
Diabetes und ästhetische Behandlungen
Autor:innen:
Prof. Dr. Klaus Fritz1, 4
Prof. Dr. Carmen Salavastru1, 2, 3
Prof. Dr. George-Sorin Tiplica1, 2
1 Universität für Medizin und Pharmazie Carol Davila, Bukarest, Rumänien
2 Colentina Clinical Hospital, Bukarest, Rumänien
3 Forschungseinrichtung für Dermato-Onkologie, Abteilung KinderdermatologieBukarest, Rumänien
4 Dermatologie und Laser Consultationszentrum, Landau, Deutschland
Korrespondierender Autor:
E-Mail: drklausfritz@drklausfritz.com
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Diabetes ist mit einer Prävalenz von über 10% eine der häufigsten Erkrankungen und sollte daher auch bei ästhetischen Leistungen beachtet werden. Die Mehrheit unserer ästhetischen Patienten ist im fortgeschrittenen Alter – hier liegt die Prävalenz sogar bei 20%.
Keypoints
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Statistisch gesehen hat einer von fünf ästhetischen Patienten Diabetes.
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Bestimmte Hauterscheinungen können auf Diabetes hinweisen und sollten Anlass zur Diagnose geben.
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Eine lang anhaltende Erhöhung des Blutzuckerspiegels geht mit frühzeitiger Hautalterung einher.
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Diabetes kann zu vermehrten Nebenwirkungen und Komplikationen bestimmter ästhetischer Prozeduren führen.
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Einzelne Behandlungsmaßnahmen aus dem ästhetischen Bereich werden allerdings bei diabetischen Komplikationen erfolgreich angewendet.
Erfahrungsgemäß wird trotz erhöhter Prävalenz in unserem Patientenkollektiv bei ästhetischen Behandlungen nicht sehr oft nach dem Vorliegen eines Diabetes gefragt.1 Dabei kann Diabetes die Sicherheit und auch die Wirksamkeit verschiedener ästhetischer Verfahren beeinflussen. Außerdem gibt es eine Reihe von Hautveränderungen, die erstmalig auf einen bestehenden Diabetes hinweisen können und zu einer ästhetischen Belastung führen.
Beim Diabetes Typ 1 sind dies:
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Necrobiosis lipoidica*
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Bullosis diabeticorum
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Vitiligo
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Lichen ruber planus
Beim Diabetes Typ 2 sind dies:
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diabetische Dermopathie*
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Acanthosis nigricans*
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Scleroedema adultorum
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Granuloma anulare (disseminiert)
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Xanthome, Xanthelasma* (nach Hyperlipoproteinämie bedingt durch erhöhte Zuckerwerte)
sowie
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Porphyria cutanea tarda
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Arzneimittelexantheme
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phototoxische/photoallergische Reaktionen
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Lipoatrophie und Lipohypertrophie
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Yellow-Nail-Syndrom
Auch verschiedenen Pigmentstörungen kann ein Diabetes zugrunde liegen, beispielsweise bei diabetischen Blasenerkrankungen oder jenen Diagnosen, die mit * gekennzeichnet sind.
