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„Non-small cell lung cancer“ (NSCLC)

Überwindung der Resistenz gegen Immuncheckpoint-Inhibitoren

<p class="article-intro">Primäre und sekundäre Resistenz sind ein zunehmendes klinisches Problem aufgrund der steigenden Zahlen an NSCLC-Patienten, die mit Immuncheckpoint-Inhibitoren (CPI) behandelt werden. Das molekulare Verständnis für die zugrunde liegenden Resistenzmechanismen ist zwar vorhanden, aber diese Erkenntnisse werden kaum in den Studiendesigns berücksichtigt. Obwohl Kombinationsstrategien vielversprechende Ergebnisse in klinischen Studien zeigten und zu Zulassungen im Stadium III und IV des NSCLC geführt haben, sollten der spezifische Immunphänotyp und das immunologische „tumor microenvironment“ (TME) in zukünftigen Studien berücksichtigt werden.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Resistenz gegen CPI umfasst prim&auml;re und sekund&auml;re Mechanismen.</li> <li>Der Immunph&auml;notyp bestimmt das Ansprechen auf CPI.</li> <li>Rationale Kombinationstherapien stellen eine effektive Strategie zur &Uuml;berwindung von Resistenzen gegen CPI dar.</li> </ul> </div> <p><br />CPI sind aus der klinischen Routine nicht mehr wegzudenken und haben einen festen Platz in der Therapie des NSCLC. Obwohl das Gesamt&uuml;berleben (OS) von Patienten mit metastasiertem NSCLC durch CPI-Therapie deutlich verbessert werden konnte und die Dauer des Ansprechens auf die Therapie Jahre betragen kann, spricht ein Teil der Patienten, die &bdquo;programmed cell death protein 1&ldquo; (PD-1) CPI-Monotherapie erhalten, entweder nicht auf die Therapie an oder sie erleiden einen R&uuml;ckfall im Laufe der Behandlung.<sup>1, 2</sup> Vor allem ein zu fr&uuml;hes Absetzen der Immuntherapie (nach einem Jahr) scheint zu einem schlechteren Outcome zu f&uuml;hren.<sup>3</sup> Es ist daher essenziell, die immunonkologischen Mechanismen f&uuml;r die Resistenzentwicklung gegen CPI zu verstehen, um einen nicht responsiven Tumor in einen responsiven Tumor zu verwandeln. &Uuml;berwindung der Resistenz gegen CPI und der rationale Einsatz von Kombinationstherapien k&ouml;nnen nur mithilfe eines molekularen Verst&auml;ndnisses der Resistenzentwicklung erfolgreich sein. <br />Grunds&auml;tzlich unterscheidet man prim&auml;re Resistenz gegen CPI (der Patient spricht nie auf die Therapie an) von sekund&auml;rer oder erworbener Resistenz (nach initialem Ansprechen kommt es schlie&szlig;lich zur Progression) (Abb. 1).<sup>4</sup></p> <p>&nbsp;</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Onko_1904_Weblinks_jatros_onko_1904_s44_abb1.jpg" alt="" width="1456" height="1438" /></p> <h2>Prim&auml;re Resistenz</h2> <p>Die Ursache f&uuml;r prim&auml;re Resistenz kann entweder in extrinsischen Faktoren wie z. B. dem TME bzw. dem Wirtsorganismus oder in intrinsischen Faktoren, also der Tumorzelle selbst, liegen.<sup>4</sup> Extrinsische Einfl&uuml;sse des Wirtes umfassen sowohl modulierbare Mechanismen wie Dysbiose oder den Antibiotikaeinsatz als auch nicht modulierbare Faktoren wie das Alter des Patienten, chronische Erkrankungen oder einen ung&uuml;nstigen genetischen bzw. immunologischen Background (z. B. eingeschr&auml;nktes T-Zell-Rezeptor-Repertoire).