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Antidiabetika: kardiovaskuläre und renale Outcomes

Das Jahr der SGLT2-Hemmer

<p class="article-intro">In der medikamentösen Diabetesbehandlung dreht sich derzeit fast alles um die Klasse der SGLT2-Inhibitoren. Besondere Beachtung fand in Barcelona die Studie DAPA-HF, in der Dapagliflozin bei Patienten mit Herzinsuffizienz in klinisch relevantem Ausmaß die Zahl der Akutinterventionen und kardiovaskulären Todesfälle reduzierte – und das erstmalig für ein Antidiabetikum auch bei Nichtdiabetikern.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>In DAPA-HF wurden Patienten mit Herzinsuffizienz und reduzierter Auswurfleistung (HFrEF) inkludiert, fast die H&auml;lfte davon mit Typ-2-Diabetes.</li> <li>Dapagliflozin reduzierte den prim&auml;ren Endpunkt Verschlechterung der Herzinsuffizienz oder kardiovaskul&auml;rer Tod signifikant.</li> <li>Auch der kombinierte renale Endpunkt wurde in der Studie DAPA-HF signifikant reduziert.</li> </ul> </div> <p>Gerade einmal vier Jahre ist es her, dass mit der Pr&auml;sentation der EMPA-REGOUTCOME-Studie<sup>1</sup> im Rahmen der EASDJahrestagung in Stockholm eine neue &Auml;ra in der Diabetologie eingel&auml;utet wurde. Nachdem alle bis dahin abgeschlossenen Studien zum kardiovaskul&auml;ren Outcome (CVOT) mit antidiabetischen Substanzen &uuml;ber die Blutzuckersenkung hinaus keine klinischen Benefits zeigen konnten,<sup>2</sup> erreichte der SGLT2- Hemmer Empagliflozin in EMPA-REG OUTCOME eine signifikante und &uuml;berraschend deutliche Reduktion der Zahl schwerwiegender kardiovaskul&auml;rer Ereignisse (nicht t&ouml;dlicher Herzinfarkt oder Schlaganfall, kardiovaskul&auml;rer Tod): um 26 % im Vergleich zu einer antidiabetischen Standardtherapie. Weitere Schl&uuml;sselbefunde der Studie waren die prononcierten Effekte von Empagliflozin auf die Reduktion von kardiovaskul&auml;ren Todesf&auml;llen (&ndash;38 %) und Hospitalisierungen im Zusammenhang mit Herzinsuffizienz (HI) (&ndash;35 %) und die Beobachtung, dass alle genannten Benefits schon sehr fr&uuml;hzeitig im Studienverlauf evident wurden.<sup>1</sup> <br />Nachfolgende Outcome-Studien mit Canagliflozin (CANVAS)<sup>3</sup> und Dapagliflozin (DECLARE-TIMI 58)<sup>4</sup> konnten diese Ergebnisse &ndash; nicht zuletzt aufgrund der unterschiedlichen Patientencharaktistika<sup>5</sup> &ndash; nicht mit derselben Deutlichkeit wiederholen, best&auml;tigen aber EMPA-REG OUTCOME in zwei wesentlichen Punkten: Hospitalisierungen wegen HI werden durch die SGLT2-Hemmung um 27 % (DECLARE-TIMI 58) bzw. 33 % (CANVAS), renale Endpunkte (Verschlechterung der Nierenfunktion, terminale Nierenerkrankung und renaler Tod) in der Metaanalyse aller drei CVOT mit SGLT2-Hemmern um 45 % reduziert.<sup>5 </sup></p> <h2>Therapeutische Benefits abseits der Diabetestherapie</h2> <p>Das Ausma&szlig; und die Konsistenz dieser Benefits haben dazu gef&uuml;hrt, dass SGLT2-Hemmer in nationalen und internationalen Leitlinien als bevorzugte Diabetestherapie bei Vorliegen einer HI und/oder Niereninsuffizienz etabliert sind.