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Ein gewöhnliches Nebennierenadenom?
Jatros
Autor:
Dr. Astrid Feder
1. Medizinische Abteilung<br> Krankenanstalt Rudolfstiftung<br> Wien<br> E-Mail: astrid.feder@wienkav.at
Autor:
Univ.-Doz. Dr. Christoph Schnack
1. Medizinische Abteilung<br> Krankenanstalt Rudolfstiftung<br> Wien<br> E-Mail: christoph.schnack@wienkav.at
30
Min. Lesezeit
25.09.2018
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<p class="article-intro">Eine Patientin mit Cushing-Syndrom hatte statt eines vermeintlichen Nebennierenadenoms eine noch seltenere Ursache für ihren Hypercortisolismus.</p>
<hr />
<p class="article-content"><h2>2010</h2> <p>Im Oktober 2010 stellte sich in unserer Hormonambulanz eine Patientin (57a) wegen schwer einstellbarer, progredienter arterieller Hypertonie vor. In einer auswärtigen radiologischen Untersuchung waren bereits Nebennierenadenome beschrieben worden, sodass an einen Hypercortisolismus als Ursache der Hypertonie gedacht wurde.<br /> Anamnestisch waren bei der Patientin bis auf eine Depressio keine weiteren Vorerkrankungen zu erheben. Der Status war unauffällig, insbesondere zeigten sich keine Striae am Abdomen.<br /> Im Labor war das Cortisol im hochnormalen Bereich (17,5µg/dl), die ACTH-Konzentration war mit <5pg/ml supprimiert, sodass an ein ACTH-unabhängiges Cushing-Syndrom zu denken war. Anmerkung: Bei nur ca. 15–20 % liegt ein ACTH-unabhängiges Cushing-Syndrom (meist Nebennierenadenom oder Nebennierenkarzinom) vor. In ca. 80 % der Fälle ist eine erhöhte ACTH-Produktion auf hypophysärer Ebene (in ca. 70 % , M. Cushing) oder ektope ACTH-Produktion Ursache des endogenen Cushing-Syndroms.<br /> Es wurde ein Dexamethason-Hemmtest mit 2mg durchgeführt, wobei Cortisol nicht supprimierbar war (Cortisol 9,1µg/dl). Somit wurde der Verdacht auf ein Cushing- Syndrom bestätigt.<br /> Die Patientin wurde daraufhin stationär aufgenommen und ein Hemmtest mit 8mg Dexamethason durchgeführt. Darüber hinaus wurde auch ein Liddle-Test durchgeführt, wobei das Cortisol abermals nicht ausreichend supprimierbar war (5,0µg/dl bzw. 6,3µg/dl im Liddle-Test).<br /> In einer während des stationären Aufenthalts durchgeführten Computertomografie des Abdomens zeigten sich, wie schon vorbekannt, beide Nebennieren deutlich vergrößert. Die rechte Nebenniere war 4cm im größten Durchmesser, die linke 5,5cm. Zur weiteren Abklärung hinsichtlich einer möglichen Operation wurde ein Venensampling geplant, welches im Dezember 2008 komplikationslos durchgeführt werden konnte. Es fand sich eine deutlich erhöhte Cortisolproduktion der linken Nebenniere.</p> <p><strong>Venensampling:</strong></p> <ul> <li>Vena cava inferior suprarenal: 8,9µg/dl</li> <li>Vena cava inferior infrarenal: 8,0µg/dl</li> <li>Vena renalis sinistra proximal: 9,4µg/dl</li> <li>Vena renalis sinistra distal: 9,2µg/dl</li> <li>Vena suprarenalis sinistra: 55,8µg/dl</li> <li>Vena renalis dextra: 7,8µg/dl</li> <li>Vena suprarenalis dextra (Einmündungsgebiet): 8,3µg/dl</li> </ul> <p>Die rechte Nebennierenvene konnte, wie es manchmal der Fall ist, nicht direkt sondiert werden, sodass eine Blutabnahme nahe dem Mündungsgebiet in die Vena cava inf. erfolgte.<br /> Aufgrund der stark erhöhten Cortisolkonzentration in der linken Nebennierenvene wurde die Indikation zur operativen Entfernung der linken Nebenniere gestellt, zu diesem Zeitpunkt erschien ein endokrin inaktives Adenom der rechten Nebenniere denkbar. (Endokrin inaktive Adenome der Nebenniere sind ein durchaus häufiger Befund.)