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10 European Federation for coloRectal Cancer Congress 20.–22. April 2017 Wien

Rektumkarzinom: hochauflösende MRT und Einsatzmöglichkeiten für das PET/MRT

<p class="article-intro">Das kolorektale Karzinom ist mit ca. 5000 Neuerkrankungen jährlich in Österreich die dritthäufigste Krebserkrankung – ein Drittel dieser Karzinome sind im Rektum lokalisiert. Aufgrund der anatomischen Gegebenheiten wird bei neu diagnostiziertem Rektumkarzinom zusätzlich zum üblichen Staging-CT des Abdomens und Thorax sowie der Koloskopie ein exaktes lokoregionäres Staging verlangt. Die hochauflösende MRT (HR-MRT) hat sich in diesem Bereich als Untersuchung der Wahl etabliert und wird daher in allen Guidelines für die primäre Abklärung des Rektumkarzinoms empfohlen.<sup>1</sup></p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Die HR-MRT wird zum lokoregion&auml;ren Staging f&uuml;r alle neu diagnostizierten Rektumkarzinome empfohlen.</li> <li>Die HR-MRT erm&ouml;glicht die individuelle Therapieplanung basierend auf etablierten Risikofaktoren f&uuml;r Lokalrezidiv und Fernmetastasen.</li> <li>Nach neoadjuvanter Therapie k&ouml;nnen mit der MRT zus&auml;tzlich zur klinischen Untersuchung Patienten mit gutem oder komplettem Tumoransprechen identifiziert werden, denen neue Therapiepfade neben der klassischen Operation angeboten werden k&ouml;nnen.</li> <li>Der Einsatz von Hybridverfahren wie PET/MRT wird derzeit in Studien getestet und kann das Staging des Primums sowie etwaiger Fernmetastasen erg&auml;nzen.</li> </ul> </div> <h2>Hochaufl&ouml;sende MRT</h2> <p>Als HR-MRT wird eine MRT-Technik bezeichnet, mit der eine exakte anatomische Darstellung des Tumors erm&ouml;glicht wird und zus&auml;tzlich weitere Risikofaktoren f&uuml;r Lokalrezidive bzw. Fernmetastasen evaluiert werden k&ouml;nnen. Dazu ist es erforderlich, d&uuml;nne Schichten von maximal 3mm Schichtdicke zu generieren und eine r&auml;umliche Aufl&ouml;sung von etwa 1mm<sup>3</sup> pro Voxel zu erreichen, was auf derzeit &uuml;blichen 1,5-T- und 3-T-Ger&auml;ten unter Verwendung eines dezidierten Protokolls m&ouml;glich ist. Die Verwendung von endorektalen Spulen ist nicht mehr erforderlich, was die Akzeptanz der Untersuchung verbessert hat. Obwohl intraven&ouml;se Kontrastmittelgabe und endorektale Gelf&uuml;llung laut Guidelines nicht als notwendig erachtet werden, f&uuml;hren wir dies jedoch an der MUW routinem&auml;&szlig;ig durch, weil die Tumorabgrenzung dadurch verbessert wird und beide Ma&szlig;nahmen von den Patienten gut toleriert werden.<br />Im ersten Schritt erfolgt die anatomische Beschreibung inklusive Angabe der Tumorl&auml;nge, der H&ouml;he ab ano sowie des Bezugs zum Sphinkterapparat, was in der chirurgischen Planung von entscheidender Bedeutung ist. Weiters kann die Zug&auml;nglichkeit des Beckens beurteilt (enges Becken bei M&auml;nnern mit erschwertem Zugang zu tiefen Karzinomen) sowie eine Nahebeziehung des Tumors zu Nachbarorganen wie Harnblase, Vagina oder Prostata abgekl&auml;rt werden.</p> <h2>Pr&auml;therapeutische Risikostratifizierung mit HR-MRT</h2> <p>Die wichtigste Festlegung ist die Einsch&auml;tzung des T-Stadiums, welche durch die HR-MRT mit einer Sensitivit&auml;t von bis zu 86 % gelingt. F&uuml;r fr&uuml;he Stadien (T1/2), welche im MRT erkannt, aber nicht n&auml;her differenziert werden k&ouml;nnen, empfiehlt sich die zus&auml;tzliche Durchf&uuml;hrung einer endorektalen Sonografie, um ganz fr&uuml;he Stadien (T1a/sm1), welche m&ouml;glicherweise f&uuml;r eine transanale Abtragung qualifizieren, zu erkennen. Alle anderen Karzinome sollten wegen des rasch ansteigenden Risikos einer Lymphknotenmetastasierung einer chirurgischen