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Die AWARD-10-Studie
Jatros
Autor:
Prim. Univ.-Prof. Dr. Bernhard Ludvik
1. Medizinische Abteilung<br> Krankenanstalt Rudolfstiftung<br> E-Mail: bernhard.ludvik@wienkav.at
30
Min. Lesezeit
25.09.2018
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<p class="article-intro">Sowohl GLP-1-Rezeptoragonisten als auch SGLT2-Inhibitoren verbessern durch unterschiedliche Mechanismen die Blutzuckereinstellung und verringern Körpergewicht und Blutdruck. Das Ziel der AWARD-10-Studie1 war die Evaluation der Sicherheit und Effektivität einer zusätzlichen GLP-1-Rezeptoragonisten-Medikation mit Dulaglutid (Trulicity<sup>®</sup>) zu vorbestehender Therapie mit einem SGLT2-Inhibitor mit/ohne gleichzeitige Metformintherapie.</p>
<hr />
<p class="article-content"><h2>Methoden und Ergebnisse</h2> <p>In die Studie wurden 424 Patientinnen und Patienten mit einem HbA<sub>1c</sub> von über 7 % unter SGLT2-Therapie ± Metformin eingeschlossen und erhielten zusätzlich randomisiert 0,75 bzw. 1,5mg Dulaglutid einmal wöchentlich oder Placebo. Nach 24 Wochen war die Verminderung des HbA<sub>1c</sub> unter Dulaglutid (1,5mg: –1,34 % ; 0,75mg: –1,21 % ) größer als unter Placebo (–0,54 % ). Abbildung 1 zeigt auch den im Vergleich zu Placebo stärkeren Effekt hinsichtlich der Zielwerterreichung (HbA<sub>1c</sub> unter 7 bzw. 6,5 % ) und der Senkung von Körpergewicht (–3,1kg unter 1,5mg Dulaglutid) und Nüchternblutzucker. Selbstmessungen belegen die Verminderung von postprandialen Blutzuckerspiegeln (Abb. 2). Signifikant mehr Patienten konnten unter Dulaglutid eine Verbesserung des Blutzuckers ohne Auftreten von Hypoglykämien und ohne Anstieg des Körpergewichts bzw. mit Gewichtsreduktion über 5 % erreichen. Abbildung 2 zeigt die signifikant stärkere Verminderung des Nüchtern-Glukagonspiegels. Unter 1,5mg Dulaglutid kam es auch zu einer Blutdrucksenkung um 4,5mmHg. Die Herzfrequenz stieg unter Dulaglutid 0,75mg um 2,1 Schläge pro Minute, unter 1,5mg um 0,6 Schläge pro Minute an. An Nebenwirkungen traten unter Dulaglutid vermehrt Übelkeit, Erbrechen und Diarrhöen auf, es fanden sich jedoch im Vergleich zu Placebo keine vermehrten schweren Nebenwirkungen.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Diabetes_1804_Weblinks_s24_abb1.jpg" alt="" width="2199" height="1406" /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Diabetes_1804_Weblinks_s24_abb2.jpg" alt="" width="2199" height="1355" /></p> <h2>Interpretation</h2> <p>In dieser Studie wurde erstmals die Zugabe eines GLP-1-Rezeptoragonisten zu einer bestehenden SGLT2-Hemmertherapie im Sinne einer additiven, sequenziellen Therapieeskalation, wie sie in den Leitlinien der ÖDG, ADA und EASD empfohlen wird, untersucht. SGLT2-Hemmer und GLP-1-Rezeptoragonisten senken Blutzucker, Körpergewicht und Blutdruck durch unterschiedliche Mechanismen. Studien mit gleichzeitiger Anwendung von anderen GLP-1-Rezeptoragonisten mit SGLT2-Hemmern zeigten, dass die Effekte hinsichtlich des Körpergewichts und Blutdrucks, nicht jedoch der Blutzuckersenkung additiv sind. Dies mag daran liegen, dass SGLT2-Hemmer die Glukagonsekretion steigern und somit den Effekt der GLP-1-Rezeptoragonisten, welche die Glukagonausschüttung vermindern, teilweise antagonisieren. Dies konnte für DPP-4-Hemmer und Liraglutid gezeigt werden. In der vorliegenden AWARD-10-Studie verminderte Dulaglutid jedoch in beiden Dosierungen die Glukagonsekretion, was die starke Wirkung auf die HbA<sub>1c</sub>-Senkung (–1,34 % bei einem Ausgangswert von 8,04 % ) erklärt. Dadurch konnten in der 1,5mg-Dosierung 71 % der Patienten ein HbA<sub>1c</sub> von unter 7 % erreichen. Zudem kam es zu einer Verminderung von Körpergewicht und Blutdruck. Die Nebenwirkungen waren vergleichbar mit anderen Studien, das Sicherheitsprofil war sehr gut. Interessanterweise scheint die Steigerung der Herzfrequenz unter Dulaglutid weniger ausgeprägt zu sein als unter anderen GLP-1-Rezeptoragonisten.<br /> Interessant waren die eindrucksvollen Verminderungen von HbA<sub>1c</sub> und Körpergewicht in der Placebogruppe. Eine mögliche Erklärung ist die relativ kurz (3–6 Monate) vor Beginn der Studie begonnene SGLT2- Hemmertherapie bei einem Teil der Patienten, sodass der Effekt sich in die Zeit der Placebobehandlung fortsetzte. Allerdings konnte dieser Erklärungsversuch statistisch nicht belegt werden.<br /> Angesichts der Ergebnisse der AWARD- 10-Studie bietet sich die Kombination einer SGLT2-Hemmertherapie mit einer GLP- 1-Rezeptoragonistentherapie, in diesem Fall mit Dulaglutid, hinsichtlich der additiven Wirkung auf Blutzucker, Körpergewicht und Blutdruck als attraktives Therapiemodell an. Zusätzlich konnten für beide Klassen günstige Effekte auf kardiovaskuläre Endpunkte gezeigt werden.</p> <h2>Resümee</h2> <p>Die Leitlinien-gerechte Kombination von SGLT2-Hemmern mit dem GLP-1-Rezeptoragonisten Dulaglutid (Trulicity<sup>®</sup>) senkt additiv Blutzucker, Körpergewicht und Blutdruck ohne Gefahr des Auftretens von Hypoglykämien.</p></p>
<p class="article-footer">
<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
<div class="collapse" id="collapseLiteratur">
<p><strong>1</strong> Ludvik B, Juan P FrÍas JP, Tinahones FJ, Wainstein J, Jiang H, Robertson KE, García-Pérez LE, Woodward DB, Zvonko Milicevic Z: Dulaglutide as add-on therapy to SGLT2 inhibitors in patients with inadequately controlled type 2 diabetes (AWARD-10): a 24-week, randomised, double-blind, placebo-controlled trial. Lancet Diabetes Endocrinol 2018; http://dx.doi.org/10.1016/S2213- 8587(18)30023-8</p>
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