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AML-Therapie 2017 – der Beginn einer neuen Ära

<p class="article-intro">Über 30 Jahre lang gab es – mit der Ausnahme von Gemtuzumab, das später aber wieder vom Markt genommen wurde – keine Neuzulassungen der FDA für die Behandlung der akuten myeloischen Leukämie (AML). Und 2017 waren es dann gleich vier Neuzulassungen. Am vergangenen ASH-Kongress wurden Studien zu weiteren vielversprechenden Substanzen präsentiert. Die wichtigsten werden im Folgenden zusammengefasst.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Bei der Behandlung der AML gab es 2017 nach &uuml;ber 30 Jahren vier Neuzulassungen: Gemtuzumab in der Erg&auml;nzung der &laquo;3+7&raquo;-Therapie der CBF-AML,<sup>1&ndash;3</sup> CPX- 351 statt des &laquo;3+7&raquo;-Schemas in der Therapie der Hochrisiko-AML (sekund&auml;re AML, komplexer Karyotyp) &auml;lterer Patienten (60&ndash;75a)<sup>4&ndash;6</sup> und zwei Mutationsspezifische Inhibitoren, Midostaurin<sup>7</sup> in der Erg&auml;nzung der &laquo;3+7&raquo;-Therapie der FLT3+-AML und den IDH-2-Inhibitor Enasidenib<sup>8</sup> als einziges Wirkprinzip im relapsierten/refrakt&auml;ren Setting.<br /> Die Zulassung der Mutations-spezifischen Inhibitoren stellt dabei schon vom therapeutischen Prinzip her eine revolution&auml;re Neuerung in der Behandlung der AML dar.</p> <h2>FLT3-Inhibition</h2> <p>Diesem Prinzip folgend<sup>9, 10</sup> konnte am ASH-Kongress jetzt gezeigt werden, dass die spezifischere und affinere Pan-Inhibition der FLT3-Kinase durch Crenolanib therapeutisch noch eindrucksvollere Erfolge zu haben scheint als die Gabe von Midostaurin in der Induktion/Konsolidation beim &laquo;Bridging&raquo; zur Transplantation. Crenolanib ist ein Typ-I-Inhibitor, der sowohl an aktives als auch an inaktives FLT3 bindet und auch bei Typ-II-resistenter AML und bei neuen FLT3-Mutationsvarianten, inklusive der D835-Mutation, wirksam ist. In einer Phase-II-Studie wurde Crenolanib (100mg TID p.o.) jeweils im Anschluss an die &laquo;3+7&raquo;-Induktion (1&ndash;2 Zyklen Anthrazyklin Daunorubicin 45/90mg/m<sup>2</sup>, bei j&uuml;ngeren Patienten &lt;60a, siehe Fernandez HF et al.<sup>11</sup>, oder Idarubicin 12mg/m<sup>2</sup>) an d9 bzw. im Anschluss an die Konsolidation (HIDAC, bis 4 Zyklen) an d7 und schliesslich auch als Maintenance-Therapie verabreicht. Die Nebenwirkungen entsprachen denen, die man in der Induktion/Konsolidation einer AML erwarten darf, der Wiederanstieg der Thrombozyten (&gt;20G/l) und der Neutrophilen (&gt;0,5G/l) erfolgte im Median nach 23/30d. 91 % der Patienten j&uuml;nger als 60a (21/23) wurden FLT3-negativ, 94 % davon schon nach dem ersten Induktions-Zyklus. Das Gesamt&uuml;berleben (OS) betrug 79 % , die mediane Beobachtungszeit war 17,6 Monate.<sup>9</sup></p> <h2>IDH1-Inhibition</h2> <p>Durch Mutationen von <em>IDH1/2</em> wird im Krebszyklus &alpha;-Glutarat-2-Hydroxyglutarat gebildet, was neben St&ouml;rungen des Zellmetabolismus zu epigenetischen Ver&auml;nderungen und schliesslich zu einer Behinderung der Zelldifferenzierung f&uuml;hrt. Ivosidenib ist im Gegensatz zu dem schon erw&auml;hnten Enadisenib ein <em>IDH1</em>-Inhibitor. In einer Phase-I-Dosisfindungsstudie erhielten <em>IDH1</em>-mutierte relapsierte/refrakt&auml;re AML-Patienten Ivosidenib (500mg QD p.o. am Ende der Einschlussphase) als einzige Medikation. Wesentliche Nebenwirkung waren eine Leukozytose (&ge; Grad 3: 8 % ; behandelt mit Hydroxyurea) und &ndash; nicht &uuml;berraschend, wenn man den Wirkmechanismus bedenkt &ndash; ein Differenzierungs- Syndrom (alle Grade: 9,6 % ; behandelt mit Kortison und Diuretika und gegebenenfalls mit Hydroxyurea). Die Patienten, die eine komplette Remission (CR) oder eine CR mit partieller h&auml;matologischer Genesung (CRh) erreichten (immerhin 30,4 % !), zeigten ein ungew&ouml;hnlich langes medianes OS (Gesamtgruppe: 8,8 Monate, CR/ CRh: noch nicht erreicht) (Abb. 1).