
Fixe Therapiedauer mit Venetoclax in der Erstlinientherapie
Die Einführung von innovativen Substanzen hat den Therapiealgorithmus zur Behandlung der CLL und die Prognose der Patienten dramatisch verändert. Nun rücken die neuen Therapieoptionen in frühere Therapielinien vor und werden durch rationale Kombinationen effektiver und verträglicher. Beim EHA-Kongress waren die Ergebnisse der CLL14-Studie ein wichtiges Highlight für die Erstlinienbehandlung.
Kirsten Fischer präsentierte beim EHA die Ergebnisse der CLL14-Studie für die Deutsche CLL-Studiengruppe.1 In der Phase-III-Studie wurde eine zielgerichtete Therapie für eine fixe Dauer (6 Zyklen Venetoclax plus Obinutuzumab gefolgt von 6 Zyklen Venetoclax) mit einer Chemoimmuntherapie mit fixer Dauer (6 Zyklen Chlorambucil plus Obinutuzumab gefolgt von 6 Zyklen Chlorambucil) verglichen. Eingeschlossen waren je Studienarm 216 Patienten mit bis dahin unbehandelter CLL und koexistierender Morbidität. Die Patienten im Venetoclax- bzw. im Chlorambucil- Arm waren median 72 bzw. 71 Jahre alt, wiesen einen medianen CIRS-Score von 9 bzw. 8 auf und eine mediane Kreatinin- Clearance von 65,2 bzw. 67,5 ml/min. Etwa 60 % der Patienten beider Studienarme hatten einen nicht mutierten IGHV-Status und bei jeweils 12 % lag eine TP53-Deletion und/oder -Mutation vor. Eine 17p-Deletion wurde bei 9 % bzw. 7 % der Patienten nachgewiesen.
Ein Ansprechen erreichten die Patienten – mit 85 % versus 71 % – häufiger im Venetoclax- als im Chlorambucil-Studienarm (p=0,0007), wobei es unter dem Chemotherapie- freien Regime auch häufiger zu kompletten Remissionen kam (50 % vs. 23 % ) (p<0,0001). Eine nicht detektierbare minimale Resterkrankung (uMRD) wurde bei 76 % versus 35 % der Patienten im peripheren Blut und bei 57 % versus 17 % in der Knochenmarksuntersuchung festgestellt. Das Risiko für einen Progress wurde mit Venetoclax anstelle von Chlorambucil um 65 % reduziert (HR: 0,35; 95 % CI: 0,23– 0,53; p<0,0001). Nach 24 Monaten lebten 88 % versus 64 % der Studienteilnehmer ohne Progress. Das Gesamtüberleben (OS) war mit Ereignissen bei 9 % bzw. 8 % der Patienten in beiden Studienarmen nicht signifikant unterschiedlich (HR: 1,24; 95 % CI: 0,64–2,40; p=0,52).
Hochrisikopatienten profitieren besonders von Venetoclax
In einer genetischen Auswertung der CLL14-Studie wurde die besonders hohe Effektivität von Venetoclax plus Obinutuzumab bei nicht mutiertem IGHV gezeigt.2 Patienten im Chlorambucil/Obinutuzumab- Arm zeigten bei negativem gegenüber dem positiven IGHV-Status eine Erhöhung des Risikos für einen Progress um mehr als das Dreifache (HR: 3,45; p <0,001). Im Venetoclax/Obinutuzumab-Arm war hingegen die Überlebenswahrscheinlichkeit unabhängig vom IGHV-Status vergleichbar (HR: 1,16; p=0,73). Auch andere genetische Subgruppen, wie 17p-Deletion (HR: 0,332; p=0,29), 11q-Deletion (HR: 0,112; p<0,001), TP53 (HR: 0,351; p=0,027), ATM (HR: 0,137; p=0,009), BIRC3 (HR: 0,116; p=0,049), NOTCH1 (HR: 0,321; p=0,006) und SF3B1 (HR: 0,178; p=0,007), profitierten signifikant mehr vom Venetoclax-haltigen Regime verglichen mit Chlorambucil/Obinutuzumab.
Der komplexe Karyotyp ist ebenfalls ein negativer prognostischer Faktor bei der CLL, der in einer Subgruppenanalyse der CLL14 prospektiv analysiert worden ist.3 Von 397 Studienteilnehmern der CLL14-Studie konnte eine Chromosomenanalyse angefertigt werden. Im Venetoclax-Arm wiesen 17 % dieser Patienten und im Chlorambucil-Arm 15,2 % der Patienten einen komplexen Karyotyp auf. Ein komplettes Ansprechen (CR) erreichten im Venetoclax- haltigen Studienarm die Hälfte der Patienten (51,8 % bzw. 50 % ) unabhängig von einem komplexen Karyotyp, gegenüber 27,5 % und 10 % der Patienten im Chlorambucil-Arm ohne bzw. mit komplexem Karyotyp. Bezüglich des PFS hatten Patienten unter Chlorambucil-haltiger Therapie mit komplexem Karyotyp ein 2,8-fach höheres Risiko als Patienten mit nicht komplexem Karyotyp (HR: 2,790; 95 % CI: 1,631–4,772; p <0,001). Im Venetoclax-haltigen Studienarm war das Risiko für einen Progress in beiden Studienkohorten vergleichbar (HR: 1,909; 95 % CI: 0,806–4,520). Auch zeigte der TP53-Status einen Einfluss auf das PFS bei Patienten mit komplexem Karyotyp unter Chlorambucil, nicht aber unter Venetoclax.
Quelle: 24. Kongress der European Hematology Association (EHA), 13.–16. Juni 2019, Amsterdam
1 Fischer K et al.: Fixed-duration venetoclax plus obinutuzumab improves progression-free survival and minimal residual disease negativity in patients with previously untreated CLL and comorbidities. EHA 2019, Abstr. #S149 2 Stilgenbauer S et al.: Genetic markers and outcome in the CLL14 trial of the GCLLSG comparing front line obinutuzumab plus chlorambucil or venetoclax in patients with comorbidity. EHA 2019, Abstr. #S105 3 Al-Sawaf O et al.: High efficacy of venetoclax plus obinutuzumab in patients with complex karyotype and chronic lymphocytic leukemia (CLL): A prospective analysis from the CLL14 trial. EHA 2019, Abstr. #S106
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