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Die aktivierende STAT5BN642H-Mutation als Treiber von T-Zell-Neoplasien
Jatros
Autor:
Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. Richard Moriggl
Medizinische Universität Wien
Autor:
Dipl.-Ing. Tobias Suske, BSc.
Abteilung für Funktionelle Krebsgenomik<br> Institut für Tierzucht und Genetik<br> Veterinärmedizinische Universität Wien<br> E-Mail: tobias.suske@vetmeduni.ac.at
30
Min. Lesezeit
11.07.2019
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<p class="article-intro">T-Zell-Lymphome und Leukämien sind innerhalb der hämatologischen Neoplasien vergleichsweise selten und aufgrund hoher Relaps- bzw. Resistenzraten immer noch mit einer geringen Überlebensrate assoziiert. Allein die Klassifizierung gilt als Herausforderung, so fällt etwa ein Drittel der periphären T-Zell-Lymphome (PTCL) in die Gruppe PTCL-NOS – „not otherwise specified“, also nicht weiter einteilbar. Klassische Chemotherapie, meist CHOP, hilft wenig, personalisierte bzw. zielgerichtete Therapien existieren marginal. Für PTCL fanden bisher die HDAC-Inhibitoren Belinostat und Romidepsin und das CD30-spezifische Chemoimmunkonjugat Brentuximab Vedotin den Weg zur Zulassung. Hier besteht die Notwendigkeit der Entwicklung weiterer Therapieansätze.</p>
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<p class="article-content"><h2>Molekulare Ursachen für T-Zell- Lymphome und Leukämien</h2> <p>Genetische Aberrationen in T-Zell-Neoplasien sind neben chromosomalen Translokationen (<em>NPM-ALK, NUP214-ABL1</em>) und daraus resultierenden Fusionsproteinen oft „Loss-of-function“-Mutationen in Tumorsuppressorgenen oder epigenetischen Regulatoren, aber auch „Gain-offunction“- Mutationen, wie solche in Genen, die zur Hyperaktivierung des JAK/STAT-Signalwegs führen. Mutationen in den Januskinasen (JAK) können erhöhte Aktivität und Phosphorylierung von STAT-Transkriptionsfaktoren auslösen, welche unter anderem die Genexpression proliferationsfördernder, antiapoptotischer Proteine steuern. Überraschend war, dass in den letzten Jahren auch Mutationen in STAT3- und <em>STAT5B</em>-Genen gefunden wurden. Die häufigste wiederkehrende Mutation in <em>STAT5B</em> führt zu einem Austausch eines Asparagin durch einen Histidinrest an der Position 642 (N642H). Patienten mit dieser Mutation wurden pathologisch mit T-Zell-Neoplasien etlicher Subtypen diagnostiziert. Zwei individuelle Studien beschrieben STAT5B<sup>N642H</sup> bei je etwa 7 % von Patienten mit T-Zell-akuter lymphatischer Leukämie (T-ALL), unabhängig vom <em>NOTCH1</em>-Mutationsstatus. Exom-Sequenzierungen bei T-Zell-Prolymphozytenleukämie- Patienten detektierten die Mutation in 22 % der Fälle, in γδ-T-Zell-bedingten Enteropathie-assoziierten (EATL) bzw. hepatosplenischen T-Zell-Lymphomen (HSTCL) waren es 37 % bzw. 33 %. Oft geht die Detektion von STAT5BN642H mit einer ungünstigeren Prognose und höheren Rückfallraten einher. <br />Vergleichende pathologische Studien konnten hier molekulare Mechanismen aufklären, um neue Therapien mittels Testsystemen zu etablieren. Offen blieb die Frage, ob die Mutation in STAT5B allein ausreicht, Zellen zu transformieren, und daher als Treiber dieser Krankheiten fungieren kann.</p> <h2>Eine Mutation mit verheerenden Folgen</h2> <p>Mittels In-vitro-Methoden konnten wir zeigen, dass STAT5B<sup>N642H</sup> starke Tyrosin-Phosphorylierung und damit Aktivierung des Proteins selbst zur Folge hat. In unserem Labor generierte transgene Mäuse exprimieren STAT5B<sup>N642H</sup> in allen hämatopoetischen Zellen und diese entwickeln nach etwa 5–8 Wochen reife CD8<sup>+</sup>-T-Zell-Lymphome, einhergehend mit aggressiver Organinfiltration. Analysen mittels RNA-Sequenzierung dieser Zellen bestätigten die hohe Übereinstimmung mit humanen Daten aus reifen PTCL und damit die Relevanz des Mausmodells für zukünftige präklinische Studien. <br />Um das Spektrum anderer Subklassen mit STAT5B<sup>N642H</sup>-Mutation jedoch noch spezifischer in der Maus zu imitieren, versuchten wir nun mittels Transfer bestimmter T-Zelltypen, die in der transgenen Maus nicht transformiert sind, jedoch die Mutation tragen, diese Modelle zu etablieren. So expandieren bei EATL- bzw. HSTCLPatienten vorwiegend γδ-T-Zellen, deren Zahl in unserem Mausmodell nur leicht erhöht ist. Transplantation dieser Zellen in immunkompetente Mäuse führte bemerkenswerterweise zu aggressiven γδ-T-Zell- Lymphomen, was einerseits die Mutation als potenziellen Treiber dieser Lymphome bestätigt und andererseits die Nutzung dieses neu generierten Mausmodells in präklinischen Studien impliziert. Es ist das erste Modell überhaupt für γδ-T-Zell-Lymphome. Derzeit testen wir an unreifen T-Zellen, um ein T-ALL-ähnliches Krankheitsbild zu generieren. Auch die Frage, ob T-Zellen körpereigene Antigene erkennen und dadurch zusätzlich aktiviert werden, ist Gegenstand unserer Forschung. <br />Zudem arbeiten wir an der gezielten Inhibierung von STAT5, ein von uns in Kooperation mit Prof. Patrick Gunning aus Toronto entwickelter „Small-molecule“- Inhibitor gegen STAT5 zeigte bereits Wirksamkeit bei Mäusen und auch klinisch zugelassene JAK-Inhibitoren zeigen Effizienz, kranke T-Zellen zu töten.</p> <p> </p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Onko_1904_Weblinks_jatros_onko_1904_s50_abb1.jpg" alt="" width="650" height="435" /></p> <div id="fazit"> <h2>Fazit</h2> <p>Die STAT5B<sup>N642H</sup>-Mutation ist Auslöser für aggressive T-Zell-Neoplasien, bemerkenswert ist deren Auftreten in einer Vielzahl verschiedener Entitäten. Wir arbeiten intensiv an der Entwicklung neuer zielgerichteter Therapien und dem molekularen Verständnis dieser Krankheiten, z. B. mittels Drug-Screens, Next-Generation-Sequencing- Methoden und Kristallstrukturaufklärung.</p> </div></p>
<p class="article-footer">
<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
<div class="collapse" id="collapseLiteratur">
<p>• De Araujo E et al.: Structural and functional consequences of the STAT5BN642H driver mutation. Nat Commun 2019; in press • Pham HTT et al.: A haunted beast: targeting STAT5BN642H in T-cell neoplasia. Mol Cell Oncol 2018; 5(3): e1435181 • Pham HTT et al.: STAT5BN642H is a driver mutation for T cell neoplasia. J Clin Invest 2018; 128(1): 387-401 • Wingelhofer B et al.: Pharmacologic inhibition of STAT5 in acute myeloid leukemia. Leukemia 2018; 32(5): 1135-46</p>
</div>
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