© Getty Images/iStockphoto

Eine neue Ära der lipidsenkenden Therapie

<p class="article-intro">Bedeuten die PCSK9-Inhibitoren eine Revolution in der LDL-C-Senkung? Wir sprachen mit Prim. Univ.-Prof. Dr. Bernhard Föger, dem Leiter der Internen Abteilung am Landeskrankenhaus Bregenz.</p> <hr /> <p class="article-content"><p><strong>Herr Prof. F&ouml;ger, befinden wir uns in einer neuen &Auml;ra der lipidsenkenden Therapie?</strong><br /> <strong>B. F&ouml;ger: </strong>Ja, die neue Medikamentengruppe der PCSK9-Inhibitoren gibt uns M&ouml;glichkeiten, die wir bisher nicht gehabt haben. Werden sie in Kombination mit einer Statintherapie eingesetzt, so erreichen wir damit LDL-C-Senkungen von zus&auml;tzlich meist mehr als 50 Prozent. Es kommt zu einer massiven Reduktion des LDL-C-Spiegels &ndash; in der Regel auf deutlich unter 70mg/dl. Die PCSK9-Inhibitoren sind Antik&ouml;rper &shy;gegen Proproteinkonvertase Subtilisin/Kexin Typ 9, das am Abbau von LDL-Rezeptoren in Leberzellen beteiligt ist. Durch Hemmung von PCSK9 bleiben mehr LDL-Rezeptoren an der Zellmembran aktiv, was zu einem verst&auml;rkten Abbau von LDL-Cholesterin f&uuml;hrt. Wie alle anderen therapeutisch eingesetzten Antik&ouml;rper auch, m&uuml;ssen die PCSK9-Inhibitoren regelm&auml;&szlig;ig injiziert werden.</p> <p><strong>Welche Patientengruppen profitieren denn von dieser Therapie?</strong><br /> <strong>B. F&ouml;ger: </strong> Grunds&auml;tzlich alle, die trotz maximaler Statin+/-Ezetimib-Therapie eine deut&shy;liche LDL-C-Senkung ben&ouml;tigen. In der aktuellen Situation sind es prim&auml;r drei Gruppen von Patienten: Patienten mit kli&shy;nisch manifester Atherosklerose, deren LDL-C trotz Therapie &gt;70mg/dl bleibt, Personen mit fa&shy;mili&auml;rer Hypercholesterin&shy;&auml;mie und Pati&shy;enten mit nachgewiesener Statinintoleranz. Bei der famili&auml;ren Hy&shy;per&shy;cholesterin&shy;&auml;mie gelingt es in der Regel nicht, mit einer Kombination von Sta&shy;ti&shy;nen+/&ndash;Ezetimib die extrem hohen LDL-C-Werte der Betroffenen &ndash; meist zwischen 200 und 400mg/dl &ndash; auf den f&uuml;r diese Personengruppe empfohlenen Zielwert von weniger als 100mg/dl in der Prim&auml;rpr&auml;vention zu sen&shy;ken. Mit zus&auml;tzlicher Anwendung der PCSK9-Inhibitoren ist das problemlos m&ouml;glich. Bei Statinintoleranz hatten wir bislang kaum brauchbare Optionen, da mit Ezetimib oder Co&shy;lese&shy;ve&shy;lam in Monotherapie nur beschei&shy;dene Effek&shy;te erreicht werden. Allerdings muss man betonen, dass diese neuen und teuren Medikamente in der aktuellen Si&shy;tuation jenen Patienten vorbehalten werden sollen, die sie wirklich brauchen. Die famili&auml;re Hy&shy;percholeste&shy;rin&auml;mie ist sicher das gr&ouml;&szlig;ere Einsatzgebiet der neuen PCSK9-Inhibito&shy;ren. Die Statinintoleranz tritt ungef&auml;hr bei 5 % der Patienten auf und &auml;u&szlig;ert sich meist in sehr unangenehmen Muskelschmerzen und/oder Muskelschw&auml;che. Leider ist die Dia&shy;gnose nicht einfach, da nur die Minder&shy;zahl der relevant Betroffenen erh&ouml;hte CK-Werte im Blut aufweisen. Am besten ist es nach einem klinischen Algo&shy;rithmus vor&shy;zu&shy;gehen (z.B. dem Rosen&shy;son-Score). Dabei wird das Statin abgesetzt und beobachtet, ob die Muskelschmerzen vergehen. Ist dies der Fall, wird die Statinbehandlung nach bestimmten Regeln erneut begonnen. Es hat sich gezeigt, dass die potentesten Statine, Ator&shy;vas&shy;tatin und Rosuvastatin, am wenigsten Muskelpro&shy;bleme verursachen. Man be&shy;ginnt mit der niedrigsten Dosierung eines dieser beiden Statine und titriert den Pa&shy;ti&shy;enten dann auf eine therapeutisch sinnvolle Dosis auf, falls das m&ouml;glich ist. Geht das bei 3 oder mehr Sta&shy;tinen nicht ohne into&shy;&shy;le&shy;rable mus&shy;kul&auml;re Beschwerden, liegen sta&shy;tinassoziierte Mus&shy;kelsymptome (SAMS) vor.</p> <p><strong>Das bringt uns zur Frage nach der &shy;Vertr&auml;glichkeit. Wie schneiden PCSK9-Inhibitoren in dieser Hinsicht ab?</strong><br /> <strong>B. F&ouml;ger: </strong> Sehr gut. In den Studien waren die h&auml;ufigsten Nebenwirkungen lokale Re&shy;aktionen an der Einstichstelle und auch in der klinischen Praxis haben wir bis jetzt keine Hinweise auf ernsthafte Probleme. Inwieweit neurokognitive St&ouml;rungen urs&auml;chlich mit der PCSK9-Hemmung zusammenh&auml;ngen, werden die laufenden Endpunktstudien und speziell f&uuml;r diese Fragestellung ausgerichtete Programme (Ebbinghaus-Studie) zeigen.</p> <p><strong>Bedeutet das auch, dass die sehr niedrigen LDL-C-Spiegel, die unter Therapie mit PCSK9-Inhibitoren auftreten k&ouml;nnen, vertr&auml;glich und sicher sind?</strong><br /> <strong>B. F&ouml;ger: </strong> Ja. Wir haben bislang keinerlei Hinweise darauf, dass LDL-C-Spiegel zumindest bis hinunter auf 25mg/dl &ndash; so niedrige Werte erreichen wir bei manchen Patienten &ndash; nachteilig w&auml;ren. Wir wissen auch, dass Menschen, die aus genetischen Gr&uuml;nden eine Dysfunktion von PCSK9 haben und daher so niedrige LDL-Werte aufweisen, damit keine Probleme haben und gesund sind.</p> <p><strong>Bei Antik&ouml;rpertherapien z.B. in der Rheumatologie wird immer das Problem neutralisierender Antik&ouml;rper gegen den Antik&ouml;rper diskutiert. Ist das auch f&uuml;r die PCSK9-Inhibitoren relevant?</strong><br /> <strong>B. F&ouml;ger: </strong> Wir haben keine Hinweise darauf, dass neutralisierende Antik&ouml;rper kli&shy;nisch bedeutsam w&auml;ren. Antik&ouml;rper ge&shy;gen die PCSK9-Inhibitoren treten bei einem sehr kleinen Prozentsatz der Pati&shy;enten passager auf. Sie sind allerdings nicht neutralisierend, beeintr&auml;chtigen die Wirksamkeit nicht und verschwinden mit der Zeit auch wieder.</p></p>
Back to top