Praxis-verändernde Ergebnisse zum frühen Brustkrebs vom ESMO 2025
Bericht:
Dr. Ine Schmale
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Beim diesjährigen ESMO-Kongress gezeigte Ergebnisse zur Behandlung des frühen Mammakarzinoms werden die Standardbehandlung für Patient:innen sowohl mit HER2-positiver als auch HER2-negativer/HR-positiver Erkrankung verändern.
Neoadjuvante Therapie mit T-DXd bei Hochrisiko
Nach über eine Dekade ohne neue Therapieoptionen besteht ein Bedarf an effektiverer und nebenwirkungsärmerer Behandlungsmöglichkeiten für Hochrisiko-Patient:innen mit HER2-positivem (HER2+) frühem Brustkrebs. Die DESTINY-Breast11-Studie untersuchte, ob Trastuzumab deruxtecan (T-DXd) in der neoadjuvanten Situation einen Fortschritt bezüglich Wirksamkeit und Sicherheit bringen könnte.1
In der dreiarmigen randomisierten Studie erhielten insgesamt 927 Patient:innen neoadjuvant 4 Zyklen T-DXd gefolgt von 4 Zyklen THP (Paclitaxel, Trastuzumab, Pertuzumab) oder 4 Zyklen Doxorubicin, Cyclophosphamid plus Paclitaxel (ddAC) gefolgt von 4 Zyklen THP oder 8 Zyklen T-DXd. Der dritte Studienarm wurde frühzeitig geschlossen, da die Wahrscheinlichkeit einer Überlegenheit zu ddAC-THP niedrig und das zeitliche Einbinden der Operation schwierig waren. Primärer Endpunkt der Studie war die pathologische Komplettremission (pCR: ypT0/is ypN0).
In den drei Studienarmen wurden 99,7% vs. 97,5% vs. 99,0% der randomisierten Patient:innen mit der Studienmedikation behandelt und bei 97,2% vs. 93,8% vs. 95,8% wurde schließlich eine Resektion durchgeführt. Die Patient:innen waren median 50 Jahre alt, hatten in 72–73% der Fälle einen HR-positiven Tumor und in 88–89% einen positiven Nodalstatus. Im Vergleich der Studienarme mit T-DXd-THP versus ddAC-THP erreichten 67,3% versus 56,3% der Patient:innen eine pCR. Der absolute Unterschied betrug in der Gruppe der HR-positiven Patient:innen 9,1% (61,4% vs. 52,3%) und in der Gruppe der HR-negativen Patient:innen 16,1% (83,1% vs. 67,1%). Der Vorteil von T-DXd gegenüber ddAC bezüglich des ereignisfreien Überlebens (EFS) erreichte mit einer Hazard-Ratio (HR) von 0,56 bei einer Datenreife von 4,5% noch nicht die statistische Signifikanz (95% CI: 0,26–1,17). Die Kaplan-Meier-Kurven separierten früh und die EFS-Rate nach 24 Monaten betrug 96,9% versus 93,1% (Abb. 1). Das Sicherheitsprofil war im T-DXd-THP-Arm günstiger verglichen mit dem ddAC-THP-Regime. Grad≥3-Nebenwirkungen traten bei 37,5% versus 55,8% der Patient:innen auf, klinisch relevante Nebenwirkungen bei 10,6% versus 20,2%. Eine Therapie-assoziierte interstitielle Lungenerkrankung (ILD)/Pneumonitis wurde bei 4,4% versus 5,1% der Patient:innen berichtet und eine linke ventrikuläre Dysfunktion bei 1,3% versus 6,1%. Bei 3,4% versus 2,6% der Patient:innen verzögerten Nebenwirkungen den Zeitpunkt der Operation. 37,8% versus 54,5% der Patient:innen brachen eine der Studienmedikationen aufgrund von Nebenwirkungen ab, 14,1% versus 9,9% die komplette Therapie.
Abb. 1: Ereignisfreies Überleben (EFS) mit neoadjuvantem T-DXd-THP versus ddAC-THP bei Hochrisikopatient:innen mit HER2+ Brustkrebs (modifiziert nach Harbeck N et al.)1
Der Vergleich des dritten Studienarms (alleiniges T-DXd) gegenüber ddAC-THP zeigte eine verminderte pCR-Rate (43,0% vs. 56,3%), aber ein vergleichbares EFS (HR: 0,82; 95% CI: 0,41–1,62) mit einer 24-Monats-Rate von 94,4% versus 93,1%. Das Nebenwirkungsprofil war unter T-DXd günstiger verglichen mit ddAC-THP. Bei 6,4% der Patientinnen im T-DXd-Arm wurde die Operation aufgrund von Nebenwirkungen später durchgeführt.
