
©
Getty Images
Genomischer Test zur Prognose des Tumoransprechens der axillären Lymphknoten
Jatros
Autor:
Univ.-Prof. PD Dr. Florentia Peintinger
Abteilung für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Landeskrankenhaus Leoben<br> Institut für Pathologie, Medizinische Universität Graz<br> E-Mail: florentia.peintinger@medunigraz.at
30
Min. Lesezeit
26.12.2017
Weiterempfehlen
<p class="article-intro">Das Konzept der neoadjuvanten Chemotherapie (NAC) hat bei Patientinnen mit einem operablen, lokal fortgeschrittenen Mammakarzinom einerseits zu einer Zunahme der brusterhaltenden Operationen geführt. Andererseits führte die NAC zur Konversion der klinisch positiven axillären Lymphknoten in histopathologisch negative Lymphknoten. Die prognostische Bedeutung des axillären Lymphknotenstatus hat im neoadjuvanten Setting einen besonderen Stellenwert, da die pathologisch komplette Remission (kein invasiver Tumor in Mamma und axillären Lymphknoten) ein Surrogat für das Gesamtüberleben darstellt.</p>
<hr />
<p class="article-content"><p>In randomisierten Studien konnte abhängig von der Art der Chemotherapie eine Konversion von klinisch positiven in pathologisch negative Lymphknoten in bis zu 40 % der Fälle gezeigt werden. Der operative Standard solcher Fälle ist derzeit die axilläre Dissektion, sodass sich die Frage ergibt, ob bei selektierten Patientinnen auf eine axilläre Dissektion verzichtet werden kann.</p> <h2>Entwicklung eines genomischen Tests</h2> <p>Zur Vorhersage des Tumoransprechens nach sequenzieller anthrazyklin- und taxanhältiger neoadjuvanter Chemotherapie wurde ein genomischer Test entwickelt, mit dessen Hilfe Tumoren als chemosensitiv oder nicht chemosensitiv klassifiziert werden. In einer Kohorte von 153 Patientinnen zeigten 42 % einen klinisch negativen (cN–) und davon 69 % einen histopathologisch negativen axillären Lymphknotenstatus (pN–) vor bzw. nach neoadjuvanter Chemotherapie. 44 % der Patientinnen, die vor Chemotherapie einen positiven axillären Lymphknotenstatus (cN+) hatten, konvertierten nach Abschluss der Chemotherapie in einen pN– Status. Nach Anwendung des genomischen Tests beobachteten wir, dass 30 % der cN+ Mammakarzinome vor Chemotherapie als chemosensitiv klassifiziert wurden. Diese zeigten eine signifikant höhere Wahrscheinlichkeit, in einen pN– Status zu konvertieren (70 % ; 95 % CI: 50–86) im Vergleich zu Mammakarzinomen, welche als nicht chemosensitiv klassifiziert wurden (33 % ; 95 % CI: 21–46). 21 % der Mammakarzinome, die vor Chemotherapie cN– waren und als chemosensitiv klassifiziert wurden, hatten einen pN– Status nach Chemotherapie in 86 % (95 % CI: 57–89) im Vergleich zu den Mammakarzinomen, die als nicht chemosensitiv klassifiziert wurden (65 % ; 95 % CI: 50–78).<br /> Die Sentinel-Lymphknoten-Biopsie (SLNB) ist die Standardmethode des axillären Staging beim Mammakarzinom. Bei Patientinnen mit cN+ Status wird jedoch die axilläre Lymphknotendissektion (ALND) Level I und II nach Abschluss der neoadjuvanten Chemotherapie unabhängig vom Ansprechen der axillären Lymphknoten auf die Chemotherapie durchgeführt.</p> <h2>Studie AGO-35</h2> <p>Ziel der multizentrischen AGO-35-Studie ist zu untersuchen, ob die durch genomische Signaturen als chemosensitiv klassifizierten Tumoren eine so hohe Wahrscheinlichkeit eines pN– Status zeigen, dass bei diesen Patientinnen auf die axilläre Dissektion verzichtet werden kann. Einschlusskriterien sind ein histologisch verifiziertes invasives Mammakarzinom (klinisches Stadium T1–4, M0), eine geplante neoadjuvante Chemotherapie, eine Chemotherapie mit einem anthrazyklinhaltigen Schema gefolgt von Taxanen und negativer HER2-Status nach Biopsie. Abbildung 1 zeigt das Behandlungsschema der AGO-35-Studie.<br /> In Kooperation mit dem M.D. Anderson Cancer Center wird in der AGO- 35-Studie die prospektive Validierung des genomischen Tests für das Tumoransprechen in den axillären Lymphknoten von Patientinnen mit einem HER2-negativen Mammakarzinom vorgenommen. Weitere Endpunkte der Studie umfassen den Vergleich der Frequenz der brusterhaltenden Operationen vs. Mastektomien je nach vorhergesagter Chemosensitivität, die Assoziation zwischen Chemosensitivität und pathologischem Ansprechen mittels RCB (Residual Cancer Burden)<sup>1</sup> (Abb. 2) und das krankheitsfreie Überleben (DFS) und Gesamtüberleben (OS). Genexpressionsanalysen mittels Affymetrix U133A Gene chips werden an Stanzbiopsien von Tumorgewebe durchgeführt. Die Kalkulation der Chemosensitivität erfolgt mittels genomischen Tests.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Onko_1707_Weblinks_jatros_onko_1707_s71_abb1.jpg" alt="" width="1454" height="1027" /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Onko_1707_Weblinks_jatros_onko_1707_s72_abb2.jpg" alt="" width="1417" height="836" /></p> <h2>Zusammenfassung</h2> <p>Die lokoregionale Behandlung des Mammakarzinoms könnte je nach Ansprechen der axillären Lymphknoten auf die neoadjuvante Chemotherapie individualisiert werden. Moderne Methoden und Technologien, wie in der Studie AGO-35 dargelegt, können dazu beitragen, bei Frauen mit chemosensitiven Tumoren auf die axilläre Dissektion zu verzichten.</p></p>
<p class="article-footer">
<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
<div class="collapse" id="collapseLiteratur">
<p><strong>1</strong> Symmans WF et al.: Measurement of residual breast cancer burden to predict survival after neoadjuvant chemotherapy. J Clin Oncol 2007; 25: 4414-22 Weitere Literatur bei der Verfasserin</p>
</div>
</p>