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Implementierung einer Präzisionsmedizin bei Patienten mit MDS und unklaren Zytopenien
Leading Opinions
Autor:
Prof. Dr. med. Vera Ulrike Bacher
Univ.-Klinik für Hämatologie und Hämatologisches Zentrallabor<br> Inselspital, Universitätsspital Bern<br> Universität Bern
Autor:
PD Dr. med. Nicolas Bonadies
Univ.-Klinik für Hämatologie und Hämatologisches Zentrallabor<br> Inselspital, Universitätsspital Bern<br> Universität Bern<br> E-Mail: nicolas.bonadies@insel.ch
30
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08.03.2018
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<p class="article-intro">Der Einsatz der Next-Generation-Sequenzierung hat in den letzten Jahren zur Entdeckung einer Vielzahl von rekurrenten Mutationen (RM) in Driver-Genen bei myeloischen Neoplasien geführt. Dadurch wurden nicht nur das pathophysiologische Verständnis, sondern auch die diagnostischen Möglichkeiten bei Patienten mit myelodysplastischen Syndromen (MDS) und unklaren Zytopenien wegweisend erweitert. Allerdings schreitet die Umsetzung dieser Erkenntnisse für die Anwendung von neuen Therapieoptionen noch eher zögerlich voran.</p>
<p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Die molekulare Diagnostik gewinnt in der Abklärung von unklaren Zytopenien und MDS immer mehr an Bedeutung.</li> <li>Rekurrente Mutationen werden als prognostische und prädiktive Biomarker in klinisch-genomische Berechnungsmodelle integriert.</li> <li>Die Umsetzung personifizierter Therapieoptionen schreitet trotz zahlreicher molekulargenetischer Erkenntnisse eher zögerlich voran.</li> <li>Luspatercept steht bei «Lower risk»-Patienten mit RS/mSFRB1- MDS kurz vor der Zulassung und führt bei ca. zwei Drittel der Patienten zu einer EPO-unabhängigen Verbesserung der Anämie und bei der Hälfte zu einer Transfusionsfreiheit.</li> <li>Die Behandlung von «Higher risk»-MDS-Patienten, die nicht mehr auf HMS ansprechen und nicht für intensive Therapien qualifizieren, stellt weiterhin eine grosse therapeutische Herausforderung dar.</li> </ul> </div> <h2>Personifizierte Diagnostik und klonale Evolution</h2> <p>In der Abklärung von unklaren Zytopenien («idiopathic cytopenia of unknown significance», ICUS) wächst die Bedeutung der molekularen Diagnostik, was von Prof. Luca Malcovati in einer Vortragsreihe der MDS Foundation näher erörtert wurde. Bei unklaren Zytopenien, bei denen zusätzlich eine RM mit einer «variant allele frequency» (VAF) von >2 % nachgewiesen ist, spricht man von einer «clonal cytopenia of unclear significance » (CCUS). Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der Nachweis von RM im peripheren Blut mit einer VAF von >10 % sowie ≥2 Mutationen mit einem hohen Risiko für das Auftreten bzw. die Entwicklung einer hämatologischen Neoplasie innerhalb der folgenden 5 Jahre assoziiert ist.<sup>1</sup><br /> Ferner wurden zahlreiche neue, NGSbasierte Erkenntnisse zur klonalen Heterogenität, zur Evolution von Subklonen sowie zum sequenziellen Auftreten von Komutationen und deren zeitlicher Abfolge vorgestellt (Abstr. SCI 37, 38, 39). Zellintrinsische und -extrinsische Ursachen scheinen für diese klonale Selektion und Evolution eine Rolle zu spielen. Diese dynamische Interaktion findet in der Knochenmarksnische unter Einfluss von verschiedenen Effektoren des Immunsystems statt.