© Getty Images

Alternative Spender: Haplo versus Cord versus MUD – gibt es ein ideales Konzept?

<p class="article-intro">Die allogene hämatopoetische Stammzelltransplantation (HSCT) stellt für eine Reihe von myeloischen und lymphatischen Neoplasien ein kuratives Behandlungskonzept dar. Die richtige Spenderauswahl ist von einer Reihe spender- wie auch empfängerspezifischer Faktoren wie Spenderverfügbarkeit, HLA-Kompatibilität, Erkrankungsaktivität, aber auch Patientenfitness abhängig.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Als idealer Spender kann ein HLA-identer Geschwisterspender (&bdquo;matched sibling donor&ldquo;, MSD) angesehen werden, jedoch verf&uuml;gen nur etwa 30 % aller Patienten &uuml;ber diese Option. Daher ben&ouml;tigen die meisten Patienten, die einem Transplantationszentrum zugewiesen werden, eine alternative Stammzellquelle: einen HLA-kompatiblen Fremdspender (&bdquo;matched unrelated donor&ldquo;, MUD), gegebenenfalls mit einem HLA-Mismatch (&bdquo;mismatched unrelated donor&ldquo;, MMUD), Stammzellen aus Nabelschnurblut (&bdquo;umbilical cord blood&ldquo;, UCB) oder neuerdings eine haploidente verwandte Stammzellquelle, bei der jeweils nur ein Haplotyp eine Gewebs&uuml;bereinstimmung aufweist. Mit diesen alternativen Stammzellquellen ist es m&ouml;glich, f&uuml;r nahezu alle Patienten einen geeigneten Spender zu finden, und so hat auch die Anzahl der alternativen Stammzelltransplantationen in den letzten Jahren dramatisch zugenommen.<br /> Die HLA-Typisierung besteht aus der Klasse-I-Antigen-Typisierung (HLA-A, HLA-B, HLA-C) sowie der Klasse-II-Antigen-Bestimmung (HLA-DR, HLA-DQ, HLADP). Ein voll kompatibler Spender besteht aus zumindest 8 aus 8 &Uuml;bereinstimmungen (A, B, C, DR) oder besser aus einem 10-aus- 10-Match (A, B, C, DR, DQ). Ein haploidenter Spender besteht zumindest aus einem &bdquo;halben&ldquo; Match, i. e. 4 von 8 Allelen. Kaukasier haben eine ca. 75 %ige Chance, einen HLA-kompatiblen (8/8) Fremdspender bzw. eine ca. 95 %ige Chance, einen teilkompatiblen (&ge; 7/8) Fremdspender zu finden. Die Wahrscheinlichkeit, einen kompatiblen Fremdspender zu finden, schwindet allerdings in Abh&auml;ngigkeit von der Zugeh&ouml;rigkeit zu einer anderen ethnischen Gruppe. F&uuml;r diese Patientengruppen sind UCBund haploidente Transplantation eine valide Option. Potenzielle Vorteile der UCB- gegen&uuml;ber der Fremdspender-Transplantation sind die verminderte Relaps-Rate sowie die verminderte &bdquo;Graft versus Host Disease&ldquo;( GvHD)-Erkrankungsinzidenz. Die Nachteile sind die hohen Kosten sowie die verz&ouml;gerte immunologische Rekonstitution, die zu einer erh&ouml;hten Infektrate f&uuml;hrt. Die haploidente Transplantation ist schneller durchf&uuml;hrbar, in der Durchf&uuml;hrung weniger aufwendig und daher auch kosteng&uuml;nstiger, sie ist aber in einigen Studien mit einer h&ouml;heren R&uuml;ckfallsrate vergesellschaftet, obwohl diese Fragestellung bislang nicht in prospektiv randomisierten Studien &uuml;berpr&uuml;ft wurde. Die MUD, insbesondere die MMUD, ist traditionell durch eine h&ouml;here GvHD-Rate gekennzeichnet, sodass in zunehmendem Ma&szlig;e der haploidenten Transplantation der Vorzug gegen&uuml;ber der MMUD gegeben wird.