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Ein gewöhnliches Nebennierenadenom?

<p class="article-intro">Eine Patientin mit Cushing-Syndrom hatte statt eines vermeintlichen Nebennierenadenoms eine noch seltenere Ursache für ihren Hypercortisolismus.</p> <hr /> <p class="article-content"><h2>2010</h2> <p>Im Oktober 2010 stellte sich in unserer Hormonambulanz eine Patientin (57a) wegen schwer einstellbarer, progredienter arterieller Hypertonie vor. In einer ausw&auml;rtigen radiologischen Untersuchung waren bereits Nebennierenadenome beschrieben worden, sodass an einen Hypercortisolismus als Ursache der Hypertonie gedacht wurde.<br /> Anamnestisch waren bei der Patientin bis auf eine Depressio keine weiteren Vorerkrankungen zu erheben. Der Status war unauff&auml;llig, insbesondere zeigten sich keine Striae am Abdomen.<br /> Im Labor war das Cortisol im hochnormalen Bereich (17,5&micro;g/dl), die ACTH-Konzentration war mit &lt;5pg/ml supprimiert, sodass an ein ACTH-unabh&auml;ngiges Cushing-Syndrom zu denken war. Anmerkung: Bei nur ca. 15&ndash;20 % liegt ein ACTH-unabh&auml;ngiges Cushing-Syndrom (meist Nebennierenadenom oder Nebennierenkarzinom) vor. In ca. 80 % der F&auml;lle ist eine erh&ouml;hte ACTH-Produktion auf hypophys&auml;rer Ebene (in ca. 70 % , M. Cushing) oder ektope ACTH-Produktion Ursache des endogenen Cushing-Syndroms.<br /> Es wurde ein Dexamethason-Hemmtest mit 2mg durchgef&uuml;hrt, wobei Cortisol nicht supprimierbar war (Cortisol 9,1&micro;g/dl). Somit wurde der Verdacht auf ein Cushing- Syndrom best&auml;tigt.<br /> Die Patientin wurde daraufhin station&auml;r aufgenommen und ein Hemmtest mit 8mg Dexamethason durchgef&uuml;hrt. Dar&uuml;ber hinaus wurde auch ein Liddle-Test durchgef&uuml;hrt, wobei das Cortisol abermals nicht ausreichend supprimierbar war (5,0&micro;g/dl bzw. 6,3&micro;g/dl im Liddle-Test).<br /> In einer w&auml;hrend des station&auml;ren Aufenthalts durchgef&uuml;hrten Computertomografie des Abdomens zeigten sich, wie schon vorbekannt, beide Nebennieren deutlich vergr&ouml;&szlig;ert. Die rechte Nebenniere war 4cm im gr&ouml;&szlig;ten Durchmesser, die linke 5,5cm. Zur weiteren Abkl&auml;rung hinsichtlich einer m&ouml;glichen Operation wurde ein Venensampling geplant, welches im Dezember 2008 komplikationslos durchgef&uuml;hrt werden konnte. Es fand sich eine deutlich erh&ouml;hte Cortisolproduktion der linken Nebenniere.</p> <p><strong>Venensampling:</strong></p> <ul> <li>Vena cava inferior suprarenal: 8,9&micro;g/dl</li> <li>Vena cava inferior infrarenal: 8,0&micro;g/dl</li> <li>Vena renalis sinistra proximal: 9,4&micro;g/dl</li> <li>Vena renalis sinistra distal: 9,2&micro;g/dl</li> <li>Vena suprarenalis sinistra: 55,8&micro;g/dl</li> <li>Vena renalis dextra: 7,8&micro;g/dl</li> <li>Vena suprarenalis dextra (Einm&uuml;ndungsgebiet): 8,3&micro;g/dl</li> </ul> <p>Die rechte Nebennierenvene konnte, wie es manchmal der Fall ist, nicht direkt sondiert werden, sodass eine Blutabnahme nahe dem M&uuml;ndungsgebiet in die Vena cava inf. erfolgte.<br /> Aufgrund der stark erh&ouml;hten Cortisolkonzentration in der linken Nebennierenvene wurde die Indikation zur operativen Entfernung der linken Nebenniere gestellt, zu diesem Zeitpunkt erschien ein endokrin inaktives Adenom der rechten Nebenniere denkbar. (Endokrin inaktive Adenome der Nebenniere sind ein durchaus h&auml;ufiger Befund.)</p> <h2>J&auml;nner 2011</h2> <p>Im J&auml;nner 2011 wurde an der Urologie unseres Hauses problemlos auf der linken Seite eine laparoskopische Adrenalektomie durchgef&uuml;hrt. In der Histologie zeigte sich &uuml;berraschenderweise kein Nebennierenadenom, sondern eine knotige Hyperplasie der Nebenniere (makronodul&auml;re Hyperplasie). Anmerkung: Die makronodul&auml;re Hyperplasie der Nebennieren (ACTH-unabh&auml;ngige Cortisolproduktion) ist nur zu &lt;1 % f&uuml;r ein Cushing-Syndrom verantwortlich.