<br /> Wichtig sind diese neuen Erkenntnisse insbesondere, um die Entstehung von therapieassoziierten myeloischen Neoplasien zu verstehen, da zytotoxische Therapien bei hämatologischen und nicht hämatologischen Erkrankungen diesen Selektionsprozess beeinflussen können (Abstr. 0632). Beispielhaft liess sich eine Zunahme der VAF von m<em>TET2</em>- Klonen in einem Primatenmodell nach autologer Stammzelltransplantation beobachten (Abstr. 0636). Bekanntlich unterliegen auch m<em>TP53</em>-Klone einer positiven Selektion nach zytotoxischer Chemotherapie bei MDS-Formen, in welchen die Expansion der Stamm- und Progenitorzellen durch eine <em>TP53</em>-vermittelte Apoptose unter Kontrolle gehalten wird (z.B. MDS mit 5q-Deletion, Shwachman-Diamond-Syndrom u.a.) (Abstr. 0780). Zuletzt fand sich auch bei Patienten mit einer kongenitalen Neutropenie eine Selektion von Klonen mit m<em>RUNX1</em> nach Akquisition von m<em>CSF3R</em> (Abstr. 39).<br /> Der Nachweis von RM bei Patienten mit CHIP, CCUS und kongenitalen Prädispositionserkrankungen wird zunehmend auch bei der Risiko-Nutzen-Abwägung im Zusammenhang mit der Verabreichung von zytotoxischen Chemotherapien und der Durchführung von autologen Stammzelltransplantationen sowie bei der Auswahl der allogenen Spender eine Rolle spielen.</p> <h2>Personifizierte Risikostratifizierung</h2> <p>RM werden zurzeit auch als prognostische und prädiktive Biomarker bei MDS, chronischen myelomonozytären Leukämien (CMML) und akuten myeloischen Leukämien (AML) näher untersucht. Verschiedene Berechnungsmodelle wurden am diesjährigen ASH-Meeting vorgestellt, die auf öffentlich zugänglichen Websites verfügbar gemacht werden sollen. Als Beispiele können Modelle für das Ansprechen auf hypomethylierende Substanzen (HMS) bei MDS- und CMML-Patienten (Abstr. 0157, 0159) sowie ein (personifiziertes) Prädiktionsmodell mit einem «machine learning algorithm» unter Anwendung von klinisch-genomischen Daten (Abstr. 0160) genannt werden. Für das hypoplastische MDS wurde anhand von zyto- und molekulargenetischen Daten zudem ein Score entwickelt (Abstr. 0588). Mit diesem lässt sich alleine mit zytomorphologischen Kriterien ein MDS von einer aplastischen Anämie mit einer Spezifität von 98 % abgrenzen (Tab. 1).<br /> Im Gegensatz zu diesen molekularbasierten Modellen können auch rein klinische und laboranalytische Daten weiterhin sehr nützlich sein. Im EUMDS-Register wurden solche zur verfeinerten Prognoseabschätzung bei IPSS/IPSS-R MDSPatienten mit «lower risk» eingesetzt (EUMDS-Score). Das Auftreten einer EKTransfusionsabhängigkeit und/oder der Abfall der Thrombozyten um >25 % innerhalb von 6 Monaten nach Diagnose waren Risikofaktoren (RF), die mit einem verminderten Gesamtüberleben assoziiert waren (kein RF: 71 Monate, 1 RF: 42 Monate, 2 RF: 19 Monate, p<10<sup>–4</sup>) (Abstr. 0158).</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Leading Opinions_Onko_1801_Weblinks_lo_onko_1801_s19_tab1.jpg" alt="" width="686" height="983" /></p> <h2>Klonale Hämatopoese und Inflammation</h2> <p>Translationale Studien beschäftigen sich zunehmend mit den Ursachen und Folgen einer erhöhten systemischen Entzündung, welche bei Patienten mit klonaler Hämatopoese und MDS beobachtet wurde. Im Rahmen der Erstbeschreibung im Jahre 2014 fiel eine erhöhte kardiovaskuläre Morbidität bei Patienten mit klonaler Hämatopoese auf, die nicht auf Zytopenien oder andere Komorbiditäten zurückgeführt werden konnte.