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Vielversprechende Kombinationen könnten Behandlungsalltag verändern
Leading Opinions
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08.03.2018
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<p class="article-intro">Mit dem wachsenden pathologischen Verständnis von Tumorentitäten ist auch der Behandlungsalltag ständigen Änderungen unterworfen. An den Fachkonferenzen wird der Weg mit den Präsentationen erster Studienergebnisse gewiesen. So wurde an der Jahrestagung der American Society of Hematology (ASH) für die Therapie der chronischen lymphatischen Leukämie (CLL) der Weg in Richtung chemotherapiefreier Kombinationstherapien aufgezeigt.</p>
<hr />
<p class="article-content"><h2>Überlegenheit von Venetoclax-R gegenüber Bendamustin-R</h2> <p>Der B-Zell-Lymphom-2(Bcl-2)-Inhibitor Venetoclax ist als Monotherapie bei CLLPatienten indiziert, bei denen eine 17p- Deletion oder eine TP53-Mutation vorliegt und eine Behandlung mit einem Inhibitor des B-Zell-Rezeptor-Signalwegs versagt hat, sowie bei Patienten, die keine der genannten genetischen Aberrationen aufweisen, bei denen aber sowohl eine Chemoimmuntherapie als auch ein B-Zell- Rezeptor-Signalweg-Inhibitor versagt haben. Eine der wichtigsten Studien beim ASH-Kongress, die als Late-Breaking Abstract #2 präsentiert wurde, verglich die Kombination von Venetoclax mit Rituximab (VenR) gegen den Standard Bendamustin plus Rituximab (BR).<sup>1</sup> MURANO, eine randomisierte Phase-III-Studie, schloss 389 Patienten mit refraktärer oder rezidivierter CLL ein und zeigte die Überlegenheit des Venetoclax-haltigen Regimes.<br /> Die Studienteilnehmer erhielten randomisiert Venetoclax für 5 Wochen gefolgt von Venetoclax plus Rituximab oder Bendamustin plus Rituximab. 93 % der Patienten unter VenR versus 68 % im BRArm erhielten die vollen 6 Therapiezyklen. Im VenR-Arm wurden die Patienten zudem über weitere im Median 22,1 Monate mit Venetoclax behandelt. Mit einer medianen Nachbeobachtungszeit von 23,8 Monaten hatten 16,5 % der Patienten unter VenR und 58,5 % der Patienten unter BR ein PFS(progressionsfreies Überleben)- Ereignis erlitten. Das mediane PFS war im VenR-Arm noch nicht erreicht, während es im BR-Arm 17 Monate betrug. Nach einem Jahr lebten 92,7 % versus 72,5 % der Patienten progressionsfrei und nach zwei Jahren 84,9 % versus 36,3 % (HR: 0,17). In einer Subgruppenanalyse wurde der PFSVorteil im Venetoclax-Arm für alle untersuchten Patientengruppen bestätigt. Der PFS-Vorteil übertrug sich auf das Gesamtüberleben (OS), welches klinisch relevant unter VenR gegenüber BR verlängert war (HR: 0,48; p=0,0186). Ein Ansprechen wurde bei 93,3 % versus 67,7 % der Patienten beobachtet, komplette Remissionen bei 26,8 % versus 8,2 % der Patienten. Eine anhaltende MRD(minimale Resterkrankung)- Negativität wurde häufiger im VenR-Arm erreicht (Abb. 1). Die Rate klinisch relevanter Nebenwirkungen war mit 46 % unter VenR und 43 % unter BR vergleichbar. Letale Nebenwirkungen traten bei 10 versus 11 Patienten auf.</p> <h2>Effektive Kombination von BTK- und Bcl-2-Inhibition</h2> <p>Der Bruton-Tyrosinkinase(BTK)-Inhibitor Ibrutinib wird bereits als Monotherapie für die Behandlung von therapienaiven und rezidivierten CLL-Patienten eingesetzt. In der CLARITY-Studie wurden die Sicherheit und Wirksamkeit von Ibrutinib in Kombination mit Venetoclax bei Patienten mit rezidivierter oder refraktärer CLL geprüft.