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Neues vom ASCO zur Behandlung des Mammakarzinoms
Leading Opinions
Autor:
Prof. Dr. med. Bernhard Pestalozzi
Zentrum für Hämatologie und Onkologie, Universitätsspital Zürich<br> E-Mail: bernhard.pestalozzi@usz.ch
Autor:
Dr. med. Cornelia Brüssow
Zentrum für Hämatologie und Onkologie, Universitätsspital Zürich<br> E-Mail: cornelia.bruessow@usz.ch
30
Min. Lesezeit
21.09.2017
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<p class="article-intro">Der diesjährige ASCO-Kongress brachte einige Neuigkeiten zur Behandlung des Mammakarzinoms mit Relevanz für die klinische Praxis. Im folgenden Bericht werden die Highlights vom Kongress zu HER2-positivem und -negativem Brustkrebs zusammengefasst und es wird Einblick in Immuntherapien beim Mammakarzinom gewährt.</p>
<hr />
<p class="article-content"><h2>HER2-negativer Brustkrebs</h2> <p><strong>CDK4/6-Inhibitoren auf dem Weg zum neuen Standard beim metastasierten Mammakarzinom</strong><br /> Zur Intensivierung der endokrinen Therapie stellen neben Everolimus (verlängertes progressionsfreies Überleben [PFS] von 6,5 Monaten)<sup>1</sup> und Bevacizumab (PFS-Vorteil von 4,7 Monaten; um 21 % verbesserte Gesamtansprechrate [ORR]; gleiches Gesamtüberleben [OS]; gepoolte Analyse) die CDK4/6-Inhibitoren seit Kurzem eine weitere Option dar, mit vergleichsweise guter Verträglichkeit.<br /> Die CDK4/6-Inhibitoren greifen die Cyclin-abhängigen Kinasen (CDK) 4/6 an, welche nach Östrogen-Stimulation der Krebszelle an Cyclin D1 binden, dadurch zur Phosphorylierung des Retinoblastom- Proteins (RB) führen und auf diesem Weg die Zellteilung aktivieren.<br /> Für die Erstlinientherapie postmenopausaler Patientinnen wurde der CDK4/6- Inhibitor Palbociclib in Kombination mit Letrozol bereits 2015 von der FDA zugelassen, basierend auf den Ergebnissen der randomisierten Phase-I/II-Studie PALOMA- 1. Diese hatte eine signifikante Verdopplung des PFS auf 20 Monate mit einer Hazard-Ratio (HR) von 0,49 gezeigt.<sup>2</sup> Die beiden aktuell vorgestellten Phase-IIIStudien bestätigten die Verlängerung des medianen PFS von 14,5 auf 25,0 Monate unter Palbociclib (PALOMA-2) bzw. die Verbesserung des 1,5-Jahres-PFS von 42 auf 63 % unter dem CDK4/6-Inhibitor Ribociclib (MONALEESA-2). Die OS-Daten zeigten allerdings weiterhin keinen statistisch signifikanten Unterschied.<br /> Für die Monotherapie mit CDK4/6-Inhibitoren nach Progress unter endokriner Behandlung zeigten sowohl PALOMA-3 (Palbociclib) als auch der MONARCHTrial (Abemaciclib) jeweils ein signifikant verlängertes PFS auf 10 bzw. 16 Monate gegenüber Placebo, bei einer Gesamtansprechrate von 19 % bzw. 48 % bei der weniger vorbehandelten Patientengruppe. Der Phase-II-Studie TREnd zufolge scheint Palbociclib als Zweit- bzw. Drittlinientherapie eine erworbene endokrine Resistenz aufheben zu können: Zwar lag die Remissionsrate (RR) lediglich bei 7 % (Monotherapie) bzw. 11 % für die Kombination, es erreichten jedoch immerhin 54 bis 60 % der Patientinnen einen klinischen Nutzen, bei einem PFS von 10,8 Monaten für die Kombination mit Fulvestrant oder einem Aromataseinhibitor.<br /> In der Schweiz ist die Zulassung derzeit beschränkt auf die Zweitlinientherapie mit Palbociclib in Kombination mit Fulvestrant. In den USA wurde dieses Jahr zudem Ribociclib zugelassen. Ein dritter CDK4/6-Inhibitor, Abemaciclib, befindet sich aktuell in der Phase klinischer Studien.