<sup>6, 7</sup> Allerdings war der Anteil der Teilnehmer, die mit etablierter HI f&uuml;r EMPA-REG OUTCOME, CANVAS und DECLARE-TIMI 58 rekrutiert wurden, gering und die Patienten waren im Hinblick auf die HI auch nicht systematisch charakterisiert. Somit blieb offen, ob SGLT2-Hemmer nicht nur in der Pr&auml;vention, sondern auch zur Therapie einer etablierten HI eingesetzt werden k&ouml;nnen und ob die zugrunde liegenden Wirkmechanismen auch bei Nichtdiabetikern zum Tragen kommen. Zur Beantwortung dieser Fragen wurde eine ganze Reihe von Studien mit Vertretern der Substanzklasse initiiert.<sup>5</sup> Die erste dieser Studien, Dapagliflozin and Prevention of Adverse Outcomes in Heart Failure (DAPAHF), wurde zeitgleich zur EASD-Pr&auml;sentation in Barcelona online publiziert.<sup>8 </sup></p> <h2>DAPA-HF: Design und Kollektiv wie in klassischen HI-Studien</h2> <p>In DAPA-HF wurden in Summe 4 744 Patienten mit HI und reduzierter Auswurfleistung (HFrEF) inkludiert, darunter 45 % mit Typ-2-Diabetes. Rund zwei Drittel der Teilnehmer befanden sich im NYHA-Stadium II, rund 30 % im Stadium III und 1 % im Stadium IV der HI. Die Patienten erhielten, zus&auml;tzlich zur Therapie der HI nach aktuellem Versorgungsstandard (93 % Diuretika, 93 % ACE-Hemmer bzw. Angiotensinrezeptorblocker [ARB], 96 % Betablocker, 71 % Mineralokortikoidrezeptor- Antagonisten, 11 % Sacubitril/ Valsartan), randomisiert entweder Dapagliflozin (10 mg/Tag) oder Placebo. Als prim&auml;rer Endpunkt wurden die Verschlechterung der HI (ungeplante Hospitalisierung oder intraven&ouml;se Behandlung im Rahmen einer Notfallvisite) oder kardiovaskul&auml;rer Tod definiert.</p> <p><strong>Prim&auml;rer Endpunkt signifikant reduziert</strong> <br />Im Follow-up von median 18 Monaten reduzierte Dapagliflozin den prim&auml;ren Endpunkt signifikant um 26 % versus Placebo (Abb. 1), mit einer &bdquo;number needed to treat&ldquo; von 21. Zur Verschlechterung der HI kam es unter Dapagliflozin um 30 % seltener, die Zahl kardiovaskul&auml;rer Todesf&auml;lle war um 18 % reduziert. Der in DAPA-HF erzielte kardiovaskul&auml;re Benefit ist damit jenem etablierter Medikamente zur Therapie der HFrEF vergleichbar (Tab. 1).<sup>9</sup> Auch auf die Symptomatik der HI, quantifiziert mittels Kansas City Cardiomyopathy Questionnaire (KCCQ), hatte die SGLT2-Hemmung einen signifikanten positiven Effekt. So kam es mit Dapagliflozin signifikant h&auml;ufiger zu einem Anstieg des KCCQ-Score um f&uuml;nf oder mehr Punkte und signifikant seltener zu einer Verschlechterung im gleichen Ausma&szlig;.</p> <p><strong>Diabetiker und Nichtdiabetiker profitieren im gleichen Ausma&szlig;</strong> <br />Die Reduktion des prim&auml;ren Endpunktes war in den pr&auml;spezifizierten Subgruppen konsistent nachweisbar. Vor allem aber profitierten Studienteilnehmer ohne Typ-2-Diabetes im gleichen Ausma&szlig; (Hazard-Ratio HR: 0,73; 95 % CI: 0,60&ndash;0,88) wie jene mit Typ-2-Diabetes (HR: 0,75; 95 % CI: 0,63&ndash; 0,90). Post-hoc-Analysen weisen darauf hin, dass auch die Background-Medikation mit ARB/Neprilysin-Inhibitor keinen Einfluss auf das prim&auml;re Outcome hatte. Die Behandlung mit Dapagliflozin war in DAPA- HF gut vertr&auml;glich, insbesondere traten Volumenmangel, renale Nebenwirkungen, Hypoglyk&auml;mien, Frakturen oder Amputationen der unteren Extremit&auml;ten im Dapagliflozin-Arm nicht geh&auml;uft auf.