<sup>2–5</sup> Eine wichtige Veröffentlichung aus dem letzten Jahr hat mögliche pathogenetische Mechanismen ans Licht gebracht. Das erhöhte Arterioskleroserisiko bei Patienten mit klonaler Hämatopoese wurde in dieser Studie auf eine vermehrte inflammatorische Aktivierbarkeit der Makrophagen zurückgeführt.<sup>6</sup> Die erhöhte kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität bei MDS-Patienten sind bereits seit Längerem bekannt und wurden bisher als Folge der Anämie und Eisenüberladung interpretiert. In einer Untersuchung bei Patienten mit normalem Blutbild und m<em>TET2</em> oder m<em>DMT3A</em> (Toder D-CHIP) konnte neben einer Monozytose auch eine erhöhte Entzündungsaktivität beschrieben werden (Abstr. 0426). Diese pathogenetischen Zusammenhänge werfen die Frage auf, ob durch eine frühe Intervention bei einer klonalen Hämatopoese nicht nur die klonale Evolution, sondern auch die erhöhte systemische Entzündungsaktivität und damit die kardiovaskuläre Morbidität/Mortalität vermindert werden können (Abstr. 0421).</p> <h2>Aufkommende Therapieoptionen bei «Lower risk»-MDS-Patienten (Tab. 2)</h2> <p>Bei transfusionsabhängigen (TD) «Lower risk»-MDS-Patienten mit Ringsideroblasten (RS) und/oder m<em>SF3B1</em> hofft man auf den baldigen Abschluss der randomisierten Phase-III-Studie (MEDALIST) mit Luspatercept, einem TGF-β-Superfamily- Inhibitor. In einer Phase-II-Studie (PACEMDS) konnte man eine Verbesserung der Anämie bei 67 % und eine Transfusionsfreiheit bei 48 % der MDS-Patienten mit RS/m<em>SFRB1</em>-MDS nachweisen. Auch ein Drittel der Nicht-RS/m<em>SF3B1</em>-MDS-Patienten scheint auf Luspatercept anzusprechen, sogar im Erythropoetin-refraktären (EPOr) Zustand (Abstr. 2982). Weitere Studien mit Luspatercept sind derzeit für eine breitere «Lower risk»-MDS-Patientenpopulation in Vorbereitung (die Aktivierung ist auch am Inselspital Bern geplant). Die Modulation von Effektormechanismen des angeborenen Immunsystems scheint bei der Wirksamkeit von Luspatercept möglicherweise auch eine Rolle zu spielen.<br /> Andere interessante Substanzen mit immunmodulierender Wirkung, welche in Phase-I/II-Studien getestet werden, umfassen OPN-305, einen Inhibitor des Tolllike- Rezeptors 2 (TLR2),<sup>7</sup> ARRY-614, einen dualen Inhibitor von 38 MAPK/Tie2<sup>8</sup>, und AMV564, einen tetravalenten CD33x- CD3 bispezifischen Antikörper, welcher zu einer Immunodepletion von «myeloid derived supressor cells» (MDSC) führt und bei AML-Patienten bereits in einer Phase- I-Studie untersucht wird (Abstr. 0051). Die vorläufigen Ergebnisse sind insgesamt vielversprechend.<br /> Bei TD- und EPOr-MDS-Patienten mit «lower risk» konnte mit Rigosertib, einem Multikinaseinhibitor und RAS-Mimetic, in einer Phase-II-Studie eine hämatologische Verbesserung der Anämie (HI-E) und der Transfusionsabhängigkeit erreicht werden (Abstr. 1689).