</p> <p><strong>mTOR-Inhibitoren nicht geeignet «beyond progression»</strong><br /> Zur Effektivität von Everolimus wurde die Phase-II-Studie BOLERO-4 vorgestellt, welche nach gutem PFS von 22 Monaten für die Erstlinientherapie in Kombination mit Letrozol leider enttäuschende Daten für die Fortführung in der Zweitlinie in Kombination mit Aromasin zeigte. Für die Zweitlinie sollte also ein Substanzwechsel erfolgen.</p> <p><strong>PARP-Inhibitoren vielversprechend</strong><br /> An der ASCO-Vollversammlung vorgestellt wurde die Phase-III-Studie OlympiAD, welche für vorbehandelte Patientinnen mit BRCA-mutiertem Tumor (50 % tripelnegativ) die Monotherapie mit Olaparib gegenüber entweder Capecitabin, Eribulin oder Vinorelbin untersuchte. Olaparib erreichte mit 60 % eine doppelt so hohe Ansprechrate wie die Chemotherapie sowie eine Verlängerung des PFS um knapp 3 Monate (Abb. 1) – dies bei deutlich besserer Lebensqualität für die Behandelten.<br /> Die Daten für das Gesamtüberleben sind bislang nicht signifikant. In der Schweiz ist Olaparib derzeit lediglich zur Therapie des Ovarialkarzinoms zugelassen.<br /> Für die neoadjuvante Situation beim tripelnegativen Mammakarzinom zeigte eine Phase-III-Studie zwar keinen Vorteil für die Hinzunahme von Veliparib zur Standardchemotherapie mit 12 Wochen Paclitaxel. Dagegen konnte die zusätzliche Carboplatin- Gabe die Rate an pathologischen Komplettremissionen (pCR) gegenüber dem Arm ohne Carboplatin um >20 % steigern. Dieser Effekt war unabhängig vom BRCA-Mutationsstatus zu verzeichnen.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Leading Opinions_Onko_1705_Weblinks_lo_onko_1705_s38_abb1.jpg" alt="" width="1457" height="980" /></p> <p><strong>Adjuvante endokrine Therapie bleibt unverändert</strong><br /> Den möglichen Verzicht auf Anthrazykline (AC) prüften die Phase-III-Studien Plan B und ABC: Für den Arm mit 6 Zyklen Docetaxel/Cyclophosphamid (DC) erreichte Plan B mit einer prognostisch günstigeren Studienpopulation von 59 % nodal-negativen und lediglich 18 % HRnegativen Patientinnen Non-Inferiority. Dagegen schnitt der DC-Arm in der ABCStudie mit ihrem grösseren Anteil nodalpositiver sowie HR-negativer Patientinnen schlechter ab gegenüber 4x AC und Paclitaxel. Damit bleiben Anthrazykline ein wichtiger Bestandteil der adjuvanten Therapie. Ein Verzicht kommt allenfalls für die Gruppe der nodal-negativen, HR-positiven Patientinnen infrage.<br /> Zur Frage des Nutzens einer zweiten adjuvanten Chemotherapie nach lokoregionärem Rezidiv präsentierte Prof. Stefan Aebi die 10-Jahres-Daten der CALOR-Studie: Bei wenngleich eher kleinen Patientenzahlen und nicht einheitlicher Chemotherapie fand sich dennoch ein klarer Vorteil für die Gruppe der HR-negativen Patientinnen (HR: 0,48).</p> <h2>HER2-positiver Brustkrebs</h2> <p><strong>Biosimilars sind im Kommen</strong><br /> Mit zunehmender klinischer Anwendung der Anti-HER2-Therapien war in den Jahren bis 2012 eine stete Verbesserung der Prognose dieser Patientengruppe zu verzeichnen, welche zuletzt vergleichbar war mit der Gruppe der HR-positiven, HER2-negativen Mammakarzinome.<br /> Seit Patentablauf für Trastuzumab in Europa 2014 drängen entsprechende Biosimilars auf den Markt. Für die wichtige Frage der klinischen Äquivalenz wurden aktuell Daten für die Behandlung in der metastasierten Situation wie auch in der neoadjuvanten Anwendung vorgestellt, welche die mindestens gleiche Wirksamkeit dreier Biosimilars gegenüber Trastuzumab belegen, sodass wir auf die weitere Preisentwicklung gespannt sein dürfen.