© Getty Images

Chronische myeloische Leukämie (CML)

Weiter vorwärts in der CML-Therapie

<p class="article-intro">Auf dem diesjährigen Jahreskongress der American Society of Hematology (ASH) gab es wieder zahlreiche spannende Präsentationen zur CML. Von ASTIM-Register-Daten zu „Therapie-freier“ Zeit mit einem Beobachtungszeitraum von bis zu 15 Jahren bis zu neuen Inhibitoren der BCR-ABL-Tyrosinkinase war alles dabei. Aber lesen Sie selbst!</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Dieses Jahr wurden Daten aus dem franz&ouml;sischen &bdquo;ASTIM Registry&ldquo; mit einer Beobachtungszeit bis 15 Jahre (Median 6,5 Jahre) pr&auml;sentiert. In dieses Register wurden Patienten mit CML in chronischer Phase (CP) eingeschlossen, bei denen der Tyrosinkinaseinhibitor (TKI) geplant abgesetzt wurde, wenn diese Patienten zuvor eine molekulare Remission MR<sup>4</sup> oder tiefer erzielt hatten. Die behandlungsfreie Remission (TFR) war definiert bis zu einem Verlust eines &bdquo;Breakpoint cluster region&ldquo;-&bdquo;Abelson leukemia virus&ldquo;(BCR-ABL)-International-Scale(IS)-Wertes von &gt;0,1 % (Verlust einer &bdquo;major molecular remission&ldquo;, MMR bzw. MR<sup>3</sup>). Dieses Register wurde ASTIM genannt und steht f&uuml;r &bdquo;according to STIM&ldquo;. STIM (&bdquo;stop imatinib&ldquo;) war die erste erfolgreiche Absetzstudie aus Frankreich.<br /> Die Dauer der CML vor dem Absetzen betrug im ASTIM-Register im Median 7,6 Jahre, die Dauer der TKI-Behandlung im Median 7,1 Jahre. Im Gegensatz zur klassischen STIM-Studie hatten im Register nur 61 % der Patienten eine alleinige Imatinib-Vortherapie, die &uuml;brigen Patienten hatten entweder einen Zweitgenerations(2nd-G)-TKI nach Imatinib (28 % ) bzw. einen 2nd-G-TKI in der Erstlinie (11 % ). Erw&auml;hnenswert ist zudem, dass bei 30 % der Patienten auch eine vorangehende Phase einer Interferontherapie bestanden hat. Die mediane Dauer einer MR<sup>4</sup> vor dem Absetzen betrug vier Jahre, die Dauer einer MR<sup>4,5</sup> betrug 2,9 Jahre. Nach einem medianen Follow-up von 6,5 Jahren waren 45,7 % weiterhin in einer TFR. In einer multivariaten Analyse zeigten sich die Dauer der TKI-Behandlung und die Dauer der MR<sup>4</sup> vor dem Absetzen als entscheidende Faktoren f&uuml;r eine erfolgreiche TFR. Nicht signifikant waren Sokal-Score, Imatinib vs. 2<sup>nd</sup>-G-TKI oder eine Interferonvorbehandlung. In einer Landmarkanalyse zeigte sich, dass Patienten, die zwei Jahre in TFR waren, zu 82 % weiterhin behandlungsfrei blieben. Patienten mit einer stabilen molekularen Remission haben dabei eine wesentlich h&ouml;here Wahrscheinlichkeit (96,5 % ), behandlungsfrei zu bleiben, als Patienten mit einer sogenannten unstabilen MR. Diese unstabilen MR waren definiert als Verlust einer MR<sup>4,5</sup> nach zwei Jahren an zwei konsekutiven Messpunkten oder der einmalige Verlust einer MR<sup>4</sup>. Bei unstabiler molekularer Remission betr&auml;gt die Wahrscheinlichkeit einer weiterbestehenden TFR 67 % .