70% der Diabetiker entwickeln Hauterkrankungen, die oft darauf basieren, dass der Gehalt an Glukose in der Haut erhöht ist. Die häufigsten Folgen des Diabetes sind Infektionen und verminderte Durchblutung, verzögerte Wundheilung, verminderter Kollagenstoffwechsel, trockene Haut, Innervationsstörungen und sowohl übermäßige als auch verminderte Schweißproduktion. Das gustatorische Schwitzen kommt mit 11% bei Diabetikern doppelt so häufig vor wie bei Nichtdiabetikern, vor allem bei Personen mit Diabetes Typ 2 und Menschen jenseits von 45 Jahren. Auch Störungen der autonomen Innervation können bei langfristig unbehandeltem erhöhtem Blutzucker entstehen.2–4
Hautinfektionen
Bei 30–70% der Personen mit Diabetes mellitus (DM) treten pathologische Hautveränderungen auf, darunter auch bakterielle Infektionen. Die bestehende Hyperglykämie beeinträchtigt sowohl die angeborene als auch die adaptive Immunabwehr durch unterschiedliche Mechanismen. Eine erhöhte Anfälligkeit für Infektionen lässt sich unter anderem durch gestörte humorale und zelluläre Abwehrmechanismen erklären, die bei Diabetikern häufig auftreten. Dazu gehören eine reduzierte Konzentration von Komplement C4 sowie erhöhte Werte von Tumor-Nekrose-Faktor α (TNFα), Interleukin 6 (IL-6) und Interleukin 8 (IL-8), die mit einer abgeschwächten Reaktion auf Stimulation einhergehen. Auch zelluläre Mechanismen spielen eine Rolle, beispielsweise eine eingeschränkte Chemotaxis und Phagozytose polymorphkerniger Zellen und Neutrophilen, eine verminderte Abtötung dieser Zellen sowie eine reduzierte proliferative Reaktion von Lymphozyten auf Erreger wie Staphylococcus aureus. Zusätzlich erschweren periphere Gefäßerkrankungen und diabetische Neuropathie die Situation. Eine gestörte Regulation von Chemotaxis und Zellproliferation wird bei Patienten mit diabetischer Neuropathie zudem durch die verringerte Produktion von Substanz P und Nervenwachstumsfaktor beeinflusst.5
Hautalterung
Mehrere Studien haben belegt, dass Diabetiker häufig frühzeitig gealtert wirken. Eine Studie zeigte, dass pro 1mmol/L Blutzuckererhöhung eine frühzeitige Alterung von 0,4 Jahren feststellbar ist. Lang andauernde Blutzuckererhöhung triggert vorzeitige Zellalterung humaner Fibroblasten der Haut und damit auch Zeichen der Alterung wie Faltenbildung, unregelmäßige Hautfarbe, Lippengröße und Hauterschlaffung.
Diese Mechanismen können auch für die Wundheilung von Bedeutung sein. Führt man Kollagen zu, kann dies die Wundheilung beschleunigen, gestörte Regeneration verbessern und den Angiogenesefaktor CD 31 erhöhen, mit der Folge verbesserter Durchblutung. Kollageninjektionen sind also eher vorteilhaft für die Haut.
Auch Hyaluronsäure wird von Diabetikern in der Regel gut vertragen und Hyaluronsäurezufuhr kann die Wundheilung insbesondere des diabetischen Fußes beschleunigen. Hydroxylapatit als Augmentationsmaterial verursacht bei Diabetikern ebenfalls nicht mehr Probleme als in der Normalbevölkerung. Für beide gilt allerdings, dass die Implantation von Fremdkörpern und multiple Injektionen eine Hautverletzung darstellen und damit das Infektionsrisiko erhöht ist.6
Lipolyseverfahren
Diese Verfahren sollten bei Patienten mit Lipodystrophie und immunologischer Störung und damit auch bei Patienten mit Diabetes Typ 1 nur mit Vorsicht angewendet werden. Die Entfernung von Fett durch Liposuktion kann allerdings nachweislich auch eine positive Wirkung auf die Diabeteserkrankung allgemein zeigen, während für nicht chirurgische Reduktion von Fettgewebe im Rahmen des Bodycontourings bislang keine positive Auswirkung belegt wurde – weder auf den Stoffwechsel noch auf die Neigung zu Diabetes.
