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Update zu SCLC-Studien vom ASCO 2019
Jatros
Autor:
Priv.-Doz. OA Dr. Gudrun Absenger
Klinische Abteilung für Onkologie<br> Universitätsklinik für Innere Medizin<br> Medizinische Universität Graz<br> E-Mail: gudrun.absenger@medunigraz.at
30
Min. Lesezeit
12.09.2019
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<p class="article-intro">Die Erstlinientherapie beim SCLC im Stadium „extensive disease“ (SCLC-ED) kann seit der World Conference on Lung Cancer (WCLC) 2018 in Toronto als Kombination von Immuntherapie und Chemotherapie angeboten werden. Am diesjährigen ASCO wurden vor allem Studiendaten von Zweitlinientherapien präsentiert. Dieser Bericht bietet einen Überblick über die wichtigsten Studien.</p>
<p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Das kleinzellige Lungenkarzinom stellt uns als Behandler weiterhin vor große Herausforderungen.</li> <li>Auch die am diesjährigen ASCO präsentierten Daten brachten wenig neue Behandlungsoptionen.</li> <li>Ein vorsichtiger Lichtblick ist die Chemotherapie mit Lurbinectedin, die in der Zweitlinie vor allem bei platinsensitiven Patienten sehr positive Daten zeigte.</li> </ul> </div> <h2>Erstlinienbehandlung mit Immun- und Chemotherapie</h2> <p>Die Daten der an der WCLC präsentierten IMpower-133-Studie zeigen einen Vorteil für den PD-L1-Inhibitor Atezolizumab plus Platin/Etoposid im Vergleich zu alleiniger Chemotherapie. Nach einem medianen Follow-up von 13,9 Monaten führte die Kombination aus PD-L1-Hemmer und Chemotherapie zu einer Verlängerung des Gesamtüberlebens von 10,3 auf 12,3 Monate (HR: 0,70; p=0,0069) und einer EinjahresÜberlebensrate von 51,7 % versus 38,2 % . Das progressionsfreie Überleben (PFS) war 5,2 versus 4,3 Monate (HR: 0,77; 95 % CI: 0,62–0,96; p=0,02).<sup>1</sup></p> <h2>Zweitlinientherapie mit Lurbinectedin</h2> <p>Am diesjährigen ASCO in Chicago gab es vor allem Daten für die Zweitlinientherapie nach Versagen der Erstlinien-Platinkombination. Die wichtigste Studie untersuchte die Chemotherapie mit Lurbinectedin. Der Transkriptionshemmer Lurbinectedin hemmt die RNA-Polymerase II und induziert damit Doppelstrangbrüche. In der von Luis Paz-Ares präsentierten Phase-II-Studie erhielten Patienten mit SCLC, die zumindest eine Chemotherapie, jedoch keine Immuntherapie erhalten hatten, Lurbinectedin 3,2 mg/m<sup>2</sup> alle 3 Wochen. Insgesamt wurden 105 Patientinnen in 39 Studienzentren rekrutiert. Die Responserate (ORR) unter Lurbinectedin war 35,2 % . In den Subgruppen wurde zwischen chemosensitiven (chemotherapiefreies Intervall, CTFI ≥90 Tage) und chemoresistenten (CTFI Die Nebenwirkungen unter Lurbinectedin waren v. a. Hämatotoxizität mit 22,9 % Grad-3–4-Neutropenien, weiters Thrombopenien und Anämie.<br /> Die Wirksamkeit von Lurbinectedin bewegt sich in dieser Studie in etwa in dem Bereich von Topotecan in der Zweitlinie, wenngleich die Rate an Hämatotoxizität etwas günstiger ist.<sup>2</sup><br /> Eine Phase-III-Studie mit dieser Substanz wird derzeit gerade durchgeführt: Die ATLANTIS-Studie untersucht die Kombination von Lurbinectedin und Doxorubicin im Vergleich mit Topotecan in der Zweitlinie. Patienten mussten in dieser Studie in der Erstlinie eine platinhältige Chemotherapie erhalten haben und darunter ein CTFI von >30 Tagen erreichen.<sup>3</sup> Wie sich die neue Erstlinientherapie mit dem Immuncheckpoint-Hemmer Atezolizumab in dieses Konzept einfügt, bleibt offen.