<sup>2</sup> Primärer Endpunkt der Studie war die MRD-Negativität im Knochenmark nach 12 Therapiemonaten.<br /> 50 Patienten erhielten für 8 Wochen Ibrutinib (420mg/d) gefolgt von der Kombination aus Venetoclax (eskaliert bis 400mg) und Ibrutinib. Die Nebenwirkungen waren, mit Ausnahme von gastrointestinalen Störungen und Neutropenien, in der Regel niedriggradig und konnten erfolgreich kontrolliert werden. Ein Patient wies laut Laborwerten ein Tumorlysesyndrom auf.<br /> Im Verlauf der Behandlung konnte ein Rückgang der MRD beobachtet werden. Bei 46 Patienten, die wenigstens 8 Wochen Ibrutinib plus Venetoclax erhalten hatten, verringerte sich die MRD im peripheren Blut von 43,5x 10<sup>9</sup>/l an Tag 0 auf 0,019x 10<sup>9</sup>/l nach 4 Monaten. Ein Ansprechen zeigten alle 38 Patienten, die bei der Auswertung bereits mindestens 6 Monate Ibrutinib und Venetoclax erhalten hatten (CR: 39 % , CRi: 8 % , PR: 53 % ). 32 % dieser Patienten zeigten MRD-Negativität im Knochenmark. Die Kombination Ibrutinib plus Venetoclax wurde aufgrund der vielversprechenden Ergebnisse als ein weiterer Studienarm in die modifizierte Phase- III-Studie NCRI FLAIR für die Erstlinienbehandlung der CLL aufgenommen.<br /> Eine weitere Phase-II-Studie untersucht die kombinierte Therapie mit Venetoclax und Ibrutinib bei bisher unbehandelter Hochrisiko-CLL und rezidivierter/refraktärer Erkrankung.<sup>3</sup> 116 Patienten starteten die Therapie. Mit einer medianen Nachbeobachtungszeit von 11,8 Monaten wurden die Ergebnisse derjenigen Patienten präsentiert, die bereits länger als 3 Monate unter Studienmedikation waren, d.h. nach 3 Monaten Ibrutinib-Monotherapie die erste kombinierte Therapie erhielten. 7 Patienten brachen die Ibrutinib- Monotherapie ab, 70 Patienten begannen mit Venetoclax, davon waren 36 Patienten im Erstlinien- und 34 im rezidivierten Setting.<br /> Alle Patienten im therapienaiven Setting sprachen auf die Therapie an, wobei sich die Remissionen im Verlauf der Studie vertieften (Abb. 2). Nach 9 Monaten waren 80 % der 10 auswertbaren Patienten MRD-negativ, nach 12 Monaten 100 % der 3 auswertbaren Patienten. Auch in der rezidivierten Situation wurde unter der kombinierten Therapie ein Ansprechen bei allen Patienten gesehen. Auch in diesem Kollektiv vertieften sich die Remissionen im Verlauf der Therapie, mit 80 % Komplettremissionen und 40 % MRD-Negativität nach 12 Monaten. An Nebenwirkungen von besonderem Interesse traten Infektionen bei 14 % der Patienten auf, hauptsächlich während der Ibrutinib-Monotherapie. Vorhofflimmern wurde bei 13 % der Patienten beobachtet und Neutropenie von Grad 3/4 bei 44 % der Patienten, vorwiegend unter Kombinationstherapie. Bis auf einen Patienten der therapienaiven Kohorte, der nur einen Tag Ibrutinib erhielt und an einer ZNS-Infektion starb, sind alle Studienteilnehmer am Leben.</p> <h2>Schnelleres Ansprechen durch Rituximab</h2> <p>Die zusätzliche Gabe von Rituximab zu Ibrutinib könnte laut In-vitro-Studien einen negativen Effekt auf die Zytotoxizität des CD20-Antikörpers haben. In Phase-IIStudien mit Ibrutinib plus Rituximab wurden andererseits hohe Ansprechraten erreicht, die den In-vitro-Daten widersprechen. In einer Studie des MD Anderson Cancer Center wurde daher die Therapie mit Ibrutinib versus Ibrutinib plus Rituximab bei 206 CLL-Patienten bezüglich des 2-Jahres-PFS als primärer Endpunkt untersucht.