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Thoraxonkologie – die Highlights
Leading Opinions
Autor:
PD Dr. med. et Dr. phil. nat. Sacha Rothschild
Leitender Arzt<br> Medizinische Onkologie<br> Universitätsspital Basel<br> E-Mail: sacha.rothschild@usb.ch<br><p> Interessenkonflikte: <br>Honorare für Advisory Boards von AstraZeneca, BMS, Boehringer- Ingelheim, Eisai, Eli-Lilly, Merck Serono, MSD, Novartis, Pfizer, Roche und Takeda (an die Institution). Forschungsgelder von AstraZeneca, Boehringer-Ingelheim, BMS, Eisai und Merck Serono.
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12.09.2019
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<p class="article-intro">Beim Jahresmeeting der American Society of Clinical Oncology (ASCO) 2019 wurde wieder eine grosse Bandbreite an interessanten Studien und Resultaten präsentiert. Auf dem Gebiet der Thoraxonkologie führte dies aber zu keiner Änderung von Therapiestandards, vielmehr lag das Hauptaugenmerk auf den Langzeitdaten einiger klinischer Phase-III-Studien und neuen Molekülen für zielgerichtete Therapien.</p>
<hr />
<p class="article-content"><p>In den letzten wenigen Jahren hat sich die Therapie des metastasierten nicht kleinzelligen Bronchialkarzinoms («non-small cell lung cancer», NSCLC) durch die moderne molekulare Diagnostik, die Etablierung neuer zielgerichteter Therapien sowie durch die neuen Immuncheckpoint- Inhibitoren (ICI) grundlegend verändert. Dies hat für viele Patienten zu einer deutlichen Verbesserung der Prognose und der Lebensqualität geführt. Gerade die immuntherapeutischen Ansätze werden nun auch in früheren Stadien in der kurativen Situation ausgiebig erforscht, um auch hier die Prognose und damit die Heilungschancen zu verbessern. Auch beim kleinzelligen Bronchialkarzinom («small cell lung cancer », SCLC) und beim Mesotheliom werden diese neuen Therapieansätze untersucht. Während beim letztjährigen ASCO Meeting Resultate mehrerer Phase-III-Studien präsentiert worden waren, die zur Etablierung neuer Therapiestandards geführt haben, war der diesjährige ASCO-Kongress auf dem Gebiet der Thoraxonkologie dadurch gekennzeichnet, dass Langzeitdaten einiger dieser Studien gezeigt wurden und auf dem Gebiet der zielgerichteten Therapie molekular definierter Subgruppen beim NSCLC Resultate aus frühen Studien mit neuen Molekülen präsentiert wurden.</p> <h2>Lokalisiertes und lokal fortgeschrittenes NSCLC</h2> <p><strong>Adjuvante Therapie</strong></p> <p>Die adjuvante Chemotherapie beim NSCLC im Stadium IB–IIIA hat in zahlreichen Studien einen Überlebensvorteil von rund 5 % nach 5 Jahren gezeigt.<sup>1</sup> Für das Stadium I ist die Datenlage zur adjuvanten Chemotherapie kontrovers. In einer am ASCO gezeigten Analyse aus Japan konnte für Patienten im Stadium I mit hohem Rezidivrisiko ein Vorteil für eine adjuvante Therapie gezeigt werden.<sup>2</sup> Ein hohes Risiko war durch folgende Kriterien definiert: Grösse der invasiven Komponente > 2 cm, lymphovaskuläre oder vaskuläre Infiltration oder Infiltration der viszeralen Pleura. Erstaunlicherweise war in dieser retrospektiven Analyse mit über 1200 Patienten eine Monotherapie effektiver als eine Platin-basierte Kombinationstherapie. Trotzdem bleiben bei Patienten mit einem NSCLC im Stadium IB und mit einer Tumorgrösse > 4 cm (in der 8. TNM-Klassifikation entspricht dies bereits einem Stadium IIA) Cisplatin und Vinorelbin die am besten etablierte Option, und für Patienten mit Stadium IA (bzw. auch IB nach der 8. TNM-Klassifikation) gibt es keine Empfehlung für eine adjuvante Chemotherapie.