<p class="article-intro">Bei der Frühjahrstagung der Österreichischen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie wurde im Rahmen einer Vortragsreihe über Immuntherapien zur Behandlung von Malignomen auch das Konzept der umprogrammierten T-Zellen vorgestellt. Es handelt sich hierbei um einen experimentellen Therapieansatz, der bereits in mehreren Phase-I/II-Studien erfolgreich getestet worden ist, sodass im Bereich der Hämatologie bereits Phase-III-Studien im Gange sind.</p>
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<p class="article-content"><p>Dem Therapieprinzip der umprogrammierten T-Zellen liegen autologe T-Zellen zugrunde, die nach Gentransfer einen sogenannten chimären Antigen-Rezeptor (CAR) exprimieren. Die Chimäre besteht einerseits aus dem Antigen-bindenden Teil eines Antikörpers und andererseits aus den Signaldomänen eines T-Zell-Rezeptors. In den vergangenen Jahren wurden verschiedene Konstrukte entwickelt, wobei im Augenblick die meisten Daten für CAR der zweiten Generation vorliegen (Abb. 1).</p> <h2>Klinische Phase-III-Studien bereits im Gange</h2> <p>Bis zum adoptiven T-Zell-Transfer müssen in einer klinischen Prüfung mehrere Phasen zur Herstellung der umprogrammierten T-Zellen durchlaufen werden (Abb. 2). Bisher liegen vor allem Daten für CARs vor, die das B-Zell-Antigen CD19 als Ziel haben. Hierdurch können alle Zellen angegriffen werden, die CD19 auf ihrer Oberfläche exprimieren. Daraus resultierend wird die Behandlung des gesamten Spektrums der CD19+-malignen Neoplasien ermöglicht. Als erwartete Nebenwirkung kommt es aber auch zum Untergang der physiologischen B-Zellen, was ein bekanntes Problem seit der Einführung von Anti-CD20-Antikörpern darstellt. Ein dadurch verursachter Immunglobulinmangel kann jedoch durch Substitution von Immunglobulinen behandelt werden.<br /> In den Jahren 2014/2015 sind nun die beiden größten Studien für junge Erwachsene und Kinder mit therapierefraktärer akuter lymphatischer Leukämie (ALL) publiziert worden. Es konnte für CD19-CD28-CD3ζ-CAR<sup>1</sup> und CD19-4-1-BB-CD3ζ-CAR<sup>2</sup> ein beeindruckendes Ansprechen in dieser klinisch schwer behandelbaren Population gezeigt werden; in beiden Studien lag die Rate an kompletten Remissionen (CR) bei über 65 % . Außerdem wurden klinische Daten für das diffus großzellige B-Zell-Lymphom<sup>3</sup> und die chronische lymphatische Leukämie<sup>4</sup> präsentiert. Dies hat dazu geführt, dass es zu Kooperationen zwischen der akademischen Forschung und der pharmazeutischen Industrie gekommen ist und nun in Phase-III-Studien der Stellenwert des Anti-CD19-CAR mit dem Bestreben einer Zulassung dieses Therapieansatzes getestet wird.</p> <div id="rot"> <p>"Es ist davon auszugehen, dass in den nächsten Jahren die T-Zell-Therapie gegen CD19 einen festen Stellenwert in bestimmten klinischen Situationen im Bereich der Hämatologie erlangen wird. Für solide Tumoren ist die Entwicklung noch ungewiss: Aufgrund der stark immunsuppressiven Effekte des Tumorgewebes ist ein rascher Erfolg schwerer zu erzielen." - U. Petrausch, Zürich</p> </div> <h2>CAR auch bei soliden Tumoren in klinischer Prüfung</h2> <p>Auch für solide Tumoren wurden und werden umprogrammierte T-Zellen getestet. Hierbei scheint aber aufgrund der stark immunsuppressiven Effekte des Tumorgewebes ein rascher Erfolg schwerer erzielbar zu sein. Außerdem ist es ein sehr komplexes Unterfangen, Antigene zu finden, die ausschließlich im Tumor exprimiert werden. Eine Koexpression der Antigene auch im gesunden Gewebe kann nämlich zu einer T-Zell-vermittelten Gewebsschädigung durch die CAR-T-Zellen führen. Als anschauliches Beispiel kann hier das Antigen ErbB2 genannt werden: In einer Studie wurde ein akuter Gewebeschaden in der Lunge verursacht.<sup>5</sup> Hingegen konnten in einer anderen Studiengruppe umprogrammierte, gegen ErbB2 gerichtete T-Zellen ohne nennenswerte Toxizität verabreicht werden.<sup>6</sup> Diese Beispiele zeigen, dass noch viel Forschungstätigkeit nötig ist, um umprogrammierte T-Zellen bei soliden Tumoren zu einer effektiven und sicheren Therapiestrategie zu entwickeln.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2015_Jatros_Onko_1504_Weblinks_Seite169.jpg" alt="" width="622" height="866" /></p> <h2>Fazit</h2> <p>Man kann davon ausgehen, dass in den nächsten Jahren die T-Zell-Therapie gegen CD19 einen festen Stellenwert in bestimmten klinischen Situationen erlangen wird. Für solide Tumoren ist die Entwicklung noch ungewiss, aber umprogrammierte T-Zellen stellen einen interessanten und vielversprechenden Ansatz dar, der eine intensive Erforschung rechtfertigt.</p></p>
<p class="article-quelle">Quelle: Klinik für Onkologie<br/>
Universitäts Spital Zürich<br/>
E-Mail: ulf.petrausch@usz.ch<br/>
Quelle: ÖGHO-Kongress 2015,
„CAR T-cells for cancer immunotherapy“
am 24. April 2014 im Rahmen
der Session „Tumor-Immunologie”,
23.–25. April 2015, Salzburg
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<p class="article-footer">
<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
<div class="collapse" id="collapseLiteratur">
<p><strong>1</strong> Lee DW et al: Lancet 2015; 385: 517-528<br /><strong>2</strong> Maude SL et al: N Engl J Med 2014; 371: 1507-1517<br /><strong>3</strong> Kochenderfer JN et al: J Clin Oncol 2015; 33: 540-549<br /><strong>4</strong> Porter DL et al: N Engl J Med 2011; 365: 725-733<br /><strong>5</strong> Morgan RA et al: Mol Ther 2010; 18: 843-851<br /><strong>6</strong> Ahmed N et al: J Clin Oncol 2015; doi: 10.1200/JCO.2014.58.0225</p>
</div>
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