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Neues vom ASH zur Erstlinientherapie der CML
Jatros
Autor:
Prim. Univ.-Prof. Dr. Andreas Petzer
Ordensklinikum Linz Barmherzige Schwestern – Elisabethinen<br> Abteilung Interne I für Hämatologie mit Stammzelltransplantation, Hämostaseologie und internistischer Onkologie<br> E-Mail: andreas.petzer@ordensklinikum.at
30
Min. Lesezeit
01.03.2018
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<p class="article-intro">Daten zur Erstlinientherapie der chronischen myeloischen Leukämie waren beim ASH Annual Meeting 2017 zahlreich vertreten. Neben der finalen Evaluation der deutschen CML-IV-Studie wurden auch Analysen aus der SEER-Datenbank präsentiert, die zeigen, dass CML-Patienten unter anderem ein erhöhtes Risiko für Sekundärmalignome aufweisen. Außerdem wurden die 18-Monats-Follow-up-Daten einer Studie präsentiert, die zeigen, dass die verbesserte Rate an MMR unter Bosutinib im Vergleich zu Imatinib bestehen bleibt. Diese Daten führten noch im Dezember 2017 zu einer FDA-Zulassung von Bosutinib in der Erstlinienbehandlung der CML.</p>
<hr />
<p class="article-content"><h2>Finale Evaluation der CML-IV-Studie</h2> <p>Die wichtigsten Daten, die beim heurigen ASH berichtet wurden, kommen von der finalen Evaluation der deutschen CML-IV-Studie (Abstract #897). Dabei handelt es sich um eine Imatinib-Optimierungsstudie. Verglichen wurden im Wesentlichen Imatinib 400mg mit Imatinib 800mg bzw. Imatinib 400mg plus Interferon oder Imatinib plus Cytosinarabinosid. Diese Studie wurde an 210 Zentren an über 1500 Patienten in Deutschland, der Schweiz und Tschechien durchgeführt. Hervorzuheben ist, dass die Einschlusskriterien für diese Studie sehr großzügig waren und die eingeschlossenen Patienten der Real-World-Population sehr ähnlich waren. So lag das mediane Alter im Gegensatz zu zahlreichen Zulassungsstudien von Zweitgenerations-Tyrosinkinasehemmern (2<sup>nd</sup>-G-TKI; z.B. medianes Alter für Dasatinib-Patienten in DASISION-Studie 46 Jahre) bei 53 Jahren. Zum Zeitpunkt der Evaluation (mediane Beobachtungsdauer 9,5 Jahre) waren 62 % der Patienten nach wie vor unter Imatinib-Therapie, 26,2 % der Patienten hatten auf einen 2<sup>nd</sup>- G-TKI gewechselt. 9 % erhielten eine allogene Stammzelltransplantation, 5,8 % zeigten eine Progression in eine Blastenkrise, 18 % der Patienten sind während dieser Zeit verstorben.<br /> Die 10-Jahres-OS-Rate dieser Patienten belief sich auf 82 % und war interessanterweise nicht unterschiedlich hinsichtlich der Art der Initialbehandlung. Patienten, die unter 400mg Imatinib eine gute Response gemäß den ELN-Kriterien hatten, zeigen eine Lebenserwartung ähnlich der der Normalbevölkerung. Interessant war, dass das raschere und initial tiefere molekulare Ansprechen unter Imatinib 800mg im Vergleich zu 400mg nicht zu einem verlängerten Gesamtüberleben führte. Insgesamt erzielten 81 % der Patienten kumulativ über zehn Jahre eine MR<sup>4</sup> und 72 % eine MR<sup>4,5</sup>. Das bedeutet, dass 70– 80 % der Patienten im Verlauf von zehn Jahren potenziell Kandidaten für ein Absetzen von Imatinib sind.