Botulinumtoxin
Behandlungen mit Botulinumtoxin werden von Diabetikern nicht schlechter vertragen als von Stoffwechselgesunden. Die Substanz kommt sogar bei diabetischer Gastroparesis und zur Schmerzlinderung bei diabetischer peripherer Neuropathie (DPN) therapeutisch zum Einsatz.6
Chemische Peelings
Die Wirkung chemischer Peelings hängt von der Eindringtiefe ab. Während oberflächliche Peelings (Abb. 1) eine nur gering höhere Risikorate bei Diabetikern zeigen, können tiefe und mitteltiefe Peelings ähnlich wie das Laserresurfacing Risiken für Infektionen bergen, zu gestörter Phagozytose und Chemotaxis führen, die wiederum bakterielle Besiedlungen begünstigen sowie das Risiko verminderter Immunabwehr und reduzierter Durchblutung erhöhen. Insofern ist Diabetes eine relative Kontraindikationen für tiefe chemische Peelings.
Hochintensiver fokussierter Ultraschall (HIFU)
Der HIFU führt zur punktförmiger Koagulation in definierter Gewebetiefe. Es handelt sich um ein nichtinvasives Verfahren, das bei Diabetikern eine Alternative zu plastisch-chirurgischen Eingriffen darstellen kann, wenn der Blutzucker gut eingestellt ist. Diese punktförmige Gewebezerstörung kann sogar eingesetzt werden, um die Nervenleitung langfristig oder vorübergehend zu unterbrechen. Dadurch wird sie zur Blockade sensorischer Nerven im Rahmen der neurologischen Schmerzbehandlung bei Diabetes eingesetzt.
Low-Level-Laser-Therapie (LLLT)
Die LLLT kann ebenfalls eine heilende Wirkung bei der diabetischen Neuropathie haben. In einzelnen Falldarstellungen hatte diese Lichttherapie angeblich auch positiven Einfluss auf den Verlauf des Diabetes selbst, dies ist aber nicht durch verlässliche Studien belegt.
Sonstige Laserbehandlungen
Für die übrigen Laserbehandlungen sind keine wesentliche Komplikationssteigerung bei Diabetikern zu erwarten, solange die Behandlungen nichtinvasiv sind. Dies gilt auch für die Behandlung der diabetischen Retinopathie und die Lasikbehandlung von Fehlsichtigkeit.6
Haarausfall
Eine statistisch signifikante Korrelation wurde beschrieben für die Häufigkeit von androgenetischem Haarausfall und metabolischem Syndrom sowie für Insulinresistenz, als deren Ursache eine Gefäßschädigung durch langfristig erhöhte Zuckerwerte vermutet wird, die die Versorgung der Haarfollikel mit Sauerstoff und Nahrungsstoffen behindert. Diabetes führt grundsätzlich zu häufigeren Autoimmunreaktionen. In diesem Rahmen kommt es auch häufiger zu Alopecia areata (79%; Abb. 2), rheumatoider Arthritis (73%) und Schilddrüsenunterfunktion (69%).
Plastisch-chirurgische Eingriffe
Plastisch-chirurgische Eingriffe sind bei Diabetikern mit erhöhten Risiken verbunden, insbesondere hinsichtlich Infektionen und Störungen der Wundheilung. Das Ausmaß hängt allerdings auch vom Ausmaß des Eingriffes ab: Eine Lidkorrektur lässt bei Weitem geringere Nebenwirkungen erwarten als ein großer abdominaler Eingriff zur Beseitigung großer Fettschürzen.
Verzögerte Wundheilung
Bei Diabetikern kommt es zu einer verlängerten Entzündungsphase im Wundheilungsprozess (Abb. 3). In solchen Wunden produzieren die Makrophagen ein Übermaß an entzündungsfördernden Zytokinen und die entzündungsfördernden Makrophagen werden nicht in entzündungshemmende überführt. Diese Entzündung gilt es prophylaktisch und frühzeitig konsequent zu vermeiden bzw. zu behandeln.