Fazit
Laut Ergebnissen der DESTINY-Breast11-Studie ist die neoadjuvante Therapie mit T-DXd-THP effektiver und verträglicher als ddAC-THP und sollte möglicherweise das bevorzugte Regime für Hochrisikopatient:innen mit HER2+ frühem Brustkrebs sein.
Möglicher neuer Standard mitadjuvantem T-DXd
Nach neoadjuvanter Therapie benötigen Hochrisikopatient:innen mit frühem, HER2-positivem Brustkrebs und invasiver Resterkrankung eine intensive, effektive adjuvante Behandlung. Die DESTINY-Breast05-Studie ist eine globale, multizentrische, randomisierte, offene Phase-III-Studie, mit der die Wirksamkeit und Sicherheit der adjuvanten Gabe von T-DXd gegen Trastuzumab-Emtansin (T-DM1) bei dieser Patientenklientel verglichen wurde.2 1635 Patient:innen erhielten randomisiert 14 Zyklen (q3w) T-DXd oder T-DM1. Der primäre Studienendpunkt war das invasiv-krankheitsfreie Überleben (IDFS).
Mit einer medianen Nachbeobachtungszeit von 30 Monaten hatten 72–76% der Studienteilnehmer:innen die Studienmedikation komplettiert. Studienabbrüche erfolgten bei 17,9% (T-DXd) bzw. 12,7% (T-DM1) der Patient:innen aufgrund von Nebenwirkungen und bei 0,2% bzw. 3,7% aufgrund des Krankheitsrückfalls. Bezüglich der Effektivität zeigte sich mit T-DXd eine signifikante Risikoreduktion für einen invasiven Krankheitsrückfall um 53% im Vergleich zur T-DM1-Behandlung (HR: 0,47; 95% CI: 0,34–0,66; p<0,0001). Nach 3 Jahren lebten 92,4 versus 83,7% der Patient:innen ohne invasiven Krankheitsrückfall. Von 42 unter T-DXd berichteten Fernmetastasierungen betrafen 17 das Gehirn und 25 andere Lokalisationen, unter T-DM1 waren es insgesamt 77 Patient:innen mit Fernmetastasen, darunter 25 im Gehirn und 52 in anderen Organen. Für das krankheitsfreie Überleben (DFS) wurde eine Risikoreduktion von 53% (HR: 0,47; 95% CI: 0,34–0,66; p<0,0001) berichtet, mit 3-Jahres-DFS-Raten von 92,3% versus 83,5%. Das Gesamtüberleben (OS) zeigte mit insgesamt 47 Ereignissen und einer Reife von 2,9% ein Signal für einen Überlebensvorteil durch die adjuvante T-DXd-Therapie. Die HR für das OS lag bei 0,61 (95% CI: 0,34–1,10) und die 3-Jahres-OS-Raten bei 97,4% versus 95,7%. Nebenwirkungen waren unter T-DXd im Vergleich zu T-DM1 häufiger, aber in der Regel handhabbar. Der Unterschied in der Häufigkeit des Therapieabbrechens unter T-DXd wurde von der ILD/Pneumonitis getrieben (10,8% vs. 2,5% Therapieabbrecher:innen). Es wurden keine neuen Sicherheitssignale berichtet.
Fazit
Die Wirksamkeitsergebnisse der DESTINY-Breast05-Studie stützen T-DXd als neuen Standard für die adjuvante Therapie von Patient:innen mit Hochrisiko-HER2-positivem frühem Brustkrebs, die nach neoadjuvanter Therapie invasive Tumorreste aufweisen. Nebenwirkungen traten häufiger auf als unter T-DM1, waren aber handhabbar.
Adjuvante Konsequenz nach Risikoeinschätzung beim HER2–/HR+ Brustkrebs
Die SOLTI-RIBOLARIS-Studie wurde aufgelegt, um der Hypothese nachzugehen, dass das molekulare Downstaging mit endokriner Therapie (ET) plus CDK4/6-Inhibitor Patient:innen mit Hochrisiko- HER2–/HR+ Brustkrebs möglicherweise eine Chemotherapie sicher ersparen kann.3 Es wurden 1100 prä-und postmenopausale Patient:innen mit Brustkebs im klinischen Stadium II, Grad 2 oder 3 eingeschlossen. Die Behandlung bestand aus 24 Wochen Ribociclib (600mg) plus Letrozol (± LHRH) gefolgt von der Resektion. Die Kohorte mit einem niedrigen Progressionsrisiko („ROR low“), definiert als ROR(„risk of recurrence“)-Score ≤30 Punkte bei N0, ROR≤20 Punkte bei ROR N1mi und ROR≤10 Punkte bei N1, erhielt adjuvant über die Dauer von 2,5 Jahren Ribociclib (400mg) plus Letrozol (± LHRH) und danach ET (± LHRH). Patient:innen mit mittlerem oder hohem ROR-Score erhielten zusätzliche adjuvant eine Chemotherapie. Primärer Studienendpunkt war das Fernmetastasen-freie Überleben (DMFS) der Kohorte mit niedrigem ROR-Score.
