
Diabetes und Alter
Bericht:
Regina Scharf, MPH
Redaktorin
Vielen Dank für Ihr Interesse!
Einige Inhalte sind aufgrund rechtlicher Bestimmungen nur für registrierte Nutzer bzw. medizinisches Fachpersonal zugänglich.
Sie sind bereits registriert?
Loggen Sie sich mit Ihrem Universimed-Benutzerkonto ein:
Sie sind noch nicht registriert?
Registrieren Sie sich jetzt kostenlos auf universimed.com und erhalten Sie Zugang zu allen Artikeln, bewerten Sie Inhalte und speichern Sie interessante Beiträge in Ihrem persönlichen Bereich
zum späteren Lesen. Ihre Registrierung ist für alle Unversimed-Portale gültig. (inkl. allgemeineplus.at & med-Diplom.at)
Die meisten Patienten mit Diabetes sind über 65 Jahre alt. Aber wie ernst muss ein sogenannter Altersdiabetes überhaupt genommen werden? Eine Antwort auf diese und andere Fragen zur Diabetesbehandlung bei älteren Menschen lieferte ein entsprechender Update Refresher.
Auch im Alter ist Typ-2-Diabetes (DM2) alles andere als harmlos. Das liegt vor allem an den Hypoglykämien. Diese sind die am meisten gefürchtete kurzfristige Komplikation des DM2 und mit einem erhöhten Risiko für Stürze und Frakturen, kardiovaskuläre Ereignisse, wie Angina pectoris oder Arrhythmien, und kognitiver Verschlechterung assoziiert.
«Hypoglykämien sind vor allem bei älteren Menschen oft unterdiagnostiziert», sagte Prof. Dr. med. Roger Lehmann vom Universitätsspital Zürich am Diabetes Update Refresher in Zürich. Der Grund sind oftmals unspezifische Symptome, wie Schwäche, Schläfrigkeit, Schwindel oder das Auftreten von Doppelbildern oder Konzentrationsstörungen. Diese würden oft auf das Alter geschoben, als transitorische ischämische Attacke, vertebrobasiliäre Minderversorgung oder vasovagale Schwindelattacke fehldiagnostiziert. Besonders hoch ist das Risiko für eine Hypoglykämie bei älteren Personen mit reduzierter Nierenfunktion, kombinierter antidiabetischer Therapie mit Sulfonylharnstoffen und Insulin, kognitiven Beeinträchtigungen und Polypharmazie.
Kognition leidet bei Diabetes
Die mikro- und makrovaskulären Spätfolgen bei DM2-Patienten sind eine Folge des Zusammenspiels multipler Faktoren. Der DM2 ist jedoch der wichtigste unabhängige Risikofaktor für das Auftreten solcher Komplikationen. Etwa die Hälfte der Betroffenen leidet bei der DM2-Diagnose bereits an mikro- oder makrovaskulären Folgeerkrankungen. Vor allem der Einfluss des DM2 auf die kognitiven Funktionen wird häufig unterschätzt.1«Wiederholte schwere Hypoglykämien haben einen extrem schlechten Einfluss auf die Kognition», sagte Lehmann. Demgegenüber verstärkt eine chronische Hyperglykämie die Progression der zerebralen mikrovaskulären Erkrankung. Darunter leidet auch das Selbstmanagement: Die Therapieadhärenz nimmt ab, es passieren Fehler bei der Medikamenteneinnahme und Mahlzeiten werden ausgelassen.
Medikamente, die Hypoglykämien verursachen, vermeiden
Die Behandlung älterer Menschen mit DM2 sollte individuell und nach Abwägung von Risiken, Nutzen und Kosten der Antidiabetika erfolgen. Auch die Lebenserwartung und die Unabhängigkeit sollten bei der Therapiewahl berücksichtigt werden. «Ein hohes Lebensalter ist keine Entschuldigung für eine ungenügende Behandlung», sagte Lehmann.
