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ESOC 2016

Neuropsychiatrische Komplikationen des Schlaganfalls

<p class="article-intro">Schlaganfälle können eine Reihe von neuropsychiatrischen Komplikationen nach sich ziehen. Im Rahmen der 2<sup>nd</sup> European Stroke Organisation Conference vom 10. bis 12. Mai 2016 in Barcelona referierten internationale Experten über Demenz und Depression nach Schlaganfall.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Demenz ist eine der Hauptursachen f&uuml;r Pflegebed&uuml;rftigkeit nach einem Schlaganfall. &laquo;Die Pr&auml;valenz der sogenannten Post-Stroke-Demenz (PSD), definiert als Demenzentwicklung nach einem Schlaganfall, ist im Ansteigen begriffen&raquo;, berichtet Dr. Christopher Chen, Memory and Cognition Centre, National University Hospital, Singapur. So zeigen epidemiologische Untersuchungen eine Pr&auml;valenz der PSD von rund 30 % und die Inzidenz neu auftretender Demenzerkrankungen steigt von 7 % ein Jahr nach einem Schlaganfall auf 48 % nach 25 Jahren.<sup>1</sup> Eine Reihe von Faktoren, die das Entstehen einer PSD beg&uuml;nstigen, konnte identifiziert werden. Sie reichen von hohem Alter und geringem Bildungsgrad &uuml;ber vor dem Schlaganfall bestehende Pflegebed&uuml;rftigkeit und kognitive Beeintr&auml;chtigung bis zu Vorhofflimmern, Diabetes mellitus oder Epilepsie. &laquo;Die PSD kann Folge von vaskul&auml;ren L&auml;sionen, Alzheimerpathologie, Ver&auml;nderungen der weissen Substanz oder einer Kombination aus diesen Faktoren sein&raquo;, erkl&auml;rt Chen.</p> <h2>Neue Konzepte</h2> <p>Das Konzept der vaskul&auml;ren Demenz (VaD) wurde in den letzten Jahren zugunsten der vaskul&auml;ren kognitiven Beeintr&auml;chtigung (&laquo;vascular cognitive impairment&raquo;, VCI) aufgegeben, da Letztere eine weitere Sicht auf das Ph&auml;nomen erlaubt. VCI setzt sich aus VCI ohne Demenz, VaD sowie gemischtem VCI mit anderen Demenzerkrankungen, zumeist M. Alzheimer, zusammen. &laquo;Es besteht ein breiter Konsens, dass VCI die vollst&auml;ndige kognitive Belastung zerebrovaskul&auml;rer Erkrankungen besser abbildet als VaD. Ein Negieren des VCI, insbesondere des VCI ohne Demenz, liesse uns die Pr&auml;valenz eines grossen Gesundheitsproblems untersch&auml;tzen, dessen Folgen verhinderbar sind&raquo;, sagt Chen. So hat die American Heart Association (AHA) ein Statement publiziert, in dem der vaskul&auml;re Beitrag zu kognitiven St&ouml;rungen und Demenz beschrieben wird, wobei auch der Begriff des &laquo;vascular mild cognitive impairment&raquo; (vaMCI) eingef&uuml;hrt wurde.<sup>2</sup> Im DSM-V fanden diese St&ouml;rungen als &laquo;major neurocognitive disorder&raquo;, fr&uuml;her Demenz, und &laquo;mild neurocognitive disorder&raquo; ihren Niederschlag.</p> <h2>Demenz-Screening</h2> <p>Zur Diagnose von VCI stehen kurze Tests wie etwa MMSE (&laquo;mini mental status examination&raquo;) und MoCA (&laquo;Montreal cognitive assessment&raquo;) oder ausf&uuml;hrliche Testbatterien zur Verf&uuml;gung. Eine Studie hat ergeben, dass alle gebr&auml;uchlichen Screening-Tests f&uuml;r durch Schlaganfall verursachte kognitive Ver&auml;nderungen vergleichbare Ergebnisse bringen.<sup>3</sup> &laquo;Die Genauigkeit der Tests h&auml;ngt haupts&auml;chlich von den verwendeten Cut-offs und weniger von deren Komplexit&auml;t ab&raquo;, so Chen. &laquo;L&auml;ngere Screening-Tests sind nicht besser als k&uuml;rzere.&raquo;<br /> In ihrer Deklaration zu Schlaganfall und verhinderbarer Demenz macht die World Stroke Organization darauf aufmerksam, dass subklinische (stille) Schlaganf&auml;lle f&uuml;nfmal so h&auml;ufig auftreten wie klinisch manifeste Insulte und das Denken, die Gef&uuml;hle und die Pers&ouml;nlichkeit der Betroffenen massiv beeintr&auml;chtigen k&ouml;nnen.<sup>4</sup> Es ist daher unerl&auml;sslich, diese zu verhindern oder gegebenenfalls zu diagnostizieren und ad&auml;quat zu behandeln.</p> <h2>Post-Stroke-Depression</h2> <p>Eine h&auml;ufige, jedoch auch untersch&auml;tzte Folge von Schlaganf&auml;llen ist die Post-Stroke-Depression, an der zwischen 30 und 40 % der Patienten leiden. &laquo;Post-Stroke-Depression ist mit schlechteren Rehabilitationsergebnissen, physischen und kognitiven Beeintr&auml;chtigungen, einem h&ouml;heren Morbidit&auml;ts- und Mortalit&auml;tsrisiko und nicht zuletzt mit erh&ouml;hten Belastungen f&uuml;r die Pflegenden verbunden&raquo;, sagt Prof. Maree Hackett, Universit&auml;t Sydney, Australien. In mehreren Cochrane-Reviews wurden Interventionen zur Verhinderung von Depressionen nach Schlaganfall wie Pharmako- und Psychotherapie, Kombinationen aus beidem sowie nicht invasive Hirnstimulation evaluiert.<sup>5, 6</sup> Die Reviews zeigen, dass Antidepressiva (selektive Serotoninwiederaufnahmehemmer, SSRI, und tri&shy;zyklische Antidepressiva) effektiv in der Behandlung der Post-Stroke-Depression sind. Keine Evidenz konnte f&uuml;r die Wirksamkeit von psychotherapeutischen Verfahren alleine, darunter Verhaltenstherapie, Gruppen-Psychotherapie, kognitive Verhaltenstherapie oder Psychoedukation, erbracht werden. Es bestehen jedoch Hinweise darauf, dass die Kombination aus Psychotherapie und Antidepressivum effektiver ist als eine alleinige Pharmakotherapie. Auch f&uuml;r die Effektivit&auml;t der nicht invasiven Hirn&shy;stimulation bei Depressionen nach Schlaganfall fand der Cochrane-Review keine Evidenz.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Leys D et al: Lancet Neurol 2005; 4(11): 752-9<br /><strong> 2</strong> Gorelick PB et al: Stroke 2011; 42(9): 2672-713 <br /><strong>3</strong> Lees R et al: Stroke 2014; 45(10): 3008-18 <br /><strong>4</strong> Hachinski V: Stroke 2015; 46(11): 3039-40 <br /><strong>5</strong> Hackett ML et al: Cochrane Database Syst Rev 2008; (4): CD003437 <br /><strong>6</strong> Hackett ML et al: Cochrane Database Syst Rev 2008; (3): CD003689</p> </div> </p>
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