<br /> In einer weiteren Phase-I/II-Studie wurden erste Daten mit Imetelstat bei TDund EPOr-MDS-Patienten mit «low/intermediate- 1 risk» präsentiert (Abstr 4256; IMerge). Imetelstat ist ein Telomeraseinhibitor, welcher präferenziell Tumorzellen mit kurzen Telomeren und hoher Telomeraseaktivität angreift und von dem bereits in anderen Studien eine Wirksamkeit bei myeloproliferativen Neoplasien nachgewiesen werden konnte. Transfusionsfreiheit konnte bei 34 % und eine hämatologische Verbesserung bei 63 % der Patienten erzielt werden. Als Nebenwirkung traten vor allem reversible Zytopenien auf, welche mit einer Dosisreduktion oder Therapiepause gut kontrolliert werden konnten. Das beste Ansprechen erreichten therapienaive MDS-Patienten ohne del(5q). Bei CMML-Patienten vom myeloproliferativen Typ zeigte eine Phase-I/II-Studie mit Ruxolitinib, einem bei MPN bereits eingesetzten JAK1/2-Inhibitor, eine Reduktion der Splenomegalie und der inflammatorischen Symptome (Abstr. 1629). Weiter zeigte eine Phase-II-Studie mit Tipifarnib, einem Inhibitor der Farnesyltransferase und von <em>HRAS</em>, erste Ansprechraten mit Reduktion der Monozytose und Normalisierung der pathologischen CD14+/CD16- Verteilung der Monozyten (Abstr. 2963).</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Leading Opinions_Onko_1801_Weblinks_lo_onko_1801_s20_tab2.jpg" alt="" width="2151" height="1495" /></p> <h2>Aufkommende Therapieoptionen für «Higher risk»-MDS-Patienten (Tab. 3)</h2> <p>Bei «Higher-risk»-MDS-Patienten, die sich für intensive Therapien eignen, zeichnet sich eine ähnliche Entwicklung wie bei AML-Patienten ab. Patienten werden zunehmend nach molekularen Biomarkern stratifiziert und zielgerichteten Therapien zugeführt.<br /> Enasidenib ist der erste IDH2-Inhibitor, welcher von der FDA (April 2017) und der Swissmedic (August 2017) für die Behandlung von rezidivierter/refraktärer AML (r/r AML) zugelassen wurde. Aktuell laufen zahlreiche Phase-I/II-Studien mit Enasidenib (mIDH2) und Ivosidenib (mIDH1) bei unbehandelten AML- und «Higher risk»-MDS-Patienten, alleine oder auch in Kombination mit hypomethylierenden Substanzen (HMS) oder Standard- Chemotherapie (Abstr. 0638, 0639, 0724, 0726). Die vorläufigen Resultate sind mit Ansprechraten («stable disease» [SD] und besser) um 80 % und Remissionsraten von 40–60 % sehr vielversprechend. Die Differenzierungssyndrome lassen sich gut mit Steroiden behandeln. Ähnlich wie bei HMS scheinen Patienten mit SD von einer Weiterführung einer Behandlung über mehr als 6 Zyklen zu profitieren (Abstr. 1299). Das Ansprechen ist aber bei r/r- AML-Patienten nur vorübergehend, was auf vielfältige Resistenzmechanismen zurückzuführen ist. Diese umfassen z.B. Mutationen in <em>IDH1/2, FLT3, CSF3R, RUNX1, GATA2</em> sowie in noch weniger bekannten Genen wie <em>DHX15, DEAF1, NFKB1</em> und <em>MTUS1</em> (Abstr. 0724). Dies öffnet den NGS-Methoden für die Zukunft die Tore auch zur Abklärung von möglichen Resistenzmechanismen.<br /> Neue FLT3-Kinase-Inhibitoren werden derzeit bei AML- und «Higher risk»-MDSPatienten untersucht. Midostaurin ist ein wenig selektiver FLT3-Inhibitor, der aufgrund der publizierten Ergebnisse aus der Phase-III-Studie RATIFY nun als Therapiestandard bei m<em>FLT3</em>-AML-Patienten angesehen werden kann.<sup>9, 10</sup> Midostaurin wurde in der Kombination mit einer Standardchemotherapie von der FDA (Nov. 2016) und der Swissmedic (Mai 2017) zugelassen, hat aber eine eingeschränkte gastrointestinale Verträglichkeit (Nausea). Andere Typ-I- (Quizartinib: Abstr. 