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Klinik und Forschung auch in Zukunft unter einen Hut bringen
Jatros
30
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27.05.2020
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<p class="article-intro">Der Wissenszuwachs in der Onkologie ist enorm, die Behandlungsoptionen werden immer komplexer und spezieller. Aufgrund dieser fachinhärenten Herausforderungen ist es besonders wichtig, die Onkologie auch dem medizinischen Nachwuchs schmackhaft zu machen. Wir sprachen mit Dr. Christoph Suppan über seinen persönlichen Werdegang und wie angehende Onkologen seiner Meinung nach am besten ausgebildet und gefördert werden können.</p>
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<p class="article-content"><p><strong>Warum haben Sie sich für das Fach der Onkologie entschieden?</strong><br /> <strong>C. Suppan:</strong> Als ich 2012 mit dem Turnus in Linz begonnen habe, war die erste Station, die mir zugeteilt wurde, die Hämatoonkologie. Die Entscheidung fiel also eigentlich zufällig. Von Anfang an war die Arbeit mit den Patienten irgendwie anders, als ich das zuvor von anderen Abteilungen kannte. Außerdem hat mir das Onkologie-Team in Linz sehr gut gefallen und dadurch bin ich ziemlich schnell in das Fach hineingewachsen. Im Rahmen des Turnus arbeitete ich etwa 6 Monate auf der Hämatoonkologie-Station. Im Anschluss habe ich im Zuge des weiteren Turnus auf anderen Stationen bemerkt, dass ich eigentlich nichts anderes als Onkologie machen möchte. In Linz hatte ich Holger Rumpold als Unterstützer. Er war damals mein Mentor und gab mir den Rat, an eine Uniklinik zu wechseln. Schlussendlich habe ich mich, weil ich auch schon in Graz studiert habe, dort auf der klinischen Abteilung für Onkologie beworben und bin seitdem dort tätig.</p> <p><strong>Welche Herausforderungen birgt das onkologische Fach?</strong><br /> <strong>C. Suppan:</strong> Ein Aspekt ist, dass man natürlich mit den Schicksalsschlägen von den unterschiedlichsten Menschen konfrontiert ist – das ist einerseits natürlich schwierig. Andererseits bekommt man von den Patienten im Zuge der Beratung und Betreuung aber sehr viel zurück. Es gibt auch viele schöne Momente, wenn Patienten die Krankheit hinter sich lassen können und doch in gewisser Weise besiegen. Oder wenn Patienten bei langen Verläufen gut mit der Krankheit leben können. Für mich persönlich überwiegt insgesamt das Positive und ich finde es bereichernd – ansonsten könnte ich mir diesen Beruf auf die Dauer nicht vorstellen.<br /> Das Besondere am Fach Onkologie ist, dass es sehr dynamisch ist. Es tut sich enorm viel bei den verfügbaren Therapieoptionen. Ich finde es sehr spannend, dass man ständig am Ball bleiben und Neues dazulernen muss, um am aktuellen Stand zu sein. Das macht für mich das Fach aus.</p> <p><strong>Auf welche Teilgebiete der Onkologie haben Sie sich spezialisiert?</strong><br /> <strong>C. Suppan:</strong> Ich beschäftige mich hauptsächlich mit dem Mammakarzinom, weil es für mich anfangs wissenschaftlich am interessantesten war, und über die wissenschaftlichen Kompetenzen bin ich dann immer mehr in die klinischen Bereiche hineingekommen. Unsere Abteilung ist eine rein onkologische Abteilung ohne Hämatologie. Natürlich müssen wir über die Behandlung aller onkologischen Entitäten auf dem aktuellen Stand sein. Aber wir versuchen, dass jene Kollegen, die sich auf bestimmte Teilgebiete spezialisiert haben, vorrangig die entsprechenden Patienten betreuen. Wir haben bereits vor einigen Jahren begonnen, Tumor-Teams zu bilden, in denen wir uns hauptsächlich mit 1–2 Entitäten beschäftigen. Dadurch ist es inzwischen so, dass ich viele Patientinnen mit Mammakarzinom betreue. Aber natürlich muss ich auch bei der Behandlung des Kolon-, Lungen- oder Nierenzellkarzinoms auf dem aktuellen Stand sein. Deshalb ist es wichtig, dass wir uns untereinander austauschen und im Team absprechen.</p> <p><strong>Die Komplexität der Behandlungen und die Subspezialisierungen nehmen immer mehr zu. Wie wird es Ihrer Meinung nach auch in Zukunft möglich sein, alle Teilgebiete der Onkologie mit gut ausgebildetem Nachwuchs zu versorgen?</strong><br /> <strong>C. Suppan:</strong> Es ist natürlich nicht immer einfach, den medizinischen Nachwuchs für das onkologische Fach zu begeistern. Für uns in der Uniklinik ist es etwas einfacher, weil wir durch die Vorlesungen schon direkt mit den Studenten im Kontakt sind. Wir laden sie ein, zum Beispiel im Rahmen von Diplomarbeiten mitzuarbeiten. So kommen immer wieder Junge nach, die sehr motiviert sind und sich bewerben. Auch in der Österreichischen Gesellschaft für Hämatologie & Medizinische Onkologie (OeGHO) gibt es in dieser Hinsicht Ambitionen, so können die Studenten kostenlos an den Tagungen teilnehmen und in das Fach reinschnuppern. Das ist auch der richtige Weg, beim Nachwuchs Interesse an der Onkologie zu wecken.