</p> <h2>MUD- und MMUD-HSCT</h2> <p>&Uuml;ber 25 Millionen Spender sind in den zentralen Fremdspenderdateien gespeichert. Kaukasier haben eine ca. 75 %ige Wahrscheinlichkeit, einen 8-aus-8 kompatiblen Fremdspender zu finden, w&auml;hrend die Wahrscheinlichkeit f&uuml;r Afroamerikaner oder &bdquo;Hispanics&ldquo; deutlich unter 40 % absinkt. Je h&ouml;her der Grad der genetischen Disparit&auml;t, desto h&ouml;her sind die akute Gv- HD-Rate wie auch die transplantationsassoziierte Mortalit&auml;t und die Gesamtmortalit&auml;t. Die erh&ouml;hte Mortalit&auml;t ist bei jedem Mismatch unabh&auml;ngig vom &bdquo;locus&ldquo; (A, B, C oder DRB1) zu beobachten. Da steigendes Spenderalter mit erh&ouml;hter GvHD-Inzidenz, aber auch mit einer erh&ouml;hten Inzidenz klonaler Spenderh&auml;matopoese assoziiert ist, wird zumeist ein j&uuml;ngerer Spender bevorzugt.</p> <h2>UCB-HSCT</h2> <p>Die erste Nabelschnurbluttransplantation wurde 1989 bei einem Patienten mit Fanconi-An&auml;mie durchgef&uuml;hrt. Etwa 10 % aller HSCT werden mit UCB als Stammzellquelle durchgef&uuml;hrt, wobei die Zahlen im Vergleich zur haploidenten nunmehr deutlich abnehmen. Der Vorteil der UCB-HSCT sind die rasche Verf&uuml;gbarkeit des Transplantats und die weniger stringente HLA&Uuml;bereinstimmung, wobei hierbei ein 3-aus-6-Match (A, B, DRB1) bereits von vielen Zentren akzeptiert wird &ndash; zumal eine geringere GvHD-Inzidenz in vielen Studien beschrieben ist. Die Nachteile sind die geringere Zahl CD34-positiver Stammzellen und konsekutiv eine h&ouml;here &bdquo;Graft failure&ldquo;-Rate sowie ein verz&ouml;gertes trilineares &bdquo;engraftment&ldquo;, eine h&ouml;here Infektinzidenz durch eine verz&ouml;gerte immunologische Rekonstitution sowie die hohen Kosten. Mit der Verwendung von zwei UCBEinheiten wurde versucht, den Nachteil der geringen Zellzahl zu kompensieren, jedoch konnte in einer randomisierten Studie bei myeloischen Neoplasien kein eindeutiger Vorteil gegen&uuml;ber der Verwendung einer einzelnen UCB-Einheit gezeigt werden. In einigen retrospektiven Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass das Gesamt&uuml;berleben verglichen mit MUD und MMUD bei akuter myeloischer Leuk&auml;mie (AML)/myelodysplastischem Syndrom (MDS) vergleichbar ist. Eine prospektiv randomisierte Studie UCB versus haploidente HSCT ist derzeit rekrutierend.</p> <h2>Haploidente HSCT</h2> <p>Haplo-Spender rekrutieren sich aus Eltern, Geschwistern, Kindern, aber auch Verwandten zweiten Grades (Gro&szlig;eltern, Tanten, Onkel, Nichten und Neffen), bei denen eine etwa 50 %ige Chance auf Haploidentit&auml;t besteht. Diese Optionen machen die Haplo-HSCT zu einer &uuml;beraus attraktiven Transplantationsplattform, da eine nahezu universelle Spenderverf&uuml;gbarkeit in einem zeitnahen Intervall gegeben ist. Die Pionierarbeit wurde dabei von Leo Luznik von der Johns Hopkins University get&auml;tigt, der die Methodik des &bdquo;Post- Transplant-Cyclophosphamid&ldquo; (PTCy) mit unmanipulierten Stammzellen entwickelte und in die klinische Praxis einf&uuml;hrte.