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Highlights zu (neo-)adjuvanter Chemotherapie und antihormoneller Therapie
Leading Opinions
Autor:
Prof. Dr. med. Andreas Trojan
Onkozentrum Zürich<br> E-Mail: andreas.trojan@ozh.ch
30
Min. Lesezeit
23.02.2017
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<p class="article-intro">Am San Antonio Breast Cancer Symposium (SABCS) 2016 wurden die Ergebnisse verschiedener Studien zur (neo-)adjuvanten Chemotherapie und Antihormontherapie präsentiert, die im Folgenden zusammengefasst werden.</p>
<hr />
<p class="article-content"><p>Unter Verwendung der Daten des TransATAC- Projektes (818 postmenopausale Patientinnen, ER-positiv, keine Chemotherapie, 10 Jahre Follow-up) wurden verschiedene prognostische Tests (Oncotype DX<sup>®</sup>, NanoString<sup>®</sup>, MammaPrint<sup>®</sup>, Prosigna<sup>®</sup> und EndoPredict<sup>®</sup>) bezüglich Verzichts auf adjuvante Chemotherapie verglichen.<sup>1</sup> Einige Tests kombinieren genomische Signaturen und Tumorbiologie (Tumorgrösse, Nodalstatus und Grade). Für nodal-negative Tumoren ergaben alle Tests ähnliche Voraussagen, d.h., alle Tests können erkennbar gut Low-Risk-Patientinnen auch hinsichtlich später Rückfälle (5–10 Jahre) identifizieren. Bei nodal-positiven Tumoren hingegen hatten die Tests von Prosigna<sup>®</sup> (ROR-Score) und EndoPredict<sup>®</sup> (EPclin) die Nase vorne. Susan Hilsenback vom Baylor College of Medicine hat diese Resultate dahingehend interpretiert, dass eine Risikovorhersage für die erste Dekade der adjuvanten Therapie durch die Kombination von genomischer Signatur und klinischem Status sowie Tumorgrading Vorteile bringt. Die alleinige genomische Signatur wird dabei gewissermassen «verwaschen», was dem EPclin- und ROR-Score entgegenkommt.<br /> Soll eine «extended endocrine therapy» über die Dauer von fünf Jahren hinaus allen Patientinnen empfohlen werden? Die MA.17R-Studie (ASCO 2016) ergab einen kleinen Vorteil bezüglich längerer Letrozol- Gabe. Auch der NSABP-B-42-Trial hatte mit fortgesetzter Gabe des Aromatasehemmers einen positiven Trend bezüglich des krankheitsfreien Überlebens zeigen können (Abb. 1), bei allerdings leicht erhöhter Rate arteriell-thrombotischer Ereignisse. 1912 postmenopausale Frauen (67 % waren nodal- positiv [N<sup>+</sup>], 2 % HER2<sup>+</sup>) wurden in der DATA-Studie2 nach zwei bis drei Jahren Tamoxifen in eine adjuvante endokrine Therapie mit Anastrozol für weitere 3 vs. 6 Jahre randomisiert. Von der verlängerten Therapie profitierten die nodal-positiven Patientinnen sowie jene mit ER<sup>+</sup>/PR<sup>+</sup> Tumoren. Das adaptierte krankheitsfreie Überleben nach 5 Jahren betrug 75,9 % vs. 86 % (HR: 0,58; 95 % CI: 0,39–0,89; p=0,01). Auf die gesamte Studienpopulation bezogen, gab es jedoch im Hinblick auf das DFS und auf das OS keine signifikanten Unterschiede, womit das primäre und sekundäre Studienziel nicht erreicht wurden. Gleiches ergab die IDEAL-Studie bei 3 vs. 5 Jahren erweiterter adjuvanter Therapie mit einem Aromatasehemmer. Späte Rückfälle bleiben also Realität, initiales Stadium und Tumorgrade sind gewichtige prognostische Faktoren, wobei genomische Signaturen wichtige Zusatzinformationen offerieren. Angesichts häufiger muskuloskelettaler und Langzeitnebenwirkungen sollte man präferenziell in höheren Stadien zur erweiterten Antihormontherapie raten. Eine Adjuvanz für einen Zeitraum länger als 10 Jahre scheint derzeit bei keiner Patientengruppe indiziert.