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„Ich finde es wichtig, die ambulante Kopfschmerzrehabilitation weiter zu etablieren“
Jatros
30
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28.06.2018
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<p class="article-intro">Am Klagenfurter Klinikum am Wörthersee wurde 2012 eine ambulante Kopfschmerzrehabilitation ins Leben gerufen. Dr. Sonja-Maria Obmann, Erste Oberärztin der Neurologischen Abteilung, berichtet über das Angebot, das diese Rehabilitation umfasst, und über ihre bisherigen Erfahrungen.</p>
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<p class="article-content"><p><strong>Frau Dr. Obmann, wie verbreitet sind Kopfschmerzen und Migräne in Österreich?</strong><br /> <strong>S. Obmann:</strong> Generell wird in Europa, und damit auch in Österreich, von einer Prävalenz von circa 15 Prozent gesprochen. Allerdings gehören Kopfschmerzen und Migräne sicherlich zu den unterdiagnostizierten Erkrankungen.</p> <p><strong>Wie ist die ambulante Kopfschmerzrehabilitation in Österreich organisiert?</strong><br /> <strong>S. Obmann:</strong> Mit Ausnahme von Klagenfurt existiert in Österreich keine etablierte ambulante Kopfschmerzrehabilitation. Als Pilotprojekt wurde 2012 in Klagenfurt – mit Unterstützung der Krankenkassen – eine ambulante Kopfschmerzrehabilitation eingeführt. Die Form der Reha hat sich seither immer wieder ein bisschen verändert. Anfangs war sie für 2 Wochen konzipiert, mittlerweile sind es 4 Wochen.</p> <p><strong>Was bieten Sie den Patienten in dieser Reha an?</strong><br /> <strong>S. Obmann:</strong> Die Patienten können zwischen 8 und 15 Uhr zu uns in die Klinik kommen. Ein wichtiger Bestandteil des Angebots ist dabei die Physiotherapie, dies aber in Form von aktiver Therapie. Die Patienten sollen zum Beispiel beim Walken oder im Hallenbad lernen, ihren Körper besser zu spüren. Nachmittags bieten wir vor allem psychologische Themen an, seien es Entspannungstechniken, Copingstrategien oder Biofeedback. Hintergrund des Konzeptes ist das Wissen darum, dass man Kopfschmerzen nicht nur medikamentös behandeln sollte. Es braucht die Kombination aus Pharmakotherapie und komplementärmedizinischen Angeboten wie Bewegung, Sport und Entspannung. Es ist aber schwierig für die Patienten, so etwas allein zu machen, sie brauchen Anleitung und Unterstützung. Und das bieten wir ihnen an.</p> <p><strong>Welche Erfahrungen konnten Sie bisher mit diesem Konzept machen?</strong><br /> <strong>S. Obmann:</strong> Wir haben die Erfahrung gemacht, dass wir sehr viel bewirken können. Es gibt ja inzwischen gute Daten dazu, dass Lebensstilmodifikationen – und nichts anderes machen wir ja eigentlich – sehr viel bringen. Bereits während der Rehabilitation und kurz danach reduziert sich die Kopfschmerzfrequenz der Patienten häufig schon deutlich. Und wenn man die Patienten danach noch weiter anbindet, zum Beispiel durch Auffrischungstage oder einmal pro Jahr durch eine Auffrischungswoche, dann hält der Therapieeffekt länger an. Deshalb finde ich es sehr wichtig, diese Art der Rehabilitation weiter zu etablieren.</p> <p><strong>Gibt es Pläne in dieser Hinsicht?</strong><br /> <strong>S. Obmann:</strong> Es gib zwei weitere Zentren, bei denen ein solches Angebot in Planung ist, allerdings noch in einer sehr frühen Phase. Ich habe es aber auch schon erlebt, dass sich Patienten aus unseren Gruppen privat zusammengeschlossen haben, zum Beispiel in Whats App- Gruppen. Parallel zur Einführung unseres Rehaprogramms konnte ich zudem – unter dem österreichischen Dachverband – eine Selbsthilfegruppe ins Leben rufen.</p> <p><strong>Welche Patienten sind die Zielgruppe Ihres Programms?</strong><br /> <strong>S. Obmann:</strong> Es sind Patienten, die einen diagnostizierten primären Kopfschmerz haben, hauptsächlich Migräne, aber auch Spannungskopfschmerzen. Es darf keine psychische Überlagerung bestehen und die Patienten müssen physisch in der Lage sein, am Rehabilitationsprogramm teilzunehmen. Daher durchlaufen die Patienten vor Beginn des Programms ein Screening, das heißt, sie werden von einem Psychologen und einem Physiotherapeuten beurteilt.</p> <p><strong>Wie kommen die Patienten zu Ihnen? Wie viele betreuen Sie pro Jahr ungefähr?</strong><br /> <strong>S. Obmann:</strong> Die Patienten kommen über Zuweisungen von niedergelassenen Ärzten zu uns, ein Großteil aber auch über unsere Kopfschmerzambulanz. Pro Jahr nehmen etwa 20 Patienten an unserem Programm teil.</p> <p><strong>In welchen Fällen ist eine stationäre Versorgung angezeigt?</strong><br /> <strong>S. Obmann:</strong> Falls notwendig, bieten wir Patienten mit einem Medikamentenübergebrauch eine Entzugstherapie an, die auf jeden Fall vor dem Beginn der Rehabilitation stattfinden sollte. Aus Kapazitätsgründen versuchen wir in den meisten Fällen, diese ambulant durchzuführen.</p> <p><strong>Vielen Dank für das Gespräch!</strong></p> <p><br /><span class="link-color"> <a class="article-link" href="http://at.universimed.com/fachthemen/1000000270" data-locked="0">hier weiterlesen</a></span></p></p>