</p> <h2>Überwindung der Hämatotoxizität von Topotecan</h2> <p>Die bereits oben erwähnte Hämatotoxizität von Topotecan war auch Thema der ebenfalls am ASCO 2019 präsentierten G1T28-03-Studie. Die Hypothese: Der CDK4/6-Hemmer Trilaciclib soll bei einer Chemotherapie mit Topotecan die hämatotoxischen Nebenwirkungen dadurch reduzieren, dass Trilaciclib zu einem passageren Zellzyklusarrest der hämatopoetischen Stammzelle führt. In der von Lowel Hart präsentierten Studie erhielten die Patienten Topotecan in der bekannten Dosierung 1,5 mg/m<sup>2</sup> an Tag 1–5 entweder in Kombination mit Trilaciclib, ebenfalls an Tag 1–5, oder mit Placebo. Die primären Endpunkte der Studie, Reduktion der Dauer der Neutropenie im ersten Zyklus bzw. Reduktion der Gesamtdauer der Neutropenie, konnten erreicht werden. Mit Trilaciclib hatten 40,6 % der Patienten eine schwere Neutropenie gegenüber 75,9 % im Placeboarm. Insgesamt waren dadurch weniger Dosisreduktionen notwendig (18,8 % vs. 32,1 % ) und die Therapie konnte länger verabreicht werden. Eine negative Auswirkung auf das Gesamtüberleben war nicht gegeben.<sup>4</sup></p> <h2>Immuntherapie beim SCLC: nur Posterpräsentationen</h2> <p>Bezüglich Immuntherapie mit Checkpoint- Hemmern gab es am ASCO 2019 wenig neue Daten. Eine in einer Posterpräsentation vorgestellte Studie untersuchte Durvalumab und Tremelimumab mit oder ohne stereotaktische Bestrahlung (SBRT) beim SCLC in der Zweitlinie. Bei sehr kleinen Fallzahlen (8 vs. 7 Patienten) konnte kein Unterschied gezeigt werden, die Einjahresüberlebensrate war im reinen Durvalumab/Tremelimumab-Arm 29,2 % und im Arm mit der zusätzlichen SBRT 28,6 % . Die Autoren schlossen damit, dass dieser Ansatz nicht weiter untersucht wird.<sup>5</sup><br /> Rova-T (Rovalpituzumab tesirine), ein Antikörper-Wirkstoff-Konjugat, wird derzeit beim SCLC in mehreren Linien untersucht. Rova-T bindet an den NOTCH-Liganden DLL3 (Delta-like-Protein 3), der beim SCLC hohe Expressionen zeigt. Eine von Malhotra et al. am ASCO 2019 als Poster präsentierte Arbeit untersuchte die Kombination der Checkpoint-Hemmer Nivolumab bzw. Nivolumab plus Ipilimumab mit Rova-T. Auch hier wurden nur wenige Patienten behandelt und die Kombination führte in beiden Armen zu dosislimitierenden Toxizitäten (DLT). Vor allem die Rate an Pleura- und Perikardergüssen sowie Ödemen war sehr hoch, sodass auch hier die Schlussfolgerung der Studienautoren war, dass diese Kombination nicht geeignet ist.<sup>6</sup></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Onko_1905_Weblinks_jat_onko_1905_s68_abb1_absenger.jpg" alt="" width="800" height="342" /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Onko_1905_Weblinks_jat_onko_1905_s69_abb2_absenger.jpg" alt="" width="800" height="342" /></p></p>
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<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
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<p><strong>1</strong> Horn L et al.: First-line atezolizumab plus chemotherapy in extensive stage small-cell lung cancer. N Engl J Med 2008; 379(23): 2220-9 <strong>2</strong> Paz-Ares L et al.: Efficacy and safety profile of lurbinectedin in second-line SCLC patients: results from a phase II single-agent trial. J Clin Oncol 2019; 37(Suppl; Abstr 8506) <strong>3</strong> Farago AF et al.: ATLANTIS: a phase III study of lurbinectedin/doxorubicin versus topotecan or cyclophosphamide/ doxorubicin/vincristine in patients with small-cell lung cancer who have failed one prior platinum-containing line. Future Oncol 2019; 15(3): 231-9 <strong>4</strong> Hart LL et al.: Effect of trilaciclib, a CDK 4/6 inhibitor, on myelosuppression in patients with previously treated extensive-stage small cell lung cancer receiving topotecan. J Clin Oncol 2019; 37(Suppl; Abstr 8505) <strong>5</strong> Owonikoko TK et al.: A randomized phase II study of tremelimumab and durvalumab with or without radiation for patients with relapsed small cell lung cancer (SCLC). J Clin Oncol 2019; 37(Suppl; Abstr 8515) <strong>6</strong> Malhotra J et al.: Ph1/2 study of Rova-T in combination with nivolumab (nivo) ± ipilimumab (ipi) for patients (pts) with 2L+ extensive-stage (ED) SCLC. J Clin Oncol 2019; 37(Suppl; Abstr 8516)</p>
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