Zusätzlich spielen verschiedene biochemische Prozesse eine Rolle bei der Krankheitsentstehung. So kann es zu Veränderungen in der extrazellulären Matrix kommen, die durch funktionelle Defizite bestimmter Proteine verursacht werden. Hauptverantwortlich dafür ist die nicht-enzymatische Glykation von Proteinen, Lipiden und Nukleinsäuren, die infolge erhöhter Glukosespiegel auftritt. Dieser Prozess führt zur Entstehung fortgeschrittener Glykationsendprodukte („advanced glycation end products“; AGE).
Diese AGE haben nachweislich direkte Auswirkungen auf die biologische Aktivität von Hautzellen. Studien zeigen, dass sie die Lebensfähigkeit und Beweglichkeit von Keratinozyten beeinträchtigen, die Proliferation dermaler Fibroblasten hemmen, deren Apoptose fördern und eine vorzeitige zelluläre Seneszenz auslösen können. Zudem beeinträchtigt die Anhäufung von AGE das elastische Netzwerk der Haut sowie die Mikrozirkulation.7
Hautpflege
Die Hautpflege ist bei Diabetikern von besonderer Bedeutung. Die Haut – beispielsweise zwischen den Zehen oder in intertriginösen Bereichen – muss trocken gehalten werden. Keime, insbesondere Hefepilze, sind zu vermeiden. Durch eine Lipolotion mit Wirkstoffen wie Urea oder Silberionen, die für Mikroorganismen toxisch sind, sollte die Hautbarriere stabilisiert werden.
Fazit
Zusammengefasst lässt sich feststellen, dass Diabetes eine sehr häufige Erkrankung ist und einer von fünf ästhetischen Patienten, insbesondere der älteren Population, betroffen sein kann. In vielen Fällen wird der Diabetes aber nicht ausreichend erfragt und beachtet.
Bestimmte Erscheinungen an der Haut können erste Zeichen von Diabetes sein und damit Anlass zur Diagnose geben, wenn sie im Rahmen einer Untersuchung auffallen. Diabetes führt andererseits aber auch zu Problemen der Haut und steigert die Nebenwirkungen und Komplikationen, allen voran Infektionen, verminderte Durchblutung und Wundheilungsstörungen. Darüber hinaus ist eine sichtbare Verstärkung der Hautalterung unter Diabetes belegt. Einzelne Behandlungsmaßnahmen wie Botulinumtoxin, Kollagen oder Hyaluronsäure, die eigentlich für ästhetische Zielsetzungen eingesetzt werden, können bei diabetischen Komplikationen, insbesondere Nervenstörungen, Schmerz und Dermopathie, erfolgreich angewendet werden.
Quelle:
Dieses Manuskript beruht auf einem Vortrag beim IMCAS World Congress 2025, Paris, von Prof. Dr Klaus Fritz6
Literatur:
1 Augustin M: Importance of diabetes and skin-related conditions in health care: social and economic impact. In: Fritz K, Tiplica GS (eds): Cutaneous manifestations in diabetes. Cham: Springer, 2024 2 Duff M et al.: Cutaneous manifestations of diabetes mellitus. Clin Diabetes 2015; 33(1): 40-8 3 Relhan V, Dabas G: Cutaneous manifestations of diabetes. In: Singh R, Sharma N (eds): A guide to hormonal dermatology. Springer 2024, Singapore 4 Staubach P, Staubach C: Metabolism and pathophysiology of diabetes and skin involvement. In: Fritz K, Tiplica GS (eds): Cutaneous manifestations in diabetes. Cham: Springer, 2024 5 Makrantonaki E, Zouboulis CC: Cutaneous bacterial infections in diabetes and treatment. In: Fritz K, Tiplica GS (eds): Cutaneous manifestations in diabetes. Cham: Springer, 2024 6 Fritz K et al.: Einfluss von Diabetes auf ästhetische Eingriffe. Die Dermatologie 2025; 1 7 Tiplica GS et al.: Diabetes-related foot disease. In: Fritz K, Tiplica GS (eds): Cutaneous manifestations in diabetes. Cham: Springer, 2024
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