© Manjurul iStockphoto

Highlights zur Graft-versus-Host-Erkrankung

Die akuten und chronischen Graft-versus-Host-Erkrankungen (GvHD) stellen schwerwiegende Komplikationen nach allogener hämatopoetischer Stammzelltransplantation dar. Neben Antithymozytenglobulin (ATG) wird auch Posttransplant-Cyclophosphamid zunehmend häufiger als GvHD-Prophylaxe in der Klinik eingesetzt. Der orale selektive JAK1/2-Inhibitor Ruxolitinib verbessert das Therapieansprechen von Patienten mit refraktärer akuter und chronischer GvHD.

Keypoints

  • Die GvHD stellt eine häufige und schwere Komplikation nach allogener HSZT dar.

  • Die GvHD-Prophylaxe mit Posttransplant-CY wird derzeit in einer großen multizentrischen europäischen Studie unter Beteiligung österreichischer Transplantzentren bei HSZT mit HLA-identen unverwandten Spendern untersucht.

  • Der selektive JAK1/2-Inhibitor Ruxolitinib erzielt bei Patienten mit therapierefraktärer akuter und chronischer GvHD ein verbessertes Ansprechen auch in der Real World und erlaubt eine raschere Reduktion der Steroidbegleitmedikation.

Posttransplant-Cyclophosphamid vs. Antithymozytenglobulin

In der ersten vorgestellten Studie wird Posttransplant-Cyclophosphamid (CY) mit Antithymozytenglobulin (ATG) als GvHD-Prophylaxe bei allogener Blutstammzelltransplantation mit einem HLA-identen unverwandten Spender verglichen.

In den vergangenen Jahren erhielten nicht nur Patienten mit einem haploidenten Stammzellspender, sondern auch solche mit unverwandten Spendern immer häufiger Posttransplant-Cyclophosphamid als GvHD-Prophylaxe.

Dr. Dachy vom Institut Paoli-Calmettes in Marseille berichtete über das Outcome von 30 Patienten, die zwischen April 2020 und Juli 2021 Posttransplant-CY erhielten, und verglich deren Ergebnisse mit einer retrospektiven Kohorte von 64 Patienten nach ATG-Prophylaxe.1

Das mediane Alter der insgesamt 94 Patienten betrug 57,5 (18–75) Jahre, 45% hatten eine akute myeloische Leukämie (AML) und der mediane Transplant-Risiko-Score (Sorror-Score) betrug 3. Alle Patienten erhielten Blutstammzellen. In der Posttransplant-CY-Gruppe wurden 70% mit dosisreduzierter Konditionierung therapiert. Alle Patienten erhielten zusätzlich Cyclosporin A (CSA) und Mycophenolat Mofetil (MMF), während in der ATG-Kohorte alle eine dosisreduzierte Konditionierung, Thymoglobulin zu 5mg/kg und CSA erhielten.

<< Es sollten die Ergebnisse randomisierter Studien abgewartet werden, bevor eine Entscheidung zur Verwendung von Posttransplant-CY auch bei hämatopoetischer Stammzelltransplantation mit einem HLA-identen unverwandten Spender getroffen wird.>>
Zitatquelle mit Foto

In der Posttransplant-CY-Gruppe wurden alle Patienten ab dem Tag +5 mit G-CSF (Granulozyten-Kolonie-stimulierender Faktor) stimuliert, während dies in der ATG-Kohorte nicht erfolgte. Die kumulative Inzidenz am Tag 100 an akuter GvHD vom Grad II–IV war in der Posttransplant-CY-Gruppe signifikant niedriger (23% vs. 45%, p=0,014). Bei der chronischen GvHD wurde nur ein Trend zu niedriger Inzidenz in diesem Therapiearm gefunden (13% vs. 33%, p=0,063).

Bei der Rezidivinzidenz, der Non-relapse-Mortalität (NRM), dem progressionsfreien und dem Gesamtüberleben bestanden keine signifikanten Unterschiede zwischen den Therapiearmen. Die mediane Zeit bis zur Regeneration der Neutrophilen und Thrombozyten war im Posttransplant-CY-Arm signifikant länger (19 vs. 17 Tage, p=0,049; 26 vs. 10 Tage, p<0,001) verglichen mit dem ATG-Arm.

Diese Daten sind sicherlich interessant, es sollten jedoch die Ergebnisse randomisierter Studien abgewartet werden, bevor eine Entscheidung zur Verwendung von Posttransplant-CY auch bei hämatopoetischer Stammzelltransplantation (HSZT) mit einem HLA-identen unverwandten Spender getroffen wird.

Zu dieser Fragestellung läuft derzeit unter wissenschaftlicher Leitung von Prof. Kröger in Hamburg-Eppendorf eine multizentrische, randomisierte klinische Studie in acht europäischen Ländern, an der auch alle österreichischen Transplantzentren teilnehmen.

GvHD: kein Graft-versus-Leukämie-Effekt

Die nächste Studie kam zu dem Ergebnis, dass GvHD keinen Graft-versus-Leukämie-Effekt bei Patienten mit akuter lymphatischer Leukämie (ALL) nach haploidenter HSZT mit Posttransplant-Cyclophosphamid hat.

Es ist seit Langem bekannt, dass ALL-Patienten mit GvHD eine signifikant niedrigere Rezidivrate haben, verglichen mit Patienten ohne GvHD. Somit kann geschlussfolgert werden, dass im Rahmen der klinischen GvHD auch Spenderimmunzellen mit antileukämischer Wirkung aktiviert werden.