<sup>1</sup> Dabei wird dem Umstand Rechnung getragen, dass am Tag 3 und 4 post transplantationem mittels Verabreichung von 50 mg/kg Cyclophosphamid ausschlie&szlig;lich alloreaktive proliferierende (&bdquo;GvHD-spezifische&ldquo;) T-Zellen abget&ouml;tet werden, w&auml;hrend nicht alloreaktive Klone bzw. Progenitorzellen nicht betroffen sind (Abb. 1). Die Bef&uuml;rchtung, dass es hierbei zu einer Beeintr&auml;chtigung des &bdquo;Graft versus leukemia/lymphoma&ldquo;(GVL)-Effektes und damit konsekutiv zu einer erh&ouml;hten Relapsrate kommt, hat sich bisher nicht best&auml;tigt. Obzwar die initialen Studien mit Knochenmark als Stammzellquelle durchgef&uuml;hrt wurden, sind in letzter Zeit zunehmend auch periphere Stammzellen in Verwendung, wobei die Inzidenz der akuten GvHD (Grad 2&ndash;4) sowie der chronischen GvHD unter Verwendung von peripheren Stammzellen h&ouml;her ist, jedoch die Relapsrate niedriger, sodass beide Formen ein identes Gesamt&uuml;berleben aufweisen. Zwischenzeitlich wurden auch myeloablative Konditionierungsregime mit Post-Transplant- Cyclophosphamid (PTCy) entwickelt, die bei Patienten mit AML in erster kompletter Remission (CR) in einer retrospektiven EBMT-Studie hinsichtlich der GvHD-Inzidenz, des leuk&auml;miefreien &Uuml;berlebens und des Gesamt&uuml;berlebens keine signifikant unterschiedlichen Resultate im Vergleich mit dem origin&auml;ren &bdquo;Baltimore- Protokoll&ldquo; der Johns Hopkins University aufweisen. Eine retrospektive internationale CIBMTR-Studie mit &uuml;ber 2000 AMLPatienten in unterschiedlichen Erkrankungsstadien (CR1 und CR2, aktive Erkrankung) mit sowohl myeloablativer als auch reduzierter Konditionierung konnte zeigen, dass die 3-Jahres-&Uuml;berlebensraten zwischen 8/8-HLA-gematchten MUDSpendern und haploidenten Spendern nicht signifikant unterschiedlich sind. Auch waren die R&uuml;ckfallsrate und die Non-Relaps-Mortalit&auml;t nahezu ident, die akute (Grad 3&ndash;4) und die chronische Gv- HD-Rate waren jedoch in der Haplo-Gruppe signifikant niedriger.</p> <p>&nbsp;</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Onko_1904_Weblinks_jatros_onko_1904_s24_abb1.jpg" alt="" width="1458" height="1083" /></p> <div id="fazit"> <h2>Fazit</h2> <p>Zusammenfassend zeigen die Ergebnisse aller bisherigen retrospektiven Studien, dass bei AML-Patienten die allogene HSCT unter Einsatz von Haplo-, MUD-, MMUDoder UCB-Spendern vergleichbare Resultate hervorbrachte. Daher wurde in einem &bdquo;Positionsstatement&ldquo; der EBMT folgender Algorithmus entwickelt (siehe Abb. 2):<sup>2</sup></p> <ul> <li>Die haploidente Transplantation mit PTCy ist eine valide Option f&uuml;r AMLPatienten ohne HLA-idente Geschwisterspender oder unverwandte Fremdspender.</li> <li>In gewissen Szenarien, in denen dringlich eine HSCT durchgef&uuml;hrt werden sollte, kann bei fehlendem Geschwisterspender einem haploidenten Spender der Vorzug gegeben werden.</li> <li>In Ermangelung prospektiver Studien gibt es derzeit keine ausreichende Evidenz f&uuml;r die &Uuml;berlegenheit der haploidenten Transplantation gegen&uuml;ber MMUD oder UCB, jedoch scheint es doch einen Kostenbenefit f&uuml;r die PTCy- Plattform zu geben.</li> </ul> <p>&nbsp;</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Onko_1904_Weblinks_jatros_onko_1904_s24_abb2.jpg" alt="" width="1459" height="1789" /></p> </div></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Luznik L et al.: HLA-haploidentical bone marrow transplantation for hematologic malignancies using nonmyeloablative conditioning and high-dose, posttransplantation cyclophosphamide. Biol Blood Marrow Transplant 2008; 14(6): 641-50 <strong>2</strong> Lee CJ et al.: Haploidentical hematopoietic cell transplantation for adult acute myeloid leukemia: a position statement from the Acute Leukemia Working Party of the EBMT. Haematologica 2017; 102(11): 1810-22</p> </div> </p>
Back to top