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Hämatologische maligne Erkrankungen

EHA-Kongress – viele Fortschritte im Bereich der Hämatologie

<p class="article-intro">Das Feld der Hämatologie ist stets in Bewegung, wie auch die diesjährige Jahresversammlung der European Hematology Association (EHA) vermitteln konnte. Zum 22. Mal trafen sich Hämatologen aus aller Welt, in diesem Jahr in Madrid, zum wissenschaftlichen und kollegialen Austausch. Einen kleinen Einblick in den qualitativ hochwertigen Kongress wollen wir in der folgenden Zusammenfassung geben.</p> <hr /> <p class="article-content"><h2>Myelompatienten profitieren langfristig von SLAMF7-Antik&ouml;rper</h2> <p>Die Ansprechkinetik von immunonkologischen Therapien unterscheidet sich von jener der konventionellen Antitumortherapie. Insbesondere der grosse Anteil an langzeit&uuml;berlebenden Patienten, also die Plateaubildung am Ende der Kaplan- Meier-Kurve, ist ein typisches Merkmal der Immuntherapien. In der internationalen offenen, randomisierten Phase-IIIStudie ELOQUENT-2 wurden Myelompatienten mit Lenalidomid plus Dexamethason (Ld) &plusmn; dem SLAMF7-Antik&ouml;rper Elotuzumab (E) behandelt. Nach einer minimalen Nachbeobachtungszeit von 48 Monaten wurden beim Kongress der EHA die 4-Jahres-PFS-Daten pr&auml;sentiert.<sup>1</sup><br /> 646 Patienten mit rezidiviertem/refrakt&auml;rem multiplem Myelom (rrMM), die bereits 1&ndash;3 Therapielinien abgeschlossen hatten, waren eingeschlossen. Etwa ein Drittel der Patienten wies eine 17p-Deletion auf und etwa 10 % der Studienteilnehmer hatten eine (4;14)-Translokation. Die Zeit von der Diagnose bis zum Studieneinschluss betrug 3,5 Jahre. Nach 4 Jahren lebten 21 % der Patienten unter zus&auml;tzlicher Elotuzumab-Gabe versus 14 % unter Ld progressionsfrei. Das Risiko eines Progresses wurde statistisch signifikant um 29 % reduziert (HR: 0,71; p=0,0004) (Abb. 1). In Subgruppenanalysen war der Therapievorteil mit der Elotuzumab-haltigen Therapie in allen Altersgruppen gegeben. Den gr&ouml;&szlig;ten Vorteil von der zus&auml;tzlichen Elotuzumab- Gabe zeigten Patienten, bei denen seit der Diagnose 3,5 Jahre vergangen waren und die sich vorangehend nur einer Therapielinie unterzogen hatten (medianes PFS: 30,6 vs. 19,4 Monate; HR: 0,56; p=0,0224). Ein Ansprechen (ORR) wurde bei 79 % der Patienten im ELd-Arm versus 66 % im Ld-Arm beobachtet. Eine komplette Remission (CR) wiesen 5 % versus 9 % und eine VGPR 30 % vs. 20 % auf. Die fr&uuml;he Separation der Kaplan-Meier-Kurven zum Gesamt&uuml;berleben (OS) und der anhaltende Therapievorteil wurden auch in der aktualisierten Auswertung best&auml;tigt. Das mediane OS betrug 48,3 versus 39,6 Monate (HR: 0,78; 95 % CI: 0,63&ndash;0,96), nach 4 Jahren lebten 50 % versus 43 % der Patienten beider Studienarme. Die Nebenwirkungen waren vergleichbar zwischen den Studienarmen und konsistent mit den bereits berichteten Daten.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Leading Opinions_Onko_1705_Weblinks_lo_onko_1705_s11_abb1.jpg" alt="" width="1455" height="980" /></p> <h2>Verl&auml;ngerung des PFS durch Daratumumab in Follow-up best&auml;tigt</h2> <p>Die Zulassung der Kombination DVd (Daratumumab, Bortezomib, Dexamethason) basiert auf den Ergebnissen der Phase- III-Studie CASTOR, deren aktualisierte Daten mit einer medianen Nachbeobachtungszeit von 19,8 Monaten beim EHAKongress pr&auml;sentiert worden sind.<sup>2</sup> Das Risiko f&uuml;r einen Progress wurde durch die zus&auml;tzliche Gabe von Daratumumab zu Vd um 69 % reduziert. Das mediane PFS betrug 16,7 versus 7,1 Monate (HR: 0,31; p&lt;0,0001). 