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Endokrine Therapie und Resistenzen
Jatros
Autor:
Priv.-Doz. OA Dr. Michael Hubalek
Univ.-Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Medizinische Universität Innsbruck<br/> E-Mail: michael.hubalek@i-med.ac.at<br/> Quelle: SABCS-Kongress, 9.–13. Dezember 2014, San Antonio
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05.03.2015
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<p class="article-intro">Das 37. SABCS-Meeting vom 9. bis 13. 12. 2014 in San Antonio hat sich vor allem durch interessante Ergebnisse, insbesondere im Bereich des hormonabhängigen Mammakarzinoms, ausgezeichnet. Zu den wesentlichen Highlights zählte die Präsentation der Daten aus der SOFT-Studie, in der sich u.a. ein klarer Benefit unter der Kombination Exemestan und ovarielle Suppression bei prämenopausalen Frauen abgezeichnet hatte.</p>
<hr />
<p class="article-content"><h2>FERGI-Studie: neue Fragen bezüglich PI3K-Inhibition</h2> <p>Im Rahmen dieser Phase-II-Studie wurden erstmals die Wirksamkeit und die Verträglichkeit eines Phosphatidylinositide-3-Kinase(PI3K)-Inhibitors beim Östrogenrezeptor(ER)-positiven Mammakarzinom präsentiert: Der PI3K-Pathway spielt eine wichtige Rolle in der Entwicklung einer endokrinen Resistenz beim hormonabhängigen Mammakarzinom. Durch die Inhibition dieses Signalwegs könnte die endokrine Resistenz – zumindest teilweise – aufgehoben werden. Die „FERGI“-Studie ist die erste Studie, die diese Hypothese bei Patientinnen mit metastasiertem ER-positivem, HER2-negativem Brustkrebs überprüfen sollte. In präklinischen Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass der PI3K-Inhibitor Pictilisib in Kombination mit Fulvestrant (Faslodex) bei endokrin resistenten Mammakarzinomzellen die endokrine Sensitivität wiederherstellen kann. Konsequenterweise wurde im Rahmen der FERGI-Studie Fulvestrant 500mg + Placebo mit Fulvestrant 500mg + Pictilisib 340mg verglichen. Insgesamt wurden 168 Frauen in die beiden Studienarme randomisiert. Enttäuschend war jedoch das Ergebnis dieser Untersuchung: Die endokrine Resistenz konnte lediglich in geringem Ausmaß beeinflusst werden. Das progressionsfreie Überleben (PFS) wurde im experimentellen Arm nur minimal und damit nicht statistisch signifikant verbessert (medianes PFS: 6,6 vs. 5,1 Monate). Eine weitere Überraschung stellt die Tatsache dar, dass der PI3K-Mutationsstatus keine Relevanz für das Ansprechen auf die Therapie hat. Allerdings konnte in einer ungeplanten Analyse sowohl in der Subgruppe der ER-positiven als auch der progesteronrezeptorpositiven Mammakarzinome eine stärkere Wirkung von Pictilisib gezeigt werden. Innerhalb dieser Subgruppe, die rund 70 % der Studienpatientinnen umfasste, konnte eine signifikante Verlängerung des PFS beobachtet werden (medianes PFS: 7,4 vs. 3,7 Monate; p=0,002). Eine große Enttäuschung war sicherlich die Tatsache, dass die klinische und funktionelle Relevanz einer Mutation im PI3K-Gen unklar ist und dass PI3K keinen neuen Biomarker darstellt. Trotz der Tatsache, dass der PI3K-Pathway weiterhin eine wesentliche Rolle in der Entwicklung von endokrinen Resistenzen spielt, ist es fraglich, welchen Stellenwert Pan-PI3K-Inhibitoren wie Pictilisib in Zukunft einnehmen werden. Große Hoffnungen werden derzeit in die parallel in klinischer Erprobung befindlichen selektiv an die α-Untereinheit bindenden PI3K-Inhibitoren gesetzt. Im Rahmen der Studie ABCSG 40 wird dieser Therapieansatz im Detail überprüft.