<br /> Eine britische Arbeitsgruppe besch&auml;ftigte sich mit der Entwicklung eines pr&auml;diktiven Scores hinsichtlich einer erfolgreichen TFR. Insgesamt wurden daf&uuml;r in einem Trainingsset 118 Patienten aus dem Hammersmith Hospital in London retrospektiv analysiert und anschlie&szlig;end in einer externen Validierungskohorte getestet. Bei all diesen Patienten bestand ein Minimum einer TKI-Behandlung von drei Jahren, das Absetzen des TKIs erfolgte nach best&auml;tigter MR<sup>4</sup> oder darunter. Ausgeschlossen wurden Patienten in akzelerierter Phase (AP), in Blastenkrise (BC) oder nach vorangegangener Stammzelltransplantation. Auch hier zeigten sich die Dauer der MR<sup>4</sup>, aber auch das Nichtbestehen einer TKI-Resistenz, ein Alter &gt;40 Jahre und der Transkripttyp in einer multivariaten Analyse als Faktoren, welche mit einer h&ouml;heren Wahrscheinlichkeit f&uuml;r eine erfolgreiche TFR assoziiert waren. Mittels einer komplexen Formel wurden diese Faktoren in einen TFR-prognostischen Score (TPS) umgewandelt und dabei drei Gruppen ermittelt, die einem guten, intermedi&auml;ren oder einem schlechten Scorewert entsprechen.<br />Die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen TKI-Beendigung betr&auml;gt in der Validierungsgruppe bei gutem Score 76 % , in der intermedi&auml;ren Gruppe 66 % und in der schlechten Risikogruppe lediglich 32 % . Diese Studie best&auml;tigt somit neuerlich die Bedeutung der Dauer einer vorbestehenden MR<sup>4</sup> f&uuml;r einen erfolgreichen Absetzversuch. H&ouml;heres Alter bei Diagnosestellung und der BCR-ABL-Transkripttyp als Pr&auml;diktoren einer erfolgreichen behandlungsfreien Remission m&uuml;ssen erst in weiteren Analysen best&auml;tigt werden. Eine wichtige Erkenntnis dieser Analyse war auch, dass Patienten mit einem Verlust einer MR<sup>4</sup> in &uuml;berwiegender Mehrheit in weiterer Folge auch eine MR<sup>3</sup> verlieren. Sollten sich diese Daten best&auml;tigen, k&ouml;nnte dies bedeuten, dass bereits nach einem MR<sup>4</sup>-Verlust mit der Wiederaufnahme einer TKI-Therapie begonnen werden sollte.</p> <h2>PEG-INF-&alpha; zu Nilotinib in der Erstlinie</h2> <p>Was bringt die zus&auml;tzliche Gabe von pegyliertem Interferon alpha (PEG-INF-&alpha;) zur 2<sup>nd</sup>-G-TKI-Therapie mit Nilotinib in der Erstlinie? Dieser Frage sind sowohl die deutsche TIGER-Studie als auch die franz&ouml;sische PETALs-Studie nachgegangen. Beide Studien testeten Nilotinib in einer Dosierung von 2 x 300 mg t&auml;glich vs. Nilotinib und die zus&auml;tzliche Gabe von peg-INF-&alpha;. Das Ziel beider Studien war, die Erstlinientherapie durch die zus&auml;tzliche Gabe von PEG-INF zu optimieren, um dadurch mehr Patienten in eine TFR zu bringen. Die TIGER-Studie testet zudem, ob im Kombinationsarm (Nilotinib plus PEG-INF) nach Erreichen einer stabilen MR<sup>3</sup> Nilotinib beendet und eine alleinige PEG-INF-Erhaltungstherapie durchgef&uuml;hrt werden kann. Die bisher zur Verf&uuml;gung stehenden Daten zeigen ein in beiden Studien rascheres Erreichen einer MR<sup>3</sup>, MR<sup>4</sup> und MR<sup>4,5</sup> unter der Kombinationstherapie von Nilotinib plus PEG-INF. In der PETALs-Studie war der prim&auml;re Endpunkt (das Erreichen einer MR<sup>4,5</sup> nach zw&ouml;lf Monaten) signifikant besser im Kombinationsarm mit 24,2 % im Vergleich zum Nilotinib-Mono-Arm (15,2 % ). Die Rate an stabiler MR<sup>4</sup> oder stabiler MR<sup>4,5</sup> war jedoch insgesamt nicht unterschiedlich. Durch die Zugabe von PEG-INF kommt es zu h&ouml;heren h&auml;matologischen Toxizit&auml;ten (Verdoppelung der Zahl der Grad-3/4-Adverse-Events) wie auch zum Auftreten von immunvermittelten Toxizit&auml;ten wie autoimmunh&auml;molytischen An&auml;mien, idiopathischen Thrombozytopenien oder Autoimmunthyreoiditiden von 5 % (Grad 3/4).