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Verbrennungen haben ganzjährig Saison
<p class="article-intro">Rund 4 % aller Unfälle im deutschsprachigen Raum werden durch Verbrennungen und Verbrühungen verursacht. Bei einer Bevölkerung von rund 7–8 Millionen und rund 750 000 Unfallmeldungen pro Jahr ergibt das eine jährliche Inzidenz von rund 30 000 Verbrennungen. Heute kann die moderne plastische Chirurgie auch schwerste Verbrennungen erfolgreich behandeln und zu sehr guten funktionellen und ästhetischen Ergebnissen beitragen, so der Präsident der Jahrestagung der ÖGPÄRC, Prof. Lars-Peter Kamolz, Graz.</p>
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<p class="article-content"><h2>Hochrisikogruppe Kinder im Säuglings- und Kleinkindalter</h2> <p>Hinsichtlich der Verletzungsmuster gibt es in den verschiedenen Altersgruppen Unterschiede. Gerade Kleinkinder reißen oft heiße Getränke vom Tisch oder heißes Wasser von der Herdplatte, sodass es zu schweren Verbrühungen kommt. Im Jugend- und Erwachsenenalter kommen gehäuft Verbrennungen (z.B. durch Grillunfälle) hinzu und mit zunehmendem Alter spielen wieder vermehrt Verbrühungen eine Rolle. Die Hochrisikogruppe bleiben dennoch Kinder im Säuglings- und Kleinkindalter, die Verletzungsrate liegt in dieser Altersgruppe um ein Vielfaches höher als etwa in der Altersgruppe der Schüler.</p> <h2>Vom thermischen Trauma zum Verbrennungsschock</h2> <p>Prinzipiell gilt: Je höher die Temperatur, desto kürzer ist die Einwirkzeit, bis es zu einem irreversiblen Zellschaden kommt. Temperaturen von 70°C führen beispielsweise bereits innerhalb von ein bis zwei Sekunden zu einer Verbrennung dritten Grades. Besonders kritisch kann auch das „thermische Trauma“ werden, das in Abhängigkeit von seiner Tiefe und Ausdehnung nicht nur zu einer örtlichen Gewebeschädigung führt, sondern eine Vielzahl von Vorgängen auslöst, die in einen Verbrennungsschock münden.<br /> Bei großflächigen Brandwunden ab einer Verbrennungsfläche von über 20 % führt die Zerstörung der Körperoberfläche nicht nur zu lokalen Schäden, sondern auch zu biochemischen Prozessen im gesamten Körper. Auch die daraus oftmals resultierende Verbrennungskrankheit infolge des extremen Flüssigkeits- und Nährstoffverlustes stellt eine ernst zu nehmende Gefahr für den Betroffenen dar und kann noch Tage und Wochen nach dem eigentlichen Unfall zu einer Funktionsstörung sämtlicher Organe führen. Eine ebenfalls nicht zu vernachlässigende Gefahr ist die Infektion, da durch die Zerstörung der natürlichen Hautbarriere eine Eintrittspforte für Bakterien und Viren gegeben ist. Die Schwere einer Verbrennungskrankheit wird in den ersten Stunden und Tagen entscheidend vom Zeitpunkt und von der Qualität der Erstversorgung bestimmt.</p> <h2>Erfolgreiche Behandlung selbst schwerster Verbrennungsverletzungen</h2> <p>Während bei oberflächlichen Verbrennungen eine konservative Therapie ausreicht, die mithilfe von antibiotikahaltigen, analgetischen Salben oder desinfizierenden Spezialverbänden die Selbstheilung unterstützt, bedürfen tiefer gehende Wunden einer chirurgischen Behandlung: Das zerstörte Gewebe muss entfernt und die offene Wunde anschließend abgedeckt werden. Je nach Tiefe kommen dafür vor allem Spalthauttransplantationen und Lappenplastiken zum Einsatz. Ziel dieser Maßnahmen sind in erster Linie der Erhalt der Hautfunktionen bzw. deren Wiederherstellung sowie die Verhinderung und Kontrolle von Infektionen, um damit die Gefahr von Folgeerkrankungen, Narbenbildungen und funktionellen Defiziten zu minimieren. Entscheidend für das Outcome des Patienten sind somit ein rascher und tiefenspezifischer Wundverschluss und eine frühzeitig beginnende Nachbehandlung und Rehabilitation.</p> <h2>30 Jahre Kinderbrandverletzteneinheit in Graz</h2> <p>Einen eindrucksvollen Überblick über die Spezialeinheit für kindliche Brandverletzte, gespickt mit persönlichen Anekdoten und Erinnerungen, gab Univ.-Prof. Dr. Marija Trop, LKH/Univ.-Klinikum Graz, mit ihrer Ehren-Lecture. Marija Trop kam im Jahr 1978 an die Kinderklinik, damals fehlte in Graz eine Abteilung für die Behandlung von Verbrennungen. Dass ein Kind mit schweren Brandverletzungen 1987 in einer spektakulären Aktion mit dem Helikopter nach Laibach –damals noch im kommunistischen Jugoslawien – geflogen werden musste, weil es in Österreich nicht adäquat behandelt werden konnte, war letztlich die Initialzündung für die Gründung einer Kinderbrandverletzteneinheit an der Grazer Kinderklinik am 4. Mai 1987. Patienten konnten nun in adaptierten Behandlungsräumen die adäquaten Behandlungen erhalten. Es ist bis heute die einzige solche Einheit in Österreich. Jedes Jahr werden hier etwa 50 kindliche Patienten stationär und 200 ambulant behandelt. Ein motiviertes engagiertes Team („die jungen Wilden“), bestehend u.a. aus M. Trop und G. Pierer, G. Moser und W. Deutschmann, gründete in den 1980er-Jahren die Interdisziplinäre Arbeitsgemeinschaft für Verbrennungen (IGAB).<br /> Die Mortalitätsrate zwischen 1980 und 1984, vor Errichtung der Brandverletzteneinheit für Kinder, betrug 70 % der Patienten mit mehr als 30 % verbrannter Körperoberfläche. 2000 Kinder wurden seit der Gründung der Spezialeinheit stationär in Graz behandelt, in den letzten 25 Jahren verstarben nur vier. Die Mediziner der Kinderchirurgie und Kinderverbrennungsstation sind stolz auf ihr riesiges Lebenswerk. Prof. Trop wurde mit minutenlangem Applaus geehrt. (red)</p></p>
<p class="article-quelle">Quelle: Pressekonferenz am 14. September 2017, Graz. Vortrag
von Univ.-Prof. Dr. Marija Trop, LKH/Univ.-Klinikum Graz
im Rahmen der ÖGPÄRC-Jahrestagung, 16. September
2017, Graz
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