<sup>3</sup><br /> CDK4/6-Inhibitoren sind eine sichere Therapieoption bei fortgeschrittenem Brustkrebs; in der Neoadjuvanz wird nebst raschem Ansprechen von Immunzellinfiltraten im Tumorgewebe berichtet.<sup>4</sup> Die Phase-III-Studie IBCSG 49-14 PENELOPE (Hochrisiko-, hormonrezeptorpositiver Brustkrebs im Frühstadium nach neoadjuvanter Chemotherapie) untersucht derzeit, ob ein CDK4/6-Inhibitor in Kombination mit endokriner Therapie zusätzliche Rückfälle verringert. Aufmerksamkeit verlangt die häufig beobachtete Neutropenie unter Einnahme von CDK4/6-Inhibitoren. Möglicherweise wird diese Substanzklasse auch in der Therapie von HER2-positiven Tumoren ein «neues Kapitel» eröffnen können. Aufgrund eines provokativen Reviews der PALOMA-2-Studiendaten (ESMO 2016) scheint es sogar, als ob Palbociclib auch bei tripelnegativen Tumoren ein Potenzial entfalten könnte.<sup>5</sup> Auch PI3K-Inhibitoren erwiesen sich beim hormonrezeptorpositiven, HER2-negativen Mammakarzinom als wirksam, haben aber aufgrund der hohen Rate an kognitiver Beeinträchtigung nicht gänzlich überzeugt.<br /> Neue Ergebnisse der ADAPT-Studie zur neoadjuvanten Therapie wurden anhand von Subanalysen präsentiert. Bei HER2<sup>+</sup>/ HR<sup>+</sup> Brustkrebspatientinnen wurde die neoadjuvante TDM1-Therapie (Trastuzumab- Zytotoxin-Konjugat) ± endokrine Therapie vs. Trastuzumab + endokrine Therapie verglichen. Unter Verwendung von TDM1 kann den Patientinnen unter Umständen eine begleitende Antihormontherapie erspart werden.<sup>6</sup> Hormonrezeptorpositive Patientinnen benötigen eine längere neoadjuvante Therapie als diejenigen mit HER2<sup>+</sup>, aber ER-negativen Tumoren.<br /> Patientinnen mit pathologischer Resterkrankung nach neoadjuvanter Chemotherapie tragen ein erhöhtes Risiko für Rückfälle. Sogenannte postneoadjuvante Therapien könnten hier weitere Behandlungsoptionen bieten. Bewährt hat sich hierbei Capecitabin bei Patientinnen mit HER2-negativem Brustkrebs (CREATE-XStudie). Die Capecitabin-Dosierung war relativ hoch und die Resultate werden angesichts der vorwiegend asiatischen Population mit Vorbehalt wahrgenommen. Auch die ältere SAKK-22-00-Studie konnte in dieser Situation einen Vorteil durch metronomische Endoxan/Methotrexat-Gabe (während eines Jahres) aufzeigen. Allerdings wurde die Studie zu einem Zeitpunkt initiiert, als noch die wenigsten Frauen Taxane adjuvant erhielten.<br /> Provokativ wurde eine «neoadjuvante Version» der TAILOR-X-Studie präsentiert. Bei Scores <11 gab es lediglich eine endokrine Therapie, während Patientinnen mit Scores >25 zusätzlich eine Chemotherapie erhielten. Bei Scores zwischen 11 und 25 wurde zwischen Chemotherapie und lediglich endokriner Therapie randomisiert. Outcome-Parameter waren die Rate klinischer und pathologischer Remissionen sowie eine erfolgreiche brusterhaltende Operation.<sup>7</sup><br /> Weiterhin konnte der Stellenwert von (albumingebundenem) nab-Paclitaxel in der neoadjuvanten Therapie untermauert werden.