</p> <h2>ER-positives prämenopausales Mammakarzinom: neuer Therapiealgorithmus</h2> <p>Eines der größten Highlights in San Antonio 2014 stellte die Präsentation der SOFT(Suppression of Ovarian Function Trial)-Studie dar. Die Ergebnisse dieser großen, internationalen Studie zur endokrinen Therapie von prämenopausalen Frauen mit hormonrezeptorpositivem Mammakarzinom sind als „practice changing“ zu bezeichnen. Die Ergebnisse sind im Kontext mit den bereits vor einem Jahr publizierten Ergebnissen der TEXT(Tamoxifen and Exemestane Trial)-Studie zu sehen (N Engl J Med 2014; 371: 107-118).<br /> Im Rahmen der SOFT-Studie wurden insgesamt 3.066 prämenopausale Frauen rekrutiert und in drei Studienarme randomisiert. Im ersten Studienarm erhielten die Patientinnen Tamoxifen über 5 Jahre, im zweiten Arm wurden sie zusätzlich zu Tamoxifen mit ovarieller Suppression (Ovarektomie oder GnRH-Analoga) behandelt, im dritten Arm wurde eine ovarielle Suppression + Exemestan verabreicht. Etwa 50 % der Patientinnen in dieser Studie hatten nach der Brustoperation eine adjuvante Chemotherapie erhalten. Das mediane Follow-up betrug 5,6 Jahre und der primäre Endpunkt war das krankheitsfreie Überleben (DFS). In der Gesamtpopulation zeigte sich kein signifikanter Unterschied in Bezug auf Brustkrebsrezidive in den drei Behandlungsgruppen. Allerdings gab es dramatische Unterschiede in spezifischen Untergruppen. Der größte Effekt einer ovariellen Suppression in Kombination mit dem Aromatasehemmer (AI) Exemestan konnte in der Gruppe der sehr jungen Frauen(<35a) beobachtet werden. Diese Subgruppe umfasste 350 Patientinnen (11,5 % aller Studienteilnehmerinnen), von denen aber 94 % eine adjuvante Chemotherapie erhalten hatten. Bei Frauen ≤35 Jahren betrug das brustkrebsfreie 5-Jahres-Überleben im Tamoxifen-Arm 67,7 % , im Arm mit ovarieller Suppression + Tamoxifen 78,9 % und bei Patientinnen unter ovarieller Suppression und Exemestan 83,4 % . Mit anderen Worten erleidet eine von drei jungen Frauen unter Tamoxifen – jedoch nur eine von sechs jungen Frauen unter ovarieller Suppression und Exemestan – einen Rückfall innerhalb von 5 Jahren. Ein ebenfalls beeindruckender Effekt von ovarieller Suppression und Exemestan konnte in der 1.084 Patientinnen umfassenden Subgruppe von Patientinnen (medianes Alter: 40 Jahre), die nach Chemotherapie prämenopausal blieben, gezeigt werden: Die Rate des 5-Jahres-DFS war 78 % unter Tamoxifen als Monotherapie, 82,5 % unter Tamoxifen + ovarieller Suppression und 85,7 % unter Exemestan + ovarieller Suppression. Damit war die ovarielle Suppression in Kombination mit Tamoxifen mit einer 22 % igen Risikoreduktion und die ovarielle Suppression in Kombination mit Exemestan mit einer 35 % igen Risikoreduktion im Vergleich zu Tamoxifen alleine verbunden.<br /> Im Gegensatz dazu zeigte die ovarielle Suppression keinen Vorteil in der Subgruppe von 949 Frauen, welche keine Chemotherapie erhielten. Diese Patientinnen waren im Median 46 Jahre alt und hatten Brustkrebserkrankungen mit günstigem biologischem Verhalten. In dieser Patientengruppe ist eine Monotherapie mit Tamoxifen ausreichend.