</p> <p><strong>Adjuvante Anti-HER2-Therapie bleibt unverändert</strong><br /> Bezüglich der weiteren Intensivierung der adjuvanten, Anti-HER2-gerichteten Therapie fiel die ALTTO-Studie mit Hinzunahme von Lapatinib negativ aus. Die Phase-III-Studie APHINITY mit zwar statistisch signifikantem, aber klinisch kaum relevantem Vorteil von absolut 1 % verbessertem krankheitsfreiem 3-JahresÜberleben (3J-iDFS) bei Hinzunahme von Pertuzumab für immerhin 18 Monate warf eher neue Fragen auf: Gibt es allenfalls Subgruppen, welche etwas mehr profitieren? Dies scheint bei den HR-negativen und nodal-positiven Patientinnen der Fall zu sein. Mit Hinblick auf die klinische (10 % Diarrhö Grad 3–4) sowie finanzielle Toxizität von Pertuzumab sind weitere Studien nötig.<br /> Die mögliche Deeskalation der adjuvanten Chemotherapie für die Gruppe mit N0 und <3cm-Tumoren prüfte die Phase- II-Studie APT, in welcher Paclitaxel (80mg/m<sup>2</sup>, 12x wöchentlich) neben Trastuzumab verabreicht wurde: Das 7-Jahres- DFS von 93 % bei lediglich 1 % Fernmetastasierung bestätigt die guten Ergebnisse von Tolaney et al.<sup>3</sup> und ist somit als Therapie der Wahl anzusehen, wenn man dieser Patientengruppe eine Chemotherapie verabreichen möchte.<br /> Die Dauer der Trastuzumab-Behandlung bleibt bei der negativ ausgefallenen Short-HER-Studie wie zuvor nach dem PHARE-Trial von 2013<sup>4</sup> unverändert bei einem Jahr als Standard.</p> <p><strong>Keine Änderung beim fortgeschrittenen, HER2-positiven Mammakarzinom</strong><br /> <strong>1. Linie:</strong> Die Wirksamkeit von Trastuzumab- Emtansin (T-DM1) ist aus dem Vergleich zu Docetaxel/Trastuzumab (DT) bekannt<sup>5</sup> und erzielte höhere RR und ein verlängertes PFS. Allerdings fand sich bei 50 % Crossoverrate zum T-DM1- Arm und diversen Folgetherapien kein signifikanter OS-Unterschied. Angesichts der Unterlegenheit von DT gegenüber der Hinzunahme von Pertuzumab (HR: 0,62 für PFS)<sup>6</sup> hatte sich die Dreifachkombination als Standard etabliert. Mit MARIANNE<sup>7</sup> liegen nun die Ergebnisse einer Phase-III-Studie mit den Armen DT sowie T-DM1 ± Pertuzumab in der Erstlinientherapie vor, welche bezüglich PFS eine Non-Inferiority aller drei Arme fand mit dem tendenziell längsten OS von 53 Monaten für die T-DM1-Monotherapie. Daten zum direkten Vergleich von T-DM1 + Pertuzumab mit DT + Pertuzumab (+ Carboplatin!) liegen lediglich für die neoadjuvante Situation vor, wobei Letzteres mit 12 % höherer pCR-Rate signifikant überlegen war, bei allerdings deutlich höherer Toxizität.<br /> Angesichts der besseren Verträglichkeit käme T-DM1 zwar für die Erstlinientherapie infrage, es ist in der Schweiz dafür jedoch nicht zugelassen. Damit bleibt die Tripeltherapie mit DT und Pertuzumab unverändert der Standard für HER2-positive Patientinnen.</p> <p><strong>2. Linie:</strong> Die ALTERNATIVE-Studie verglich nach Vorbehandlung mit Docetaxel, für Patientinnen ohne Bedarf an weiterer Chemotherapie, die Kombination eines Aromataseinhibitors mit entweder Trastuzumab, Lapatinib (1500mg) oder Trastuzumab + Lapatinib (1000mg). Am effektivsten zeigte sich die duale Blockade mit einer Verdopplung sowohl des PFS auf 11 Monate (HR: 0,62) als auch der ORR auf 32 % , wenngleich zum Preis vermehrter Nebenwirkungen (Diarrhö: 69 % , Nausea: 22 % und Paronychien: 30 % ). Dies ist gerade in der metastasierten Situation gut abzuwägen und in dieser Kombination in der Schweiz nicht zugelassen.