<br /> Am Anfang ist es für Junge immer schwierig, in das Fach hineinzuwachsen, weil man natürlich mit allem überfordert ist. Bei den meisten ist es so, dass sie sich zu Beginn mit einer Entität intensiv beschäftigen. Die meisten kommen dazu über die wissenschaftlichen Interessen. In diesem Spezialgebiet bildet man sich aus und dies stellt quasi einen Anker dar, während die allgemeine Ausbildung nebenbei weiterläuft. Für uns ist es aber momentan gar nicht so schwierig, den Nachwuchs zu rekrutieren.<br /> Aus meiner Sicht stellt sich generell die Frage, wie sich die Onkologie in Zukunft entwickeln wird. Neue Therapieoptionen, wie etwa Immuntherapien, stellen uns vor ganz neue Herausforderungen, die sehr oft eine internistische Überwachung benötigen. Manche operative Fächer, die nur teilweise Krebspatienten behandeln, stoßen hier verständlicherweise schnell an ihre Grenzen.</p> <p><strong>Was braucht es Ihrer Meinung nach im Fortbildungsbereich, um bei allen Behandlungsoptionen immer auf dem aktuellen Stand zu sein, speziell im Hinblick auf den Nachwuchs?</strong><br /> <strong>C. Suppan:</strong> In Graz haben wir wie in anderen Städten oft Fortbildungen, die man besuchen sollte und die meistens abends nach der regulären Arbeitszeit stattfinden. Das ist nicht immer einfach. In Spitzenzeiten bzw. nach größeren Kongressen sind das oft 2–3 Veranstaltungen in der Woche, was schwer mit dem normalen Alltag zu vereinbaren ist. Dann gibt es natürlich auch spannende Fortbildungen in anderen Bundesländern, die man besuchen möchte und die oft ebenfalls während der Woche am Abend stattfinden. Wenn es beispielsweise in Wien eine große Veranstaltung gibt, ist es für uns in Graz dann aber schon schwierig, unter der Woche daran teilzunehmen. Deswegen glaube ich, dass es wichtig ist, dass in Zukunft mehr Fortbildungen virtuell stattfinden. Gerade jetzt in der Coronakrise hat sich diesbezüglich innerhalb kürzester Zeit enorm viel getan und viele Kongresse werden bereits virtuell abgehalten. Das halte ich für ein sehr wichtiges Tool und das sollte auch nach der Krise weiter ausgebaut werden. Etwas schwierig bei dieser Art der Fortbildung sind die Diskussion und vor allem das Netzwerken, das aber von großer Bedeutung ist. Vonseiten der OeGHO gibt es einen Workshop, den OnConnect, mit dem versucht wird, den onkologischen Nachwuchs zu fördern und die Jungen mit den Erfahreneren zu vernetzen. Es gibt also seit einiger Zeit vermehrt Ambitionen, die Jüngeren zu fördern und auch mehr in die Entscheidungen einzubinden – nicht nur von der OeGHO, sondern auch von der Austrian Breast & Colorectal Cancer Study Group (ABCSG), in der eine eigene Task Force „FutureNow“ gegründet wurde, die auch im Vorstand vertreten ist.</p> <p><strong>Welche Förderungsprogramme gibt es für talentierte Nachwuchsmediziner derzeit?</strong><br /> <strong>C. Suppan:</strong> Es gibt verschiedenste Stipendien der OeGHO, um die man sich regelmäßig bewerben kann. Man reicht Projekte ein, und wenn man Glück hat, gewinnt man einen Förderungspreis und kann dann mit dem Stipendium weiterarbeiten. Das ist meiner Meinung nach die beste Form der Talentförderung, weil so diejenigen begünstigt werden, die Ideen haben und sich engagieren. In ähnlicher Form wird das auch von der ABCSG angeboten.</p> <p><strong>Gibt es an Ihrer Abteilung ein Mentorenprogramm?</strong><br /> <strong>C. Suppan:</strong> Ein offizielles Mentorenprogramm haben wir nicht. Bei uns ist es so, dass man sich für ein Team, in dem man arbeiten will, entscheidet. Die Programmdirektoren sind die Mentoren. Man wird in dem Team gefördert, wenn man das auch will und aktiv mitarbeitet. Es müssen natürlich immer beide Seiten bereit dafür sein: der Mentor, aber auch der Mentee.</p> <p><strong>Welche Unterstützung benötigen Jungmediziner, um nicht nur im klinischen Alltag, sondern auch in der klinischen Forschung erfolgreich tätig zu sein?</strong><br /> <strong>C. Suppan:</strong> Was enorm sinnvoll und hilfreich ist, sind Freistellungen. Wenn man an einzelnen Tagen von der klinischen Arbeit freigestellt wird, kann man sich dann in dieser Arbeitszeit nur mit der klinischen Forschung beschäftigen. Das ist natürlich im klinischen Alltag nicht überall möglich, ist aber sehr motivierend und hilfreich, damit man die klinische Forschung nicht ausschließlich in der Freizeit betreiben muss. Gerade beim Einstieg ins Berufsleben ist der klinische Alltag sehr fordernd und anstrengend und die Arbeit ist eigentlich nie ganz getan. Deshalb wäre es in dieser Zeit sehr hilfreich, wenn man sich an einzelnen Tagen nur auf die Forschung fokussieren kann. In einem kleineren Krankenhaus wird das natürlich nicht möglich sein – wobei diejenigen, die klinisch forschen möchten, dann selbst aktiv werden oder sich für eine Kooperation an eine Uniklinik wenden.</p> <p><strong>Welche Ziele verfolgen Sie selbst in den nächsten Jahren?</strong><br /> <strong>C. Suppan:</strong> Der erste Schritt ist das Fertigstellen meiner Dissertation in „Medizinischer Wissenschaft“. Darüber hinaus möchte ich weiterhin in Graz tätig sein und als nächsten Schritt die Habilitation in Angriff nehmen.</p> <p><strong>Vielen Dank für das Gespräch!</strong></p></p>
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