<br /> Aufgrund dieser pr&auml;limin&auml;ren Ergebnisse sollte die Kombination von Nilotinib plus PEG-INF in der Erstlinie au&szlig;erhalb von klinischen Studien derzeit noch nicht eingesetzt werden.</p> <h2>Neue BCR-ABL-Inhibitoren</h2> <p>Eine chinesische Arbeitsgruppe stellte ein Update einer Phase-I-Studie eines 3rd- G-TKI von BCR-ABL (HQP1351) vor. Hier handelt es sich um einen Multikinase-Inhibitor, welcher auch T315I-Mutationen abdeckt. Die mediane Zeit von der Diagnosestellung bis zum Einsatz von HQP1351 in der CP und AP betrug sechs Jahre. 80 % der Patienten hatten &ge;2 vorangegangene TKI-Therapien. Diese beinhalteten Imatinib, Nilotinib oder Dasatinib in verschiedenen Kombinationen. 77 der insgesamt 101 behandelten Patienten hatten Mutationen, der gr&ouml;&szlig;te Teil davon (n=63) eine T315I-Mutation. Bei dieser stark vorbehandelten Patientengruppe erzielten 61 % eine komplette zytogenetische Remission (CCR) und 37 % eine MMR in der CP. In der AP erzielten 36 % der Patienten eine CCR und 36 % eine MMR. In der Kohorte der Patienten mit &ge;30 mg HQP1351 t&auml;glich waren die erzielten Remissionen in der CP weitgehend dauerhaft (Weiterbestehen der CCR nach 12 Monaten 90 % , MMR 91 % ).<br /> Die Substanz wird gut toleriert, die maximal tolerable Dosis ist 50 mg, die empfohlene Dosis f&uuml;r die Phase-II-Studie betr&auml;gt 40 mg einmal t&auml;glich. Die h&auml;ufigsten Nebenwirkungen waren Grad-3/4-Thrombozytopenien, eine Grad-1-Hypertriglyzerid&auml;mie und eine Hautpigmentierung.<br /> Ein Update gab es auch bez&uuml;glich PF-114, eines neuen 4<sup>th</sup>-G-TKI von BCR-ABL. Es handelt sich dabei um ein strukturelles Analog zu Ponatinib, wobei PF-114 so designt ist, dass zahlreiche sogenannte &bdquo;Offtarget&ldquo;-Kinasen inhibiert werden, um potenzielle lebensbedrohliche Nebenwirkungen von Ponatinib zu vermeiden. Ein Update der Phase-I-Studie mit nunmehr 51 Patienten zeigt eine gute Effektivit&auml;t, bei 300 mg pro Tag erreichten sechs von elf Patienten eine &bdquo;major&ldquo; zytogenetische Remission (MCR), 4 davon eine MMR. Erfreulich ist, dass unter den 51 behandelten Patienten bislang keine vaskul&auml;r-okklusiven Ereignisse beobachtet werden konnten.</p> <h2>10-Jahres-Update zur ENESTnd-Studie</h2> <p>In der ENESTnd-Studie wurde der 2<sup>nd</sup>-G-TKI Nilotinib mit Imatinib in der Erstlinientherapie verglichen. Bekannterma&szlig;en f&uuml;hrt Nilotinib nach f&uuml;nf Jahren zu h&ouml;heren Raten an tiefen MR (kumulative Rate an MR<sup>4,5</sup> in 55 % in der mittlerweile f&uuml;r die Erstlinientherapie zugelassenen Dosierung von 300 mg zweimal t&auml;glich). Im Gegensatz dazu erreicht man unter Imatinib 400 mg einmal t&auml;glich nur in 35 % der F&auml;lle kumulativ eine MR<sup>4,5</sup>.