Abb. 1: Empfehlungen der SGED für die Behandlung des Diabetes mellitus Typ 2 2020 (adaptiert nach Lehmann et al.)2
Das anvisierte HbA1c-Ziel ist unter anderem von der antidiabetischen Therapie abhängig. Prinzipiell wird ein HbA1c-Wert <7% angestrebt. Das gilt jedoch nicht für die Behandlung mit Sulfonylharnstoffen alleine oder in Kombination mit Insulin. Der Grund ist das erhöhte Hypoglykämierisiko. Wegen ihres geringen Hypoglykämierisikos und ihrer kardio- und renoprotektiven Effekte sollten bei älteren Menschen bevorzugt GLP-1-Rezeptoragonisten (GLP-1-RA) und SGLT2-Inhibitoren (SGLT2-I) in Kombination mit Metformin und/oder DPP-4-Inhibitoren eingesetzt werden. Bei Patienten, die wegen eines Insulinmangels Basalinsulin benötigen, muss die Behandlung mit Sulfonylharnstoffen gestoppt werden. Als Kombinationstherapie eignen sich beispielsweise GLP-1-RA. Die Behandlung mit Metformin ist bei einer eingeschränkten Nierenfunktion mit einer eGFR <30ml/min/1,73m2 kontraindiziert. Dafür können SGLT2-I neu auch bei Patienten mit einer eGFR <30ml/min/1,73m2 eingesetzt werden.
Maximal 5 Tabletten pro Tag
Die Diabetesbehandlung erfolgt auch bei älteren Patienten immer multifaktoriell und schliesst Massnahmen wie Lifestyle-Interventionen und die medikamentöse Therapie von Risikofaktoren mit ein. Wie bei allen chronischen Erkrankungen stellt sich auch hier die Frage, wie sich die Medikamentenadhärenz verbessern lässt. Eine einfache, aber bewährte Massnahme ist eine Vereinfachung der Medikamenteneinnahme durch die Reduktion der täglichen Arzneimitteldosen und den Einsatz von Kombinationspräparaten.3 «Das Ziel ist eine Einnahme von maximal 5 Tabletten pro Tag», sagte Lehmann. Als mögliche Beispiele nannte er die Fixkombinationen von Metformin und Empagliflozin (Xigduo®) zur Diabetestherapie, die antihypertensive Therapie mit Perindopril und Amlodipin (Coveram®) oder zusätzlich mit Atorvastatin (Triveram®) zur Behandlung von arterieller Hypertonie und Dyslipidämie oder Ezetimib und Atorvastatin (Atozet®) zur Dyslipidämietherapie.
Quelle:
FOMF Diabetes Update Refresher, 4. bis 6. November 2021, Zürich
Literatur:
1 Strachan MW et al.: Cognitive function, dementia and type 2 diabetes mellitus in the elderly. Nat Rev Endocrinol 2011; 7: 108-14 2 Empfehlungen der SGED zur Behandlung von Diabetes mellitus Typ 2, 28. Februar 2020. Einsehbar unter: www.sgedssed.ch 3 Claxton AJ et al.: A systematic review of the associations between dose regimens and medication compliance. Clin Ther 2001; 23: 1296-310
Das könnte Sie auch interessieren:
Wie oft wird Diabetes nicht oder spät erkannt?
Im Allgemeinen wird von einer hohen Dunkelziffer an Personen mit undiagnostiziertem Typ-2-Diabetes ausgegangen. Ein Teil davon sind von Ärzten „übersehene“ Fälle. Eine von der University ...
Neue Studiendaten zu Typ-2-Diabetes und Lebensstil
Dass gesunde Ernährung und Bewegung das Diabetesrisiko sowie verschiedene Risiken von Patienten mit Diabetes senken, ist seit Langem bekannt. Und das Detailwissen zur Bedeutung von ...
Diabetes erhöht das Sturzrisiko deutlich
Eine dänische Studie kommt zu dem Ergebnis, dass sowohl Patienten mit Typ-1- als auch Patienten mit Typ-2-Diabetes öfter stürzen und häufiger Frakturen erleiden als Menschen aus einer ...