<sup>3</sup> Der Einsatz von Antibiotika wirkt sich bei NSCLC-Patienten sehr ung&uuml;nstig aus (OS von 7,6 mit Antibiotika vs. 24,6 Monate), wie in einer rezenten Analyse gezeigt werden konnte.<sup>6</sup> Ein immunsuppressives TME, z. B. mit vielen FoxP3+-T-Zellen (Tregs), &bdquo;Myeloid derived suppressor&ldquo;-Zellen (MDSC) oder Tumor-assoziierten M2-Makrophagen, tr&auml;gt zus&auml;tzlich zur prim&auml;ren Resistenz bei. <br />Intrinsische Resistenzmechanismen umfassen vor allem die Regulation der Genexpression der Tumorzelle selbst, die schlie&szlig;lich zu einer herabgesetzten Immuninfiltration des Tumors f&uuml;hrt. Epigenetische Modifikationen von Genen, die zur Immunmodulation beitragen, wie der Interferon-gamma-Signaltransduktionsweg oder konstitutive PD-L1-Expression, resultieren ebenfalls in prim&auml;rer Resistenz. Eine KRAS/STK11-Mutation f&uuml;hrt z. B. zu einem verminderten Ansprechen auf CPI bei NSCLC- Patienten und ist ein Beispiel f&uuml;r prim&auml;re intrinsische Resistenz.<sup>7</sup> Schlie&szlig;lich resultiert eine niedrige Antigenit&auml;t, die sich entweder durch eine niedrige Mutationslast oder Ver&auml;nderungen der &bdquo;Antigen-pr&auml;sentierenden Maschinerie&ldquo; ausdr&uuml;ckt, in einer herabgesetzten Immunreaktion.<sup>8</sup> <br />In den Kaplan-Meier-&Uuml;berlebenskurven von Immuntherapie-Studien zeigt sich die prim&auml;re Resistenz im initialen Abfall des &Uuml;berlebens am Anfang der Kurve (vor dem bekannten &bdquo;Kreuzen&ldquo; mit der Standardchemotherapie).</p> <h2>Sekund&auml;re Resistenz</h2> <p>Im Gegensatz zur prim&auml;ren Resistenz entwickelt sich die sekund&auml;re Resistenz im Laufe der Zeit durch den konstanten Druck des Immunsystems auf den Tumor. Der Tumor ver&auml;ndert sein Genexpressionsprofil, aktiviert alternative Checkpoints oder vermindert die Pr&auml;sentation von Antigenen an der Oberfl&auml;che. Mutationen des Beta2-Mikroglobulins f&uuml;hren z. B. zu einem Verlust bzw. einer Herunterregulation von &bdquo;major histocompatibility complex class I&ldquo; (MHC I).<sup>8</sup></p> <h2>Immunph&auml;notyp</h2> <p>Basierend auf den beschriebenen Mechanismen zur Resistenzentwicklung kann die Immunantwort gegen den Tumor in drei Ph&auml;notypen unterteilt werden,<sup>9</sup> den inflammierten Tumor, den vom Immunsystem exkludierten Tumor und die immunologische &bdquo;W&uuml;ste&ldquo;. Jeder dieser Ph&auml;notypen ist mit spezifischen Mechanismen zur prim&auml;ren bzw. sekund&auml;ren Resistenz assoziiert. Bei Tumoren in der immunologischen W&uuml;ste kommt keine Immunantwort zustande, da z. B. kein T-Zell-Priming stattfindet. Immunexkludierte Tumoren bilden z. B. stromale Barrieren aus oder sezernieren immunsuppressive Zytokine und verhindern dadurch eine Infiltration von Immunzellen. In inflammierten Tumoren kann eine Kombination der oben beschrieben Mechanismen ebenfalls eine effektive Immunantwort verhindern.