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Neue Entwicklungen in der Lymphomtherapie

<p class="article-intro">Am diesjährigen ASH-Kongress bestätigten sich erneut zwei Trends in der Lymphombehandlung: Zum einen geraten klassische Chemotherapien durch den Einsatz molekular gezielter Kombinationstherapien in den Hintergrund. Diese erlauben ein sehr tiefes Ansprechen und nähren die Hoffnung, dass mittelfristig auch Heilungen ein realistisches Behandlungsziel werden. Zum anderen erlauben zelluläre Immuntherapien eine langfristige immunologische Krankheitskontrolle auch bei bisher refraktären Patientensubgruppen.</p> <hr /> <p class="article-content"><h2>Moderne chemotherapiefreie Behandlung der CLL</h2> <p>Ein Hauptziel in der Behandlung der chronischen lymphatischen Leuk&auml;mie (CLL) ist die Eliminierung der minimalen Resterkrankung (MRD). BTK-Inhibitoren wie Ibrutinib (IBR) und Bcl-2-Inhibitoren wie Venetoclax (VEN) sind potente, selektive, oral bioverf&uuml;gbare Substanzen, die das &Uuml;berleben von CLL-Zellen beeinflussen und in der Rezidivtherapie zugelassen sind. Hillmen und Kollegen<sup>1</sup> testeten nun die Hypothese, ob die Kombination von IBR und VEN eine synergistische Wirksamkeit bei Patienten mit rezidivierender/ refrakt&auml;rer CLL (CLARITY-Studie [ISRCTN13751862]) besitzen.<br /> Insgesamt 50 Patienten mit therapiebed&uuml;rftiger CLL, die entweder innerhalb von 3 Jahren nach FCR oder BR rezidivierten oder eine 17p-Deletion hatten und bei denen mindestens eine Therapiestrategie nicht wirksam war, wurden rekrutiert. Nach 8 Wochen IBR-Monotherapie (420mg/Tag) wurde VEN zuerst in einer Dosis von 10mg/Tag mit w&ouml;chentlichen Erh&ouml;hungen auf 20mg, 50mg, 100mg, 200mg bis zu einer Enddosis von 400mg/ Tag zugegeben. Bei den ersten 3 Patienten wurde kein Tumor-Lyse-Syndrom (TLS) beobachtet, beginnend bei 10mg/Tag VEN, sodass alle nachfolgenden Patienten VEN mit 20mg/Tag begannen. Der prim&auml;re Endpunkt war die MRD-Eradikation (definiert als &lt;1 CLL-Zelle in 10<sup>4</sup>) im Knochenmark nach 12 Monaten. 38 Patienten haben bisher ihre 8-monatige Therapie (6 Monate IBR + VEN) beendet und eine Gesamtansprechrate (ORR) von 100 % erreicht. Dabei wiesen 47 % eine CR und 53 % eine PR auf. Die Kombination von IBR mit VEN ist bei rezidivierender/refrakt&auml;rer CLL bisher gut vertr&auml;glich (2/41 Patienten hatten ein biochemisches TLS) und l&auml;ngere Beobachtungszeiten m&uuml;ssen belegen, ob auch langfristige Remissionen erreicht werden k&ouml;nnen.<br /> Besondere Aufmerksamkeit konnte in diesem Zusammenhang die randomisierte Phase-III-Studie MURANO<sup>2</sup> auf sich ziehen, da sie die Kombination von VEN und Rituximab (VR) gegen die bisherige Standardtherapie Bendamustin + R (BR) bei rezidivierten bzw. refrakt&auml;ren CLL testete. Um ein TLS zu vermeiden, erfolgte zun&auml;chst eine VEN-Aufdosierung &uuml;ber 4&ndash;5 Wochen, bevor R hinzugenommen wurde. PFS war der prim&auml;re Endpunkt dieser mit 389 eingeschlossenen Patienten gut ausbalancierten Studie. Der Vorteil des VR-Arms gegen&uuml;ber BR war beeindruckend (Abb. 1), der VR-Arm war mit einer HR von 0,17 (95 % CI: 0,11&ndash;0,25; p&lt;0,0001) &uuml;berlegen. Die 24-Monats-PFS-Sch&auml;tzung betrug 84,9 % (VR) vs. 36,3 % (BR). Die ORR lag bei 93,3 % (VR) vs. 67,7 % (BR). Zudem waren gem&auml;ss Messung im PB mehr Patienten MRD-negativ im VR-Arm (83,5 % vs. 23,1 % ), die MRD-Eradikation hielt auch l&auml;nger an. Sollten sich diese Daten im Verlauf best&auml;tigen, so wird VR die Immun- Chemotherapie BR in der CLL-Behandlung ersetzen.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Leading Opinions_Onko_1801_Weblinks_lo_onko_1801_s25_abb1.jpg" alt="" width="1454" height="841" /></p> <h2>Follikul&auml;res Lymphom: PRIMA-PI als neuer prognostischer Index?