Therapie (totale mesorektale Exzision, TME) zugef&uuml;hrt werden. Tumoren mit intermedi&auml;rem Risiko (T3a und b, sehr tiefe T2-Tumoren, fragliche N+-Tumoren) k&ouml;nnen entweder direkt operiert werden oder mittels Kurzzeit-Radiotherapie vorbehandelt werden. Tumoren, die weit ins Mesorektum reichen (Stadium T3c und h&ouml;her), sowie jene, welche die mesorektale Faszie erreichen, haben ein drastisch erh&ouml;htes Lokalrezidivrisiko und werden &uuml;blicherweise mit einer Langzeit-Chemoradiotherapie (CRT) behandelt, um bei der TME eine Resektion mit negativem zirkumferentiellem Resektionsrand (CRM) zu erm&ouml;glichen und das Risiko f&uuml;r ein Lokalrezidiv zu reduzieren. Mit der MRT kann mit einer hohen Wahrscheinlichkeit (NPV 94 % ) ein negativer CRM vorhergesagt werden, bzw. es k&ouml;nnen Tumoren identifiziert werden, die nahe an den CRM heranreichen oder diesen gar &uuml;berschreiten. Die Konkordanz zwischen MRT und Pathologie des endg&uuml;ltigen Pr&auml;parates betr&auml;gt dabei 92 % (Abb. 1). <br />Die Beurteilung der Lymphknotenmetastasierung ist in allen diagnostischen Modalit&auml;ten schwierig, weil bis zu 50 % der befallenen Lymphknoten kleiner als 5mm sind und daher die &uuml;blichen Gr&ouml;&szlig;enkriterien f&uuml;r Lymphknotenmetastasen beim Rektumkarzinom nicht angewendet werden k&ouml;nnen (PPV=62 % ). Es empfiehlt sich die zus&auml;tzliche Einbeziehung von Form, Begrenzung und Beurteilung der internen Lymphknotenstruktur, um die diagnostische Genauigkeit etwas anzuheben &ndash; diese bleibt aber nach wie vor nicht zufriedenstellend. Aus diesem Grund k&ouml;nnen zwar Patienten mit eindeutig suspekten Lymphknoten der Hochrisikogruppe zugeordnet werden, es bleibt aber eine diagnostische Restunsicherheit bei kleinen Lymphknoten unklarer Dignit&auml;t, sodass eine Einstufung in h&ouml;here Risikogruppen mit Vorsicht erfolgen sollte.<br />Extramurale Gef&auml;&szlig;invasion (EMVI) liegt vor, wenn Tumorausl&auml;ufer im Mesorektum entlang oder innerhalb von Gef&auml;&szlig;en nachweisbar sind. Dies ist ein relevanter und unabh&auml;ngiger Risikofaktor f&uuml;r die Entwicklung von Fernmetastasen, aber auch Lokalrezidiven (3,7-fach erh&ouml;htes Risiko f&uuml;r Entwicklung von Fernmetastasen innerhalb des ersten Jahres) und kann im MRT verl&auml;sslich festgestellt werden. An manchen Institutionen werden diese Patienten aufgrund des hohen Rezidivrisikos bereits vor Resektion einer systemischen Chemotherapie zugef&uuml;hrt.<br />Die Risikostratifizierung mithilfe des MRT ist in Abbildung 2 laut Guidelines der European Society for Medical Oncology (ESMO) zusammengefasst.<sup>1</sup></p> <h2>Ansprechen auf neoadjuvante Therapie</h2> <p>Das zweite wichtige Einsatzgebiet der HR-MRT liegt im Restaging nach neoadjuvanter Therapie (meist Langzeit-CRT). Dieses sollte 6&ndash;8 Wochen nach Abschluss der Bestrahlung, vor einer etwaigen OP, erfolgen, um zu beurteilen, ob das chirurgische Ausma&szlig; adaptiert werden kann oder ob ein sehr gutes Ansprechen mit kompletter (CR) oder fast kompletter klinischer Remission erzielt wurde. Hier kommen zunehmend diffusionsgewichtete Sequenzen zum Einsatz, welche die Sensitivit&auml;t konventioneller T2w-Sequenzen deutlich anheben k&ouml;nnen (von ca. 50 % auf &uuml;ber 80 % ). Die Wahrscheinlichkeit f&uuml;r eine CR wird je nach Institution mit etwa 25 % angegeben und sollte in Zusammenschau mit dem klinischen Palpationsbefund, der Endoskopie sowie der HR-MRT (T2w und diffusionsgewichtete Sequenzen) beurteilt werden.<sup>2</sup> Die Kombination aller drei Modalit&auml;ten erreicht eine Nachtestwahrscheinlichkeit von 98 % f&uuml;r CR, das bedeutet, dass lediglich bei 2 % dieser Patienten, bei denen eine CR vermutet wird, noch Resttumor vorliegt. Falls nach CRT allerdings noch residu&auml;rer Tumor vermutet wird, besteht immer noch eine 15 % ige Chance auf eine histologische CR.