</p> <h2>Immuntherapie: lediglich Daten von Phase-II-Studien</h2> <p>Aus dem Bereich der Immuntherapie wurden am ASCO mehrere Phase-II-Studien präsentiert.</p> <p><strong>PD-1-Inhibitor (KEYNOTE-086)</strong><br /> Während aus der Kohorte A vorbehandelte Patientinnen mit tripelnegativem Mammakarzinom lediglich zu <5 % auf die Monotherapie mit dem PD-1-Inhibitor Pembrolizumab ansprachen, erreichten aus Kohorte B (Erstlinientherapie) immerhin 23 % der Patientinnen ein Ansprechen mit bis zu mehrjähriger Krankheitsstabilisierung. Als wichtige Beobachtung war das Ansprechen bereits nach 9 Therapiewochen beurteilbar.</p> <p><strong>PD-1-Inhibitor und Anti-CTLA-4-Antikörper</strong><br /> Die Kombination von Pembrolizumab und einem Anti-CTLA-4-Antikörper erreichte ebenfalls nur bei wenigen Patientinnen ein Ansprechen, welches sich frühzeitig abzeichnete.</p> <p><strong>PD-L1-Inhibitor und Anti-CTLA-4-Antikörper</strong><br /> Eine weitere Studie fand bei metastasierten Patientinnen für die Kombinationsbehandlung mit dem PD-L1-Inhibitor Durvalumab und dem Anti-CTLA-4-Antikörper Tremelimumab ein Ansprechen vor allem der tripelnegativen Tumoren.</p> <p><strong>PD-1-Inhibitor im neoadjuvanten Setting</strong><br /> In I-SPY2 führte die Hinzunahme von Pembrolizumab zur neoadjuvanten Chemotherapie zu einer etwa 3-fach höheren pCR bei HER2-negativen Tumoren.</p> <p><strong>Danksagung:</strong><br /> Die Auswahl der relevantesten Präsentationen für diesen Bericht stützt sich auf den Vortrag von Dr. med. Zaman Kahlil am PostASCO am 22. Juni 2017 in Bern.</p></p>
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<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
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<p><strong>1</strong> Baselga J et al.: Everolimus in postmenopausal hormone- receptor-positive advanced breast cancer. N Engl J Med 2011; 366(6): 520-9 <strong>2</strong> Finn RS et al.: Overall survival results from the randomized phase II study of palbociclib (P) in combination with letrozole (L) vs letrozole alone for frontline treatment of ER+/HER2– advanced breast cancer (PALOMA-1; TRIO-18). J Clin Oncol 2017; 35(Suppl; Abstr 1001) <strong>3</strong> Tolaney SM et al.: Adjuvant paclitaxel and trastuzumab for node-negative, HER2-positive breast cancer. N Engl J Med 2015; 372(2): 134-41 <strong>4</strong> Pivot X et al.: 6 months versus 12 months of adjuvant trastuzumab for patients with HER2-positive early breast cancer (PHARE): a randomised phase 3 trial. Lancet Oncol 2013; 14(8): 741-8 <strong>5</strong> Hurvitz SA et al.: Phase II randomized study of trastuzumab emtansine versus trastuzumab plus docetaxel in patients with human epidermal growth factor receptor 2-positive metastatic breast cancer. J Clin Oncol 2013; 31(9): 1157-63 <strong>6</strong> Swain SM et al.: Pertuzumab, trastuzumab, and docetaxel in HER2-positive metastatic breast cancer. N Engl J Med 2015; 372(8): 724-34 <strong>7</strong> Perez EA et al.: Trastuzumab emtansine with or without pertuzumab versus trastuzumab plus taxane for human epidermal growth factor receptor 2-positive, advanced breast cancer: primary results from the phase III MARIANNE study. J Clin Oncol 2016; 35(2): 141-8</p>
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