0723) und Typ-II-FLT3-Kinase-Inhibitoren (Gilteritinib: Abstr 0722) haben bereits ihre Wirksamkeit bei r/r AML gezeigt<sup>11</sup> und werden aktuell in Phase-I/II-Studien mit HMA, «Low-dose»-AraC und Standardchemotherapie bei Neudiagnose untersucht. Sie zeigen vielversprechende Ansprechraten und scheinen ein günstigeres Nebenwirkungsspektrum als Midostaurin aufzuweisen. Zusätzlich wurden die Daten eines Followups nach 6,5 Jahren der randomisierten Phase-III-Studie mit dem Multikinaseinhibitor Sorafenib bei Patienten mit und ohne m<em>FLT3</em> vorgestellt (SORAML Trial). Der Zusatz von Sorafenib zu einer Standardchemotherapie führte zu einer Verlängerung des «event-free survival» ohne Einfluss auf das «overall survival». Dieser vermeintliche Widerspruch wurde durch ein vermindertes Ansprechen auf eine Salvage-Therapie im Falle eines Rezidivs im Sorafenib-Arm zurückgeführt. Ob es sich hierbei um ein Phänomen der Patientenselektion oder einen tatsächlichen biologischen Effekt handelt, wird aktuell weiter untersucht (Abstr. 0721).<br /> Erfolg versprechend waren auch Daten aus einer Phase-Ib-Studie bei Patienten mit r/r-AML, in welcher ein Ansprechen von 20 % unter Therapie mit Venetoclax (BCL2-Inhibitor) in Kombination mit Idasanutlin (MDM2-Inhibitor) oder Cobimetinib (MEK-Inhibitor) präsentiert wurde (Abstr. 0813). Das Rationale dieser Kombinationstherapie basiert auf der beobachteten Überexpression des Apopotosehemmers MCL-1, welche bei resistenten AMLZellen unter BCL-2-Inhibition auftreten kann. Weiter wurden präklinische Daten mit einem neuen Casein-Kinase-I-alphaund P-TEFb-Inhibitor vorgestellt, welcher mit CDK9-CyclinT1, einem AML-spezifischen Zellzykluskomplex, interferiert. In einem MLL-ENL-Mausmodell fand sich in 40 % eine komplette Elimination der AML. Diese Substanz soll nun in einer Phase-IStudie weiter untersucht werden (Abstr. 0812).<br /> Bei MDS-Patienten mit «higher risk» laufen zahlreiche Studien mit PD-1/ PD-1L-Checkpoint-Inhibitoren in Kombination mit HMS oder Standardinduktionschemotherapie (SICT), wie zum Beispiel mit Nivolumab (Abstr. 0815). Phase-I/IIStudien zeigten bisher kaum eine Wirkung als Monotherapie, daher werden zurzeit vor allem Kombinationstherapien untersucht.<br /> Insbesondere MDS-Patienten, welche nicht mehr auf HMS ansprechen, stellen eine grosse therapeutische Herausforderung dar. In einer früheren Studie mit Rigosertib wurde bei Patienten mit primärem Versagen nach HMS (d.h. innerhalb von 9 Zyklen) über eine Verlängerung des medianen Überlebens von 4,3 auf 7,9 Monate berichtet (ONTIME).<sup>12</sup> Basierend auf diesen Ergebnissen läuft aktuell eine adäquat gepowerte Phase-III-Studie, die Rigosertib bei primärem HMS-Versagen mit konventioneller Behandlung vergleichen soll (INSPIRE). Diese Studie wird auch in der Schweiz am Inselspital Bern und am Universitätsspital Zürich angeboten.<br /> Möglicherweise werden in Zukunft auch bispezifische Antikörper, welche TZellen gegen spezifische Targets rekrutieren, für die Behandlung von «Higher risk»- MDS-Patienten von Bedeutung sein. In einer Phase-I-Studie wurden bei Patienten mit r/r AML/MDS mit Flotetuzumab, einem CD123/CD3-bispezifischen DART<sup>®</sup>, Ansprechraten um 40 % erreicht (Abstr. 0637, 1365). Erste Daten mit CD123-spezifischen CAR-T-Zellen zeigen eine antileukämische Aktivität bei AML und könnten künftig auch bei MDS-Patienten eingesetzt werden, falls die normale Hämatopoese vom Angriff der CAR-T-Zellen tatsächlich ausgespart wird (Abstr. 0811).