84 % versus 63 % der Patienten sprachen auf die Therapie an. Eine zumindest komplette Remission zeigten 29 % versus 10 % der Patienten. Verglichen mit 19 % versus 9 % kompletten Ansprechens in der prim&auml;ren Auswertung weisen die aktualisierten Ergebnisse auf eine kontinuierliche Vertiefung der Remissionen hin.<br /> F&uuml;r Patienten mit nur einer vorausgegangenen Therapielinie war der Median im DVd-Arm noch nicht erreicht, versus 7,9 Monate unter Vd (HR: 0,19; p&lt;0,0001). Die 18-Monats-PFS-Rate betrug 68 % versus 12 % . In dieser Patientenkohorte sprachen 91 % vs. 74 % auf die Therapie an und 40 % versus 15 % erreichten zumindest eine komplette Remission. 19 % der Patienten versus 4 % erreichten MRD-Negativit&auml;t (Sensitivit&auml;t: 10<sup>&ndash;4</sup>). Das Erreichen der MRD-Negativit&auml;t ging mit einer Verl&auml;ngerung des PFS einher. Das Nebenwirkungsprofil war konsistent mit den bereits ver&ouml;ffentlichten Daten.</p> <h2>Polatuzumab Vedotin ist wirksam im Frontline-Setting der DLBCL</h2> <p>Bei den diffusen grosszelligen B-Zell- Lymphomen (DLBCL) wurden mit dem Antik&ouml;rperwirkstoffkonjugat Polatuzumab Vedotin in Kombination mit R-CHP vielversprechende Ansprechraten in der Frontline-Therapie bei Hochrisikopatienten gezeigt. Polatuzumab ist ein monoklonaler CD79b-gerichteter Antik&ouml;rper, der mit dem Mikrotubulusinhibitor MMAE konjugiert ist. Im Frontline-Setting wurde Polutuzumab Vedotin in Kombination mit Rituximab, Cyclophosphamid, Doxorubicin und Prednison (R-CHP) gepr&uuml;ft.<sup>3</sup> Die Phase-II-Studie GO29044 schloss 45 Patienten mit einem medianen Alter von 69 Jahren ein, von denen ein Drittel einen ECOG PS 2 aufwies. 40 % der Studienteilnehmer wurden als IPI 3, 38 % als IPI 4&ndash;5 eingestuft.<br /> An Nebenwirkungen von Grad 3&ndash;5 traten Neutropenie (27 % ), febrile Neutropenie (11 % ), Infektionen (11 % ) und Thrombozytopenie (4 % ) am h&auml;ufigsten auf. Ein Patient starb an Vorhofflimmern mit Herzversagen. Ein Ansprechen wurde bei 91 % der Patienten gesehen, mit einer CR bei 78 % der Patienten. Patienten mit niedrigerem Risiko (IPI 0&ndash;2) sprachen zu 100 % mit einer Komplettremission auf Pola-RCP an, Patienten mit einem hohen Risiko (IPI 3&ndash;5) zu 89 % (CR: 71 % ). Bei einer medianen Studiendauer von 14,9 Monaten war das mediane progressionsfreie &Uuml;berleben (PFS) noch nicht erreicht. Auf Basis der vorliegenden Ergebnisse wird eine Phase-III-Studie Pola-R-CHP gegen R-CHOP bei Patienten mit DLBCL vergleichen.</p> <h2>Nivolumab beim r/r Hodgkin- Lymphom wirksam</h2> <p>Patienten mit klassischem Hodgkin- Lymphom (cHL) zeigen eine hohe Frequenz an 9p24.1-Alterationen und &Uuml;berexpression von PD-L1 und PD-L2. Der monoklonale Antik&ouml;rper Nivolumab blockiert PD-1 und somit die Bindung an die beiden Liganden PD-L1 und PD-L2. In einer Multikohortenstudie der Phase II wurde Nivolumab bei Brentuximab-Vedotin (BV)-naiven Patienten (n=63), bei mit BV nach autologer Stammzelltransplantation (Auto-HSCT) behandelten Patienten (n=80) und in einem dritten Studienarm bei Patienten mit BV vor und/oder nach Auto-HSCT eingesetzt. Am EHA-Kongress wurde eine aktuelle Auswertung mit einer medianen Nachbeobachtungszeit von 19, 23 bzw. 16 Monaten in den drei Studienarmen pr&auml;sentiert.