<br /> Obwohl sie beidseitig vorliegt, muss die erh&ouml;hte Cortisolproduktion nicht synchron auftreten. Als Konsequenz sind regelm&auml;&szlig;ige Verlaufskontrollen notwendig, auch wenn, wie bei unserer Patientin, die kontralaterale Nebennierenvergr&ouml;&szlig;erung hormonell inaktiv scheint und das Cushing- Syndrom postoperativ zun&auml;chst nicht mehr vorliegt (niedrig normale Cortisolwerte im Serum und im 24-Stunden- Harn). So konnte nach einigen Monaten ein langsamer Anstieg der Cortisolwerte (zun&auml;chst noch im Normbereich) beobachtet werden.</p> <h2>J&auml;nner 2012</h2> <p>Im J&auml;nner 2012 war das Cortisol &uuml;ber 30&micro;g/dl. Es wurde wieder ein 2mg-Dexamethason- Hemmtest durchgef&uuml;hrt, in welchem das Serumcortisol nicht supprimierbar war (12,5&micro;g/dl). Das ACTH war, wie schon 2008, supprimiert. Auch klinisch entwickelte die Patientin wieder Zeichen der erh&ouml;hten Cortisolproduktion (erh&ouml;hte Blutdruckwerte, Stimmungsschwankungen &hellip;). Die Patientin wurde erneut station&auml;r aufgenommen, und es wurde abermals ein Liddle-Test durchgef&uuml;hrt, in dem sich erneut eine unzureichende Cortisolsuppression zeigte.<br /> Daher wurde wieder ein Venensampling beschlossen, welches allerdings bei komplexer Venenanatomie der Patientin diesmal nicht aussagekr&auml;ftig war, da die Vena renalis und die Vena suprarenalis rechts nicht ausreichend sicher sondierbar waren.<br /><br /> <strong>Ergebnis des Venensamplings:</strong></p> <ul> <li>Vena cava inferior suprarenal: 22,9&micro;g/dl</li> <li>Vena cava inferior infrarenal: 23,1&micro;g/dl</li> <li>Vena renalis sin. proximal: 19,2mg/dl</li> <li>Vena renalis sin. distal: 19,0&micro;g/dl</li> <li>Vena suprarenalis sin. (nicht erreichbar, OP-Gebiet): 18,3&micro;g/dl</li> <li>Vena renalis dext. (nicht sicher sondierbar): 18,9&micro;g/dl</li> <li>Vena suprarenalis dext. nicht sondierbar, periphere Vene: 19,2&micro;g/dl</li> </ul> <p>Bei St.p. Adrenalektomie li. wurde bei ACTH-unabh&auml;ngigem (adrenalem) Cushing- Syndrom und bei noch in situ befindlicher, knotig ver&auml;nderter Nebenniere re. eine Operationsindikation gestellt.</p> <h2>M&auml;rz 2012</h2> <p>An der Urologie wurde daher eine laparoskopische, partielle Adrenalektomie rechts durchgef&uuml;hrt. Die Patientin wurde mit einer Cortisolsubstitution mit Hydrocortone<sup>&reg;</sup> 20mg &frac12;-&frac12;-0 entlassen.</p> <h2>April 2012</h2> <p>Knapp 2 Wochen nach der Entlassung wurde die Patientin wegen Schwindel und &Uuml;belkeit bei hypotonen Blutdruckwerten &uuml;ber die Notfallambulanz an unserer Abteilung aufgenommen. Eine 24-Stunden- Harncortisol-Messung lag im Normbereich. Es wurde davon ausgegangen, dass die Patientin nun, mit Kortisolwerten im Normbereich, eine weniger starke antihypertensive Therapie ben&ouml;tigt und die Medikation adaptiert. Die Patientin konnte nach 4 Tagen beschwerdefrei und normotensiv entlassen werden.<br /> Allerdings wurde sie nach 10 Tagen mit einer Addison-Krise in einem nieder&ouml;sterreichischen Spital aufgenommen. Hydrocortone<sup>&reg;</sup> 20mg wurde auf 1&frac12;-1&frac12;-0 gesteigert und wegen Elektrolytverschiebung die Therapie um das Mineralokortikoid Fludrocortison (Astonin H 1-0-0) erweitert.</p> <h2>Mai 2012 bis heute</h2> <p>Die Patientin kommt regelm&auml;&szlig;ig zu Kontrollen in unsere Hormonambulanz und ist subjektiv beschwerdefrei. Die Hydrocortone<sup>&reg;</sup>-Dosierung konnte langsam reduziert werden und hat sich bei &frac34;-&frac14;-&frac14; eingependelt. Fludrocortison (Astonin H) konnte ganz abgesetzt werden.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p>bei den Verfassern</p> </div> </p>
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