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Diabetes_1905_Weblinks_s18_abb1.jpg" alt="" width="1559" height="876" /></p> <h2>Nephroprotektive Effekte der SGLT2-Hemmung</h2> <p>Im Juni 2019 sorgten Berichte &uuml;ber den vorzeitigen Abbruch der CREDENCE-Studie<sup>10</sup> wegen einer unerwartet deutlichen Reduktion (&ndash;30 % nach median 2,6 Jahren) des prim&auml;ren Endpunktes (terminale Nierenerkrankung oder kardiovaskul&auml;r/renal bedingter Tod) bei Patienten mit Typ-2-Diabetes und Albuminurie, die mit Canagliflozin versus Placebo behandelt worden waren, f&uuml;r Aufsehen. In Barcelona wurden neue Daten zum nephroprotektiven Potenzial von Dapagliflozin in DECLARE-TIMI 58 berichtet. Die Studie ist mit mehr als 17 000 Teilnehmern die bisher gr&ouml;&szlig;te CVOT mit einem SGLT2-Hemmer und auch jene mit dem h&ouml;chsten Anteil (59 %) an Patienten ohne manifeste Gef&auml;&szlig;erkrankung zu Studienbeginn. Bei einem Drittel der inkludierten Teilnehmer lag entweder eine erh&ouml;hte Albuminausscheidung oder eine reduzierte glomerul&auml;re Filtrationsleistung vor, ungef&auml;hr 3 % wiesen beide Nephropathiemarker auf. Den kombinierten renalen Endpunkt (ein Abfall der eGFR um zumindest 40 % auf unter 60 ml/min/1,73 m<sup>2</sup>, terminale Nierenerkrankung oder Tod aus renaler oder kardiovaskul&auml;rer Ursache) reduzierte Dapagliflozin um 24 % versus Placebo.<sup>4</sup> <br />Die Auswertung der sekund&auml;ren Studien- Outcomes Hospitalisierung wegen HI, Myokardinfarkt, Schlaganfall und kardiovaskul&auml;rer Tod ergab keine signifikanten Inzidenz-Unterschiede zwischen den Teilnehmern ohne chronische Nierenerkrankung zu Studienbeginn und jenen mit einem oder beiden Nephropathiemarkern. Allerdings kam es im Dapagliflozin-Arm signifikant seltener zu einer Verschlechterung der Albuminurie-Kategorie (Normo-/ Mikro-/Makroalbuminurie) als in der Kontrollgruppe, bei gleichzeitig h&ouml;herer Chance einer Verbesserung der Albumin-Kreatinin- Ratio im Studienverlauf.<sup>11, 12</sup></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Diabetes_1905_Weblinks_s18_tab1.jpg" alt="" width="1578" height="792" /></p></p> <p class="article-quelle">Quelle: EASD-Kongress 2019, 16.–20. 9. 2019, Barcelona </p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Zinman B et al.: N Engl J Med 2015; 373: 2117-28 <strong>2</strong> Cefalu WT et al.: Diabetes Care 2018; 41: 14-31 <strong>3</strong> Neal B et al.: N Engl J Med 2017; 377: 644-57 <strong>4</strong> Wiviott SD et al.: N Engl J Med 2019; 380: 347-57 <strong>5</strong> Patel DK, Strong J.: Diabetes Ther 2019; 10: 1771-92<strong> 6</strong> Davies MJ et al.: Diabetes Care 2018; 41: 2669-701 <strong>7</strong> Clodi M et al.: Wien Klin Wochenschr 2019;1 31(Suppl 1): S27- S38 <strong>8</strong> McMurray JJV et al.: N Engl J Med; published online September 19, 2019 <strong>9</strong> Sattar N: EASD-Kongress 2019: S#63 <strong>10</strong> Perkovic V et al.: N Engl J Med 2019; 380: 2295-306 <strong>11</strong> Ofri Mosenzon O et al.: Lancet Diabetes Endocrinol 2019; 7: 606-17 <strong>12</strong> Mosenzon O: EASD-Kongress 2019; S#20</p> </div> </p>
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