Geringes Risiko durch Affenpocken für die Allgemeinbevölkerung
Bericht:
Regina Scharf, MPH
Redaktorin
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Zwischen dem 21. Mai und dem 29. August wurden 456 Fälle von Affenpocken in der Schweiz und Liechtenstein gemeldet. Wie es zu dem bislang grössten «outbreak» von Affenpocken in Europa kam und wie gefährlich er ist, haben wir basierend auf einem WebUp zum Thema kurz zusammengefasst.
Affenpocken gehören wie Variolaviren und Kuhpocken zur Gattung der Orthopoxviren. Erstmals nachgewiesen wurden sie Ende der 1950er-Jahre bei gefangenen Makaken in Dänemark. Der erste bekannte Fall bei Menschen trat 1970 in Zaire, in der heutigen Republik Kongo, auf. 2003 wurde in den USA ein grösserer Ausbruch verzeichnet: Die 72 Fälle wurden vermutlich alle durch zoonotische Übertragungen verursacht. In den letzten Jahren ist es vor allem in der Republik Kongo weitgehend unbeobachtet zu vermehrten Affenpockenfällen gekommen. Bei den aktuellen Affenpockeninfektionen in Europa handelt es sich um den grössten bekannten Ausbruch. Dabei ist es erstmals mehrfach zu Übertragungen von Mensch zu Mensch gekommen. Eine weitere Besonderheit ist, dass die Infektionen keine Verbindung zu einem afrikanischen Endemiegebiet haben.
Vor allem MSM betroffen
Die Erkrankten leiden zu Beginn oft (aber nicht in jedem Fall) an Fieber und geschwollenen Lymphknoten, kombiniert mit Kopf-, Muskel- und Rückenschmerzen. Nach 1–3 Tagen tritt ein zunächst papulärer, später vesikulärer und anschliessend pustulöser Hautausschlag auf, der im Verlauf Krusten bildet und in Form von flachen Narben abheilt. Das Spektrum des Hautausschlags reicht von einzelnen bis zu circa 1000 Läsionen, die sich in einem ähnlichen Krankheitsstadium befinden. Diese sitzen tief in der Dermis, haben je nach Literatur einen Durchmesser von 0,3 bis zu 1cm, weisen eine zentrale Eindellung auf und sind teilweise schmerzhaft. Die seit Mai aufgetretenen Infektionen mit Affenpocken betreffen fast ausschliesslich Männer, die Sex mit Männern haben (MSM). Die Übertragungen finden durch engen Kontakt statt, beispielsweise durch Sex, wo durch Reibung Mikroverletzungen der gesunden Haut auftreten. Möglich ist auch eine Übertragung durch Tröpfchen. Dazu ist (anders als bei einer SARS-CoV-2-Infektion) ein prolongierter enger Kontakt nötig.
Eine Affenpockendiagnostik wird empfohlen bei entsprechenden Symptomen und Hinweisen in der Anamnese auf eine mögliche Übertragung in den 21 Tagen vor Symptombeginn (Inkubationszeit 5 bis 21 Tage). Für den Nachweis des Affenpockenvirus wird ein Abstrich des Bläschen- oder Pustelinhalts oder eine Krustenentnahme und anschliessend ein PCR-Test durchgeführt. Gleichzeitig sollte bei den betroffenen Personen (evtl. MSM, evtl. multiple Partner) eine Abklärung auf sexuell übertragbare Erkrankungen (Gonorrhö, Syphilis, Chlamydien, HIV) erwogen werden.
Überwiegend milde Verläufe
Affenpocken sind seit dem 20. Juli 2022 meldepflichtig. Das Risiko für eine Gesundheitsgefährdung der breiten Bevölkerung wird als gering eingestuft. Vermutlich hat das Affenpockenvirus schon eine Weile zirkuliert und sich dann über sogenannte «superspreading events» vor allem innerhalb der MSM-Community weiterverbreitet. Begünstigt wurde die Ausbreitung der Affenpocken auch durch die Einstellung der Pockenimpfung, die für einen gewissen Kreuzschutz gesorgt hat.
Der Krankheitsverlauf ist in den meisten Fällen mild. Die meisten Personen erholen sich innerhalb von einigen Wochen vollständig, Hospitalisationen sind selten. Mehr als 90% der Betroffenen haben keine Komplikationen, unabhängig davon, ob sie gegen Pocken geimpft sind oder nicht.
Keine spezifische Therapie
Wer an Affenpocken leidet, muss sich für mindestens 10 Tage, in jedem Fall aber bis alle Hautkrusten abgefallen sind, in Isolation begeben. Eine antivirale Therapie gegen Affenpocken ist in der Schweiz nicht zugelassen. In der EU, den USA und Kanada steht mit Tecovirimat ein spezifisches Medikament gegen Orthopoxviren zur Verfügung, dessen Wirkung speziell gegen Affenpocken aber unbekannt ist. Darüber hinaus existiert in den genannten Ländern eine modifizierte Pockenimpfung. Für die Impfzulassung in der Schweiz wäre eine Impfstrategie nötig und eine solche existiert bisher nicht.
Die Befürchtung, dass es infolge des «outbreak» zu einer reversen Zoonose, Virusmutation oder Pandemie kommen könnte, teilte Prof. Dr. med. Philip Tarr, Medizinische Universitätsklinik, Kantonsspital Baselland, nicht. «Aus epidemiologischer Sicht besteht eine gewisse Sorge, dass sich das Virus, beispielsweise in MSM-Netzwerken, als sexuell übertragbare Krankheit festsetzen könnte», so der Infektiologe. Hier sei eine nicht stigmatisierende Kommunikation wichtig.◼
Quelle:
FOMF WebUp, Experten-Talk Affenpocken, 1.7.2022
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