<sup>12</sup><br /> In einer Phase-I-Studie wurden Ivosidenib (500mg QD p.o.) und Enasidenib (100mg QD p.o.) in Erg&auml;nzung zur klassischen &laquo;3+7&raquo;-Therapie <sup>IDH1-</sup> bzw. <sup>IDH2-</sup>mutierten Patienten in der Induktion/ Konsolidation und anschliessend als Maintenance gegeben. Die Nebenwirkungen entsprachen denen einer gew&ouml;hnlichen &laquo;3+7&raquo;-Therapie, der Wiederanstieg der Thrombozyten (&gt;50G/l) erfolgte nach 27/29d, der der Neutrophilen (&gt;0,5G/l) nach 28/32,5d (Ivosidenib/Enasidenib). Die ersten Ergebnisse erscheinen vielversprechend in dieser Hochrisiko-Gruppe mit CR oder inkompletter CR (CRi/CRp): 91,67 % .<sup>13</sup></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Leading Opinions_Onko_1801_Weblinks_lo_onko_1801_s33_abb1.jpg" alt="" width="1457" height="838" /></p> <h2>BCL2-, MDM2- und pMEK-Inhibition</h2> <p>In einer Phase-I-Dosisfindungsstudie wurde Venetoclax (BCL2-Inhibitor, 400&ndash;800mg/400&ndash;600mg, d1&ndash;28, 28d- Zyklus) sehr interessant kombiniert mit Idasanutlin, einem MDM2-Inhibitor (150&ndash; 400mg, d1&ndash;5; MDM2 inhibiert p53 und damit schlussendlich MCL1, ein weiteres antiapoptotisches Protein), oder Cobimetinib, einem pMEK-Inhibitor (und damit wiederum Inhibition von MCL1; 40&ndash;60mg, d1&ndash;21; pMEK ist ein Teil des NRAS-MAPKinase- Stoffwechselweges). Als Nebenwirkungen fanden sich neben febriler Neutropenie, Pneumonie und Sepsis vor allem eine Diarrh&ouml; (&ge; Grad 3: 8/37, Idasanutlin/ Cobimetinib). Die ersten Ergebnisse in dieser schwer behandelbaren Gruppe von Patienten waren vor allem auch f&uuml;r die Kombination Venetoclax/Idasanutlin sehr vielversprechend (CR/Cri/CRp: 38 % in einer Dosisgruppe) (Abb. 2).<sup>14</sup></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Leading Opinions_Onko_1801_Weblinks_lo_onko_1801_s34_abb2.jpg" alt="" width="1462" height="1398" /></p> <h2>Immuntherapien</h2> <p>Moderne Immuntherapien waren bisher bei der AML weit weniger erfolgreich als bei der ALL. Am ASH-Kongress wurden jedoch neue Therapieans&auml;tze vorgestellt, die sich selbst im relapsierten/refrakt&auml;ren Setting als erfolgversprechend erwiesen.<br /> In einer Phase-I-Dosisfindungsstudie erhielten 2/4 Patienten 50M/200M CD123-spezifische CAR-T-Zellen (3. Generation/ CD28; CD123 pr&auml;ferenziell auf AML- und deutlich weniger auf myeloischen Zellen [Monozyten, Eosinophilen, myeloischen Vorl&auml;uferzellen, st&auml;rker auf Basophilen und plasmazellul&auml;ren dendritischen Retikulumzellen] exprimiert). Am d28 zeigten 2/4 Patienten, die mit der h&ouml;heren CAR-T-Dosis behandelt worden waren, eine CR.<sup>15</sup><br /> In einer anderen Phase-I-Dosiseskalationsstudie (3 plus 3) erhielten die Patienten (3, 10, 30, 100ng/kg/d bis zu 500, 700, 900, 1000ng/kg/d, Zyklus 1 d3 on, 4d off; Zyklus 2+ 4d on, 3d off vs. 21d on; 28d- Zyklus) Flotetuzumab, einen CD123/CD3 bispezifischen DART-Antik&ouml;rper. Neben den h&auml;matologischen Nebenwirkungen (Thrombopenie, An&auml;mie) kam es vor allem zu einer Infusions-assoziierten Reaktion bzw. zu einem &laquo;cytokine release syndrome &raquo; (CRS) (Grad &ge;3: 15,8 % ). Und auch die Ergebnisse dieser Studie waren erfolgversprechend (CR/CrCRi: 28 % ).<sup>16</sup> Die AML l&auml;sst sich am ASH-Kongress 2017 somit in Abwandlung eines ber&uuml;hmten Zitats mit freudig-optimistischem Unterton so zusammenfassen: &laquo;Nobody knew that AML therapy could be so complicated.