</p> <h2>Fazit</h2> <p>Diese Ergebnisse verändern laut Meinung der meisten Experten die derzeitige Praxis der Behandlung des prämenopausalen ER-positiven Mammakarzinoms: Für die ganz jungen Patientinnen ist die ovarielle Suppression unbedingt zu empfehlen. Für prämenopausale Patientinnen, welche aufgrund der Tumorbiologie eine Chemotherapie erhalten, wird zukünftig eine ovarielle Suppression in Kombination mit Exemestan zu empfehlen sein. Für Patientinnen mit niedrigem Rezidivrisiko (kleiner Tumor, negative Lymphknoten, G1-Karzinom, höheres Alter etc.) wird eine Tamoxifen-Monotherapie empfohlen. Für Patientinnen mit intermediärem Risiko (kleiner Tumor, positiver Lymphknoten oder größerer Tumor mit negativen Lymphknoten) ist über eine ovarielle Suppression mit Exemestan zu diskutieren.</p> <h2>Mehr therapieassoziierte Nebenwirkungen</h2> <p>Im Rahmen einer ebenfalls in San Antonio vorgestellten Lebensqualitätsanalyse in Zusammenhang mit der SOFT-Studie konnte gezeigt werden, dass eine zusätzliche ovarielle Suppression mit verstärkten menopausalen Symptomen, vermehrten sexuellen Dysfunktionen und einer erhöhten Rate an Depressionen (~50 % ) verbunden ist. Zusätzlich treten unter einer Behandlung mit Exemestan und ovarieller Suppression häufiger Nebenwirkungen wie muskuloskelettale Schmerzen und Abnahme der Knochendichte auf.</p> <h2>Fulvestrant zeigt Gesamtüberlebensvorteil im metastasierten Stadium</h2> <p>In der abschließenden Analyse des Gesamtüberlebens (OS) von Patientinnen unter Fulvestrant im Vergleich zu Anastrozol in der Erstlinientherapie im Rahmen der Phase-II-Studie „FIRST“ konnte ein beeindruckender Vorteil bezüglich Fulvestrant gefunden werden. Im Rahmen der FIRST-Studie wurden 205 Patientinnen mit metastasiertem ER-positivem Mammakarzinom rekrutiert und zum Erhalt von Fulvestrant 500mg (an den Tagen 0, 14 und 28 und danach alle 28 Tage) bzw. Anastrozol (1mg täglich) randomisiert.<br /> Das PFS wurde bereits in einer früheren Analyse ausgewertet und zeigte einen signifikanten Vorteil unter Fulvestrant vs. Anastrozol. Dr. Robertson präsentierte in San Antonio 2014 die Auswertung der OS-Daten: Das OS betrug in der Faslodex-Gruppe 54,1 und in der Anastrozol-Gruppe 48,4 Monate (p=0,041). Aktuell rekrutiert die FALCON-Studie Patientinnen in der Erstlinientherapie in eine Fulvestrant- und eine Anastrozol-Gruppe, um dieselbe Fragestellung in der Phase III endgültig zu klären.</p> <h2>Bortezomib als neue Substanz in der Behandlung der endokrinen Resistenz?</h2> <p>Das Proteasom zur Behandlung der endokrinen Resistenz wurde im Rahmen einer Phase-II-Studie untersucht, die Ergebnisse wurden in San Antonio 2014 präsentiert:<br /> Die Therapie des metastasierten Mammakarzinoms mit Fulvestrant in Kombination mit Bortezomib führte zu einer signifikanten Verzögerung der Krankheitsprogression (HR: 0,73, p=0,06) vs. Fulvestrant alleine. Interessanterweise konnte eine statistisch signifikante Erhöhung der Rate des 12-Monats-PFS von 14 auf 28 % , jedoch keine Verbesserung der Rate des 6-Monats-PFS oder des medianen PFS beobachtet werden. Die Studienärzte rekrutierten jeweils 59 Patientinnen, die eine Resistenz gegenüber einem AI entwickelt hatten, in die beiden Studienarme. Die Tatsache, dass die Rate des 12-Monats-PFS signifikant erhöht wurde, spricht dafür, dass es eine bestimmte Subgruppe gibt, die besonders von einer Behandlung mit Bortezomib profitiert. Leider gibt es bisher keine Hinweise darauf, wodurch diese Gruppe definiert wird.</p></p>
<p class="article-quelle">Quelle: Univ.-Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe,
Medizinische Universität Innsbruck<br/>
E-Mail: michael.hubalek@i-med.ac.at<br/>
Quelle: SABCS-Kongress,
9.–13. Dezember 2014, San Antonio
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