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Knochensarkome und Weichteilsarkome

Überblick über die aktuelle Datenlage der Metastasenchirurgie

<p class="article-intro">Weichteilsarkome sind eine heterogene Gruppe, die sich nicht nur morphologisch unterscheiden, sondern auch molekularbiologisch. Dies ist klinisch relevant, da inzwischen zahlreiche entitätenspezifische Therapiekonzepte verfolgt werden. Für die Resektion von Metastasen bei Weichteilsarkomen gilt somit: Auf die Entität kommt es an.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Key Points</h2> <ul> <li>Beim Osteosarkom ist die Metastasenresektion die Standardtherapie.</li> <li>Beim Weichteilsarkom sollte im multidisziplin&auml;ren Tumorboard von Fall zu Fall &uuml;ber die Metastasektomie entschieden werden.</li> </ul> </div> <p>F&uuml;r die Behandlung von Weichteilsarkomen gibt es kaum randomisierte Studien, da es sich mit rund 11.000 Neuerkrankungen pro Jahr in Europa um eine seltene Gruppe von Erkrankungen handelt. Es sterben daran j&auml;hrlich etwa 3.300 Patienten. Trotz der Heterogenit&auml;t und der geringen Inzidenz m&uuml;ssen Therapiestandards definiert werden.<sup>1</sup> Zudem geh&ouml;rt die Behandlung von Weichteilsarkomen im Sinne des Patienten unbedingt in die Hand eines erfahrenen multidisziplin&auml;ren Teams.</p> <h2>Osteosarkome: Pulmonale Metastasektomie ist Standard</h2> <p>Beim Osteosarkom gibt es eine gute Evidenz f&uuml;r einen Therapievorteil durch eine fr&uuml;hzeitige Metastasenresektion. Etwa 10&ndash;20 % der Patienten weisen bereits bei der Erstdiagnose Fernmetastasen auf, 20&ndash;30 % metastasieren nach der Prim&auml;rtherapie eines lokalisierten Osteosarkoms. Rund drei Viertel der Tumoren streuen in die Lunge. Kager et al haben anhand der Daten von 200 Patienten mit prim&auml;ren Lungenmetastasen Prognosefaktoren f&uuml;r das Gesamt&uuml;berleben identifiziert. Wurde eine R0-Resektion innerhalb von drei Monaten nach Diagnose durchgef&uuml;hrt, so lebten nach f&uuml;nf Jahren noch 67 % . Bei einer Operation drei bis sechs Monate nach Diagnose &uuml;berlebten nur 50 % der Patienten f&uuml;nf Jahre und bei Resektion nach sechs Monaten oder keiner Operation betrug das 5-Jahres-OS 19 % (Abb. 1).<sup>2</sup> Weitere prognostische Faktoren sind die Lokalisation des Tumors, die Ausbreitung der Metastasen, die Anzahl der Lungenmetastasen und das initiale Ansprechen auf eine neoadjuvante Chemotherapie.<br /> Patienten mit Metastasen nach Lokaltherapie (Chemotherapie und Operation des Prim&auml;rtumors) profitieren auch von einer Metastasektomie (im Sinne einer Verl&auml;ngerung des &Uuml;berlebens). Eine weitere Chemotherapie, vor allem mit mehreren Substanzen, kann eventuell zu einer geringen Verbesserung des Therapieerfolgs f&uuml;hren.<sup>3</sup><br /> Wichtig ist, dass eine R0-Resektion aller Metastasen durchgef&uuml;hrt wird.</p> <h2>Weichteilsarkome: Pulmonale Metastasektomie ist integraler Bestandteil des Therapiekonzepts</h2> <p>Schlechter ist die Datenlage bei Weichteilsarkomen. Auch hier liegen bei rund 10 % der Patienten bei Erstdiagnose Metastasen vor, vorwiegend in der Lunge. Etwa die H&auml;lfte der Patienten metastasiert nach der Prim&auml;rtherapie. In diesem Fall liegt das mediane &Uuml;berleben bei 8&ndash;12 Monaten.<sup>4</sup> In spezialisierten Zentren werden aber durchaus &Uuml;berlebenszeiten von 22, 36 oder bis zu 47 Monaten beobachtet.<sup>5&ndash;7</sup><br /> Aufgrund der geringen Fallzahlen konnten keine grossen randomisierten Studien zur Metastasektomie durchgef&uuml;hrt werden. Die Evidenz basiert auf vielen kleineren Untersuchungen.