<sup>3, 4</sup> In dieser Hinsicht untersuchte die JIPANG-Studie, ob die Kombination von Cisplatin und Pemetrexed, welche seit einigen Jahren den Standard beim NSCLC mit nicht plattenepithelialer Histologie in der metastasierten Situation darstellt, der Standardtherapie mit Cisplatin und Vinorelbin überlegen ist.<sup>5</sup> Es wurden über 800 Patienten mit nicht plattenepithelialer Histologie und komplett reseziertem NSCLC im Stadium II–IIIA eingeschlossen und 1:1 randomisiert. In dieser japanischen Studienpopulation lag die Rate an EGFR(«epidermal growth factor receptor», epidermaler Wachstumsfaktorrezeptor)-mutierten Tumoren bei rund 25 %, was einer der Stratifikationsfaktoren war. Der primäre Endpunkt einer Verbesserung des rezidivfreien Überlebens konnte nicht erreicht werden (median: 38,9 vs. 37,3 Monate, Hazard-Ratio [HR]: 0,98). Interessanterweise war die Aktivität von Cisplatin/ Pemetrexed bei Patienten ohne EGFR-Mutation besser, während Patienten mit einer EGFR-Mutation weniger Rezidive unter Cisplatin/Vinorelbin hatten. Das Gesamtüberleben («overall survival», OS) in beiden Studienarmen war nicht unterschiedlich, wobei der Median in der aktuellen Analyse noch nicht erreicht wurde. Nicht unerwartet waren die Verträglichkeit und dadurch auch die Adhärenz zur Therapie mit Cisplatin/Pemetrexed besser. Da die Studie als Überlegenheitsstudie konzipiert war, kann aus den Resultaten nicht geschlossen werden, dass die beiden Therapien gleich aktiv sind, auch wenn die Resultate und die überlappenden Kaplan-Meier-Kurven dies suggerieren. Cisplatin/Pemetrexed kann daher nicht als neuer Therapiestandard definiert werden, dürfte aber aufgrund der besseren Verträglichkeit und basierend auf früheren Analysen, u. a. der E1505-Studie<sup>6</sup>, trotz fehlender Zulassung im klinischen Alltag eine gewisse Bedeutung bekommen.</p> <p> </p> <p><strong>Neoadjuvante Therapie</strong></p> <p>Bereits in den letzten Jahren haben wir frühe Resultate von kleineren Studien gesehen, in welchen ICI in der neoadjuvanten Situation eingesetzt werden.<sup>7</sup> Am diesjährigen ASCO wurden weitere Resultate aus diesen und neue Studien gezeigt. Eine Interimsanalyse der LCMC3- Studie zeigte bei 77 Patienten mit resektablem Stadium IB–IIIB, die vor der Operation 2 Gaben Atezolizumab erhalten hatten, eine «major pathological response » (MPR) – definiert als ≤ 10 % viable Tumorzellen im Resektat – von 19 % sowie eine komplette pathologische Remission von 5 %. 49 % der Patienten hatten eine pathologische Remission von ≥ 50 %.<sup>8</sup> In der NEOSTAR-Studie wurden 44 Patienten mit Stadium I–IIIA-NSCLC zwischen 3 Gaben Nivolumab und 3 Gaben Nivolumab in Kombination mit einer Gabe Ipilimumab vor der geplanten Resektion randomisiert.<sup>9</sup> 41 Patienten beendeten die geplante neoadjuvante Therapie und 39 Patienten wurden operiert. Die MPR-Rate war unter der Kombinationstherapie mit 33 % höher als mit Nivolumab alleine (17 %). Wichtig zu erwähnen ist, dass das radiologische Ansprechen (19 % respektive 22 %) nur schlecht mit dem pathologischen Ansprechen korreliert. Die Autoren beschreiben den Fall eines Patienten, der nach neoadjuvanter Therapie mit Ipilimumab und Nivolumab in der präoperativen Positronen- Emissions-Tomografie(PET)/Computertomografie( CT) einen morphologischen und metabolischen Progress der mediastinalen Lymphknoten zeigte. In der histopathologischen Untersuchung fanden sich aber keine viablen Tumorzellen, sondern lediglich inflammatorische Zellen. Die NADIM-Studie schloss 51 Patienten mit Stadium IIIA-NSCLC ein.