</h2> <p>Langzeitdaten der PRIMA-Studie (Rituximab (R)-Erhaltung &uuml;ber 2 Jahre nach R-CHOP-Induktion) zeigen eine 10-Jahres- PFS-Rate von 51 % (gegen&uuml;ber 35 % im Beobachtungsarm) in der Erstlinientherapie des follikul&auml;ren Lymphoms (FL) und belegen f&uuml;r alle Subgruppen eine &Uuml;berlegenheit des R-Arms.<sup>3</sup> Jedoch kann auch zu diesem Zeitpunkt noch immer kein OSVorteil demonstriert werden. Die Studiengruppe hat nun die Daten genutzt, um angesichts der Entwicklung neuer biomolekularer und metabolischer prognostischer Faktoren ein einfach zu berechnendes und zuverl&auml;ssiges Scoring-System zu entwickeln, das entsprechende Variablen verwendet, die bei der Stratifizierung von neuen Studien, aber auch in der klinischen Routine helfen.<sup>4</sup> Der endg&uuml;ltig entwickelte und wesentlich vereinfachte Score (PRIMA- PI) basiert auf 2 Parametern (&beta;2m, Knochenmarkbefall) und umfasst 3 Risikokategorien: hoch (&beta;2m &gt;3mg/l), niedrig (&beta;2m &le;3mg/l ohne Beteiligung des Knochenmarks) und intermedi&auml;r (&le;3mg/l bei Beteiligung des Knochenmarks). Der PRIMA-PI und der FLIPI sagen in &auml;hnlicher Weise eine 5-Jahres-OS-Rate von 93 % in der Kategorie mit niedrigem/mittlerem Risiko gegen&uuml;ber 84 % in der Hochrisiko- Kategorie f&uuml;r FLIPI und 93 % und 81 % f&uuml;r PRIMA-PI voraus (p&lt;0,0001 f&uuml;r jeden Score). Der PRIMA-PI ist ein neuer und einfach zu kalkulierender prognostischer Index f&uuml;r Patienten, die mit Immunchemotherapie behandelt werden, und kann als Grundlage f&uuml;r die Entwicklung differenzierterer und integrierter biomolekularer Scores dienen.<br /> Da auch bei den Lymphomen neue Immuntherapien mit sog. Checkpoint-Blockade- Inhibitoren nicht fehlen d&uuml;rfen, m&ouml;chte ich zuletzt auf eine Studie basierend auf Pembrolizumab + Rituximab eingehen.<sup>5</sup> In einer offenen, nicht randomisierten, unizentrischen Phase-II-Studie (n=30) erhielten FL-Patienten mit mindestens einer Vortherapie R (375mg/m<sup>2</sup> IV) an den Tagen 1, 8, 15 und 22 von Zyklus 1 an und Pembrolizumab (200mg IV) q 3 Wochen f&uuml;r bis zu 16 Zyklen beginnend am Tag 2 des 1. Zyklus. Prim&auml;rer Endpunkt war ORR gem&auml;ss der Lugano-Klassifikation. Unter den auswertbaren Patienten betrug die ORR 67 % (CR n=15; PR n=5) mit einer CR-Rate von 50 % . Bei einer medianen Nachbeobachtungszeit von 14 Monaten (Bereich 3,7&ndash;21) befinden sich immer noch 15 Patienten (60 % ) in Remission. Eine Immunzellengensignaturanalyse mittels Nanostring-Technologie zeigte eine Assoziation zwischen dem Vorliegen eines hohen CD8+-T-Effector Score und der Induktion einer CR. Die Kombination war zudem gut vertr&auml;glich.</p> <h2>Hodgkin-Lymphom: Brentuximab-Vedotin als Bestandteil der Erstlinientherapie</h2> <p>Mit Spannung erwartet wurden die Daten der ECHELON-1-Studie. Diese schaffte es sogar in die Plenary Session und wurde von Dr. Connors vorgestellt.<sup>6</sup><br /> Fragestellung der Studie ist, ob in der Erstlinientherapie des fortgeschrittenen Hodgkin-Lymphoms (HL) die Hinzunahme von Brentixumab-Vedotin zu AVD (n=664) einer Standard-Chemotherapie bestehend aus 6 Zyklen ABVD (n=670) &auml;quivalent ist. Um eine additive Lungentoxizit&auml;t zu vermeiden, wurde im experimentellen Arm Bleomycin ersatzlos gestrichen. Mit einem medianen Follow-up von 24,9 Monaten zeigt sich ein PFS-Vorteil f&uuml;r die BV+AVD-Gruppe von 82 % vs. 77 % . Zudem ben&ouml;tigte die BV+AVD-Gruppe weniger nachfolgende Chemotherapien (Reduktion um 33 % ) und der gleiche Prozentsatz an Patienten musste seltener einer Hochdosistherapie mit autologem Stammzell- Support zugef&uuml;hrt werden. Einschr&auml;nkend ist zu sagen, dass eine konsequente G-CSF-Prophylaxe unter BV + AVD durchgef&uuml;hrt werden muss, um die erh&ouml;hte Infektionsrate zu reduzieren. Es trat jedoch keine erh&ouml;hte letale Toxizit&auml;t unter Therapie auf und auch im Follow-up war keine differente Langzeittoxizit&auml;t zu beobachten. Damit ist die Kombination aus AVD und BV in der Erstlinientherapie von Patienten mit fortgeschrittener HL-Erkrankung eine Therapiealternative. Es bleibt jedoch abzuwarten, ob sich diese Therapieform als Standard in der Erstlinientherapie durchsetzen wird.