Daten von 686 Patient:innen, davon 38,2% im prä- oder perimenopausalen Stadium, wurden nach der Operation ausgewertet. 52,6% dieser Patient:innen zeigten ein niedriges Rezidivrisiko laut ROR-Score. Im Vergleich zur Kohorte mit mittlerem oder hohem ROR-Score, waren Patient:innen mit niedrigem Risiko häufiger in der Prä- oder Perimenopause (43,6% vs. 32,1%), hatten häufiger einen pathologischen T-Status (ypT1: 65,9% vs. 48,9%), häufiger einen pathologischen N-Status (ypN0: 69,5% vs. 24,6%) und häufiger eine Brust-erhaltende Operation (77,0% vs. 70,2%) erhalten. An frühen Ergebnissen wurde beobachtet, dass 16,8% der Patient:innen die Therapie aufgrund von Nebenwirkungen abgebrochen hatten. Während der neoadjuvanten Behandlung wurde ein Krankheitsprogress bei 15 Patient:innen (2,19%) gesehen.
Fazit
Die Daten der RIBOLARIS-Studie weisen darauf hin, dass ein wichtiger Anteil an Patient:innen mit HER2–/HR+ Brustkrebs und hohem Rezidivrisiko mit einer neoadjuvanten Behandlung mit Ribociclib plus Letrozol eine ROR-low-Erkrankung erreichen und damit möglicherweise die Chemotherapie vermeiden können.
Adjuvanter CDK4/6-Inhibitor verlängert Gesamtüberleben
In der monarchE-Studie verbesserten 2 Jahre adjuvantes Abemaciclib plus ET signifikant das IDFS im Vergleich zur alleinigen ET bei Patient:innen mit HER2–/HR+, Lymphknoten-positivem Brustkrebs und hohem Rezidivrisiko. Beim ESMO-Kongress 2025 wurden, mit einer medianen Nachbeobachtungszeit von 76 Monaten, die ersten OS-Ergebnisse präsentiert.4
Das Risiko zu sterben wurde durch Abemaciclib um 16% signifikant reduziert (HR: 0,84; 95% CI: 0,72–0,98; p=0,027). Die Kaplan-Meier-Kurven zeigen nach 5 Jahren eine fortlaufend größere Separation der Kurven (Abb. 2). Basierend auf der ITT-Population waren zum Zeitpunkt der Auswertung 2,8% vs. 2,3% ohne und 7,9% vs. 10,5% mit Zusammenhang mit der Krebserkrankung gestorben und 6,4% versus 9,4% lebten mit metastasierter Erkrankung. Im Umkehrschluss lebten 85,7% vs. 80,1% der Patient:innen ohne metastasierte Erkrankung. Es wurden mit der längeren Beobachtungszeit keine neuen Sicherheitssignale berichtet.
Abb. 2: Gesamtüberleben (OS) unter adjuvanter Behandlung mit Abemaciclib + ET vs. ET bei Hochrisikopatient:innen mit HER2–/HR+ Brustkrebs (modifiziert nach Johnston R et al.)4
Fazit
Mit Abemaciclib wurde eine statistisch signifikante Verlängerung des OS bei Patient:innen mit HER2–/HR+, nodal-positivem Hochrisiko-Mammakarzinom gezeigt.
Quelle:
Jahrestagung der European Society of Medical Oncology (ESMO), 17.–21. Oktober 2025, Berlin und online
Literatur:
1 Harbeck N et al.: DESTINY-Breast11: Neoadjuvant trastuzumab deruxtecan alone (T-DXd) or followed by paclitaxel + trastuzumab + pertuzumab vs. SOC for high-risk HER2+ early breast cancer. ESMO 2025; Abstr. #291O 2 Geyer CE et al.: Trastuzumab deruxtecan vs trastuzumab emtansine in patients with high-risk human epidermal growth factor receptor 2-positive (HER2+) primary breast cancer with residual invasive disease after neoadjuvant therapy: Interim analysis of DESTINY-Breast05. ESMO 2025; Abstr. #LBA1 3 Cottu PH et al. Risk of recurrence after neoadjuvant ribociclib plus ET in clinically high-risk ER+/HER2- BC: preliminary analysis of the SOLTI-RIBOLARIS trial. ESMO 2025; Abstr. #296O 4 Johnston R et al.: monarchE: Primary overall survival results of adjuvant abemaciclib + endocrine therapy for HR+, HER2-, high-risk early breast cancer. ESMO 2025; Abstr. #LBA13
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