<sup>10</sup> Die Patienten wurden mit 3 Zyklen Carboplatin/Paclitaxel in Kombination mit Nivolumab behandelt und dann reseziert. Postoperativ erfolgte eine adjuvante Therapie mit Nivolumab für 12 Monate. Diese Kombinationstherapie führte zu einer MPR-Rate von 86,4 % und einer pathologischen kompletten Remission bei 71,4 %. Die neoadjuvante Behandlung war sicher und 41 von 46 Patienten, die für die Operation geplant waren, konnten auch reseziert werden. Der primäre Endpunkt der Studie (progressionsfreies Überleben [«progression-free survival», PFS] nach 24 Monaten) ist noch nicht erreicht. Diese Studie bestätigt die Interimsdaten der SAKK-16/14-Studie, in welcher wir nach neoadjuvanter Behandlung mit Cisplatin/Docetaxel und 2 Zyklen Durvalumab ebenfalls keine unerwarteten perioperativen Komplikationen gesehen haben.<sup>11</sup> Die hier besprochenen Studien zur neoadjuvanten Behandlung mit ICI verändern noch nicht unmittelbar den Therapiestandard. Randomisierte Studien sind aber – auch in der Schweiz – am Rekrutieren. Bisher sind noch keine Daten zum PFS oder OS aus den frühen Studien publiziert und eine wichtige Frage bleibt, ob die MPR auch im Kontext der ICI mit dem Überleben korreliert, wie dies mit neoadjuvanter Chemotherapie beobachtet wird.<sup>12, 13</sup></p> <p> </p> <p><strong>Definitive Radiochemotherapie bei nicht resektablem NSCLC</strong></p> <p>Auch bei den lokal fortgeschrittenen nicht resektablen NSCLC laufen zahlreiche Studien zum Einsatz von ICI. Mit der PACIFIC-Studie ist die Konsolidation mit Durvalumab nach definitiver Radiochemotherapie (RCT) zum Standard geworden.<sup>14</sup> Die DETERRED-Studie mit 40 Patienten untersuchte nun die Sicherheit und Verträglichkeit einer RCT in Kombination mit Atezolizumab, gefolgt von einer Konsolidierung mit Carboplatin/ Paclitaxel und Atezolizumab, gefolgt von einer Erhaltungstherapie mit Atezolizumab.<sup>15</sup> Bei 20 % der Patienten kam es zu einer höhergradigen immunvermittelten Toxizität. 13 % der Patienten erlitten eine Pneumonitis Grad 2 oder höher. Eine andere Studie untersuchte die Sicherheit und Verträglichkeit von Pembrolizumab in Kombination mit der definitiven RCT und zeigte vergleichbare Resultate.<sup>16</sup> Zusammen mit den bereits publizierten Daten der ETOP-NICOLAS-Studie können wir den Schluss ziehen, dass eine definitive kombinierte RCT mit einem PD-1/PD-L1-Inhibitor sicher ist. Zurzeit laufen mehrere randomisierte Studien, die dieses Konzept mit dem bisherigen Standard vergleichen.</p> <h2>Metastasiertes NSCLC</h2> <p><strong>Immuntherapie</strong></p> <p>Für einige der in den letzten Jahren publizierten grossen Immuntherapie-Studien wurden weitere Analysen vorgestellt. Allen voran sollen die Langzeitdaten aus der KEYNOTE-001-Studie erwähnt werden.<sup>17</sup> In dieser Studie wurden 550 Patienten mit NSCLC in verschiedenen Therapielinien mit Pembrolizumab behandelt. Beim ASCO wurden nun Daten zum 5-Jahres-Überleben gezeigt. Bei vorbehandelten Patienten lag das OS nach 5 Jahren bei 15,5 %, bei therapienaiven Patienten bei 23,2 %. In der Subgruppe der Patienten mit einer hohen PD-L1-Expression (> 50 %) lagen die entsprechenden Raten bei 25,0 % respektive 29,6 % (Abb. 1). Dies sind eindrückliche Daten, die die Bedeutung der Immuntherapie in der Behandlung des metastasierten NSCLC unterstreichen. Wichtig ist auch zu erwähnen, dass im Langzeitverlauf keine neuen oder kumulativen Toxizitäten zu verzeichnen waren. Auch von der KEYNOTE-189-Studie wurden Langzeitdaten, hier mit einem medianen Follow-up von 18,7 Monaten, gezeigt.<sup>18</sup> Diese Analyse bestätigte die Überlegenheit der Kombination von Platin/Pemetrexed mit Pembrolizumab als Erstlinientherapie bei nicht plattenepithelialem NSCLC (medianes OS 22,0 Monate) im Vergleich zur alleinigen Chemotherapie (medianes OS 10,7 Monate; HR: 0,56).