Schweizerischer Impfplan 2025 – Neuerungen
Bericht:
Dr. med. Sabina Ludin
Chefredaktorin
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Die Neuerungen im Schweizerischen Impfplan 2025 betreffen mehrheitlich die Prävention von Atemwegserkrankungen. Dr. med. Alessandro Diana, Pädiater und Infektiologe in Genf, Mitglied von InfoVac sowie der Eidgenössischen Kommission für Impffragen (EKIF), konzentrierte sich in seinem Referat am Frühjahrskongress der SGAIM auf die Impfungen bei Erwachsenen.
Alles, was Sie zum Thema Impfung brauchen, ist der Schweizerische Impfplan.1 Sie müssen ihn nicht von A bis Z lesen. Alles Wichtige ist im Impfplan blau hinterlegt. Um einen Überblick zu bekommen, reicht es, die ersten beiden Seiten zu lesen, auf denen die sechs Neuerungen zusammengefasst wurden», sagte Diana einleitend. Die sechs Neuerungen betreffen die Impfung gegen die saisonale Influenza mit einem Hochdosis-Impfstoff für Senioren, die Anpassung der Impfempfehlung gegen Covid-19, die Impfung gegen Pneumokokken, die Impfung gegen RSV für Erwachsene und die passive Immunisierung von Säuglingen und Risikokindern gegen RSV mit dem monoklonalen Antikörper Nirsevimab sowie die FSME-Impfung.
Grippeimpfung
Seit der Saison 2024/2025 steht für Senior:innen ein hoch dosierter Grippeimpfstoff (Efluelda®) zur Verfügung. Er wird für Personen ab 75 Jahren und Personen ab 65 Jahren mit Risikofaktoren empfohlen und vergütet.1 Es handelt sich um einen fraktionierten quadrivalenten Impfstoff mit einer viermal höheren Antigendosis als die Standardgrippeimpfstoffe. Es wurde gezeigt, dass Efluelda® die Hospitalisationsrate bei über 65-Jährigen um 23% senkt.2 «Für Senior:innen ist es sicher sinnvoll, den hoch dosierten Grippeimpfstoff zu verwenden», so der Experte. Allerdings seien auch die anderen Grippeimpfstoffe sehr gut und schlussendlich sei das Wichtigste, dass die Senior:innen überhaupt geimpft würden. Für eine Praxis mit Patient:innen von jung bis alt, sei es aufgrund der Verwechslungsgefahr vielleicht besser nur einen Grippeimpfstoff zu verwenden, meinte Diana. Für jemanden, der viele alte Menschen betreut, empfahl er jedoch, den hoch dosierten Impfstoff zu bestellen.
«Ich werde oft gefragt, bis wann man sich gegen die Grippe impfen lassen kann, resp. wann es dafür zu spät ist. Man kann die Grippeimpfung während der ganzen Grippesaison machen – d.h., wenn die Zahl der Infizierten über 40/100000 Einwohner liegt. Nachzügler können also auch im Februar oder März noch geimpft werden, falls sie die Grippe noch nicht durchgemacht haben», erklärte Diana.
Covid-19-Impfung
Gemäss der offiziellen Empfehlung des BAG ist es sinnvoll, die folgenden Gruppen im Herbst/Winter gegen Covid-19 zu impfen:3
-
alle Personen ab 65 Jahren
-
Personen ab 16 Jahren mit chronischen Vorerkrankungen wie Hypertonie, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, Lungen- und Atemwegserkrankungen, Erkrankungen und Therapien, die zu einer Immunsuppression führen, Malignome, Adipositas (BMI ≥35kg/m2), Niereninsuffizienz, Leberzirrhose
-
Personen ab 16 Jahren mit Trisomie 21
«Wichtig ist, zu verstehen, dass der Grund für die Impfung gegen Covid-19 nicht der Schutz vor einer Reinfektion ist. Denn dagegen schützt die Impfung nicht. Die Reinfektion ist im Übrigen der beste Booster, den es gibt. Die Empfehlungen für die Impfung gegen Covid-19 beruhen auf der Epidemiologie. Diese zeigt, dass eine Impfung für Personen, die ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf mit der Notwendigkeit einer Hospitalisation haben, sinnvoll ist. Der Grund für die Impfung ist also der Schutz vor einem schweren Verlauf», führte der Referent aus.