<sup>8</sup> Nebst kurzen Infusionszeiten, geringer Prämedikation und hoher Bioverfügbarkeit im Tumor überzeugt gemäss Metaanalyse die hohe klinische Wirksamkeit. Die pathologische Komplettremissionsrate (ypT0/is ypN0) betrug 54 % bei HER2<sup>+</sup> Patientinnen und 41 % bei TNBC. Ob auch im neoadjuvanten Setting nur TNBC mit BRCA1/2-Keimbahn-Mutation besser auf Carboplatin als auf Docetaxel reagieren, ist noch nicht vollständig geklärt.<sup>9</sup> Sicherlich spielen künftig neue und vorwiegend mit TNBC assoziierte Mutationsspektren wie beispielsweise BRD1, PALB2 und RAD51D eine grössere Rolle.<sup>10</sup> PARP-Inhibitoren, die z.B. in der BROCADE-Studie (Carboplatin/ Paclitaxel ± Veliparib) bei BRCA1/2-mutierten Patientinnen zur Behandlung von TNBC untersucht wurden, haben bisher eher enttäuscht.<sup>11</sup> Gleichwohl wird für BRCA-mutierte Patientinnen die zielgerichtete platinhaltige Chemotherapie zunehmend bestätigt.<br /> Auch wurde eine neuere Methode – «scalp cooling» – zur Kopfhautkühlung während der Chemotherapie vorgestellt. Durch verringerte Blutzirkulation gelangen weniger Wirkstoffe an die Haarfollikel, womit der Haarausfall vermieden und die Lebensqualität der Patientinnen verbessert werden soll. Der erwünschte Effekt zeigte sich besonders bei Taxan-haltigen Regimen (bis zu 60 % Haarerhalt), weniger unter Anthrazyklin-haltiger Therapie (20 % Haarerhalt). Allgemeine Sicherheitsbedenken hinsichtlich eines vermehrten Auftretens von Kopfhautmetastasen oder anderen schwerwiegenden Nebenwirkungen ergaben sich gemäss den Autoren der Studie sowie der publizierten Literatur erfreulicherweise nicht.<sup>12, 13</sup><br /> Bezüglich adjuvanter Chemotherapie verglich eine dänische Studie sechs Zyklen Docetaxel/Cyclophosphamid (D75, C600) vs. drei Zyklen Epirubicin/Cyclophosphamid (E90, C600) gefolgt von 3 Zyklen Docetaxel (D100) bei Patientinnen mit normaler TOP2A Ratio (0,8–1,9). Die Patientinnen waren nodal-positiv oder nodal-negativ mit Risikofaktoren (junges Alter, ER-negativ, grössere Tumoren, «high grade»). Bezüglich DFS nach sechs Jahren (Abb. 2) waren beide Therapien gleichwertig (HR: 1,00), was eine Alternative für Patientinnen bedeuten könnte, falls eine zuverlässige TOP2A-Bestimmung vorliegt.<sup>14</sup><br /> Eine negative Studie, um die Nebenwirkungen von Aromatasehemmern zu reduzieren, war leider die SWOG-1202-Studie. Verwendet wurde das Antidepressivum Duloxetin oder Placebo, um typische Nebenwirkungen wie trockene (Mund-) Schleimhäute, Kopfschmerzen und Übelkeit zu reduzieren, wobei das Verum nur initial Vorteile brachte.<br /> Schliesslich wurden Studien vorgestellt, welche die Vorteile einer zeitnahen Erfassung von Symptomen mittels elektronischer, patientenbezogener Systeme (Apps) während einer adjuvanten systemischen oder operativen Therapie aufzeigten.<sup>15</sup> Wichtig für den Mehrwert im medizinischen Alltag ist dabei die kollaborative Zusammenarbeit von Arzt und Patient.<sup>16</sup></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Leading Opinions_Onko_1701_Weblinks_s37_abb1.jpg" alt="" width="1457" height="968" /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Leading Opinions_Onko_1701_Weblinks_s37_abb2.jpg" alt="" width="1454" height="793" /></p></p>
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