</p> <p><strong><em>EGFR</em>-mutiertes NSCLC</strong></p> <p>Für Patienten mit <em>EGFR</em>-mutiertem NSCLC stellen EGFR-Tyrosinkinase-Inhibitoren (TKI) die Therapie der Wahl in der Erstlinienbehandlung dar. In der RELAY- Studie wurde untersucht, ob die Kombination von Erlotinib mit Ramucirumab (Antikörper gegen den Rezeptor 2 des vaskulären endothelialen Wachstumsfaktors, VEGFR2) der alleinigen Therapie mit Erlotinib überlegen ist.<sup>19</sup> 449 <em>EGFR</em>-mutierte, behandlungsnaive Patienten wurden in diese placebokontrollierte Studie eingeschlossen. Patienten mit ZNS-Metastasen konnten nicht in die Studie eingeschlossen werden. Das PFS als primärer Endpunkt konnte durch die Kombination signifikant verlängert werden (19,4 vs. 12,4 Monate; HR: 0,591; p < 0,0001). Dieser Effekt war unabhängig vom Typ der <em>EGFR-</em>Mutation (Exon-19-Deletion und Exon-21-Punktmutation). Die Ansprechraten waren in beiden Armen vergleichbar, das mediane OS als wichtiger sekundärer Endpunkt der Studie war in dieser Interimsanalyse in beiden Armen noch nicht erreicht. Das mediane PFS2, d. h. die Zeit bis zur Progression unter einer Zweitlinientherapie, war auch in beiden Armen noch nicht erreicht, die HR zeigt jedoch einen Vorteil für die Kombinationsbehandlung. Die Kombinationstherapie ging mit einer erhöhten Toxizität (insbesondere Dermatitis und Diarrhö) einher. Die Inzidenz der T790M-Resistenzmutation war in beiden Armen zum Zeitpunkt der ersten Progression gleich häufig. Eine monozentrische Studie aus Indien untersuchte, ob die Kombination aus einer Chemotherapie (Carboplatin/Pemetrexed) und dem EGFR-TKI Gefitinib der alleinigen Therapie mit Gefitinib überlegen ist.<sup>20</sup> Nachdem bereits letztes Jahr die NEJ009-Studie aus Japan einen Vorteil für eine Kombinationstherapie zeigte<sup>21</sup>, konnte nun auch die indische Studie einen signifikanten Vorteil für die Kombination demonstrieren. Das OS im Kombinationsarm war zum Zeitpunkt der Analyse nicht erreicht und lag bei 17 Monaten im Gefitinib-Arm (HR: 0,45) (Abb. 2). Das mediane Überleben von 17 Monaten im Standardarm ist aber verglichen mit anderen Studien niedrig und spiegelt die fehlenden weiteren therapeutischen Optionen dieser indischen Patientenpopulation wider. Die Kombinationstherapie (Chemotherapie + Gefitinib) ging erwartungsgemäss mit einer relevant erhöhten Rate an Nebenwirkungen einher (≥ G3-Toxizität: 50,6 % vs. 25,3 %). Beide hier besprochenen Studien sind wichtig, sie werden jedoch nicht unseren Standard ändern, da neuere EGFR-TKI zur Verfügung stehen, die eine bessere Aktivität – und Verträglichkeit – als die hier eingesetzten TKI der ersten Generation haben. Osimertinib als TKI der dritten Generation hat in der FLAURA-Studie einen signifikanten Vorteil gegenüber den TKI der ersten Generation gezeigt.<sup>22</sup> In einer kürzlich veröffentlichten Pressemitteilung wurde mitgeteilt, dass Osimertinib auch zu einem signifikant längeren Überleben führt.<sup>23</sup> Die Publikation dieser Daten steht noch aus. Studien zu den hier diskutierten Kombinationen von EGFR-TKI mit Angiogenesehemmer und Chemotherapie werden aktuell auch mit den neueren EGFR-TKI geplant und durchgeführt.<br />Nach einer Behandlung mit EGFR-TKI können verschiedene molekulare Mechanismen zur Entwicklung einer Resistenz führen. Hier sind neue Therapieansätze gefragt. Am diesjährigen ASCO wurden interessante Daten zu JNJ-372<sup>24</sup>, einem bispezifischen Antikörper gegen EGFR und c-MET, sowie zu U3-1402<sup>25</sup>, einem Antikörper gegen den «human epidermal growth factor receptor 3» (HER3), gebunden an eine zytotoxische Substanz, präsentiert. Beide Moleküle zeigten eine klinische Aktivität bei mit EGFR-TKI vorbehandelten Patienten und werden weiter untersucht.