Pneumokokkenimpfung
Seit Herbst 2024 steht für Personen im Alter von ≥65 Jahre neben dem 15-valenten ein weiterer höher valenter konjugierter Pneumokokken-Impfstoff (PCV) zur Verfügung. Die Empfehlung wurde deshalb dahingehend geändert, dass Personen ab 65 Jahren und Risikopersonen ab 5 Jahren, die noch nicht mit einem PCV geimpft wurden, als Impfstoff neu ein PCV empfohlen wird, der höher valent ist als PCV13. Für PCV13-Geimpfte wird zur Abdeckung der zusätzlichen Serotypen eine einmalige Gabe eines höher valenten PCV empfohlen, falls die PCV13-Impfung ein Jahr oder länger zurückliegt.1
Der PCV15 (Vaxneuvance®) deckt zusätzlich zu den von PCV13 abgedeckten Serotypen noch 22F und 33F ab, und bei PCV20 (Prevenar 20®) kommen zusätzlich noch die Serotypen 8, 10A, 11A, 12F und 15B hinzu (Abb.1). «Es ist nicht überraschend, dass die höher valenten Impfstoffe einen besseren Schutz bieten», so Diana. Für über 65-Jährige werden die Kosten für PCV20 von der Krankenkasse übernommen (vorbehaltlich Selbstbehalt von 10% und Franchise). Für Risikopersonen von 5 bis 64 Jahren besteht weder für PCV15 noch PCV20 eine Erstattungsplicht.
Abb. 1: Anteil (in %) von invasiven Pneumokokken-Erkrankungen bei ≥65-jährigen Personen über die Zeit (2002–2021), welche durch die Serotypen in den verschiedenen Konjugatimpfstoffen abgedeckt gewesen wären (adaptiert nach BAG-Bulletin 2024)4
RSV-Impfung
«Ich glaube, viele von uns dachten, dass es sich beim ‹respiratory syncytial virus› (RSV) um ein Problem für Kinderärzte handelt und es nur darum geht, bei Kleinkindern Infektionen, die eine Bronchiolitis verursachen, zu verhindern. Dem ist nicht so. RSV betrifft auch die Grosseltern», sagte Diana. Eine RSV-Infektion in der Kindheit schützt nicht vor einer späteren erneuten Infektion. Man weiss, dass die Anfälligkeit ab 75 Jahren zunimmt. Gemäss BAG lag die Zahl der Hospitalisationen aufgrund einer schweren RSV-Infektion von 2016 bis 2021 zwischen 3000 und 6000 pro Jahr, wobei viele auch ältere Menschen und solche mit Immunschwäche betrafen.5 Die RSV-Impfung wird deshalb für ältere Erwachsene ab 75 Jahren und für solche mit Risikofaktoren ab 60 Jahren empfohlen.1
Diana stellte am Kongress zwei RSV-Impfstoffe vor, die in der Schweiz für Erwachsene zugelassen auf dem Markt sind: Abrysvo® und Arexvy®. Inzwischen wurde auch mResvia®, ein mRNA-basierter Impfstoff, zugelassen, der aber noch nicht auf dem Markt ist. Alle drei Impfstoffe sind für Erwachsene ab 60 Jahren zugelassen, Abrysvo® als einziger zusätzlich für Schwangere zum Schutz ihrer neugeborenen Kinder.