<br /> Bezogen auf das Gesamtüberleben war es interessant zu beobachten, dass während der ersten 5 Jahre „Tod durch CML“ und „Tod nicht durch die CML-Erkrankung verursacht“ sich in etwa die Waage hielten, im weiteren Verlauf jedoch „Tod nicht durch die CML-Erkrankung verursacht“ überwog. In Summe sind nur 6 % der Patienten an den Folgen der CML und 12 % der Patienten an anderen Ursachen gestorben. Inwieweit jedoch vermeintliche Fälle von „Tod nicht durch die CMLErkrankung verursacht“ eventuell auf die langfristige Einnahme von Imatinib zurückzuführen sind, wurde nicht näher beschrieben.<br /> Im Abstract #350 wurden zum Beispiel Analysen aus der SEER-Datenbank präsentiert, die zeigen, dass CML-Patienten unter anderem ein erhöhtes Risiko für Sekundärmalignome aufweisen. Inwieweit dies auf die langjährige Behandlung mit TKI zurückzuführen ist oder andere Ursachen hat, ist bislang nicht bekannt. Im Rahmen der deutschen CML-Studie konnte gezeigt werden, dass sowohl krankheitsbezogene als auch patientenbezogene Faktoren einen Einfluss auf das Gesamtüberleben haben. Ungünstig sind unter anderem das Vorhandensein von sogenannten „major root“ zytogenetischen Aberrationen (dazu gehören Trisomie 8, ein zusätzlich vorhandenes Ph-Chromosom, Isochromosom (17q), Trisomy 19), oder ein hoher Risikostatus (z.B. nach Sokal oder EUTOS Score) bei Diagnosestellung. Andererseits haben auch vorhandene Komorbiditäten, Rauchen und das gewählte Zentrum einen signifikanten Einfluss auf das Gesamtüberleben (Tab. 1).</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Onko_1801_Weblinks_jatros_onko_1801_s18_tab1.jpg" alt="" width="1419" height="654" /></p> <h2>Neue FDA-Zulassung für die Erstlinienbehandlung der CML (BFORE-Studie)</h2> <p>Nachdem der Erstlinienvergleich von Bosutinib 500mg mit Imatinib 400mg aufgrund der hohen Toxizität von Bosutinib 500mg und der dadurch verbundenen hohen Drop-out-Rate nicht zu einer verbesserten kompletten zytogenetischen Remissionsrate (CCyR) nach 12 Monaten geführt hatte, wurde eine ähnliche Studie mit einer erniedrigten Bosutinib-Dosis von 400mg/Tag im Vergleich zu Imatinib 400mg/Tag neu aufgelegt. Dabei zeigte sich eine signifikant verbesserte Rate an „major molecular responses“ (MMR) nach 12 Monaten zugunsten von Bosutinib im Vergleich zu Imatinib.<br /> Beim ASH wurden die 18-Monats-Follow- up-Daten präsentiert, die zeigen, dass die verbesserte Rate an MMR im Vergleich zu Imatinib bestehen bleibt. Diese Daten führten noch im Dezember 2017 zu einer FDA-Zulassung von Bosutinib in der Erstlinienbehandlung der CML. Erwähnenswert ist dabei, dass die Rate an Progressionen in den ersten 18 Monaten zwischen Bosutinib und Imatinib nicht unterschiedlich war (Bosutinib: 6 Patienten, Imatinib: 7 Patienten).</p> <div id="fazit"> <h2>Fazit</h2> <p>Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Imatinib 400mg/Tag weiterhin eine gute Erstlinientherapieoption für zahlreiche CMLPatienten darstellt. Wichtig sind insbesondere ein gutes Monitoring in den ersten 18 Monaten nach Therapiebeginn und ein entsprechendes Reagieren bei einem Therapieversagen nach den aktuell gültigen ELN-Kriterien. Bei speziellen krankheitsbedingten Hochrisikosituationen wie Vorliegen von „major root“ zytogenetischen Aberrationen oder Hochrisiko nach Sokal oder EUTOS sollten alternative Therapien wie 2<sup>nd</sup>-GTKI eingesetzt werden. In der Erstlinie steht uns neben Imatinib, Dasatinib und Nilotinib wohl auch in Europa zukünftig (nach EMAZulassung) mit Bosutinib eine weitere Therapieoption zur Verfügung.</p> </div></p>
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