<br />Neben den klassischen <em>EGFR</em>-Mutationen, die rund 90 % aller <em>EGFR</em>-Mutationen ausmachen, gibt es seltenere Mutationen, wie zum Beispiel Exon-20-Insertionen, die weniger gut auf EGFR-TKI ansprechen oder mit einer primären Resistenz einhergehen.<sup>26</sup> Letztes Jahr wurden Daten zu Poziotinib, einem spezifischen Inhibitor der Exon-20-Mutation, gezeigt.<sup>27</sup> Am diesjährigen ASCO wurden nun Daten aus einer Studie mit TAK-788, einem selektiven <em>EGFR</em>-Exon-20-Inhibitor präsentiert.<sup>28</sup> Bei insgesamt 28 Patienten konnte eine Ansprechrate von 43 % erreicht werden. Die Substanz zeigte eine insgesamt gute Verträglichkeit mit gastrointestinaler Toxizität als häufigster Nebenwirkung.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Leading Opinions_Onko_1905_Weblinks_lo_onko_s77_abb1_rothschild.png" alt="" width="820" height="505" /></p> <p><strong><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Leading Opinions_Onko_1905_Weblinks_lo_onko_s78_abb2_rothschild.png" alt="" width="650" height="517" /></strong></p> <p><strong>Therapie anderer molekular definierter Subgruppen</strong></p> <p>Eine <em>MET</em>-Amplifikation kommt in 3–7 % aller NSCLC vor. Daneben kann auch eine MET-Mutation im Exon 14 zu einer Aktivierung dieses Signalwegs führen. <sup>29</sup> In der GEOMETRY-Studie wird der MET-Inhibitor Capmatinib in verschiedenen Kohorten von Patienten mit NSCLC und Aktivierung der MET-Signalkaskade untersucht. Aktuell wurden Daten für Patienten mit einer MET-Mutation mit oder ohne Vorbehandlung gezeigt und bestätigten die Aktivität von Capmatinib mit einer Ansprechrate von 40,6 % bei vorbehandelten und 67,9 % bei unbehandelten Patienten.<sup>30</sup> Auch für Tepotinib, einen anderen MET-Inhibitor, wurden interessante Daten für Patienten mit einer MET-Mutation gezeigt.<sup>31</sup><br />Eine Aktivierung des RET-Signalwegs durch Genfusionen kann in 1–2 % der NSCLC gefunden werden.<sup>32</sup> Bisher wurden unspezifische RET-Inhibitoren untersucht und zeigten eine gewisse Aktivität in dieser Subgruppe von Patienten.<sup>33, 34</sup>BLU-667 ist ein selektiver RET-Inhibitor, der in einer nun präsentierten Phase-I/II-Studie bei 120 Patienten mit <em>RET</em>-positivem NSCLC eine Ansprechrate von 58 % und eine Krankheitskontrollrate von 96 % zeigte.<sup>35</sup> Das Ansprechen war unabhängig vom Vorhandensein von Hirnmetastasen, dem Subtyp der <em>RET-</em>Alteration und von der Art der Vorbehandlung.<br />Rund ein Viertel der Patienten mit Adenokarzinom der Lunge weisen eine <em>KRAS-</em>Mutation auf.<sup>36</sup> Bisher gibt es keine etablierten spezifischen Therapieansätze für diese Gruppe von Patienten. AMG 510 ist ein irreversibler Inhibitor von KRAS G12C, der beim Bronchialkarzinom häufigsten <em>KRAS-</em>Mutation. In einer Phase-I-Studie wurden 35 Patienten mit metastasierten KRAS-G12C-mutierten Tumoren (davon 14 mit NSCLC) nach Versagen der Standardtherapie mit AMG 510 behandelt.<sup>37</sup> Es wurden keine dosislimitierenden Toxizitäten dokumentiert und es gab keine Therapie-assoziierten schweren Nebenwirkungen. Von 10 auswertbaren NSCLC-Patienten zeigten 5 ein radiologisches Tumoransprechen im Sinne einer partiellen Remission. Zum Zeitpunkt der Datenanalyse waren alle diese 5 Patienten noch unter Therapie.<br /><em>STK11/LKB1-</em>Mutationen vermitteln eine primäre Resistenz gegen die PD-1/PD-L1-Hemmung, was biologisch durch eine fehlende Infiltration mit tumorspezifischen T-Zellen (sog. «cold tumor») zu erklären ist.