«Abrysvo® ist ein inaktivierter Impfstoff und kann deshalb auch bei immunsupprimierten Personen bedenkenlos verabreicht werden», so Diana. Er ist seit Kurzem auf der Spezialitätenliste, für die Erstattung der Kosten besteht eine Limitatio (eine Einzeldosis einmalig bei Schwangeren in der 32.–36. Schwangerschaftswoche mit Geburtstermin Oktober bis März). Auch bei Arexvy® handelt es sich um einen inaktivierten Impfstoff. Bei beiden Impfstoffen reicht eine Impfdosis. «Wir wissen, dass die Immunität zwei Jahre lang anhält. Es muss also nicht jährlich geimpft werden. Um entscheiden zu können, ob eine Auffrischungsimpfung erforderlich ist oder nicht, brauchen wir aber noch epidemiologische Daten», erklärte der Experte.
RSV-Impfung bei Schwangeren
Der Impfplan enthält die Empfehlung, Schwangeren von Oktober bis Februar zwischen der 32. und 36. Schwangerschaftswoche die Impfung mit Abrysvo® anzubieten, falls der errechnete Entbindungstermin vor Ende März liegt.1 Durch die Impfung der Mutter kann das Risiko für eine schwere RSV-Erkrankung beim Säugling um 60–70% reduziert werden.6 Es handelt sich somit um eine altruistische Impfung: Geimpfte Schwangere bilden mehr Antikörper gegen RSV, welche über die Plazenta an das Kind weitergegeben werden.
Alternativ steht für die passive Immunisierung von Neugeborenen und Säuglingen vor oder während der ersten RSV-Saison der monoklonale Antikörper Nirsevimab (Beyfortus®) zur Verfügung, der sie wirksam vor einer RSV-Infektion schützt.7 Die Empfehlung lautet, dass alle Neugeborenen, die zwischen Anfang Oktober und Ende Mai geboren werden, möglichst rasch nach der Geburt eine Dosis erhalten sollten. Für Säuglinge, die zwischen Anfang April und Ende September geboren werden, wird die passive Immunisierung im Oktober empfohlen.1
«Es ist wichtig zu betonen, dass Beyfortus® nur für Säuglinge geeignet ist und auf keinen Fall Erwachsenen verabreicht werden soll», unterstrich Diana.
FSME-Impfung
Zum Schluss erwähnte der Referent als einzige nicht respiratorische Erkrankung noch die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME). 2024 wurde auch Genf in die Liste der Kantone mit FSME-Risiko aufgenommen. Damit gilt nun die ganze Schweiz mit Ausnahme des Tessins als FSME-Risikogebiet. Die FSME-Impfung wird allen Erwachsenen und Kindern ab 3 Jahren (vor 2024 ab 6 Jahren) empfohlen, die in einem Risikogebiet wohnen oder sich dort zeitweise aufhalten.
Quelle:
Frühjahrkongress der SGAIM, 21. bis 23. Mai 2025, Basel
Literatur:
1 Bundesamt für Gesundheit und Eidgenössische Kommission für Impffragen: Schweizerischer Impfplan 2025. https://www.infovac.ch/docs/public/schweizerischer-impfplan-2025.pdf 2 Bricout H et al.: The relative effectiveness of a high-dose quadrivalent influenza vaccine versus standard-dose quadrivalent influenza vaccines in older adults in France:a retrospective cohort study during the 2021-2022 influenza season. Clin Microbiol Infect 2024; 30: 1592-8 3 https://www.bag.admin.ch/de/covid-19-de 4 BAG: Pneumokokken-Impfung neu für alle Personen ab dem Alter von 65 Jahren als ergänzende Impfung empfohlen. BAG-Bulletin 2024: 4: 14-24 5 BAG: Respiratorisches-Synzytial-Virus (RSV). https://www.bag.admin.ch/de/respiratorisches-synzytial-virus-rsv 6 Kampmann B et al.: Bivalent prefusion F vaccine in pregnancy to prevent RSV illness in infants. N Engl J Med 2023; 388: 1451-64 7 Hammitt LL et al.; MELODY Study Group: Nirsevimab for prevention of RSV in healthy late-preterm and term infants. N Engl J Med 2022; 386: 837-46
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