<sup>4</sup><br /> 179 der in die Studie eingeschlossenen Patienten waren in der rezidivierten/refraktären Situation und 27 Patienten waren therapienaiv mit 17p-Deletion oder TP53-Mutation. Obwohl keine Verlängerung von PFS oder OS durch die zusätzliche Gabe von Rituximab erreicht wurde, kam es unter der Kombination schneller zu einer Normalisierung der absoluten Lymphozytenzahl (ALC) und zu geringeren MRD-Spiegeln. Die Monotherapie mit Ibrutinib bleibe der Standard in der Behandlung der CLL, resümierten die Autoren, die zusätzliche Gabe von Anti-CD20- Antikörpern könne aber bei Patienten erwogen werden, die von einem schnelleren Ansprechen profitieren.</p> <h2>Venetoclax plus Obinutuzumab mit hohen Ansprechraten</h2> <p>Eine weitere chemotherapiefreie Kombination mit CD20-Antikörper, Venetoclax plus Obinutuzumab, wird in der Phase-Ib-Studie GP28331 bei Patienten in der rezidivierten und in der therapienaiven Situation untersucht.<sup>5</sup> In der Erstliniensituation schloss die GP28331-Studie pro Setting jeweils 6 Patienten in zwei Schedules zur Venetoclax-Dosisfindung ein sowie 20 Patienten in die Sicherheitsexpansionsphase der Studie. Primäres Studienziel war die Erfassung der maximal tolerierbaren Dosierung von Venetoclax in Kombination mit Obinutuzumab und der Sicherheit der Kombination.<br /> Alle Patienten sprachen auf die kombinierte Therapie an und in allen zytogenetischen Subgruppen lagen die Raten an Komplettremissionen bei 60–100 % . Ebenfalls bei allen Patienten wurde zu irgendeinem Zeitpunkt im Verlauf der Studie MRD-Negativität im peripheren Blut sowie bei 75 % im Knochenmark beobachtet. Mit einer medianen Nachbeobachtungszeit von 18,5 Monaten war das mediane PFS noch nicht erreicht. Nach 12 Monaten waren 100 % , nach 15 Monaten 93,8 % und nach 18 Monaten 90,5 % der Studienteilnehmer ohne Progress.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Leading Opinions_Onko_1801_Weblinks_lo_onko_1801_s31_abb1+2.jpg" alt="" width="1463" height="1809" /></p></p>
<p class="article-quelle">Quelle: 59th Annual Meeting & Exposition der American Society of
Hematology (ASH), 9.–12. Dezember 2017, Atlanta
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<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
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<p><strong>1</strong> Seymour JF et al.: Venetoclax plus rituximab is superior to bendamustin plus rituximab in patients with relapsed/ refractory CLL – results from pre-planned interim analysis of the randomized phase 3 Murano study. ASH 2017; Abstr. #LBA-2 <strong>2</strong> Hillmen P et al.: Initial results of ibrutinib plus venetoclax in relapsed, refractory CLL: high rates of overall response, complete remission and MRD eradication after 6 months of combination therapy. ASH 2017; Abstr. #428 <strong>3</strong> Jain N et al.: Combined venetoclax and ibrutinib for patients with previously untreated high-risk CLL, and relapsed/refractory CLL: a phase II trial. ASH 2017; Abstr. #429 <strong>4</strong> Burger J et al.: Randomized trial of ibrutinib versus ibrutinib plus rituximab in patients with CLL. ASH 2017; Abstr. #427 <strong>5</strong> Flinn I et al.: Safety, efficacy and MRD negativity of a combination of venetoclax and obinutuzumab in patients with previously untreated CLL – results from a phase 1b study. ASH 2017; Abstr. #430</p>
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