<sup>38</sup> Am diesjährigen ASCO wurde eine Analyse aus der KEYNOTE-189-Studie<sup>39</sup> (Carboplatin/Pemetrexed mit oder ohne Pembrolizumab) unter Berücksichtigung von <em>STK11/LKB1</em>- sowie <em>KEAP1-</em>Mutationen gezeigt<sup>40</sup>. Die Autoren konnten zeigen, dass Patienten mit einer <em>STK11/LKB1-</em> und/oder <em>KEAP1-</em>Mutationen keinen zusätzlichen Vorteil von einer Kombination mit Pembrolizumab hatten. Damit bestätigt diese Analyse früher publizierte Daten.<sup>38, 41</sup> Obwohl es bisher nur retrospektive Daten gibt, die eine verminderte oder sogar fehlende Wirksamkeit von PD-1/PD-L1-Inhibitoren bei Patienten mit<em> STK11/LKB1-</em> und/oder <em>KEAP1-</em>Mutationen zeigt, sollte der Einsatz von ICI in dieser Patientenpopulation sorgfältig abgewogen werden.</p> <p> </p> <h2>SCLC</h2> <p>Trotz zahlreicher Studien mit neueren Substanzen hat sich in den letzten Jahren kaum eine Verbesserung in der Behandlung des SCLC ergeben. Auch die ICI haben bei dieser Entität – trotz hoher Mutationslast – keine vergleichbar guten Resultate wie beim NSCLC gezeigt. Auch in der seit Langem ersten positiven randomisierten Phase-III-Studie beim therapienaiven, fortgeschrittenen SCLC («extensive disease»[ED]-SCLC) erbrachte die Hinzunahme von Atezolizumab zur Standardtherapie mit Carboplatin und Etoposid nur einen geringen OS-Vorteil von 2 Monaten.<sup>42</sup> Lurbinectedin ist ein Zytostatikum, das die Transkription hemmt. In einer am diesjährigen ASCO präsentierten Phase-II-Studie erhielten Patienten nach Versagen einer Platin-basierten Chemotherapie (davon 10 % mit Immuntherapie) in der zweiten Therapielinie Lurbinectedin.<sup>43</sup> In der Gesamtpopulation von 105 Patienten lag die Ansprechrate bei 35,2 %, die Krankheitskontrollrate bei 68,6 %. Sowohl bei Chemotherapie- sensitiven Patienten (n = 58; «objective response rate» [ORR]: 45,0 %) als auch bei Chemotherapie-resistenten (n = 47; ORR: 22,2 %) Patienten wurde ein Tumoransprechen beobachtet, welches über demjenigen der etablierten Zweitlinientherapie mit Topotecan (ORR: 16,9 %)<sup>44</sup> liegt. Die Dauer des Ansprechens lag bei 5,3 Monaten, das PFS bei 3,9 Monaten und das mediane OS bei 9,3 Monaten. Die Toxizität war primär durch die Hämatotoxizität (22,9 % Grad-3/4-Neutropenie) gekennzeichnet. Auf diesen vielversprechenden Resultaten und auf einer bisher unveröffentlichten Phase-Ib-Studie zur Kombination von Lurbinectedin mit Doxorubicin basierend läuft nun die randomisierte Phase-III-Studie ATLANTIS (NCT02566993), in welcher Lurbinectedin in Kombination mit Doxorubicin gegenüber Topotecan in der Zweitlinientherapie untersucht wird.<br />Eine weitere Studie beim rezidivierten SCLC untersuchte die Kombination von Irinotecan und Carfilzomib.<sup>45</sup> Diese Kombination zeigte in der Phase-II-Studie eine Ansprechrate von 17,7 % und wird nun auch in weiteren Studien untersucht.</p> <h2>Zusammenfassung</h2> <p>Trotz einer Vielzahl interessanter Studien und neuer Resultate gibt es nach dem diesjährigen ASCO keine Änderungen in den Therapiestandards. Bei NSCLC sind neben den Langzeitdaten der Immuntherapie sicherlich die neuen Moleküle für molekular charakterisierte Subgruppen zu erwähnen, die in weiteren Studien untersucht werden und z. T. schon in «Compassionate use»-Programmen zugänglich sind. Beim SCLC gibt es mit den diskutierten neuen Therapieansätzen einen kleinen Lichtblick für Patienten mit Rezidiv, wobei auch hier grössere und randomisierte Studien deren definitive Bedeutung werden zeigen müssen.</p></p>
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