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„Cancer Survivorship“: (Langzeit-)Überleben mit/nach Krebs
Jatros
Autor:
Univ.-Prof. Dr. Michael Micksche
Ehem. Leiter des Instituts für Krebsforschung, MedUni Wien<br> E-Mail: michael.micksche@meduniwien.ac.at
30
Min. Lesezeit
28.02.2019
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<p class="article-intro">Laut Statistik Austria leben in Österreich derzeit 367 400 Personen, die zumindest einmal in ihrem Leben mit einer Krebsdiagnose konfrontiert waren. Bis Ende 2030 wird die Zahl auf 457 700 ansteigen; das wären dann 5 % der österreichischen Bevölkerung, die als Krebsüberlebende einzustufen sind. Dies bedeutet – jetzt und in der Zukunft – eine gewaltige Herausforderung für unser Gesundheitssystem.</p>
<hr />
<p class="article-content"><p>Das Krebsüberleben („Survivorship“) beginnt entsprechend der Definition mit der Diagnose und hält lebenslang an. Auch in Österreich wird die Prävalenzzahl von Krebskranken, d.h. von Überlebenden, kontinuierlich größer. Derzeit sind in Österreich 60,1 % der Krebspatienten 5 Jahre nach der Diagnosestellung am Leben, wobei eine frühe Diagnose und neue Therapiemodalitäten wesentlich dazu beitragen.</p> <h2>„Unmet Needs“</h2> <p>Überlebende nach Krebs sind mit vielen medizinischen Herausforderungen und Bedürfnissen („unmet needs“) konfrontiert. Das Erkennen und Management von Langzeit- und auch Spätfolgen der Therapie, das Rezidiv-Monitoring und das Risiko für eine weitere Krebserkrankung sind einige Beispiele für die Notwendigkeit der kontinuierlichen Nachsorge. Etwa 30–50 % der Überlebenden einer Krebserkrankung haben nicht erfüllte Bedürfnisse. Spätfolgen der Therapie an Organen und Psyche sind oft auch der Preis für das Überleben. Lebensqualität spielt daher beim (Langzeit-)Überleben eine besondere Rolle.</p> <h2>Einbußen bei kognitiven Fähigkeiten</h2> <p>Kognitive Fähigkeiten können durch schädigende Einflüsse der Therapie (Chemotherapie, Chemobrain und Hirnbestrahlungen) beim Patienten und Überlebenden in Mitleidenschaft gezogen worden sein und sich in Form von Konzentrationsund Gedächtnisproblemen manifestieren. Zusätzlich gibt es Hinweise, dass kognitive Defizite durch den Metabolismus des Tumors verursacht sein können.</p> <h2>Finanzielle Schwierigkeiten</h2> <p>Die Krebsüberlebenden sind oft mit ökonomischen Problemen konfrontiert. Physischen Einschränkungen bei der Arbeit und den täglichen Aktivitäten können oft psychische bzw. mentale Ursachen zugrunde liegen. Erhalt des Arbeitsplatzes und des Versicherungsschutzes sowie vermehrte Kosten für Gesundheit und Medikamente sind typische Problembereiche. Die „Armutsfalle“ ist eine besonders tragische Begleiterscheinung der Krebserkrankung und -therapie. Risikogruppen bezüglich Armut sind besonders Selbstständige, die ja relativ rasch Einkommenseinbußen aufweisen, ebenso wie Familien/ Alleinerziehende mit geringem Einkommen und ältere Personen mit geringen Pensionen.</p> <h2>Survivorship-Programme</h2> <p>Diese organischen, psychischen und auch ökonomischen Belastungen und die daraus resultierenden Bedürfnisse von Krebspatienten zu erkennen ist essenziell. Ein individuell angepasstes Handeln ist eine der wesentlichen Aufgaben, die Einrichtungen und Organisationen, welche sich der Betreuung von (Langzeitüberlebenden) widmen, übernehmen müssen.<br /> Organisationen und Netzwerke, die sich in Form von Interessen- und Selbsthilfegruppen der Probleme der „Cancer Survivors“ annehmen, sind bereits in vielen Ländern etabliert worden.<br /> „Survivorship“-Programme sind darauf ausgerichtet, Patienten nach einer Krebserkrankung, auch über die Zeit der ärztlichen Nachsorge hinaus, umfassend medizinisch und besonders auch psychosozial zu betreuen. Zusätzlich sollten die Pflegenden – meist Personen in der unbezahlten Pflege und Betreuung von Familienangehörigen und Freunden – in diese Programme mit einbezogen werden. Eine Krebserkrankung betrifft die ganze Familie und auch deswegen ist die Last der Pflege beachtlich. Sie kann laut neuesten Untersuchungen bei dieser Pflegegruppe nicht nur zu finanziellen Belastungen, sondern auch zu ausgeprägten körperlichen und psychischen Symptomen führen.<br /> Somit besteht dringender Handlungsbedarf für die Entwicklung und Etablierung eines Plans und Programmes für die Langzeitkrebsüberlebenden – sowohl für die Patienten als auch die Pflegenden. Eine Intensivierung der Kommunikation zum Thema „Cancer Survivorship“ kann dazu ein wichtiger Beitrag sein.</p></p>
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