Prof. Shimoni vom Klinikum Tel HaShomer in Israel präsentierte dazu Daten eines europäischen Konsortiums, das 516 Patienten mit ALL in erster oder zweiter kompletter Remission (CR) nach haploidenter HSZT mit Posttransplant-CY im Zeitraum 2010 bis 2019 auswertete.2 Zwei Drittel der Patienten hatten eine B-ALL und ein Drittel eine T-ALL. Etwa die Hälfte der Patienten erhielt Knochenmark als Stammzellquelle.

Die 6-Monats-Inzidenz an akuter GvHD von Grad II–IV und Grad III–IV betrug 33,3% und 11,7%. Die 2-Jahres-Inzidenz an chronischer GvHD war 35,3%. Die 2-Jahres-Rezidivrate betrug 27,1%, das leukämiefreie und das Gesamtüberleben 55,7% und 64,4%.

In der Multivariatanalyse hatten Patienten mit zweiter CR verglichen mit erster CR und T-zelliger ALL verglichen mit B-zelliger ALL ein signifikant höheres Rezidivrisiko, während das Auftreten einer akuten oder chronischen GvHD keinen signifikanten Einfluss auf die Rezidivraten hatte. Höhere Schweregrade einer akuten GvHD waren mit signifikant kürzerem Überleben aufgrund erhöhter NRM assoziiert.

Ruxolitinib im Real-World-Setting bei akuter und chronischer GvHD

In dieser niederländischen retrospektiven Analyse, die von Dr. van der Wagen aus Utrecht präsentiert wurde, erhielten 121 konsekutive Patienten zwischen 2014 und 2019 Ruxolitinib zur Therapie der akuten (n=54) und chronischen (n=67) GvHD.3 Es wurden das Therapieansprechen sowie die Nebenwirkungen dieser Therapie evaluiert.

Am Tag +28 nach Therapiebeginn zeigten 70% (38/54) der Patienten mit akuter GvHD ein Ansprechen einschließlich kompletter Resolution (CR) bei 50% (27/54). Sechs Monate nach Therapiebeginn mit Ruxolitinib waren die Patienten mit chronischer GvHD weitgehend stabil. Das Gesamtansprechen nach sechs Monaten lag bei 28% (19/67) einschließlich einer CR bei 13% (9/67).

Die berichteten Nebenwirkungen waren hauptsächlich Infektionen (38%) und Hämatotoxizität (13%). Die meisten Infektionen waren viraler Genese (43%), gefolgt von bakteriellen (19%) und Pilzinfektionen (14%). Während des Follow-ups starben 14,9% (18 Patienten) an unkontrollierter GvHD (n=6), Infektionen (n=5), Rezidiv der Grundkrankheit (n=3) und anderen Ursachen (n=4).

Höherer Steroideinsparungseffekt unter Ruxolitinib

In der multizentrischen, randomisierten Phase-III-Studie REACH3 mit Patienten mit steroidrefraktärer chronischer GvHD war der JAK1/2-Inhibitor Ruxolitinib in einer Dosierung von 10mg zweimal täglich peroral (n=165) signifikant wirksamer als die beste verfügbare Therapie (n=164). Er wurde auch rezent von der EMA (Europäische Arzneimittel-Agentur) in dieser Indikation zugelassen.4

Beim diesjährigen EHA(European Hematology Association)-Meeting präsentierte Prof. Zeiser vom Universitätsklinikum Freiburg Daten zur begleitenden Steroidmedikation in dieser Studie. Insgesamt sank die Steroiddosis in beiden Studienarmen gleichermaßen im Verlauf der 24 Therapiewochen. Im Ruxolitinib-Arm wurde jedoch eine schnellere und median größere Reduktion der Steroiddosis verzeichnet verglichen mit dem Kontrollarm.

Patienten unter Ruxolitinib-Therapie erzielten eine Reduktion der Steroiddosis von >50% nach median 1,9 (1,4–1,9) Monaten, deutlich früher als im Kontrollarm mit median 2,4 (1,9–2,8) Monaten. Der Prozentsatz an Patienten, die eine Steroiddosis von <7,5mg/Tag erzielten, war im Ruxolitinib-Arm höher (71,5% vs. 61,6%) und auch die Beendigung der Steroidmedikation wurde von mehr Patienten im Ruxolitinib-Arm erreicht verglichen mit dem Kontrollarm (48,5% vs. 35,4%).

Die mediane Reduktion der Steroiddosis war im Ruxolitinib-Arm unabhängig vom Therapieansprechen der chronischen GvHD, während im Kontrollarm nicht ansprechende Patienten keine Steroidreduktion im Verlauf der 24 Therapiewochen erzielten.

1 Dachy F et al.: Post-transplant cyclophosphamide (PT-CY) versus antithymocyte globulin (ATG) as GVHD prophylaxis for matched unrelated hematopoietic stem cell transplantation. HemaSphere 2022; 6(3): 1329 2 Shimoni A et al.: Graft-versus-host disease offers no graft-versus-leukemia advantage in patients with acute lymphoblastic leukemia after haplo-identical stem cell transplantation with post-transplant cyclophosphamide. HemaSphere 2022; 6(3): 1371 3 Van der Wagen L et al.: Ruxolitinib use in a real world acute and chronic graft versus host disease cohort in the Netherlands: a retrospective study. HemaSphere 2022; 6(3): 1382 4 Zeiser R et al.: Ruxolitinib demonstrates a greater corticosteroid-sparing effect than best available therapy in patients with corticosteroid-refractory/dependent chronic graft-vs-host disease. HemaSphere 2022; 6(3): 1389

Back to top