
Studie zu Kopf-Hals-Tumoren
Das Biotechnologie-Unternehmen oncgnostics GmbH forscht gemeinsam mit der klinischen Abteilung für allgemeine HNO der Medizinischen Universität Graz im Rahmen der Studie „OroCa-Graz“ an einem Verfahren zur Diagnostik von Kopf-Hals-Tumoren. Die Studie möchte nachweisen, dass das entwickelte Diagnostikverfahren für Kopf-Hals-Tumoren und speziell das Oropharynxkarzinom anhand von nichtinvasiven Speichelproben bösartige Tumoren frühzeitig und sicher erkennen kann.
Übermäßiger Alkohol- und Tabakkonsum zählt zu den Hauptrisikofaktoren für Kopf-Hals-Tumoren. Daneben wurden in den letzten Jahren verstärkt Karzinomfälle im Mund-Rachen-Bereich verzeichnet, bei denen eine Infektion mit dem humanen Papillomavirus (HPV) vorlag. Die Rate an diesen HPV-assoziierten Karzinomen steigt jährlich um 2,1%. Die Zahl nicht-HPV-assoziierter Kopf-Hals-Karzinome sank im gleichen Zeitraum leicht um 0,4%.1 In Deutschland wird von einem derzeitigen Anteil von 40% HPV-induzierter Erkrankungen ausgegangen, Tendenz steigend.2
Neue Wege der Frühdiagnostik
Die Studienleitung der OroCa-Graz-Studie liegt bei Univ.-Prof. Dr. Dietmar Thurnher, Leiter der Abteilung für allgemeine HNO der Medizinischen Universität Graz. Er erklärt: „Trotz zunehmender Fälle erzielte die Therapie von Kopf-Hals-Tumoren in den letzten 20 Jahren keine wesentlichen Fortschritte. Zusätzlich zu den Neuerkrankungen kehrt bei der Hälfte der Patienten in den zwei Jahren nach Therapieabschluss der Krebs als Tumorrezidiv zurück. Zudem ist für Kopf-Hals-Tumoren bislang keine Frühdiagnostik etabliert. Das wollen wir ändern. Indem wir Oropharynxkarzinome, HPV-Infektionen und DNA-Methylierungsmarker in ihrer Beziehung zueinander untersuchen, entstehen neue Wege der Frühdiagnostik sowie der Sekundär- und Tertiärprävention.“
Die Sekundärprävention richtet sich an Personen mit einem erhöhten Krankheitsrisiko, zum Beispiel Raucher. Mit Vorsorgeuntersuchungen, Abklärungs- und Screeningtests könnten bösartige Erkrankungen besonders in Risikogruppen frühzeitig diagnostiziert oder Auffälligkeiten abgeklärt werden. Bislang wird dabei der Rachen nur inspiziert, wenn bereits Beschwerden auftreten. Maßnahmen der Tertiärprävention richten sich an Tumorpatienten, die sich nach einer Therapie in regelmäßiger klinischer Nachsorge befinden.
OroCa-Graz: Studienablauf
Im Rahmen der OroCa-Graz-Studie werden Gewebe- und Speichelproben von Patienten mit einem Oropharynxkarzinom vergleichend untersucht. Über die Abgabe einer einfachen Speichelprobe sollen Beschwerden im Kopf-Hals-Bereich später abgeklärt werden können. Der Nachweis einer bösartigen Erkrankung erfolgt über die Detektion von tumorspezifischen DNA-Methylierungsmarkern, die von oncgnostics entwickelt wurden. Zudem wird der HPV-Status aller Proben bestimmt. Anhand dieser Ergebnisse analysieren die Wissenschaftler, wie sensitiv die Tumorerkennung durch die Methylierungsmarker ist und ob ein Zusammenhang zwischen dem Auftreten der Tumormarker und einer HPV-Infektion besteht.
Weitere Speichelproben werden während der Nachsorge entnommen. Die Idee ist, dass Tumormarker, die bereits im Primärtumor nachgewiesen wurden, bei der Entstehung von Rezidiven erneut auftreten. Werden die Tumormarker in der Nachsorge nachgewiesen, kann entsprechend frühzeitig eingeschritten werden.
Forschung an DNA-Methylierungsmarkern seit 2012
Die oncgnostics GmbH beschäftigt sich seit ihrer Gründung 2012 speziell mit der Suche nach DNA-Methylierungsmarkern, auch für Kopf-Hals-Tumoren. Bisher wurde für die Erkrankung ein Set an potenziellen Tumormarkern anhand von Gewebe- und Abstrichproben etabliert. Einer dieser Tumormarker findet bereits Anwendung in der Diagnostik von Gebärmutterhalskrebs im Test GynTect®.
„Änderungen im DNA-Methylierungsmuster entstehen frühzeitig in der Tumorentwicklung. Über den Nachweis unserer krebsspezifischen Biomarker können wir daher beispielsweise prüfen, ob Krebsvorstufen vorliegen. Die Anwendung könnte zukünftig ein leistungsstarkes Werkzeug für die frühzeitige Erkennung im Rahmen einer Krebsvorsorge darstellen sowie als Teil der Nachsorgeuntersuchung bei Oropharynxkarzinomen gelten“, so Dr. Martina Schmitz, Geschäftsführerin der oncgnostics GmbH.
Quelle:
Presseaussendung der oncgnostics GmbH vom 20. April 2021
Literatur:
1 Universität Leipzig: Oropharynxkarzinom: Gute Prognose – aber nicht für alle Patienten. www.quintessence-publishing.com/deu/de/news/nachrichten/bunte-welt/oropharynxkarzinom-gute-prognose-aber-nicht-fuer-alle-patienten ; zuletzt aufgerufen am 20.4.2021 2 Wagner S et al.: Das HPV-getriebene Oropharynxkarzinom – Inzidenz, Trends, Diagnose und Therapie. Der Urologe 2018; 57: 1457-63