<sup>4</sup><br /> Die Studienteilnehmer waren insgesamt median 34 Jahre alt und hatten median bereits 4 Therapielinien erhalten. Die Zeit von der Diagnose bis zur ersten Nivolumab-Dosis betrug im Median 4,5 Jahre. Zur Zeit der aktuellen Auswertungen waren 40 % der Patienten noch in Behandlung. Grund f&uuml;r den Therapieabbruch war bei 26 % der Studienteilnehmer ein Krankheitsprogress, bei 8 % waren es die Therapienebenwirkungen und 12 % erhielten eine weitere Stammzelltransplantation. Mehr als 95 % der auswertbaren Patienten zeigten eine Reduktion der Tumorlast. Die Patienten profitierten von Nivolumab unabh&auml;ngig von der Vorbehandlung. Ein Ansprechen wurde bei 65 % der BV-naiven, bei 68 % der BV+Auto-HSCTbehandelten und bei 73 % der BV&plusmn;Auto- HSCT-behandelten Patienten gesehen. Bei 29 % , 13 % und 12 % der Patienten wurde eine Komplettremission erreicht. Das Ansprechen hielt median 17 Monate an, 20 Monate bei Patienten mit komplettem Ansprechen und 13 Monate bei Patienten mit partiellem Ansprechen. Das mediane PFS betrug 22 Monate bei Patienten mit kompletter Remission, 15 Monate bei Patienten mit partieller Remission und 11 Monate bei Patienten mit stabiler Erkrankung. Nach 12 Monaten lebten 92 % aller Studienteilnehmer. Die Therapie wurde insgesamt gut vertragen.</p> <h2>eBEACOPP-Deeskalierung bei PET-negativen Patienten bringt hervorragende OS-Raten</h2> <p>In der Erstlinientherapie des fortgeschrittenen Hodgkin-Lymphoms hat sich die PET-gef&uuml;hrte Behandlung nach zwei Zyklen eines Chemotherapieregimes bew&auml;hrt. Diskutiert werden die Deeskalierung nach BEACOPP bei negativem PET oder aber die Eskalierung nach ABVD nach positivem PET. Die German Hodgkin Study Group (GHSG) empfiehlt zu Beginn eBEACOPP. In der GHSG-HD18-Studie wurde bei PET2-negativen Hodgkin-Patienten nach 2 Zyklen eBEACOPP die Fortf&uuml;hrung der Therapie mit weiteren 6 Zyklen im Vergleich zur deeskalierten Behandlung mit nur 2 weiteren Zyklen eBEACOPP untersucht.<sup>5</sup> Aufgrund der Ergebnisse der HD15-Studie wurde die Behandlung im Kontrollarm von insgesamt 8 Zyklen eBEACOPP auf 6 Zyklen reduziert. 1005 PET-negative Patienten von insgesamt 2101 eingeschlossenen Patienten konnten in die beiden Studienarme mit insgesamt 8/6x versus 4x eBEACOPP randomisiert werden.<br /> Mit einer medianen Beobachtungszeit von 53&ndash;54 Monaten wurde eine Progression bei 0,2 % der Patienten unter 6/8 Zyklen eBEACOPP versus 0,6 % unter 4 Zyklen eBEACOPP gesehen. Das PFS war in beiden Studienarmen vergleichbar, mit einer 3-Jahres-PFS-Rate von 92,3 % versus 94,8 % und einer 5-Jahres-PFS-Rate von 91,2 % versus 91,8 % (HR: 0,88). Die therapiebedingte Morbidit&auml;t betrug 66 % bei 8 Zyklen, 61 % bei 6 Zyklen und 41 % bei 4 Zyklen eBEACOPP. An&auml;mien, Thrombopenien oder Infektionen von Grad 4 traten bei 59 % , 53 % und 38 % der Patienten auf. Organtoxizit&auml;ten von Grad 3&ndash;4 wurden bei 22 % , 13 % und 8 % der Patienten beobachtet. Dabei waren die therapieassoziierten Nebenwirkungen in den Zyklen 1&ndash;4 vergleichbar h&auml;ufig und kumulierten mit der Gabe weiterer Zyklen. 5,0 % versus 1,8 % der Patienten starben im Verlauf der Studie, davon 0,6 % bzw. 0,8 % am Hodgkin- Lymphom, 1,2 % (alle nach dem 5. bis 8. Zyklus) bzw. 0 % an der Studienmedikation und 2,2 % bzw. 0,2 % an sekund&auml;ren Neoplasien. Das OS war im deeskalierten Studienarm signifikant l&auml;nger als im Kontrollarm: Nach 3 Jahren lebten 95,9 % der Patienten mit 8/6 Zyklen versus 98,7 % mit 4 Zyklen und nach 5 Jahren 95,4 % versus 97,6 % (HR: 0,36; p=0,006).