</p> <h2>Jänner 2011</h2> <p>Im Jänner 2011 wurde an der Urologie unseres Hauses problemlos auf der linken Seite eine laparoskopische Adrenalektomie durchgeführt. In der Histologie zeigte sich überraschenderweise kein Nebennierenadenom, sondern eine knotige Hyperplasie der Nebenniere (makronoduläre Hyperplasie). Anmerkung: Die makronoduläre Hyperplasie der Nebennieren (ACTH-unabhängige Cortisolproduktion) ist nur zu <1 % für ein Cushing-Syndrom verantwortlich.<br /> Obwohl sie beidseitig vorliegt, muss die erhöhte Cortisolproduktion nicht synchron auftreten. Als Konsequenz sind regelmäßige Verlaufskontrollen notwendig, auch wenn, wie bei unserer Patientin, die kontralaterale Nebennierenvergrößerung hormonell inaktiv scheint und das Cushing- Syndrom postoperativ zunächst nicht mehr vorliegt (niedrig normale Cortisolwerte im Serum und im 24-Stunden- Harn). So konnte nach einigen Monaten ein langsamer Anstieg der Cortisolwerte (zunächst noch im Normbereich) beobachtet werden.</p> <h2>Jänner 2012</h2> <p>Im Jänner 2012 war das Cortisol über 30µg/dl. Es wurde wieder ein 2mg-Dexamethason- Hemmtest durchgeführt, in welchem das Serumcortisol nicht supprimierbar war (12,5µg/dl). Das ACTH war, wie schon 2008, supprimiert. Auch klinisch entwickelte die Patientin wieder Zeichen der erhöhten Cortisolproduktion (erhöhte Blutdruckwerte, Stimmungsschwankungen …). Die Patientin wurde erneut stationär aufgenommen, und es wurde abermals ein Liddle-Test durchgeführt, in dem sich erneut eine unzureichende Cortisolsuppression zeigte.<br /> Daher wurde wieder ein Venensampling beschlossen, welches allerdings bei komplexer Venenanatomie der Patientin diesmal nicht aussagekräftig war, da die Vena renalis und die Vena suprarenalis rechts nicht ausreichend sicher sondierbar waren.<br /><br /> <strong>Ergebnis des Venensamplings:</strong></p> <ul> <li>Vena cava inferior suprarenal: 22,9µg/dl</li> <li>Vena cava inferior infrarenal: 23,1µg/dl</li> <li>Vena renalis sin. proximal: 19,2mg/dl</li> <li>Vena renalis sin. distal: 19,0µg/dl</li> <li>Vena suprarenalis sin. (nicht erreichbar, OP-Gebiet): 18,3µg/dl</li> <li>Vena renalis dext. (nicht sicher sondierbar): 18,9µg/dl</li> <li>Vena suprarenalis dext. nicht sondierbar, periphere Vene: 19,2µg/dl</li> </ul> <p>Bei St.p. Adrenalektomie li. wurde bei ACTH-unabhängigem (adrenalem) Cushing- Syndrom und bei noch in situ befindlicher, knotig veränderter Nebenniere re. eine Operationsindikation gestellt.</p> <h2>März 2012</h2> <p>An der Urologie wurde daher eine laparoskopische, partielle Adrenalektomie rechts durchgeführt. Die Patientin wurde mit einer Cortisolsubstitution mit Hydrocortone<sup>®</sup> 20mg ½-½-0 entlassen.</p> <h2>April 2012</h2> <p>Knapp 2 Wochen nach der Entlassung wurde die Patientin wegen Schwindel und Übelkeit bei hypotonen Blutdruckwerten über die Notfallambulanz an unserer Abteilung aufgenommen. Eine 24-Stunden- Harncortisol-Messung lag im Normbereich. Es wurde davon ausgegangen, dass die Patientin nun, mit Kortisolwerten im Normbereich, eine weniger starke antihypertensive Therapie benötigt und die Medikation adaptiert. Die Patientin konnte nach 4 Tagen beschwerdefrei und normotensiv entlassen werden.<br /> Allerdings wurde sie nach 10 Tagen mit einer Addison-Krise in einem niederösterreichischen Spital aufgenommen. Hydrocortone<sup>®</sup> 20mg wurde auf 1½-1½-0 gesteigert und wegen Elektrolytverschiebung die Therapie um das Mineralokortikoid Fludrocortison (Astonin H 1-0-0) erweitert.</p> <h2>Mai 2012 bis heute</h2> <p>Die Patientin kommt regelmäßig zu Kontrollen in unsere Hormonambulanz und ist subjektiv beschwerdefrei. Die Hydrocortone<sup>®</sup>-Dosierung konnte langsam reduziert werden und hat sich bei ¾-¼-¼ eingependelt. Fludrocortison (Astonin H) konnte ganz abgesetzt werden.</p></p>
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