<sup>2</sup> F&uuml;r Patienten mit CR gibt es zunehmend Ans&auml;tze, entweder organerhaltend zu operieren oder &uuml;berhaupt eine &bdquo;Watch and wait&ldquo;-Strategie mit engmaschigen Kontrollen zu verfolgen. Erste Kohortenstudien bzw. Registerdaten weisen auf die M&ouml;glichkeit hin, dass dieses differenzierte Vorgehen mit einem Gesamt&uuml;berleben (OS) von 87 % und einem lokalrezidivfreien &Uuml;berleben von 78 % nach 3 Jahren onkologisch sicher ist.<sup>3</sup> Ergebnisse prospektiv-randomisierter Studien stehen noch aus, daher ist dieses Vorgehen noch nicht als klinischer Standard zu betrachten. Die HR-MRT erm&ouml;glicht zus&auml;tzlich zur klinisch-endoskopischen Beurteilung ein Monitoring hinsichtlich des Auftretens eines Rezidivs in der Nachbeobachtungsphase. Untersuchungen in gr&ouml;&szlig;eren Kohorten und der Langzeitverlauf werden weitere Erkenntnisse auf diesem spannenden Gebiet liefern.</p> <h2>Potenzielle Einsatzbereiche f&uuml;r das PET/MRT</h2> <p>Das PET/MRT erm&ouml;glicht die gleichzeitige Durchf&uuml;hrung einer HR-MRT-Untersuchung des Beckens mit einer Positronenemissionstomografie (PET). Obwohl in Studien zum Einsatz der PET oder PET/CT kein zus&auml;tzlicher Mehrwert im lokalen Staging gezeigt werden konnte, ist die gleichzeitige Darstellung von Anatomie und Funktion mit keiner anderen Methode so gut m&ouml;glich wie mit der PET/MRT. Vielversprechend ist vor allem die Pr&auml;diktion des Ansprechens auf eine Radiochemotherapie (vor und nach Therapie) bzw. das Monitoring hinsichtlich eines Lokalrezidivs bei Patienten mit CR und Versuch des Organerhalts. Die M&ouml;glichkeit, das Staging des Rektumkarzinoms mit einer einzigen Ganzk&ouml;rper-PET/MRT-Untersuchung durchzuf&uuml;hren, wird derzeit im Rahmen von Studien untersucht. Zus&auml;tzlich zur besseren Detektion von Lebermetastasen und entfernten Lymphknoten k&ouml;nnte ein zus&auml;tzlicher Mehrwert dieser Untersuchung in der Darstellung von Zweitkarzinomen bei nicht durchf&uuml;hrbarer Koloskopie liegen. Die Detektion von Knochenmetastasen ist im Vergleich zum CT verbessert (Abb. 3), f&uuml;r die optimale Darstellung von Lungenmetastasen wird allerdings derzeit noch eine zus&auml;tzliche CT-Untersuchung des Thorax ben&ouml;tigt.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Onko_1705_Weblinks_s91_1.jpg" alt="" width="686" height="904" /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Onko_1705_Weblinks_s91_2.jpg" alt="" width="1762" height="607" /></p> <p><strong>Acknowledgment:</strong></p> <p>Die Untersuchungen wurden in Kooperation mit Prof. Dr. A. Haug und Prof. Dr. A. Ba-Ssalamah an der Universit&auml;tsklinik f&uuml;r Radiologie und Nuklearmedizin der Medizinischen Universit&auml;t Wien durchgef&uuml;hrt.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Glimelius B et al.: Rectal cancer: ESMO clinical practice guidelines for diagnosis, treatment and follow-up. Ann Oncol 2013; 24(6): vi81-8 <strong>2</strong> Maas M et al.: Assessment of clinical complete response after chemoradiation for rectal cancer with digital rectal examination, endoscopy, and MRI: selection for organ-saving treatment. Ann Surg Oncol 2015; 22(12): 3873-80 <strong>3</strong> Renehan AG et al.: Watch-and-wait approach versus surgical resection after chemoradiotherapy for patients with rectal cancer (the OnCoRe project): a propensity-score matched cohort analysis. Lancet Oncol 2016; 17(2): 174-83<br />Weitere Referenzen beim Autor<br /><br /></p> </div> </p>
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