&raquo;</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Castaigne S et al.: Effect of gemtuzumab ozogamicin on survival of adult patients with de-novo acute myeloid leukaemia (ALFA-0701): a randomised, open-label, phase 3 study. Lancet 2012; 379(9825): 1508-16 <strong>2</strong> Hills RK et al.: Addition of gemtuzumab ozogamicin to induction chemotherapy in adult patients with acute myeloid leukaemia: a meta-analysis of individual patient data from randomised controlled trials. Lancet Oncol 2014; 15(9): 986-96 <strong>3</strong> Lamba JK et al.: CD33 splicing polymorphism determines gemtuzumab ozogamicin response in de novo acute myeloid leukemia: report from randomized phase III children&rsquo;s oncology group trial AAML0531. Clin Oncol 2017; 35(23): 2674-82 <strong>4</strong> Lancet JE et al.: Phase 2 trial of CPX-351, a fixed 5:1 molar ratio of cytarabine/daunorubicin, vs cytarabine/daunorubicin in older adults with untreated AML. Blood 2014; 123(21): 3239-46 <strong>5</strong> Lancet JE et al.: Final results of a phase III randomized trial of CPX-351 versus 7+3 in older patients with newly diagnosed high risk (secondary) AML. ASCO 2016; Abstr. #7000 <strong>6</strong> Lancet JE et al.: Survival following allogeneic hematopoietic cell transplantation in older high-risk acute myeloid leukemia patients initially treated with CPX-351 liposome injection versus standard cytarabine and daunorubicin: subgroup analysis of a large phase III trial. ASH 2016; Abstr. #906 <strong>7</strong> Stone RM et al.: Midostaurin plus chemotherapy for acute myeloid leukemia with a FLT3 mutation. N Engl J Med 2017; 377(5): 454-64 <strong>8</strong> Stein EM et al.: Enasidenib in mutant IDH2 relapsed or refractory acute myeloid leukemia. Blood 2017; 130(6): 722-31 <strong>9</strong> Wang ES et al.: Low relapse rate in younger patients &le; 60 years old with newly diagnosed FLT3-mutated acute myeloid leukemia (AML) treated with crenolanib and cytarabine/anthracycline chemotherapy. ASH 2017; Abstr. #566 <strong>10</strong> Pratz K et al.: Preliminary results from a phase 1 study of gilteritinib in combination with induction and consolidation chemotherapy in subjects with newly diagnosed acute myeloid leukemia (AML). ASH 2017; Abstr. #722 <strong>11</strong> Fernandez HF et al.: Anthracycline dose intensification in acute myeloid leukemia. N Engl J Med 2009; 361(13): 1249-60 <strong>12</strong> Di-Nardo CD et al.: Ivosidenib (AG-120) in mutant IDH1 AML and advanced hematologic malignancies: results of a phase 1 dose escalation and expansion study. ASH 2017; Abstr. #725 <strong>13</strong> Stein EM et al.: Ivosidenib or enasidenib combined with standard induction chemotherapy is well tolerated and active in patients with newly diagnosed AML with an IDH1 or IDH2 mutation: initial results from a phase 1 trial. ASH 2017; Abstr. #726 <strong>14</strong> Daver N et al.: Preliminary results from a phase Ib study evaluating BCL-2 inhibitor venetoclax in combination with MEK inhibitor cobimetinib or MDM2 inhibitor idasanutlin in patients with relapsed or refractory (R/R) AML. ASH 2017; Abstr. #813 <strong>15</strong> Budde L et al.: Remissions of acute myeloid leukemia and blastic plasmacytoid dendritic cell neoplasm following treatment with CD123-specific CAR T cells: a firstin- human clinical trial. ASH 2017; Abstr. #811 <strong>16</strong> Godwin J et al.: Preliminary results of a phase 1 study of flotetuzumab, a CD123 x CD3 bispecific Dart<sup>&reg;</sup> protein, in patients with relapsed/refractory acute myeloid leukemia and myelodysplastic syndrome. ASH 2017; Abstr. #637</p> </div> </p>
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