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Eine Patientin mit Hyponatriämie
Jatros
Autor:
Dr. Astrid Feder
1. Medizinische Abteilung<br> Krankenanstalt Rudolfstiftung, Wien<br> E-Mail: astrid.feder@wienkav.at
30
Min. Lesezeit
12.07.2018
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<p class="article-intro">Eine anfänglich vermutete ACE-Hemmer-Nebenwirkung entpuppte sich bei genauer Anamnese und Laborkontrolle als Hypophyseninsuffizienz mit Cortisolmangel.</p>
<hr />
<p class="article-content"><p><strong>Anamnese:</strong><br />Im März 2018 übernahmen wir eine 70-jährige Patientin von der Gastroenterologie unseres Hauses, an der die Patientin wegen Übelkeit mit Erbrechen und Diarrhö aufgenommen war. Diese Symptome hatten ca. 4 Wochen zuvor nach heftigen Kopfschmerzen begonnen.<br /> Im Labor fiel bei Aufnahme eine deutliche Hyponatriämie auf (Natrium 111mmol/l). Ursächlich hierfür wurde zunächst eine ACE-Hemmerunverträglichkeit vermutet und der ACE-Hemmer abgesetzt. Zusätzlich erfolgte eine vorsichtige Natrium- Substitution. Die Übelkeit wurde symptomatisch therapiert und sistierte. Da allerdings der Natrium-Spiegel trotz Substitution nicht angehoben werden konnte, wurde die Patientin zur weiteren Abklärung an unsere Abteilung übernommen.</p> <p><strong>Laborwerte:</strong><br />Bei Übernahme an unsere Abteilung war das Serum-Natrium bei 115mmol/l, das Kalium mit 4,4mmol/l im oberen Normbereich. Das Harnnatrium lag bei 80mmol/l und war somit zu hoch. Auffällig war, dass sich, bei eigentlich vorbestehender arterieller Hypertonie, zuletzt hypotone Blutdruckwerte zeigten. Des Weiteren klagte die Patientin über rezidivierend auftretende diffuse Abdominalgien. Die Patientin berichtete, dass sie, da keine andere Ursache gefunden wurde, deswegen schon aufgrund des Verdachts auf eine psychosomatische Störung der Psychiatrie vorgestellt worden war.<br /> In Zusammenschau dieser Befundkonstellation wurde ein ACTH- und Cortisolmangel vermutet und ein Cortisolwert sowohl vom Aufnahmetag nachgefordert als auch am Übernahmetag bestimmt. Diese zeigten sich beide erniedrigt: Cortisol am Aufnahmetag: 4,48μg/dl, Cortisol bei Übernahme an unsere Abteilung: 2,38μg/ dl. Auch ACTH wurde gemessen und lag mit 18,5μg/dl im unteren Normbereich.<br /> Die Schilddrüsenhormone lagen bei St.p. Thyreoidektomie mit Schilddrüsenhormonsubstitution im Normbereich. Prolaktin war mit 93,48ng/ml erhöht, LH, FSH, Östrogen und Progesteron waren im Normbereich.<br /> Die Patientin erhielt zunächst eine parenterale Substitution mit 100mg Solu- Cortef<sup>®</sup> als Bolus sowie 100mg Solu- Cortef<sup>®</sup> kontinuierlich über 24 Stunden. Danach wurde eine orale Cortison-Substitution mit Hydrocortone<sup>®</sup> 20mg ½-½-0 weitergeführt. Hiermit kam es sofort zu einer subjektiven Besserung der Symptomatik. Der Serum-Natrium-Spiegel stieg an (Tag 1 nach Therapiebeginn 123mmol/l, Tag 2 136mmol/l) und die Blutdruckwerte waren im Normbereich.</p> <p><strong>Bildgebung:</strong><br />Parallel dazu wurde eine Magnetresonanztomografie der Hypophyse durchgeführt, wobei sich eine intraselläre Raumforderung von ca. 1x 1cm fand, die allerdings nicht sicher einem Hypophysenadenom zuordenbar war, und differenzialdiagnostisch auch ein Hypophysenapoplex nicht ausgeschlossen werden konnte. Die Gesichtsfelduntersuchung war unauffällig, die Patientin hatte keine Doppelbilder. Die Patientin wurde der Neurochirurgie vorgestellt, welche keine Indikation zu einer Operation sah und eine Verlaufskontrolle in 3 Monaten empfahl.</p> <p><strong>Weiterer Verlauf:</strong><br />Die Patientin konnte nach 10-tägigem stationärem Aufenthalt beschwerdefrei mit ausgeglichenen Elektrolyten entlassen werden. Unter der Hydrocortone<sup>®</sup>-Therapie war der Blutdruck ohne weitere medikamentöse Therapie im Normbereich und das Serum-Natrium stabil. Weitere Kontrollen in unserer Hormonambulanz mit Laborkontrolle sowie eine MR-Kontrolle und Befundbesprechung an der Neurochirurgie sind mit der Patientin vereinbart.</p> <p><strong>Warum wurde überhaupt an einen ACTH- und Cortisolmangel gedacht?</strong><br />Auffällig war die Hyponatriämie, die trotz Substitution nicht anstieg. Außerdem war das Kalium trotz Erbrechens und Durchfalls im hochnormalen Bereich, wobei man in diesem Fall doch eher einen Kaliummangel vermuten würde. Ein weiterer Hinweis war die Hypotonie bei anamnestisch bestehender arterieller Hypertonie.<br /> Cortisol wird in der Zona fasciculata der Nebennierenrinde produziert. Die Ausschüttung wird durch das ACTH (adrenokortikotropes Hormon) der Hypophyse stimuliert. Bei unserer Patientin führte die durch eine Raumforderung verursachte Hypophyseninsuffizienz zu einer mangelhaften Ausschüttung an ACTH und so in der Folge auch zu einem Mangel an Cortisol. Durch diesen Cortisolmangel kam es zu Übelkeit und Erbrechen. Auch die Ausschüttung von Aldosteron ist bei ACTHMangel vermindert und dies führte zu einem vermehrten Verlust von Natrium über den Harn und in weiterer Folge zur Hyponatriämie. Da Cortisol auch eine mineralokortikoide Wirkung hat, konnte durch die durchgeführte Substitution auch die Hyponatriämie ausgeglichen werden.<br /> Das erhöhte Prolaktin könnte durch eine Kompression des Hypophysenstiels verursacht sein, ein Prolaktinom erscheint derzeit eher unwahrscheinlich.</p></p>
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<p>bei der Verfasserin</p>
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