</p> <h2>CAR-T-Zellen zur Therapie des rezidivierten bzw. refrakt&auml;ren DLBCL</h2> <p>Ein Highlight des diesj&auml;hrigen ASHKongresses waren sicherlich die CAR-TZell- Studien zur Behandlung von DLBCLPatienten mit rezidivierender respektive refrakt&auml;rer Erkrankung. Drei grosse Studiengruppen pr&auml;sentierten ihre Daten und es zeigte sich in allen Analysen eine Ansprechrate in diesem schwierig zu behandelnden Patientenkollektiv von 50 bis 65 % . Die JULIET-Studie<sup>7</sup> mit 147 Patienten best&auml;tigte erneut die Machbarkeit der CAR-T-Zell-Technologie mit 99 behandelten Patienten. Von 81 auswertbaren Patienten erzielten 40 Patienten eine CR und 14 eine PR. Es gab keine eindeutige Pr&auml;ferenz bezogen auf Patientensubgruppen, da alle Patienten und insbesondere auch solche mit multiplen Vortherapien oder ung&uuml;nstiger Zytogenetik gleichermassen profitierten. Wie aus den Vorstudien bekannt, rezidivierten die Patienten in der Regel innerhalb der ersten 3&ndash;6 Monate. Invers l&auml;sst sich festhalten, dass Patienten, die in den ersten sechs Monaten keinen R&uuml;ckfall erlitten, eine gute Chance auf Erreichen einer langfristigen Krankheitskontrolle haben. So waren 74 % aller Patienten nach 6 Monaten krankheitsfrei.<br /> Die Haupttoxizit&auml;t sind das bekannte &laquo;cytokine-release syndrome&raquo; (CRS) als auch neurologische Nebenwirkungen. Mit der zunehmenden klinischen Erfahrung und dem fr&uuml;hzeitigen Einsatz eines IL- 6-blockierenden Antik&ouml;rpers scheint aber insbesondere das CRS beherrschbar zu sein.<br /> Zusammenfassend l&auml;sst sich festhalten, dass die CAR-T-Zell-Technologie nun im klinischen Alltag angekommen ist. Dies spiegelt sich auch in der k&uuml;rzlich erhaltenen FDA-Zulassung wider.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Hillmen P et al.: Initial results of ibrutinib plus venetoclax in relapsed, refractory CLL (Bloodwise TAP CLARITY Study): high rates of overall response, complete remission and MRD eradication after 6 months of combination therapy. ASH 2017, Abstract #428 <strong>2</strong> Seymour JF et al.: Venetoclax plus rituximab is superior to bendamustine plus rituximab in patients with relapsed/ refractory chronic lymphocytic leukemia - results from pre-planned interim analysis of the randomized phase <strong>3</strong> MURANO study. ASH 2017, Abstract #LBA-2 3 Salles GA et al.: Long term followup of the PRIMA study: half of patients receiving rituximab maintenance remain progression free at 10 years. ASH 2017, Abstract #486 <strong>4</strong> Bachy E et al.: Discovery and validation of a simplified scoring system (the PRIMA-Prognostic Index) in de novo follicular lymphoma treated initially with immunochemotherapy. ASH 2017, Abstract #413 <strong>5</strong> Nastoupil L et al.: High complete response rates with pembrolizumab in combination with rituximab in patients with relapsed follicular lymphoma: results of an open-label, phase II study. ASH 2017, Abstract #414 <strong>6</strong> Connors J et al.: Brentuximab vedotin plus doxorubicin, vinblastine, dacarbazine (A+AVD) as frontline therapy demonstrates superior modified progression-free survival versus ABVD in patients with previously untreated stage III or IV Hodgkin lymphoma (HL): the phase 3 ECHELON-1 study. ASH 2017, Abstract #6 <strong>7</strong> Schuster S et al.: Primary analysis of JULIET: a global, pivotal, phase 2 trial of CTL019 in adult patients with relapsed or refractory diffuse large B-cell lymphoma. ASH 2017, Abstract #577</p> </div> </p>
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