</p> <h2>Dosismodifikationen beeinflussen Wirksamkeit von CML-Therapie nicht</h2> <p>Unter der Therapie mit Dasatinib sind Dosismodifikationen zur Kontrolle von Nebenwirkungen m&ouml;glich und werden in der klinischen Praxis auch angewendet. Daher wurde in einer retrospektiven Analyse der DASISION-Studie der Einfluss von Dosisreduktionen auf die 5-Jahres-Effektivit&auml;t und -Sicherheit von Dasatinib und Imatinib untersucht.<sup>6</sup> In der DASISIONStudie wurden 519 neu diagnostizierte Patienten mit chronischer myeloischer Leuk&auml;mie (CML) randomisiert mit Dasatinib oder Imatinib behandelt. Es waren zwei Dosisreduktionen erlaubt: Dasatinib konnte von 100mg auf 80mg und 50mg reduziert werden und Imatinib von 400mg auf 300mg und 200mg. Therapieunterbrechungen waren definiert als das komplette Weglassen der Therapie an zwei konsekutiven Terminen. Bei 37 % der Patienten im Dasatinib-Arm und 17 % der mit Imatinib behandelten Patienten wurde die Dosis zu einem beliebigen Zeitpunkt reduziert. Bei 12 % der Patienten unter Dasatinib wurde die Dosis aufgrund eines Pleuraergusses reduziert. Die mediane Zeit vom Therapiebeginn bis zur ersten Dosisreduktion betrug 289 Tage f&uuml;r Dasatinib und 160 Tage f&uuml;r Imatinib.<br /> Die Raten an molekularem Ansprechen waren unter Dasatinib numerisch h&ouml;her verglichen mit Imatinib, ungeachtet einer Dosisreduktion. In beiden Studienarmen gab es keinen Unterschied bez&uuml;glich der molekularen Ansprechraten bei Patienten mit oder ohne Dosisreduktion. 75 % der Patienten unter Dasatinib und 59 % unter Imatinib hatten eine gleichbleibende oder verbesserte molekulare Remission nach erster oder zweiter reduzierter Dosis, nur bei 8 % bzw. 7 % der Patienten kam es zu einer Verschlechterung. Es wurde kein Unterschied bez&uuml;glich des OS bei Patienten mit oder ohne Dosisreduktion in beiden Studienarmen oder im Vergleich von 1 versus &ge;2 Dosisreduktionen gesehen.</p></p> <p class="article-quelle">Quelle: 22. Kongress der European Hematology Association (EHA), 22.–25. Juni 2017, Madrid </p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Dimopoulos MA et al.: Phase 3 ELOQUENT-2 study: extended 4-year follow-up of elotuzumab plus lenalidomide/ dexamethasone vs lenalidomide/dexamethasone in relapsed/ refractory multiple myeloma. EHA 2017; Abstr. #S456 <strong>2</strong> Weisel K et al.: Efficacy and safety of daratumumab, bortezomib, and dexamethasone (DVd) versus bortezomib and dexamethasone (Vd) in relapsed or refractory multiple myeloma: updated analysis of CASTOR. EHA 2017; Abstr. #S459 <strong>3</strong> Tilly H et al.: Pola-R-CHP: Polatuzumab vedotin combined with rituximab, cyclophosphamide, doxorubicin, prednisone for patients with previously untreated diffuse large B-cell lymphoma. EHA 2017; Abstr. #S106 <strong>4</strong> Engert A et al.: Nivolumab for relapsed/refractory classical Hodgkin lymphoma after autologous transplant: full results after extended follow-up of the multicohort multicenter phase 2 CheckMate 205 trial. EHA 2017; Abstr. #S412 <strong>5</strong> Borchmann P et al.: Treatment reduction in patients with advanced-stage Hodgkin lymphoma and negative interim PET: final results of the international, randomized phase 3 trial HD18 by the German Hodgkin Study Group. EHA 2017; Abstr. #S150 <strong>6</strong> Hochhaus A et al.: 5-year efficacy of dasatinib and imatinib in newly diagnosed patients with chronic myeloid leukemia in chronic phase (CML-CP) with dose modifications from DASISION. EHA 2017; Abstr. #1052</p> </div> </p>
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