</p> <h2>Kombinationstherapien zur &Uuml;berwindung der Resistenz</h2> <p>Zur &Uuml;berwindung von Resistenzen auf CPI-Therapie erscheinen Kombinationstherapien die sinnvollste Strategie zu sein. Obwohl derzeit zahlreiche Studien mit diversen Kombinationspartnern durchgef&uuml;hrt werden und diese Konzepte, insbesondere beim NSCLC, zu Zulassungen gef&uuml;hrt haben, folgt die jeweilige Strategie der Kombinationstherapie nicht immer molekularen/wissenschaftlichen &Uuml;berlegungen, sondern wird oft von der Pipeline der Industrie gesteuert.<sup>10</sup> Unterschiedliche Kombinationsstrategien werden derzeit in NSCLC-Studien evaluiert. Die vielversprechendsten Ans&auml;tze umfassen die Kombination eines CPI mit (a) einer weiteren Immuntherapie (anderer CPI oder Vakzine), (b) DNA-sch&auml;digender zytotoxischer Chemotherapie oder Bestrahlung oder (c) zielgerichteter Therapie wie monoklonalen Antik&ouml;rpern oder &bdquo;Small molecule&ldquo;-Inhibitoren. Idealerweise sollte der jeweilige Kombinationspartner basierend auf einer immunologischen und molekularen Charakterisierung des Tumors und des TME ausgew&auml;hlt werden, um prim&auml;re und sekund&auml;re Resistenzentwicklung zu vermeiden.</p> <h2>Klinische Daten</h2> <p>Diverse klinische Studien, die die Effektivit&auml;t von CPI-Kombinationen evaluieren, wurden bis dato beim NSCLC durchgef&uuml;hrt. Duale Checkpoint-Blockade mit dem PD-1-Antik&ouml;rper Nivolumab plus dem &bdquo;Cytotoxic T-lymphocyte-associated protein 4&ldquo;(CTLA-4)-Antik&ouml;rper Ipilimumab verl&auml;ngert bei NSCLC-Patienten mit einer hohen Mutationslast (TMB &ge;10) das progressionsfreie &Uuml;berleben (PFS) im Vergleich zur Chemotherapie (HR: 0,58), wie in der CheckMate-227-Studie gezeigt werden konnte.<sup>11</sup> Interessanterweise konnte die MYSTIC-Studie, die den PD-L1-Inhibtor Durvalumab plus dem CTLA-4-Inhibitor Tremelimumab untersuchte, kein positives Ergebnis erzielen, wobei das Studiendesign nicht vergleichbar war.<br />Ein sehr interessantes Konzept ist die Kombination von CPI mit Strahlentherapie. Radiatio resultiert in einer Antigen-Freisetzung und sollte deshalb die Effektivit&auml;t von CPI steigern und einen Tumor von einer immunologischen W&uuml;ste in einen inflammierten Tumor &uuml;berf&uuml;hren k&ouml;nnen. Obwohl die optimale Dosis und Fraktionierung der Strahlentherapie noch nicht final definiert wurden, konnte die PACIFIC-Studie bei Stadium-III-NSCLC-Patienten einen Vorteil f&uuml;r Radiochemotherapie gefolgt von Durvalumab vs. Radiochemotherapie alleine demonstrieren (HR: 0,68; 95 % CI: 0,54&ndash;0,86), was zur Zulassung in Europa gef&uuml;hrt hat.<sup>12</sup><br />Zytotoxische Chemotherapie plus CPI stellt eine weitere effektive Strategie zur &Uuml;berwindung von Resistenz gegen CPI-Therapie dar. Initiale Bedenken, dass die Leukozytendepletion durch Chemotherapie die Effekte der CPI abschw&auml;chen konnte, erwiesen sich als unbegr&uuml;ndet. Sowohl die KEYNOTE-189-Studie zum Stadium-IV-Adenokarzinom als auch die KEYNOTE-407-Studie zum Plattenepithelkarzinom konnten die &Uuml;berlegenheit in Hinblick auf das OS f&uuml;r Pembrolizumab plus Chemotherapie vs. Chemotherapie in der Erstlinie demonstrieren und stellen nun den aktuellen zugelassenen Therapiestandard in dieser Situation dar.