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Das Tumor-Metabolom und Metabolomics – ein Beitrag zur personalisierten Krebsmedizin

<p class="article-intro">Die Kenntnis von tumorspezifischen Stoffwechseleigenschaften – des Tumor-Metaboloms – ist die Basis für die Identifizierung und Charakterisierung von „metabolischen Biomarkern“ und deren Einsatz zur Krebsfrüherkennung, zur Beurteilung von Prognose und Therapieverlauf wie auch zur Entwicklung von neuen Therapiekonzepten für die personalisierte Onkologie.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Die Transformation von Normalzellen in Tumorzellen ist mit einschneidenden Stoffwechselver&auml;nderungen verbunden. Stoffwechselanalysen von verschiedenen Tumorzelllinien und Tumoren haben ergeben, dass w&auml;hrend der Tumorentstehung bei bestimmten Parametern sich immer die gleichen Stoffwechselver&auml;nderungen einstellen. Zum ersten Mal hat Otto Heinrich Warburg im Jahr 1924 bei Krebs die vermehrte Umsetzung von Glukose zu Milchs&auml;ure (Laktat) trotz Gegenwart von Sauerstoff &ndash; die anaerobe Glykolyse &ndash; als tumorspezifisches Stoffwechselmerkmal beschrieben. Dieses Ph&auml;nomen ist als &bdquo;Warburg-Hypothese&ldquo; in die Literatur eingegangen.</p> <p>Der spezielle Stoffwechselph&auml;notyp von Tumorzellen &ndash; das <strong>Tumor-Metabolom</strong> &ndash; wurde in den letzten Jahren genauer charakterisiert. So wurde gezeigt, dass Tumoren im Allgemeinen zu einer Erh&ouml;hung der Phospholipidspiegel f&uuml;hren und eine gesteigerte glykolytische Kapazit&auml;t, eine hohe glutaminolytische Funktion und eine &Uuml;berexpression des glykolytischen Enzyms Pyruvatkinase Typ M2 aufweisen &ndash; um nur einige dieser Ver&auml;nderungen zu erw&auml;hnen.</p> <p><strong>Metabolomics</strong> ist die Bezeichnung f&uuml;r die systematische Identifizierung und Quantifizierung aller Metaboliten in einem Organismus oder einer biologischen Probe. Metabolomics reflektiert, im Unterschied zu Genomics oder Proteomics, &Auml;nderungen im Ph&auml;notyp und spiegelt damit auch den Einfluss von Lebensstil- und Umweltfaktoren wieder. Krebserkrankungen wie auch andere komplexe Erkrankungen sind das Resultat von Fehlregulationen einer Vielzahl von metabolischen Regelkreisen, die meistens nicht isoliert agieren, sondern einander direkt (Protein-Protein-Interaktionen) oder indirekt (Transkription/Translation) beeinflussen. Ver&auml;nderungen von Onkogenen (z.B. <em>RAS, PTEN, ERK</em>) oder Transkriptionsfaktoren (<em>HIF, p53, c-Myc</em>) k&ouml;nnen sekund&auml;r zur Aktivierung von bestimmten Schl&uuml;sselenzymen beitragen, die dann zu den metabolischen Ver&auml;nderungen, wie sie bei Krebs festgestellt werden, f&uuml;hren. Es wird angenommen, dass die Gesamtanzahl dieser Metaboliten im Bereich von Tausenden bis Zehntausenden liegt.</p> <p>Metabolomics hat das Ziel, ein Profil einer maximalen Anzahl von Metaboliten in einer biologischen Probe zu erstellen. Die Komplexit&auml;t der Bestimmung ergibt sich aus den unterschiedlichen chemophysikalischen Eigenschaften der Metaboliten. Die gebr&auml;uchlichsten Analysemethoden f&uuml;r Metabolomics sind Kernspinresonanz-Spektroskopie (NMR), Gaschromatografie- Massenspektometrie (GC-MS) und auch Fl&uuml;ssigkeitschromatografie- Tandem-Massenspektometrie (LC-MS/ MS). Bioinformatik, d.h. Datenprozessierung, ist ein wesentlicher Teil der Analyse und Interpretation der Untersuchungsergebnisse. Die Kombination von Metabolomics mit Genomics, Transcriptomics und Proteomics kann wesentlich zum Verst&auml;ndnis der pathophysiologischen Mechanismen der Krebsentstehung beitragen. In der Biomarkerforschung wird Metabolomics f&uuml;r die gezielte (&bdquo;targeted&ldquo;) und ungezielte Suche nach neuen Biomarkern sowie deren Validierung in verschiedenen Probenans&auml;tzen eingesetzt.</p> <p>Ein Literatur-Review zum Thema &bdquo;Metabolomics und Krebs&ldquo; (Liesenfeld et al. 2013) von 106 Studien mit 21 unterschiedlichen Krebsformen und 7 Probentypen hat die Bedeutung von Metabolomics f&uuml;r die Zukunft der personalisierten Krebsmedizin dokumentiert. Forschungen zu Metabolomics und Krebs k&ouml;nnen wesentlich zu Verbesserungen in Epidemiologie, Screening, Fr&uuml;herkennung und Diagnostik beitragen. Dennoch sind noch eine Standardisierung und Validierung der Methodik, sowohl was Probenpr&auml;paration, -analyse als auch Datenerhebung betrifft, erforderlich.</p> <p>Biomarker auf Metabolombasis k&ouml;nnen auch zur Charakterisierung der individuellen Variation von Krebserkrankung, Prognose und Therapieansprechen eingesetzt werden. Die Metabolomforschung sollte damit einen wesentlichen Beitrag f&uuml;r die Pr&auml;zisionsmedizin in der Onkologie leisten.</p></p>
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