</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Leading Opinions_Onko_1801_Weblinks_lo_onko_1801_s21_tab3.jpg" alt="" width="2151" height="1918" /></p> <h2>Ausblick</h2> <p>Die phänotypische und genetische Heterogenität, die chronischen Verläufe bei einer vorwiegend älteren Patientenpopulation sowie die raschen Entwicklungen in der personifizierten Diagnostik und Therapie stellen grosse Herausforderungen für das Management von MDS-Patienten dar. Für die Umsetzung einer personifizierten Medizin wird die systematische und standardisierte Erfassung von klinischen und biologischen Daten eine immer grössere Bedeutung haben. Der Einschluss von MDS-Patienten in prospektiven Kohorten ist daher sinnvoll, um die Umsetzbarkeit, Wirksamkeit und Sicherheit neuer Behandlungsoptionen in unserer täglichen Patientenbetreuung überprüfen zu können. Diese wichtigen Aspekte der Präzisionsmedizin sollten mithilfe der Swiss MDS Registry Plattform in Zusammenarbeit mit nationalen und internationalen Kooperationspartnern künftig weiter untersucht werden.</p></p>
<p class="article-footer">
<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
<div class="collapse" id="collapseLiteratur">
<p><strong>1</strong> Malcovati L, Galli A et al.: Clinical significance of somatic mutation in unexplained blood cytopenia. Blood 2017; 129: 3371-8 <strong>2</strong> Genovese G, Kahler AK et al.: Clonal hematopoiesis and blood-cancer risk inferred from blood DNA sequence. N Engl J Med 2014; 371: 2477-87 <strong>3</strong> Jaiswal S, Fontanillas P et al.: Age-related clonal hematopoiesis associated with adverse outcomes. N Engl J Med 2014; 371: 2488-98 <strong>4</strong> Steensma DP, Bejar R et al.: Clonal hematopoiesis of indeterminate potential and its distinction from myelodysplastic syndromes. Blood 2015; 126: 9-16 <strong>5</strong> Xie M, Lu C et al.: Age-related mutations associated with clonal hematopoietic expansion and malignancies. Nat Med 2014; 20: 1472-8 <strong>6</strong> Fuster JJ, MacLauchlan S et al.: Clonal hematopoiesis associated with TET2 deficiency accelerates atherosclerosis development in mice. Science 2017; 355: 842-7 <strong>7</strong> Reilly M, Miller RM et al.: Randomized, double- blind, placebo-controlled, dose-escalating phase I, healthy subjects study of intravenous OPN-305, a humanized anti-TLR2 antibody. Clin Pharmacol Ther 2013; 94: 593-600 <strong>8</strong> Garcia-Manero G, Khoury HJ et al.: A phase I study of oral ARRY-614, a p38 MAPK/Tie2 dual inhibitor, in patients with low or intermediate-1 risk myelodysplastic syndromes. Clin Cancer Res 2015; 21: 985-94 <strong>9</strong> Stone RM, Larson RA et al.: Midostaurin in FLT3-mutated acute myeloid leukemia. N Engl J Med 2017; 377: 1903 <strong>10</strong> Stone RM, Mandrekar SJ et al.: Midostaurin plus chemotherapy for acute myeloid leukemia with a FLT3 mutation. N Engl J Med 2017; 377: 454-64 <strong>11</strong> Perl AE, Altman JK et al.: Selective inhibition of FLT3 by gilteritinib in relapsed or refractory acute myeloid leukaemia: a multicentre, first-in-human, open-label, phase 1-2 study. Lancet Oncol 2017; 18: 1061-75 <strong>12</strong> Garcia-Manero G, Fenaux P et al.: Rigosertib versus best supportive care for patients with high-risk myelodysplastic syndromes after failure of hypomethylating drugs (ONTIME): a randomised, controlled, phase 3 trial. Lancet Oncol 2016; 17: 496-508</p>
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