<br /> Im 10-Jahres-Update zeigt sich, dass sich bez&uuml;glich dieses Unterschiedes keine gro&szlig;e Ver&auml;nderung ergab. Nach zehn Jahren erreichten 64 % der Patienten unter Nilotinib 300 mg zweimal t&auml;glich kumulativ eine MR<sup>4,5</sup>, unter Imatinib 45 % . Trotz dieser h&ouml;heren Effektivit&auml;t mit auch weniger Progressionen in der AP oder BC (im Zeitraum ab 5 Jahren eine Progression unter Nilotinib 300 mg zweimal t&auml;glich vs. f&uuml;nf Progressionen unter Imatinib) zeigt sich in Summe ein identes Gesamt&uuml;berleben (OS) mit 87,6 % f&uuml;r Nilotinib zweimal 300 mg und 88,3 % f&uuml;r Imatinib. Erw&auml;hnenswert ist, dass kardiovaskul&auml;re Ereignisse auch im Zeitraum &gt;5 Jahre im Nilotinib- Arm mit 10,4 % deutlich h&ouml;her sind als im Imatinib-Arm (2,5 % ).</p> <h2>Einschleichende Dosierung von Bosutinib bei &auml;lteren Patienten</h2> <p>Da der gr&ouml;&szlig;ere Teil an Patienten mit CML &ge;60 Jahre alt ist, hat eine italienische Arbeitsgruppe Bosutinib in einschleichender Dosierung im Zweitliniensetting getestet. Gestartet wurde mit 200 mg t&auml;glich, nach zwei Wochen wurde auf 300 mg gesteigert. Nach drei Monaten wurde in Abh&auml;ngigkeit vom Ansprechen (bei Transkript &le;1 % Beibehalten der 300-mg-Dosierung vs. Transkript &gt;1 % Dosiserh&ouml;hung auf 400 mg einmal t&auml;glich) die 300-mg-Dosierung beibehalten bzw. auf 400 mg erh&ouml;ht. Nach einem Jahr Beobachtungszeit erzielten dabei 65 % der Patienten eine MR<sup>3</sup> bzw. kam es bei 67 % der Patienten zu einer molekularen Verbesserung der BCR-ABL-Transkripte von &ge;1-log. 70 % der Patienten konnten mit 300 mg behandelt werden, die Nebenwirkungen von Bosutinib waren dabei akzeptabel (Diarrh&ouml;-Rate Grad 2 und Grad 3 mit 8 % , &Uuml;belkeit und Erbrechen maximal Grad 2 bei 6 % , Bauchschmerzen maximal Grad 2 bei 6 % ).</p> <h2>Therapieoption in der BC: FLAG-Ida plus Ponatinib</h2> <p>Bekannterma&szlig;en betrug das &Uuml;berleben vor dem Einsatz von TKIs in der CML BC fr&uuml;her nur wenige Monate. Seit Einf&uuml;hrung von Imatinib konnte das mediane &Uuml;berleben auf circa neun Monate verbessert werden, Langzeit&uuml;berleben ist jedoch i. d. R. nur m&ouml;glich, wenn diese Patienten im Anschluss an eine Induktionstherapie einer allogenen Stammzelltransplantation zugef&uuml;hrt werden k&ouml;nnen. Erfreulicherweise ist die CML BC in der TKI-&Auml;ra selten geworden, deshalb sind auch die Berichte &uuml;ber die Behandlung in der BC oft auf wenige Patienten beschr&auml;nkt.<br /> Die MATCHPOINT-Studie testete 17 Patienten in der Kombination FLAG-Ida (Idarubicin, Fludarabin, hoch dosiertes Cytarabin und &bdquo;granulocyte-colony stimulating factor&ldquo; [G-CSF]) plus Ponatinib. Unter diesem Schema erreichten 11 von 16 auswertbaren Patienten ein klinisches Ansprechen, drei Patienten eine komplette h&auml;matologische Remission und zehn Patienten eine zytogenetische Remission (eine &bdquo;minor&ldquo; zytogenetische Remission, neun MCR, 7 davon eine CCR). Das Ein-Jahres-OS betr&auml;gt 47 % . Es wurde berichtet, dass FLAG-Ida plus Ponatinib 30 mg eine tolerable Kombination in der BC darstellt. Neun Patienten konnten einer allogenen Stammzelltransplantation zugef&uuml;hrt werden. Auch nach Transplantation wurde Ponatinib gut toleriert.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p>beim Verfasser</p> </div> </p>
Back to top