<sup>8</sup> In einer aktuellen retrospektiven Analyse wurde ein prognostisches Modell anhand folgender Kriterien erstellt: Histologie (Grad 1+2 vs. 3), Metastasektomie versus keine Metastasektomie und Dauer des krankheitsfreien Intervalls (DFI &lt;12 Monaten vs. &ge;12 Monate). Mithilfe dieser Parameter bildeten die Autoren vier Patientengruppen: (A) niedriggradig, Metastasektomie; (B) niedriggradig, keine Metastasektomie, DFI &ge;12 Monate bzw. hochgradig mit Metastasektomie; (C) niedriggradig, keine Metastasektomie, DFI &lt;12 Monaten bzw. hochgradig, keine Metastasektomie, DFI &ge;12 Monate; (D) hochgradig, keine Metastasektomie, DFI &lt;12 Monaten. Grad-1+2-Metastasierung, Metastasektomie und ein l&auml;ngeres DFI bedingten ein l&auml;ngeres &Uuml;berleben: Die 3-Jahres-&Uuml;berlebensraten in den entsprechend eingeteilten Patientengruppen betrugen (A) 76,1 % , (B) 42,3 % , (C) 18,8 % und (D) 0 % (Abb.&nbsp;2).<sup>9</sup><br /> F&uuml;r die Entscheidung &uuml;ber eine pulmonale Metastasektomie besteht in der Regel kein Zeitdruck. Jeder Fall sollte individuell in einem multidisziplin&auml;ren Tumorboard diskutiert und entschieden werden. Eine m&ouml;gliche Strategie ist es, den nat&uuml;rlichen Krankheitsverlauf zu beobachten und anhand von CT-Scans zu pr&uuml;fen, ob es sich um eine aggressive Tumorbiologie handelt. Wird ein Wachstum der Metastasen beobachtet, so sollten sie reseziert werden. Nehmen sie sowohl an Zahl als auch an Gr&ouml;sse zu, k&ouml;nnen sie systemisch vorbehandelt und dann operiert werden. Zu diesem Vorgehen gibt es jedoch keine Studiendaten.<br /> Wenn die Indikation zur pulmonalen Metastasektomie gestellt wird, ist unbedingt eine R0-Resektion anzustreben.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2014_Leading Opinions_Onko_1406_Weblinks_Seite83.jpg" alt="" width="623" height="1253" /></p> <h2>GIST &ndash; Metastasenchirurgie nur in &bdquo;ausgew&auml;hlten&ldquo; F&auml;llen</h2> <p>Wenig gesichert ist die Rolle der Metastasektomie beim GIST. Da GIST vorwiegend in die Leber metastasieren, handelt es sich hierbei um eine hepatale Metastasektomie. Die Arbeitsgruppe von DeMatteo behandelte 40 Patienten mit metastasierten GIST neoadjuvant mit einem Tyrosinkinaseinhibitor (TKI). Dann wurde metastasektomiert. Bei Patienten, die initial auf den TKI ansprachen, wurden eine Rate des progressionsfreien 2-Jahres-&Uuml;berlebens von 61 % und eine 2-Jahres-Gesamt&uuml;berlebensrate von 100 % verzeichnet. Dagegen schritt die Krankheit bei Patienten mit einer fokalen Resistenz im Median nach zw&ouml;lf Monaten fort, mit einer 2-Jahres-Gesamt&uuml;berlebensrate von 36 % . Bei einigen Patienten kam es zu einer multifokalen Resistenz mit noch schlechterem Outcome (medianes PFS 3 Monate, 1-Jahres-OS 36 % ; p&lt;0,001).<sup>10</sup> Zu einem &auml;hnlichen Ergebnis kamen Mussi und Kollegen beim pr&auml;operativen Einsatz (vor Metastasektomie) von Imatinib im metastasierten Setting. Wurde der Krankheitsverlauf initial stabilisiert, so hatten diese Patienten ein l&auml;ngeres PFS als diejenigen, die initial progredient waren.<sup>11</sup> Das Problem bei all diesen Studien ist, dass sich die Chirurgie mit sich selbst verglichen hat, sprich: Es gab keinen &bdquo;chirurgiefreien&ldquo; Arm. Eine Metastasektomie kann in einzelnen F&auml;llen sinnvoll sein (z.B. bei fokaler Progression bei sonstiger Krankheitskontrolle oder bei einer singul&auml;ren Metastase). Wichtig ist auch hier die R0-Resektion.