<sup>13, 14</sup><br />Zielgerichtete Therapien wie eine Kombination aus CPI plus Bevacizumab plus Chemotherapie zeigten zwar einen Vorteil f&uuml;r diese Kombination (IMpower-150-Studie), sind jedoch mit einer h&ouml;heren Toxizit&auml;t verkn&uuml;pft.<sup>15</sup> Eine Anwendung dieser Kombination speziell bei immunexkludierten Tumoren erscheint sinnvoll, wurde aber nicht im Hinblick auf diesen Immunph&auml;notyp untersucht. Hohe Hepatotoxizit&auml;t wurde &uuml;ber die Kombination von &bdquo;Small molecule&ldquo;-Inhibitoren wie Crizotinib plus Nivolumab berichtet und muss in Studien weiter evaluiert werden.<sup>16</sup></p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Reck M et al.: Pembrolizumab versus chemotherapy for PD-L1-positive non-small-cell lung cancer. N Engl J Med 2016; 375(19): 1823-33 <strong>2</strong> Borghaei H et al.: Nivolumab versus Docetaxel in advanced nonsquamous non-small-cell lung cancer. N Engl J Med 2015; 373: 1627-39 <strong>3</strong> Pitt JM et al.: Resistance mechanisms to immune-checkpoint blockade in cancer: tumor-intrinsic and -extrinsic factors. Immunity 2016; 44: 1255-69 <strong>4</strong> Sharma P et al.: Primary, adaptive, and acquired resistance to cancer immunotherapy. Cell 2017; 168: 707-23 <strong>5</strong> Draghi A et al.: Acquired resistance to cancer immunotherapy. Semin Immunopathol 2019; 41: 31-40 <strong>6</strong> Derosa L et al.: Negative association of antibiotics on clinical activity of immune checkpoint inhibitors in patients with advanced renal cell and non-small-cell lung cancer. Ann Oncol 2018; 29: 1437-44 <strong>7</strong> Skoulidis F et al.: STK11/LKB1 mutations and PD-1 inhibitor resistance in KRAS-mutant lung adenocarcinoma. Cancer Discov 2018; 8(7): 822-35 <strong>8</strong> Seto T et al.: Mechanisms of primary and secondary resistance to immune checkpoint inhibitors in cancer. Med Sci (Basel) 2019; 7(2): pii: E14 <strong>9</strong> Chen DS, Mellman I.: Elements of cancer immunity and the cancer-immune set point. Nature 2017; 541: 321-30 <strong>10</strong> Tang J et al.: Comprehensive analysis of the clinical immuno-oncology landscape. Ann Oncol 2018; 29: 84-91 <strong>11</strong> Hellmann MD: Nivolumab + ipilimumab vs platinum-foublet chemotherapy as first-line treatment for advanced non-small cell lung cancer: initial results from CheckMate 227. AACR 2018; 2018 <strong>12</strong> Antonia SJ et al.: Overall survival with durvalumab after chemoradiotherapy in stage III NSCLC. N Engl J Med 2018; 379: 2342-50 <strong>13</strong> Gandhi L et al.: Pembrolizumab plus chemotherapy in metastatic non-small-cell lung cancer. N Engl J Med 2018; 378: 2078-92 <strong>14</strong> Paz-Ares L et al.: Pembrolizumab plus chemotherapy for squamous non-smallcell lung cancer. N Engl J Med 2018; 379: 2040-51 <strong>15</strong> Socinski MA et al.: Atezolizumab for first-line treatment of metastatic nonsquamous NSCLC. N Engl J Med 2018; 378: 2288-301 <strong>16</strong> Spigel DR et al.: Phase 1/2 study of the safety and tolerability of nivolumab plus crizotinib for the firstline treatment of anaplastic lymphoma kinase translocation - positive advanced non-small cell lung Cancer (Check- Mate 370). J Thorac Oncol 2018; 13: 682-8</p> </div> </p>
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