verlangen. GLP-1-RA verbessern die glykämische Kontrolle und helfen bei der Gewichtsabnahme, was sie zur naheliegendsten Option in der Behandlung einer MASLD macht.9 Leider zeigen Studiendaten, dass die GLP-1-RA zwar Leberfett und Entzündung reduzieren, insbesondere in den fortgeschrittenen Stadien jedoch keinen Effekt auf eine einmal eingetretene Fibrose haben.10 Aber auch SGLT2i dürften Potenzial haben. Beispielsweise konnte mit Empagliflozin als «Add-on»-Therapie bei sehr gut eingestelltem Diabetes noch eine signifikante Reduktion des Leberfetts erzielt werden.11 Auf dieser Basis wird aktuell die Studie COMAT-T2-NASH mit der Kombination von Empagliflozin und Semaglutid und hepatischen Endpunkten durchgeführt. Eine Empfehlung für SGLT2i bei MASLD kann derzeit aufgrund des Fehlens prospektiver Daten jedoch nicht gegeben werden.
Als erstes spezifisch bei MASH indiziertes Medikament steht das seit Kurzem in den USA verfügbare Resmetirom, ein selektiver Agonist am Schilddrüsenhormon-Rezeptor β (THR-β), in Europa kurz vor der Zulassung. THR-β kommt unter anderem in der Leber und in der Niere vor und wird bei MASH herunterreguliert, was die mitochondriale Funktion und die β-Oxidation von Fettsäuren beeinträchtigt und damit die Fibrosierung der Leber verhindert. In Phase-III-Studien führte Resmetirom bei rund einem Viertel der Probanden zum Abklingen der MASH und zur Besserung der Fibrose.12
Die Verträglichkeit von Resmetirom in den Studien war gut. «Ob der Eingriff in den Metabolismus der Schilddrüsenhormone langfristig extrahepatische Effekte haben wird, ist aktuell allerdings noch nicht vollkommen geklärt», so Roden.
Ernährung bei fortgeschrittener Lebererkrankung wichtig
Die Leitlinie gibt detaillierte Empfehlungen für die Ernährung bei fortgeschrittener Lebererkrankung. So ist beispielsweise bei Sarkopenie oder dekompensierter Zirrhose Intervallfasten zu vermeiden und im Gegenteil die Kalorienaufnahme gut auf den Tag zu verteilen – inklusive des spätabendlichen Snacks. Auf eine ausreichende Proteinzufuhr ist zu achten. Die bariatrische Chirurgie führt auch bei übergewichtigen Personen mit fortgeschrittener Lebererkrankung zu Gewichtsverlust und einem Rückgang der MASH. Allerdings persistiert bei rund der Hälfte der Patienten eine ausgeprägte Fibrose.13 «Bei dekompensierter Zirrhose sind bariatrische Eingriffe kontraindiziert», führt Prof. Frank Tacke, Charité Universitätsmedizin, Berlin, aus. Ähnliches gilt für Patienten mit Zirrhose unter Therapie mit Semaglutid.10
Wegen des bei fortgeschrittener Fibrose, insbesondere einer Zirrhose, hohen Risikos für ein hepatozelluläres Karzinom wird ein Ultraschallscreening alle sechs Monate empfohlen. Dies ist sowohl von der Patientenadhärenz her als auch organisatorisch schwer durchzuführen, weshalb intensiv an aussagekräftigen Scores geforscht wird. Als Ultima Ratio kann bei dekompensierter Zirrhose oder hepatozellulärem Karzinom eine Lebertransplantation erforderlich werden.
Quelle:
EASD Annual Meeting, 9. bis 13. September 2024, Madrid
Literatur:
1 European Association for the Study of the Liver (EASL); European Association for the Study of Diabetes (EASD); European Association for the Study of Obesity (EASO): J Hepatol 2024; 81: 492-542 2 Sanyal AJ et al.: N Engl J Med 2021; 385: 1559-69 3 Taylor RS et al.: Gastroenterology 2020; 158: 1611-25 4 Shang Y et al.:Gut 2024; 73:e305Simon TG et al.: Gut 2021; 70: 1375-82 6 Kahl S et al.: Diabetes Obes Metab 2022; 24: 1061-71 7 Huttasch M et al.: Metabolism 2024; 157: 155937 8 Lee Y et al.: Clin Gastroenterol Hepatol 2019; 17: 1040-60 9 Giannakogeorgou A, Roden M: Aliment Pharmacol Ther 2024; 59: 52-75 10 Loomba R et al.: Lancet Gastroenterol Hepatol 2023; 8: 511-22 11 Kahl S et al.: Diabetes Care 2020; 43: 298-305 12 Harrison SA et al.: N Engl J Med 2024; 390: 497-509 13 Pais R et al.: Hepatology 2022; 76: 456-68