<sup>12</sup></p> <h2>Ewing-Sarkom: individuell zu entscheiden</h2> <p>Beim Ewing-Sarkom gibt es kaum Daten zur Metastasenresektion. Eine p&auml;diatrische Studie mit 31 Teilnehmern zeigte einen h&ouml;heren Benefit in Bezug auf das Gesamt&uuml;berleben nach Metastasektomie (5-Jahres-OS: 80 % ) im Vergleich zu Patienten, die lediglich bestrahlt wurden oder ausschliesslich eine Chemotherapie erhielten (5-Jahres-OS jeweils 0 % ).<sup>13</sup><br /> Bei metastasierten Tumoren der Ewing-Familie stehen &uuml;blicherweise die systemische Therapie (inkl. Knochenmarktransplantation) und Strahlentherapie im Vordergrund.</p></p> <p class="article-quelle">Quelle: Univ.-Klinik für Innere Medizin 1/Onkologie<br/> Comprehensive Cancer Center – muskuloskelettale Tumore<br/> AKH-MUW E-Mail: thomas.brodowicz@meduniwien.ac.at Quelle: Jahrestagung der DGHO, ÖGHO, SGMO und SGH, 10.–14. Oktober 2014, Hamburg </p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Casali P et al: Soft tissue and visceral sarcomas: ESMO Clinical Practice Guidelines for diagnosis, treatment and follow-up. Ann Oncol 2014; 25 (suppl 3): iii102&ndash;iii112<br /><strong>2</strong> Kager L et al: Primary metastatic osteosarcoma: presentation and outcome of patients treated on neoadjuvant Cooperative Osteosarcoma Study Group protocols. J Clin Oncol 2003; 21: 2011-2018<br /><strong>3</strong> Kempf-Bielack B et al: Osteosarcoma relapse after combined modality therapy: an analysis of unselected patients in the Cooperative Osteosarcoma Study Group (COSS). J Clin Oncol 2005; 23: 559-568<br /><strong>4</strong> Clark MA et al: Soft-tissue sarcomas in adults. N Engl J Med 2005; 353: 701-711<br /><strong>5</strong> Demetri GD et al: First-line treatment of metas-<br />tatic or locally advanced unresectable soft tissue sarcomas with conatumumab in combination with doxorubicin or doxorubicin alone: a phase I/II open-label and double-blind study. Eur J Cancer 2012; 48: 547-563<br /><strong>6</strong> Schur S et al: Trabectedin in patients with metastatic soft tissue sarcoma: a retrospective single centre analysis. Anticancer Drugs 2013; 24: 725-730<br /><strong>7</strong> Schur S et al: Pulmonary metastasectomy for soft tissue sarcoma &ndash; report from a dual institution experience at the Medical University of Vienna. Eur J Cancer 2014; 50(13): 2289-97 <br /><strong>8</strong> Treasure T et al: Pulmonary metastasectomy for sarcoma: a systematic review of reported outcomes in the context of Thames Cancer Registry data. BMJ Open 2012; 2: e001736<br /><strong>9</strong> Kang S et al: Post-metastasis survival in extremity soft tissue sarcoma: a recursive partitioning anal-<br />ysis of prognostic factors. Eur J Cancer 2014; 50: 1649-1656<br /><strong>10</strong> DeMatteo RP et al: Results of tyrosine kinase inhibitor therapy followed by surgical resection for metastatic gastrointestinal stromal tumor. Ann Surg 2007; 245: 347-352<br /><strong>11</strong> Mussi C et al: Post-imatinib surgery in advanced/metastatic GIST: is it worthwhile in all patients? Ann Oncol 2010; 21: 403-408<br /><strong>12</strong> Bauer S et al: Long-term follow-up of patients with GIST undergoing metastasectomy in the era of imatinib &ndash; analysis of prognostic factors (EORTC-STBSG collaborative study). Eur J Surg Oncol 2014; 40: 412-419<br /><strong>13</strong> Letourneau PA et al: Resection of pulmonary metastases in pediatric patients with Ewing sarcoma improves survival. J Pediatr Surg 2011; 46: 332-335</p> </div> </p>
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